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PRESSEKONFERENZ/449: Regierungspressekonferenz vom 9. Juli 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 9. Juli 2012
Regierungspressekonferenz vom 9. Juli 2012

Themen: Wahlen zur Nationalversammlung in Libyen, innenpolitische Entwicklung in Rumänien, Reise des Bundesaußenministers nach Kairo, Reform des Melderechtsrahmengesetzes, Äußerungen des Bundespräsidenten zur Eurokrise, Verbesserung der Krebsvorsorge, Berichte über angebliche Pläne zur steuerlichen Besserstellung von Fonds im Rahmen der Altersvorsorge, Eurogruppenvorsitz, Personalie

Sprecher: StS Seibert, Augustin (AA), Spauschus (BMI), Zimmermann (BMJ), Eichele (BMELV), Klaus (BMG), Blankenheim (BMF), Schneid (BMWi)



Vorsitzender Fichtner eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst über das Thema Libyen zu Ihnen sprechen.

Die Bundeskanzlerin beglückwünscht die libyschen Bürgerinnen und Bürger zur ersten freien Wahl in diesem Land seit über 40 Jahren. Sie wissen: Am 7. Juli fanden dort die ersten freien Wahlen zur Nationalversammlung statt. Die Wahl zur libyschen Nationalversammlung ist eine sehr wichtige Etappe auf dem Weg der Demokratisierung dieses Landes. Die Libyer haben sich trotz Beeinträchtigungen nicht davon abhalten lassen, von diesem Grundrecht auch Gebrauch zu machen. Dieser Mut verdient unsere Anerkennung.

Es gilt jetzt, diesen demokratischen Wandel tatkräftig voranzutreiben. Dabei kommt der Nationalversammlung eine besonders wichtige Rolle zu. Sie steht vor verantwortungsvollen Aufgaben. Als dringendste ist natürlich die Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu nennen, die dem Willen des libyschen Volkes nach Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Versöhnung und guter Regierungsführung auch Rechnung trägt. Auf diesem weiteren Reformweg wird Deutschland Libyen tatkräftig unterstützen.

Ich möchte dann noch einmal, wie schon am vergangenen Freitag, auf die innenpolitische Entwicklung in Rumänien eingehen.

Die Bundesregierung betrachtet die Entwicklung in Rumänien weiterhin mit tiefer Sorge. Das Vorgehen der rumänischen Regierung unter Ministerpräsident Ponta in Sachen Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Basescu ist inakzeptabel. Die Suspendierung Basescus am Freitag und die Ansetzung des Referendums haben in einer Art und Weise stattgefunden, die die Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit missachtet und die vor allem den nötigen Respekt vor den Verfassungsorganen vermissen lässt. So wurde zum Beispiel das Verfassungsgericht in seinen Rechten und Befugnissen beschnitten.

Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit dieses rumänischen Verfassungsgerichts und auch die Unabhängigkeit und die Balance der drei Gewalten müssen gewährleistet bleiben. Wir sind mit unseren EU-Partnern und mit den entsprechenden Gremien im Kontakt. Wir erwarten, dass die rumänische Regierung das Vertrauen in die rechtsstaatlichen Verfahren in ihrem Land wieder herstellt.

Augustin: Ich möchte ankündigen, dass Bundesaußenminister Westerwelle heute Nachmittag nach Kairo aufbrechen wird, wo er heute Abend den ägyptischen Außenminister Amre und morgen den neuen ägyptischen Präsidenten Mursi treffen wird. Die Reise fügt sich in die anhaltenden Bemühungen der Bundesregierung ein, Ägypten bei seinem demokratischen Wandel zu unterstützen. Kurz nach der eben erst beendeten Präsidentschaftswahl möchte Außenminister Westerwelle Tuchfühlung mit den politisch Verantwortlichen aufnehmen und für weitere Fortschritte bei der Demokratisierung des Landes werben.

Frage: Ich habe die Frage an die Ministerien Justiz und Inneres, ob sie die Kritik, die Frau Aigner am Meldegesetz geäußert hat, teilen beziehungsweise ob die Bewertung ähnlich ausfällt.

