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PRESSEKONFERENZ/501: Regierungspressekonferenz vom 31. Oktober 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 31. Oktober 2012
Regierungspressekonferenz vom 31. Oktober 2012

Themen: Kabinettssitzung (Gesetz zur Änderung des Bundesarchivgesetzes), Koalitionsausschuss, Treffen mit den Ministerpräsidenten zum Thema Energiewende, vertrauliche Geburt, Umsetzung des griechischen Reformprogramms, mögliche deutsche Beteiligung an einem Militäreinsatz in Mali, geplanter Verkauf von Bewegungsdaten des spanischen Telefonkonzerns Telefónica, Atomstreit zwischen Israel und dem Iran

Sprecher: StS Seibert, Geißler (BMU), Schlienkamp (BMWi), Kinert (BMFSFJ), zu Erbach-Fürstenau (BMELV), Albin (BMJ)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich kann den Bericht aus dem Kabinett relativ kurz machen: Der einzige Tagesordnungspunkt mit Aussprache - TOP 2, für die Eingeweihten - war der Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesarchivgesetzes. Das klingt nun allerdings trockener, als es ist; denn es geht um einen Teil unseres kulturellen Erbes, nämlich um die deutsche Filmkunst, das nationale Filmerbe.

Sie wissen sicherlich, dass bei Büchern und Druckerzeugnissen seit über hundert Jahren eine Pflicht für jeden Verlag besteht, ein Exemplar abzugeben, damit man sozusagen lückenlos für die Nachwelt bewahrt, was alles geschrieben worden ist. So etwas gibt es für Filme in dieser umfassenden Form bisher nicht. Nun hat die Bundesregierung ein Gesetz beschlossen, wonach die Hersteller deutscher Kinofilme - alle Hersteller aller deutschen Kinofilme - dazu verpflichtet werden, diese Filme in eine Datenbank beim Bundesarchiv einzutragen, mit allen relevanten Daten und auch dem Vermerk, wo eine Kopie des Filmes liegt. Bisher - seit 2002 - wurde das nur für öffentlich geförderte Filme gemacht; nun geht man weiter.

Film ist ein wichtiges Kulturgut, Film ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Deswegen hat sich die Koalition bereits im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, unser Filmerbe zu erfassen. Einen Schritt dazu hat sie heute mit diesem Gesetz zur Änderung des Bundesarchivgesetzes gemacht.

Frage: Herr Seibert, wir hören Verschiedenes zum Thema Koalitionsausschuss am 4. November - vielleicht ja, vielleicht nein. Können Sie uns da auf den neuesten Stand bringen?

StS Seibert: Wie Sie wissen, ist der Koalitionsausschuss eine Sache der Parteien, die die Koalition und die Bundesregierung tragen. Ich muss Sie deswegen an die Sprecher der Parteien verweisen.

Zusatzfrage: Das findet ja im Kanzleramt statt; daher dachte ich, vielleicht kennen Sie sich damit auch ein bisschen aus.

StS Seibert: Das findet - auch schon traditionell - im Kanzleramt statt, das stimmt. Nichtsdestotrotz ist das eine Parteiveranstaltung und ist es so, wie ich am Montag gesagt habe: Die Koalition wird in allernächster Zeit wichtige Entscheidungen auf wichtigen innenpolitischen Gebieten treffen. Deswegen wird sie auch in allernächster Zeit in einer solchen Runde zusammenkommen. Weitere Fragen stellen Sie bitte an die Parteisprecher.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesumweltministerium und das Bundeswirtschaftsministerium zum Treffen mit den Ministerpräsidenten zum Thema Energiewende, das am Freitag im Kanzleramt stattfinden wird. Die Länder haben sich ja am vergangenen Freitag getroffen und die Richtung abgesteckt, in die sie mit den Verhandlungen gehen wollen, und haben dabei verlangt, dass der Bund auf diesem Treffen eine einheitliche Position präsentiert. Im Moment gibt es ja sehr unterschiedliche Sichtweisen, zum Beispiel was das Quotenmodell angeht, das von der FDP vorgeschlagen wird, oder was Steuersenkungen beim Strom angeht. Gibt es da eine Annäherung bei Ihnen, gehen Sie mit einer Position in die Gespräche?

