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PRESSEKONFERENZ/497: Regierungspressekonferenz vom 22. Oktober 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 22. Oktober 2012
Regierungspressekonferenz vom 22. Oktober 2012

Themen: Mordanschlag auf den Leiter des libanesischen Inlandsgeheimdienstes, Kritik vonseiten Russlands am Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-russische zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit, Treffen des serbischen und kosovarischen Premierministers mit der Hohen Vertreterin der Europäischen Union, Meldungen über angebliche deutsche Absage des EU-Sonderrats im November, 2. Berliner Forum Außenpolitik, europäische Schuldenkrise, Bau von Offshore-Windparks vor Borkum, Regionalwahlen in Spanien, Luftverkehrsabgabe, Besuch des EZB-Präsidenten im Bundestag

Sprecher: StS Seibert, Peschke (AA), zu Erbach-Fürstenau (BMELV), Kothé (BMF), Maaß (BMU), Strater (BMVBS)



Vorsitzender Fichtner eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich will Ihnen zunächst zum Thema Libanon eine Stellungnahme der Bundesregierung zur Kenntnis geben.

Die Bundeskanzlerin verurteilt auf das Schärfste den Mordanschlag auf den Leiter des libanesischen Inlandsgeheimdienstes, Wissam al-Hassan. Sie spricht den Angehörigen ihr Beileid aus. Die, die für dieses infame Attentat verantwortlich sind, müssen so schnell wie möglich ermittelt und dann zur Rechenschaft gezogen werden. Die Bundeskanzlerin sieht die gegenwärtige Entwicklung im Libanon mit größter Sorge. Sie fordert alle politischen Kräfte im Lande auf, Besonnenheit walten zu lassen und ein Übergreifen des syrischen Bürgerkrieges auf den Libanon zu verhindern.

Dann würde ich gerne aus gegebenem Anlass kurz zu einem anderen Thema kommen. Der Bundestagsabgeordnete Andreas Schockenhoff ist der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-russische zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit. Er spricht zu diesen Themen für die Bundesregierung. Beauftragte der Bundesregierung werden durch diese selbst berufen und nicht durch Stellen im Ausland.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundesregierung irgendwelche Kenntnisse darüber, ob die syrische Regierung an diesem Attentat im Libanon beteiligt war?

StS Seibert: Ich würde gerne an den Sprecher des Auswärtigen Amtes weitergeben.

Peschke: Ich kann Ihnen hier in der Öffentlichkeit keinen Erkenntnisstand vortragen. Wir stehen natürlich mit allen beteiligten Stellen im engen Kontakt, um die Hintergründe dieses schrecklichen Attentats zu ergründen. Es gibt nichts, was ich hier in der Öffentlichkeit dazu mitteilen könnte.

Vorsitzender Fichtner: Können Sie "unter zwei" mehr sagen?

Peschke: Nein.

Frage: Herr Seibert, ist die Bundesregierung irritiert darüber, dass die russische Regierung oder das russische Außenministerium Zweifel daran geäußert hat, dass Herr Schockenhoff für die Bundesregierung spricht?

StS Seibert: Es gab Äußerungen aus dem russischen Außenministerium, die bei uns für Verwunderung gesorgt haben. Diese Verwunderung hat die Bundesregierung ihrerseits dem russischen Außenministerium übermittelt.

Zusatzfrage: Es ist vom russischen Außenministerium gesagt worden, dass Herr Schockenhoff sich verleumderisch über Russland geäußert habe. Kann ein solches Klima und können solche Äußerungen die Regierungskonsultationen Mitte November belasten?

StS Seibert: Diese Unterstellungen sind natürlich zurückzuweisen. Nicht jedes offene Wort, nicht jede sachliche Kritik ist Verleumdung. Es wird natürlich beim Petersburger Dialog, der demnächst wieder ansteht, auch offene Worte geben müssen. Dazu ist dieser Dialog einstmals ins Leben gerufen worden, damit die zivilgesellschaftlichen Kräfte sich offen und vertrauensvoll - aber vor allem offen - miteinander austauschen. Das ist unser Ziel, wenn wir in solche Veranstaltungen gehen. Das ist eigentlich alles, was ich Ihnen jetzt dazu sagen kann.

Peschke: Ich hätte noch ein weiteres außenpolitisches Thema, das ich hier kurz ansprechen möchte.