Geißler: Die Bundesregierung geht mit einer Position in die Gespräche. Es geht ja darum, den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Netzausbau zu koordinieren. Da hat es unter den Ländern am Wochenende erfreuliche Bewegungen gegeben. Die Position des Bundes ist klar: Es gibt einen Ausbauplan für die erneuerbaren Energien, der steht. Das Ausbauziel ist ein Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung von 80 Prozent im Jahre 2050. Dieses Ziel soll auf dem beschlossenen Pfad erreicht werden. Ich denke, dass wir da am Freitag hoffentlich zu einer Einigung kommen.

Zusatzfrage: Wenn ich die Länder richtig verstanden habe, geht es ihnen um die künftige Ausgestaltung des EEG, also auch darum, welches Modell da gewählt wird. Ein Modell ist ja das Quotenmodell, zu dem es unterschiedliche Auffassungen zwischen Ihren Häusern gibt. Haben Sie sich da einigen können?

Geißler: Die Gesetzeslage ist nun einmal das Erneuerbare-Energien-Gesetz, so wie es sich jetzt präsentiert und wie es bezüglich der Photovoltaik erst vor einigen Wochen novelliert wurde. Alle anderen Modelle stehen nicht zur Debatte, denn wir haben dieses EEG so, wie es im Moment ist. Das heißt, jetzt muss zwischen Nord und Süd, zwischen Ost und West, zwischen den einzelnen Playern eine Koordination hergestellt werden. Die Länder haben am Wochenende festgestellt, dass sie sich selber untereinander abstimmen müssen, um sich nicht gegenseitig zu schaden. Deswegen denke ich, dass wir am Wochenende zu einem Ergebnis kommen können.

Schlienkamp: Ich kann mich da nur anschließen. Es wäre natürlich schön, wenn wir zu einem Ergebnis kommen könnten. Sie wissen, dass der Minister sich für ein Mengenmodell ausgesprochen hat. Von einer Annäherung zwischen Bund und Ländern in diesem Punkt ist mir allerdings nichts bekannt.

Zusatzfrage: Ich hatte nach einer Annäherung zwischen Ihren beiden Häusern gefragt.

Schlienkamp: Sie wissen doch, dass das Diskussionsstand innerhalb der Bundesregierung ist; das ist ja keine Neuigkeit.

Frage: In diesem Zusammenhang, Herr Seibert, noch einmal zurück zum Kabinett: Es stand ja auch die Stellungnahme zum Bericht der Monopolkommission an. Die Monopolkommission hatte dieses Mengenmodell, das Quotenmodell, vorgeschlagen; dieser Vorschlag ist nun aber zurückgewiesen worden. Ich gehe davon aus, das ist auch mit der Stimme des Wirtschaftsministers, von Herrn Rösler, geschehen?

Schlienkamp: In der Stellungnahme der Bundesregierung ist von einem Quotenmodell die Rede. Sie wissen aber, dass sich der Minister - ich habe es gerade angedeutet - für ein Mengenmodell ausgesprochen hat. Sie wissen auch, dass bei dem Quotenmodell für jede einzelne Energieform eine Quote festgelegt wird, und dass das beim Mengenmodell anders ist. Hier gibt es also Unterschiede zwischen den beiden Modellen. Beim Quotenmodell ist der Wettbewerb sicherlich schwieriger, beim Mengenmodell, so wie es der Minister vorgeschlagen hat, wird der Wettbewerb hingegen gefördert. Unser Modell ist also das Mengenmodell und nicht das Quotenmodell; da gibt es einen eindeutigen Unterschied.

Vorsitzender Leifert: Herr Seibert, Sie waren auch angesprochen.

StS Seibert: Vielleicht gehe ich nur ganz kurz darauf ein. In ihrer Stellungnahme zum Sondergutachten der Monopolkommission weist die Bundesregierung darauf hin, dass es Weiterentwicklungen sowie laufende und geplante energiepolitische Vorhaben im Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung gibt. Es zeigt sich ein hohes Maß an Übereinstimmungen mit den Vorschlägen der Monopolkommission. Die Bundesregierung beabsichtigt, ihren Kurs auf funktionierende Energiemärkte mit einem hohen Grad an Versorgungssicherheit fortzusetzen.

Frage: Herr Seibert, mit welchem Ziel geht die Kanzlerin in die Gesprächsrunde am Freitag? Wie beurteilt sie die Einigung beziehungsweise die Annäherung an eine gemeinsame Position, die es bei den Ländern gegeben hat?