Die Bundesregierung begrüßt, dass sich der serbische Premierminister Dacic und sein kosovarischer Amtskollege, Premierminister Thaci, am vergangenen Freitag mit der Hohen Vertreterin der Europäischen Union, Lady Ashton, getroffen haben, um über eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen Serbien und Kosovo zu sprechen. Die diesbezüglichen Bemühungen von Lady Ashton haben unsere volle Unterstützung. Aus Sicht von Außenminister Westerwelle und der Bundesregierung war das Treffen am vergangenen Freitag ein wichtiger Schritt in einem Prozess, der bald greifbare Ergebnisse erbringen sollte. Wir hoffen, dass rasch weitere Treffen folgen, die in eine nachhaltige Verbesserung der Lage vor Ort münden sollten.

Für Außenminister Westerwelle ist klar: Die Normalisierung des Verhältnisses zwischen Serbien und Kosovo und die Schaffung gutnachbarschaftlicher Beziehungen ist ein Schlüsselkriterium für die Annäherung beider Staaten an die Europäische Union. - Vielen Dank!

Frage: Herr Seibert, eine Zeitung berichtet heute, dass die Bundesregierung den EU-Haushaltsgipfel im November platzen lassen wolle, weil die britische Regierung sich wenig kompromissbereit zeige. Ist dem so?

StS Seibert: Nein, dem ist nicht so. Ich weise diese Meldung ausdrücklich zurück. Die Bundesregierung hat ein Interesse an einem Gelingen dieses Sonderrates, der im November zusammenkommen will. Sie unterstützt EU-Präsident Herman Van Rompuy in diesem Ziel, auf dem Gipfel eine Einigung über den mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union 2014 bis 2020 zu erzielen. Wir sind überzeugt, dass eine solche Einigung ein starkes Zeichen wäre, das Europa aussenden könnte - ein Zeichen seiner Handlungsfähigkeit, ein Zeichen auch in Richtung Planungssicherheit für die europäischen Mitgliedstaaten.

Deutschland ist der Meinung, dass dieses europäische Budget auch vermehrt für die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung eingesetzt werden sollte. Wir werden bei den Verhandlungen sehr stark den Gedanken des "better spending", des klügeren, effektiveren Ausgebens von Geld, vertreten. Die Bundesregierung beteiligt sich sehr engagiert an den Vorbereitungen dieses europäischen Gipfels und ist dafür mit all ihren europäischen Partnern im engen Kontakt.

Zusatzfrage: Erwarten Sie, dass das Thema bei dem November-Gipfel abgeräumt werden kann? Oder wird möglicherweise noch eine ganze Serie oder ein weiterer Gipfel notwendig sein?

StS Seibert: Es ist der Auftrag des Europäischen Rates vom Juni, dass ein Sonderrat im November zusammenkommt, um eine Einigung auf einen mehrjährigen Finanzrahmen zu erzielen. Deswegen muss man natürlich mit der Erwartung in die Verhandlungen hineingehen, dass diese Einigung möglich ist. Das wird von allen Seiten, wie es bei so etwas üblich ist, auch Kompromissfähigkeit erfordern.

Frage: Herr Seibert, ist die Bundesregierung besorgt und fürchtet sie, dass die britische Regierung diesen EU-Gipfel wegen der Maximalforderung eines Einfrierens des Haushalts blockieren könnte?

StS Seibert: Nein. Großbritannien setzt sich - wie auch die Bundesrepublik - als Teil der sogenannten Gruppe der "like-minded", also der ähnlich Gesinnten, dafür ein, dass der Haushalt der EU zur erforderlichen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte insgesamt beiträgt und dass er diese widerspiegelt. Da ist zunächst einmal eine Übereinstimmung im Interesse.

Großbritannien setzt sich für einen besonders strengen Konsolidierungskurs ein. Aktuell finden intensive Gespräche zwischen den Mitgliedstaaten statt, um im November eine Einigung zu ermöglichen.

Frage: Zwei Fragen zum EU-Haushalt. Es gab vor zwei Wochen Meldungen, dass sich die Agrarminister von Frankreich und Deutschland in Sachen Agrarsubventionen geeinigt hätten. Dem wurde widersprochen. Gibt es eine Einigung zwischen Deutschland und Frankreich in dieser besonderen Frage?

Zu Großbritannien generell: Wie kommentieren Sie die Haltung von Premierminister Cameron generell zur EU - nicht nur seine Position zum EU-Haushalt -, die von Skepsis geprägt ist?

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob das Landwirtschaftsministerium dazu etwas sagen will. Meine Haltung dazu ist, dass die Erarbeitung eines mehrjährigen Finanzrahmens der EU aus so vielen verschiedenen Einzelaspekten besteht, dass ich jetzt, während die Verhandlungen und Gespräche noch laufen, keine Einzelaspekte kommentieren möchte.

Zur Haltung Großbritanniens ist zu sagen, dass Großbritannien Mitglied der Europäischen Union ist. Großbritannien ist ein von uns sehr geschätztes Mitglied der Europäischen Union, das dieser Europäischen Union vieles zu geben hat. Wir arbeiten natürlich mit den Briten bei der Lösung aller Fragen - ganz besonders bei der Einigung der Frage des Budgets - eng zusammen.

Zu Erbauch-Fürstenau: Die beiden Minister haben sich getroffen und haben festgehalten, dass wir im Rahmen der gemeinsamen Agrarreform, die ab 2014 gilt, weiterhin eine stabile erste Säule und eine gut ausgestattete zweite Säule brauchen. Da waren sich Minister Le Foll und Bundesministerin Aigner sicher und einig. Ansonsten kann ich den Worten des Regierungssprechers nur beipflichten.

Peschke: Weil Sie generell nach den deutsch-britischen Beziehungen gefragt haben, wollte ich einen Terminhinweis geben.

Morgen wird das 2. Berliner Forum Außenpolitik stattfinden, auf dem morgen Früh um 9 Uhr unter anderem der britische Außenminister William Hague, Bundesaußenminister Westerwelle und der finnische Europaminister Alexander Stubb öffentlich diskutieren werden. Es geht um Fragen der Europäischen Union und um die Zukunft der Europäischen Union. Dabei wird es natürlich auch um die Frage gehen, wie sich die verschiedenen Länder die Zukunft der Europäischen Union vorstellen. Es ist davon auszugehen, dass der britische Außenminister in dem Zusammenhang seine Gedanken vortragen wird.

Frage: Können Sie denn bestätigen, dass dieses Thema eines möglichen britischen Vetos am letzten Montag bei einem Telefongespräch zwischen Frau Merkel und Herrn Cameron zur Sprache kam?

Strebt die Bundesregierung eine Obergrenze des EU-Budgets von einem Prozent des Bruttowirtschaftsprodukts an?

StS Seibert: Ich kann Ihnen bestätigen, dass es ein Telefongespräch der Bundeskanzlerin mit Herrn Cameron zu diesem Zeitpunkt gab. Das befasste sich ganz überwiegend mit den Themen, die der jetzt gerade vorübergegangene Europäische Rat zu bearbeiten hatte. Es blickte auch auf das Thema des mehrjährigen Finanzrahmens. Insofern sind die Themen, wie ich es Ihnen beschrieben habe, Teil von intensiven und konstruktiven deutsch-britischen Gesprächen.

Unsere Haltung ist die, dass tatsächlich der mehrjährige Finanzrahmen die harten Konsolidierungsbemühungen in vielen europäischen Staaten widerspiegeln sollte, weswegen wir uns auch mit den Briten zusammen in dieser sogenannten Gruppe der "like-minded" für eine sehr moderate Anhebung ausgesprochen haben.

Zusatzfrage: Was wäre "moderat"?

StS Seibert: Ein Prozent wäre moderat. Aber ich möchte trotzdem betonen, dass wir uns noch einige Wochen vor diesem europäischen Sonderrat befinden, dass intensive Gespräche geführt werden und dass deswegen alles, was man jetzt zu Positionen sagt, natürlich vorbehaltlich der noch zu führenden Gespräche ist. Aber das sind Interessen und Positionen, die wir haben.

Frage: Herr Seibert, es gab offenbar gestern ein Telefonat und eine gemeinsame Erklärung von Frau Merkel und Herrn Kenny - nur am Rande: ich finde sie auf den Seiten der Bundesregierung nirgendwo, aber sie läuft in Irland und auf den internationalen -, in der es heißt, dass der Fall Irland ein Sonderfall sei. Jetzt würde ich gerne von Ihnen wissen: Was unterscheidet die Frage der irischen Bankenrekapitalisierung von der spanischen? Was folgt daraus?