StS Seibert: Ich denke, die Gespräche und die Beschlüsse der Ministerpräsidenten in Thüringen zeigen doch: Bei aller Unterschiedlichkeit der regionalen, der Länderinteresen spüren alle einen gemeinsamen Sinn der Verantwortung, und zwar der Verantwortung für die nationale Aufgabe der Energiewende. Die Menschen in Deutschland erwarten von uns - und dabei achten sie gar nicht darauf, ob Bund, Länder oder Gemeinden zuständig sind - , dass wir das zum Erfolg machen und dass wir dabei die Ziele, die wir uns gesetzt haben - die klimapolitischen Ziele sowie die Ziele der Versorgungssicherheit und Preisstabilität -, einhalten. An genau dieser gemeinsamen Verantwortung werden wir in dem Gespräch am Freitag im Bundeskanzleramt anknüpfen. Die Erwartung der Bundeskanzlerin ist, dass diese Verantwortung jetzt tatsächlich im Geist der Gespräche und darin, wie die Themen gemeinsam vorangetrieben werden, zum Ausdruck kommt. Deshalb will man sich auch, so wie es besprochen ist, zweimal im Jahr nur zu diesem Thema in dieser Runde treffen.

Frage: Dazu noch einmal an die beiden beteiligten Häuser: Ich stutzte jetzt etwas, dass Sie so vorsichtig formulieren, dass Sie "hoffentlich zu einer Einigung kommen". Wenn die beiden Häuser schon mit unterschiedlichen Positionen in das Spitzentreffen gehen, dann frage ich mich natürlich: Welchen Sinn macht dieses Treffen dann, und welche Ergebnisse erwarten Sie realistischerweise am Freitag?

Schlienkamp: Ich muss noch einmal betonen: Es geht bei dem Treffen sicherlich nicht nur um die Frage "Wie reformieren wir das Erneuerbare-Energien-Gesetz?", sondern es geht auch um ganz andere Fragen. Es ist in Deutschland zum Beispiel eine Tatsache, dass wir 17 unterschiedliche Konzepte haben: Wir haben ein Konzept aufseiten des Bundes und wir haben 16 unterschiedliche Konzepte der Länder. Es wäre natürlich sehr wünschenswert, wenn es gelingen könnte, dass wir hier zu einer Verzahnung kommen.

Geißler: Es geht am Freitag tatsächlich nicht um eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Das Bundesumweltministerium beziehungsweise Bundesumweltminister Peter Altmaier hat ja einen Verfahrensvorschlag für eine Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorgelegt. Alle Arten der erneuerbaren Energien - von der Biomasse bis zur Photovoltaik - werden in mehreren Abstimmungsrunden bis zum Frühjahr diskutiert werden, und im Frühjahr wird ein Ergebnis präsentiert werden, sodass man dann bei entsprechendem politischem Willen aller Beteiligten - Bundesrat, Bundesregierung, Fraktionen - auch zu einem neuen Gesetz kommen kann. Wie schnell das geht, wird sich zeigen. Auf jeden Fall wird die Grundlage dazu gelegt, ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz zu bekommen - und zwar so schnell wie möglich.

Zusatzfrage: Ich habe den Termin jetzt nicht verstanden - sagten Sie, im Frühjahr 2013?

Geißler: Im Verfahrensvorschlag, der vorgelegt wurde, heißt es, dass es ein paar Abstimmungsrunden zu den einzelnen Energiearten sowie auch zu den Problemen dezentraler Übertragungsnetze, der Offshore-Energieerzeugung usw. gibt. Das soll bis zum Frühjahr geregelt werden. Jetzt, am Freitag, geht es schlicht und einfach nur darum, die Ausbauziele der 16 Bundesländer und das Ausbauziel des Bundes miteinander zu harmonisieren.

Frage: Ich habe eine Frage an das Familienministerium zum Themenkomplex Babyklappen / vertrauliche Geburt. Herr Kinert, es ist berichtet worden, dass es einen Referentenentwurf gebe, laut dem die Mutter ein Widerspruchsrecht erhalten soll, um die Akten sperren zu können, was bedeuten würde, dass sie dem Kind gegenüber ein Leben lang anonym bleibt. Ihr erster Vorschlag war, dass diese Sperre nur 16 Jahre lang gelten soll. Können Sie sagen, was jetzt Stand der Dinge ist?

Kinert: Vielen Dank für die Frage, Frau Markmeyer. Sie sprechen wahrscheinlich die Berichterstattung heute im "Tagesspiegel" an. Es ist richtig, wir haben die Ressortabstimmungen zum Gesetzentwurf zum Thema vertrauliche Geburt begonnen. Wie Sie wissen, geben wir aber keine Wasserstandsmeldungen zu Gesetzesvorhaben, die in der Abstimmung sind. Deswegen bitte ich um Verständnis, dass wir Einzelheiten erst dann kommunizieren, wenn das Thema im Kabinett ist, respektive in den Bundestag kommt.

Zusatzfrage: Ich habe trotzdem eine Nachfrage: Es entspräche nicht der Handschrift von Frau Schröder, wenn sie diese Anonymität sichern würde; denn sie ist ja gegen die Babyklappen, wo ebenfalls das Problem auftritt, dass die Kinder nicht wissen, wo sie herkommen. Insofern erscheint mir das unrealistisch. Könnten Sie da vielleicht ein bisschen ausführlicher werden?

Kinert: Das ist natürlich eine Interpretation zur inhaltlichen Handschrift von Frau Schröder, die Sie da vornehmen. Diese Interpretation werde ich nicht bewerten oder einordnen. Es bleibt bei dem, was ich gerade sagte: Wir kommunizieren Einzelheiten, wenn das Thema im Kabinett respektive im Bundestag ist.

Frage: Eine Frage zum Thema Griechenland. Die griechische Regierung hat erneut ihre Haushaltspläne nach unten revidiert. Es ist alles noch schlechter als gedacht. Wie groß ist eigentlich noch das Vertrauen der Bundesregierung in die griechische Regierung, dass sie das unter Kontrolle hat?

StS Seibert: Erstens verweise ich jetzt noch einmal auf die Arbeit der Troika. Das mag für Sie monoton klingen. Aber ich glaube, es führt zum Kern der Frage, denn die Troika ist in Griechenland, um in einer Vielzahl von Gesprächen genau das herauszufinden: Wie ist der Grad, der Stand der Umsetzung der versprochenen Maßnahmen, was Defizitkonsolidierung, Haushaltskonsolidierung wie auch die versprochenen Strukturmaßnahmen, Privatisierung usw. betrifft? Deswegen erwarten wir einen sehr umfassenden, sehr ehrlichen, sehr gründlichen Troika-Bericht.

Ich habe hier an verschiedenen Stellen gesagt - das wiederhole ich gerne noch einmal -, dass wir anerkennen, dass die griechische Regierung von Herrn Samaras mit Ernsthaftigkeit an diese sehr schwierige Aufgabe geht und gegangen ist, die Reformen im Lande voranzubringen. Das ist ein sehr schwieriger Weg gegen viele Widerstände. Wir sehen dabei eine Ernsthaftigkeit. Wir sehen auch - das kann niemand übersehen - Bereiche, in denen noch nicht genügend von dem getan worden ist, was zugesagt war. Genau das wird auch Gegenstand des Troika-Berichts sein. Zur abschließenden Beurteilung möchte ich doch warten, bis dieser Bericht vorliegt.

Zusatz: Die Frage war nach dem Vertrauen in die griechische Regierung zu ihren Angaben.

StS Seibert: Wir haben eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der griechischen Regierung. Die Ernsthaftigkeit, die wir dort in diesen Reformvorhaben wahrnehmen, habe ich Ihnen beschrieben - allerdings auch die Wahrnehmung, dass noch einiges zu tun ist.

Frage: Herr Seibert, Ministerpräsident Samaras hat gestern Abend angekündigt, dass die Verhandlungen, was die griechische Regierung betrifft, zu Ende gegangen sind. Das Paket, das die griechische Regierung beschließen sollte, ist abgeschlossen. Was heißt das jetzt? Heißt das, dass die Troika den nächsten Schritt machen muss?

StS Seibert: Ehrlich gesagt müssen Sie diese Frage einem Mitglied der Troika stellen, also jemandem von der EZB, der Europäischen Kommission oder dem IWF. Die Bundesregierung ist nicht in der Troika per se vertreten. Deswegen können nur sie beurteilen, ob die Gespräche, die sie mit der griechischen Regierung zu führen haben, befriedigend abgeschlossen sind, ob alle Fragen beantwortet sind und ob sie jetzt tatsächlich den abschließenden Bericht erstellen können.