StS Seibert: Zunächst einmal stimmt es, dass es gestern dieses Telefonat gab, in dem der irische Ministerpräsident und die Kanzlerin über die besonderen Umstände hinter Irlands Banken- und Staatsschuldenproblem gesprochen haben. Sie haben beide ihr Interesse daran ausgedrückt, dass Irland baldmöglichst an die Märkte zurückkehren kann. Sie haben sich noch einmal auf die Vereinbarungen des Europäischen Rates Ende Juni bezogen, der zugesagt hat, dass die Eurogruppe die Situation des irischen Finanzsektors unter die Lupe nimmt und im Blick darauf betrachten wird, die Tragfähigkeit des irischen Programms zu verbessern und in denen auch ausgedrückt wird, dass die irischen Reformen bisher sehr erfolgreich durchgeführt werden.

Kein Land in Europa gleicht in seiner Krisenproblematik einem anderen. In Irland ist es natürlich so, dass die irische Regierung mit großen Mengen Steuergeldes ihre Banken rekapitalisiert hat. Dieses wird sicherlich zu betrachten sein, wenn die Eurogruppe sich des Themas Irland wieder annimmt.

Zusatzfrage: Was heißt denn das konkret? Bedeutet das, dass die Festlegung der Bundesregierung, dass eine direkte Bankenrekapitalisierung erst möglich ist, wenn die Aufsicht steht, zwar für alle gilt, aber möglicherweise nicht für Irland?

StS Seibert: Nein, das ist damit überhaupt nicht gemeint. Der Stufenplan, der jetzt auch noch einmal in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates festgehalten worden ist, steht. Wir brauchen erst einmal - bis Ende dieses Jahres wollen wir uns darauf geeinigt haben - den Rechtsrahmen für die europäische Bankenaufsicht. Dann wollen wir uns im Jahr 2013 an die operative Umsetzung machen. Danach müsste ein neuer Beschluss herbeigeführt werden, ob auch direkte Bankenrekapitalisierung möglich ist. Das ist ein Beschluss, der im Rahmen des ESM nach einer Entscheidung des Bundestages herbeigeführt werden muss, denn es würde sich um ein neues Instrument handeln. Dann erst könnte dieser Schritt gemacht werden. Daran hat sich überhaupt nichts geändert.

Frage: Herr Seibert, bedeutet das Statement von gestern, dass im Fall von Irland oder anderen Ländern eine indirekte Rekapitalisierung von Banken - wann auch immer - möglich sein könnte?

Zweitens. Wir alle kennen das Problem mit Sonderfällen und Sonderbehandlungen in der Eurokrise; denn dann kommen plötzlich alle anderen Länder und sagen: Wir sind auch ein Sonderfall. Wie wollen Sie verhindern - juristisch oder politisch -, dass Griechenland oder Portugal die Hand hoch halten und sagen: Wir sind auch ein Sonderfall, wir wollen auch besonders behandelt werden?

StS Seibert: Die Zusammenarbeit mit Griechenland ist ja im zweiten Griechenland-Paket festgelegt, an dessen Umsetzung gerade gearbeitet wird und dessen Umsetzung auch gerade durch die Troika bewertet wird.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass sich, so wie der Rat es im Juni beschlossen hat, die Eurogruppe mit dem irischen Problem befassen wird und dabei die speziellen irischen Eigenheiten und Umstände in Rechnung ziehen wird. Welcher Form diese Befassung ist, dem kann ich hier jetzt nicht vorgreifen. Ich habe eben festgehalten, dass aus deutscher Sicht und auch ganz eindeutig nach den Schlussfolgerungen des vergangenen Europäischen Rates die Stufenfolge - erst Bankenaufsicht, dann direkte Bankenrekapitalisierung - erhalten ist.

Frage: Ich habe die Bundeskanzlerin nach dem letzten Rat so verstanden, dass sie klar sagt, Altschulden sollten kein Teil der Rekapitalisierung sein. Jetzt sagt man aber: Vielleicht wird es in Irland doch so sein. Habe ich das richtig verstanden?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat am Freitag in Brüssel auf eine Frage zum Thema Spanien geantwortet. Unsere Haltung zur Altschuldenproblematik - auf Englisch "legacy debt"-Problematik - ist bekannt und auch mehrfach ausgedrückt worden. Nach dem genannten Telefonat mit Premierminister Kenny hat man sich geeinigt, noch einmal ganz klar hervorzuheben, dass natürlich, selbstverständlich, die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 29. Juni stehen - und sie haben Bestand. Diese Schlussfolgerungen sagen, dass die Eurogruppe die Situation des irischen Finanzsektors betrachten wird und dass es unser Ziel sein wird, gemeinsam Wege zu finden, Lösungen zu finden, wie die Tragfähigkeit des irischen Programmes - das im Übrigen gut funktioniert - gesteigert werden kann, verbessert werden kann. Dem werde ich nicht vorgreifen.