Frage: Mali treibt uns um. Aus Brüssel hören wir, dass man sich geeinigt hat, eine Truppe von ungefähr 200 Mann aufzustellen. Können Sie uns Genaueres dazu sagen, auch dazu, wie die Zusammenstellung aussehen soll? Die Bundeskanzlerin hat vergangene Woche in Strausberg angekündigt, dass so eine Mission durchaus denkbar wäre. Wie ist der letzte Stand? Wie sieht das Auswärtige Amt gerade die Frage, dass die Soldaten möglicherweise zum Eigenschutz bewaffnet sein könnten? Da hat sich Ihr Minister ja auch schon positioniert.

Schäfer: Es gibt aus unserer Sicht überhaupt keinen neuen Stand, sondern es bleibt bei dem, was in den letzten Tagen gesagt worden ist. Es gibt in der Tat heute einen Bericht in einer großen deutschen Zeitung, der auf Quellen in Brüssel und ausdrücklich nicht auf Quellen in Berlin zurückgeht - jedenfalls keine solchen, die mir bekannt wären.

Das alles sind Vorbereitungshandlungen, Ideen, Optionen mit Blick auf ein wichtiges Datum, nämlich den 19. November, an dem die Außen- und Verteidigungsminister der Europäischen Union zusammenkommen werden, um sich dann die auf dem Tisch liegenden Vorschläge und Konzepte zum Umgang mit der Frage in Mali vorlegen zu lassen und gegebenenfalls darüber zu entscheiden. Es bleibt bei dem Fahrplan, der vereinbart worden ist.

Der Europäische Auswärtige Dienst hat von den Außenministern am 15. Oktober den Auftrag erhalten, ein Optionenpapier zu entwerfen und mit Blick auf den 19. November vorzulegen. Parallel gibt es die notwendigen Gespräche und Beratungen, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu führen hat. Wenn es irgendwann einmal, was ja bisher noch überhaupt gar nicht klar ist, zu einer Aktion unter Beteiligung von Nachbarstaaten von Mali kommen könnte, dann ist dafür eine völkerrechtliche Legitimierung erforderlich, die nur der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geben kann. Das ist der letzte Stand, wie er mir vorliegt.

Zusatzfrage: Aber für Ihren Minister und Ihr Haus kommt eine Bewaffnung bei einer möglichen deutschen Beteiligung an einem solchen Einsatz nach wie vor nicht infrage?

Schäfer: Es ist jetzt viel zu früh, irgendwelche Spekulationen über militärische Missionen und die Beteiligung Europas und der Bundesregierung daran anzustellen. Es geht jetzt zunächst einmal darum, die politischen Optionen auszuleuchten, die mit Blick auf eine Lösung der Lage in Mali - insbesondere im Norden von Mali - anstehen. Es bleibt bei dem, was der Außenminister in der letzten Woche gesagt hat, dass aus seiner Sicht ein Kampfeinsatz der Bundeswehr nicht zur Debatte steht.

Frage: Frage an die Ressorts Justiz und Verbraucherschutz. Es geht um den Mobilfunkkonzern Telefónica, der Bewegungsdaten von O2-Kunden für Marketingzwecke verkaufen möchte. Mich würde interessieren, wie Sie das sehen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte sieht das kritisch. Wie ist die Haltung der Ministerien dazu?

Schlienkamp: Da wir für das Telekommunikationsgesetz zuständig sind, ergreife ich jetzt das Wort.

Zuerst zur Einordnung: Der Handel mit Standortdaten ist grundsätzlich verboten. Für die Verarbeitung von Standortdaten durch die Mobilfunkanbieter setzt das Telekommunikationsgesetz sehr enge Grenzen. Diese Anforderungen sind europarechtlich vorgegeben. Sie gelten also auch in anderen EU-Ländern. Es ist so, dass Standortdaten entweder anonymisiert oder auch mit Einwilligung des Betroffenen nur für sogenannte Dienste mit Zusatznutzen verwendet werden dürfen. Das klingt jetzt sehr technisch. Das sind Dienste, die die "Erhebung und Verwendung von Verkehrsdaten oder Standortdaten in einem Maße erfordert, das über das für die Ermittlung einer Nachricht oder die Entgeltabrechnung dieses Vorgangs erforderliche Maß hinausgeht."

Wir haben das bei uns im Haus geprüft. Nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums lassen die Bestimmungen einen Handel mit Standortdaten auch in anonymisierter Form nicht zu, da es sich nicht um einen Dienst mit Zusatznutzen handelt. Die Prüfung hat ergeben: Die Bestimmungen lassen einen Handel mit Standortdaten auch in anonymisierter Form nicht zu, weil es sich eben nicht um einen Dienst mit Zusatznutzen - das habe ich eben erläutert - handelt.