Zusatzfrage: Aber im Juni hat man gesagt: Alles, was Spanien bekommt, wird Irland auch bekommen. Wenn also Spanien nichts für Altschulden bekommt, dann gibt es doch auch nichts für Irland, oder?

StS Seibert: Ich denke, dass die Erklärungen, die Premierminister Kenny und die Kanzlerin gestern herausgegeben haben, in ihrer direkten Bezugnahme auf die Vereinbarungen vom Juni doch sehr klar sind. Deswegen möchte ich da jetzt nichts weiter hineininterpretieren. Die Eurogruppe wird die speziellen Umstände Irlands betrachten und wird zusammen mit den Iren Lösungen besprechen und erarbeiten, damit das Programm, das Irland umsetzt, tragfähiger werden kann.

Frage: Vielleicht können Sie uns kurz erklären, ob das Statement von gestern etwas sagt, was das Statement vom Juni nicht gesagt hat. Ist das nur eine Wiederholung des Statements vom Juni in anderen Worten, oder gibt es noch irgendetwas oben drauf, was im Juni vielleicht nicht präzise genug oder inhaltlich nicht klar ausgedrückt wurde? Was wurde gestern gesagt, was im Juni nicht gesagt worden ist?

StS Seibert: Das gestrige Statement nach dem Telefonat ist natürlich weitgehend eine Bekräftigung dessen, was im Juni miteinander in Europa beschlossen wurde.

Zusatzfrage: An das Finanzministerium: Wäre das Statement von gestern nötig gewesen, wenn die Finanzminister in Finnland nicht klar zum Ausdruck gebracht hätten, was aus ihrer Sicht eingeschlossen und ausgeschlossen war?

Kothé: Ich kommentiere jetzt bestimmt nicht, ob das Statement der Bundeskanzlerin und des irischen Ministerpräsidenten nötig gewesen ist.

Zusatzfrage: Können Sie vielleicht erklären, warum die Statements des finnischen Finanzministers und von Herrn Schäuble notwendig waren? Bis dahin war alles schön zweideutig, und erst ab dann gab es diesen Streit. Warum war es nötig, aus Zweideutigkeit Eindeutigkeit zu machen? Was war damals das politische Bedürfnis, sich unbedingt zu diesem Thema zu äußern?

Kothé: Es gab bei diesem Besuch ein Stück weit Übereinkommen zu diesem Punkt, und das wurde kommuniziert. Ihre Interpretation ist jetzt das Eine; ich denke aber, Herr Seibert hat das Prozedere und vor allen Dingen auch die Haltung der Bundesregierung in diesem Fall jetzt wirklich eindeutig erklärt. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage: Noch einmal zum Verständnis, Herr Seibert: Können Sie bitte noch einmal erläutern, was die Besonderheiten Irlands sind?

StS Seibert: Ich habe versucht, grundsätzlich zu sagen, dass kein europäisches Land in seiner Krisensituation ganz dem anderen gleicht; das ist doch relativ offensichtlich. Spanien hat eine eigene Situation, Griechenland hat eine ganz besonders eigene Situation, und auch in Irland gibt es eigene Umstände. Die Tatsache, dass die irische Regierung so hohe Summen eigener Steuergelder aufgewandt hat, um Banken zu rekapitalisieren, ist etwas, was in Betracht zu ziehen ist. Auch die Tatsache, dass das Anpassungsprogramm, das die Iren und die irische Bevölkerung seit einiger Zeit durchführen und dem wir großen Respekt zollen, ziemlich erfolgreich läuft, ist ein Umstand, der zu betrachten ist.

Frage: Eine Frage an das Umweltministerium: Der dänische Energiekonzern Dong zieht sich vorläufig aus dem Bau eines Windparks bei Borkum zurück. Offenbar gibt es da nach wie vor das Problem, dass der Stromnetzbetreiber Tennet keine Termine nennen kann. Was wollen Sie unternehmen, damit sich daraus nicht eine Kettenreaktion entwickelt und auch andere Investoren ihr Engagement wegen der Probleme bei Tennet zurückziehen?

Maaß: Wir erkennen derzeit keine Kettenreaktionen. Die Entscheidung von Dong ist zwar bedauerlich, aber in der Sache längst bekannt gewesen.

Zusatzfrage: Gibt es Überlegungen in der Bundesregierung, anderen Investoren eine Beteiligung zu erleichtern, um die Finanzkraft von Tennet zu stärken?

Maaß: Dazu gibt es derzeit keine konkreten Überlegungen.

Frage: Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Regionalwahlen in Spanien? In Galizien hat ja die konservative Partei gewonnen und im Baskenland haben die Separatisten einen deutlichen Vorsprung errungen.

StS Seibert: Die Bundesregierung bewertet keine Ergebnisse von Regionalwahlen in befreundeten Ländern.

Frage: Denken Sie, dass das Herrn Rajoy vielleicht darin bestätigen könnte, eine europäische Finanzhilfe zu beantragen, weil er in Galizien jetzt politische Rückendeckung für seine Politik bekommen hat?

StS Seibert: Ich kann da, ehrlich gesagt, den Zusammenhang nicht sehen. Wenn es überhaupt einen gibt, dann scheint er mir doch in der spanischen Innenpolitik zu liegen, die ich als Regierungssprecher für die Bundesregierung nicht zu kommentieren habe.

Zusatzfrage: Die Regierung sieht also keine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert?

StS Seibert: Die Regierung äußert sich nicht zu den spanischen Regionalwahlen. Zum Thema Antrag auf Rettungsschirm ist hier nun schon wirklich oft gesagt worden - ich sage es aber auch gern noch einmal -, dass dies eine souveräne Entscheidung ist.

Frage: Frau Kothé, im Bundesfinanzministerium wurde erneut ein Bericht zur Luftverkehrsabgabe, der die Belastungen der Branche beschreibt, in Auftrag gegeben und nun auch fertiggestellt. Ist das Finanzministerium jetzt, nachdem ja einige Zeit seit der Einführung der Luftverkehrsabgabe vergangen ist, bereit, Konsequenzen aus diesem Bericht zu ziehen?

An das Verkehrsministerium: Sieht sich der Minister in seiner Auffassung bestätigt, dass die Luftverkehrsabgabe eine schwere Belastung für die Branche ist?

Kothé: Es gibt in der Tat einen sogenannten ergänzenden Bericht zu einem früheren Bericht. Dieser ergänzende Bericht ist von uns angefordert worden, um die Datenlage zu aktualisieren. Die Interpretationen, die heute teilweise vorgenommen worden sind, teilen wir nicht. Von daher sehen wir auch nicht den daraus abgeleiteten Handlungsbedarf, diese Steuer abzuschaffen.

Zusatzfrage: Könnten Sie uns denn Ihre Interpretation mitteilen?

Kothé: Was die Forderung betrifft, diese Steuer abzuschaffen - danach haben Sie ja gefragt -, so hat sich durch diesen Bericht keine Veränderung unserer Position ergeben.

Strater: Ich kann nur noch ergänzen: An der Auffassung des Ministers hat sich nichts geändert.

Zusatzfrage: Wären Sie vielleicht auch so freundlich, die Auffassung des Ministers noch ein bisschen zu erläutern?

Strater: Der Minister hat stets betont - wie soll ich es ausdrücken? -, dass die Luftverkehrsabgabe nicht seine Erfindung war, dass sie eine Belastung für die Luftverkehrswirtschaft darstellt und dass man sehr genau die Auswirkungen auf die Luftverkehrswirtschaft untersuchen muss. Das geschieht. Gleichwohl kann ich - über das hinaus, was der Minister schon gesagt hat - hier jetzt keine neuen Erkenntnisse oder keine neuen Aspekte nennen.

Frage: Der Präsident der Europäischen Zentralbank beehrt ja am Mittwoch den Bundestag. Wird er möglicherweise auch zu einem Treffen mit Frau Merkel zusammenkommen?

StS Seibert: Nach meinen Informationen gibt es keine Pläne; ansonsten würde ich Ihnen das gegebenenfalls nachreichen. Ich habe aber keine Anhaltspunkte, dass es geplant ist. Wie Sie wissen, gab es ja erst ein Treffen und außerdem eine weitere Begegnung im Kreise des Europäischen Rates am vergangenen Donnerstag und Freitag.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 22. Oktober 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/10/2012-10-22-regpk.html;jsessionid=FC6C65F73EABCD06FBA536B76A8C4866.s4t1?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2012