Die Datenverarbeitung im Bereich der Telekommunikation wird in Deutschland vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation kontrolliert und auch von der Bundesnetzagentur beaufsichtigt. Ich gehe davon aus, dass die Bundesnetzagentur entsprechende Schritte einleiten wird.

Zusatzfrage: Haben Sie das konkret in Bezug auf O2 und dieses Programms "Smart Steps" geprüft?

Schlienkamp: Die Prüfung ist eine grundsätzliche Prüfung gewesen, wie wir mit den Anforderungen, die sich aus dem Gesetz ergeben, umgehen. Die Prüfung führt zu einem eindeutigen Ergebnis, das ich eben vorgetragen habe.

Zusatzfrage: In Bezug auf O2/"Smart Steps"?

Schlienkamp: In Bezug auf O2.

Zu Erbauch-Fürstenau: Vonseiten des Verbraucherschutzes kann ich noch hinzufügen, dass aus unserer Sicht diese Marketingpraktiken, von denen die Rede ist, Tür und Tor für die Verletzung der Privatsphäre öffnen. Klar ist: Die Verbraucher wollen ihr Handy selbst nutzen und nicht ständig überwacht werden, wenn sie das Gerät mit sich herumtragen. Klar muss auch sein, dass diese Vermarktung solcher sensibler Daten das Vertrauen der Verbraucher zerstört und sich damit die Branche keinen Gefallen tut.

Vorsitzender Leifert: Möchte das Justizministerium das ergänzen, weil Sie auch angesprochen waren?

Albin: Bei uns dauert die Prüfung noch an. Ich kann das nicht ergänzen.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema Iran und Israel. Der israelische Verteidigungsminister hat doch etwas überraschend ein Entspannungssignal gesendet; besser gesagt geht er davon aus, dass der Iran vorerst seine Bombenbaupläne auf Eis gelegt hat und daher dieses Problem nicht mehr so dringlich sei. Teilt die Bundesregierung diese Einschätzung? Hat sie ähnliche Erkenntnisse, dass es da ein Umdenken der iranischen Regierung gegeben hat?

Schäfer: Ich habe heute Morgen die Berichte in den deutschen Online-Medien über das Interview des israelischen Verteidigungsministers gelesen. Ich habe mich allerdings auch der Mühe unterzogen, das Originaldokument zu lesen, nämlich ein Interview mit einer englischen Tageszeitung. Die Interpretation, die in deutscher Sprache zu lesen gewesen ist, deckt sich nur anteilig mit dem, was tatsächlich gesagt worden ist.

Wie auch immer: Aus Sicht der Bundesregierung gibt es keine neue Lage. Es bleibt dabei, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern in den E3+3 wollen, dass der Iran endlich in substantielle Verhandlungen einsteigt und die seit Jahren bestehenden begründeten Zweifel an der ausschließlich friedlichen Nutzung des iranischen Atomprogramms ausräumt. Wir setzen mit unseren Partnern weiter auf eine diplomatische Lösung dieses Konflikts und unterstützen alle Anstrengungen, um auf dem Weg zu einer politischen diplomatischen Lösung weiter voranzukommen. Da sind wir uns mit unseren Partnern in der E3+3 einig.

Ich erinnere nur daran, dass in der letzten Woche auch die Hohe Beauftragte der Europäischen Union, Lady Ashton, in dieser Sache erneut mit dem iranischen Chefverhandler Jalili telefoniert hat. Für uns, für die Bundesregierung bleibt klar, dass wir keine Gespräche mit dem Iran nur um der Gespräche Willen führen wollen. Wir brauchen jetzt rasche und konkrete Fortschritte auf dem Weg einer Vertrauensbildung. Deshalb bleibt es beim doppelgleisigen Ansatz, dem von mir beschriebenen Verhandlungsangebot an den Iran zusammen mit der Bereitschaft der Bundesregierung, gemeinsam mit ihren Partnern in Europa und den Vereinigten Staaten die Sanktionsschraube gegenüber dem Iran weiter anzuziehen.

Sie wissen, dass es am 15. Oktober beim Außenministerrat in Luxemburg dazu bereits sehr weitreichende Entscheidungen der Europäischen Union gegeben hat, mit denen die Sanktionen gegenüber dem Iran ganz deutlich ausgeweitet worden sind.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 31. Oktober 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/10/2012-10-31-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2012