Eine Frage an das Bundeslandwirtschaftsministerium. Herr Eichele, warum hat sich Frau Aigner nicht schon früher zu Wort gemeldet? Die Abstimmung liegt ja schon ein bisschen zurück. Hat sie vorher versucht, mit den Mitgliedern im Ausschuss von Union und FDP, die das Ganze beschlossen haben, Kontakt aufzunehmen? Wie ist das gelaufen?

Spauschus: Es dürfte ja bekannt sein, dass der Regierungsentwurf vom 31. August 2011 im Rahmen der einfachen Melderegisterauskunft eine Einwilligungslösung für die Bereiche Werbung und Adresshandel vorgesehen hat. Die betroffene Person hätte danach gegenüber der Meldebehörde oder dem anfragenden Unternehmen in die Nutzung ihrer Daten zu diesem Zwecke einwilligen müssen. Diese Einwilligungslösung ist im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens in eine Widerspruchslösung umgewandelt worden.

Es gab seinerzeit gute Gründe für die Bundesregierung, gerade diese Einwilligungslösung vorzuschlagen. Andererseits ist es auch das gute Recht des parlamentarischen Gesetzgebers, im Laufe des parlamentarischen Verfahrens entsprechende Änderungsanträge zu machen und auch Änderungsvorschläge zu unterbreiten.

Zimmermann: Ich kann dem, was der Kollege aus dem Innenministerium gesagt hat, derzeit nichts hinzufügen.

Eichele: Zunächst ist festzustellen: Der Entwurf fällt in die federführende Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums und im parlamentarischen Bereich in die Zuständigkeit des Innenausschusses, der, soweit ich weiß, gemeinsam mit Wirtschafts- und Rechtsausschuss beraten hat. Der Verbraucherausschuss war hier nicht in die Beratungen eingebunden.

Die Ministerin hat am Wochenende erklärt, dass der allererste Entwurf des BMI, der mit uns auch ressortabgestimmt war, aus guten Gründen die Einwilligungslösung vorgesehen hat. Das heißt, die Verbraucher müssen ausdrücklich zustimmen, bevor ihre persönlichen Daten von einer Meldebehörde zu Werbezwecken oder für den Adresshandel weitergegeben werden. Diese Einwilligungslösung halten wir als Bundesverbraucherministerium nach wie vor für den besseren Weg. Wenn es um die Weitergabe personenbezogener Daten geht, muss gerade der Staat besonderes Augenmaß walten lassen und hohe Maßstäbe setzen. Deswegen sehen wir vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundestages noch Diskussionsbedarf.

Zu dem Beschluss selbst und zu Ihrer Frage: Das Gesetz wurde leider an diesem entscheidenden Punkt sehr, sehr kurzfristig und auch ohne Absprache mit dem Verbraucherausschuss des Bundestages geändert. Die Ministerin hat sich am Sonntag dazu geäußert, weil sie dazu gefragt worden ist. Aber Sie können davon ausgehen, dass es zuvor eine interne Diskussion gab.

Zusatzfrage: Eine Zusatzfrage, auf die vielleicht Herr Seibert oder sonst die Ministerien antworten könnte. Verstehe ich es richtig, dass die Bundesregierung die Hoffnung hat, dass der Bundesrat das Gesetz in der Form, wie es nun im Ausschuss geändert worden ist, stoppt? Wie ist das zu verstehen?

StS Seibert: Die Bundesregierung hält es für denkbar, dass im weiteren parlamentarischen Verfahren noch eine Änderung erreicht werden kann, die den Datenschutzinteressen der Bürger noch stärkeren Raum einräumt.

Zusatzfrage: Das heißt also, so, wie es das Gesetz jetzt vorsieht, ist den Datenschutzinteressen nicht so Raum eingeräumt worden, wie es eigentlich den Vorstellungen der Bundesregierung entsprechen würde?

StS Seibert: Die Bundesregierung hat mit guten Gründen den Gesetzentwurf so vorgelegt, wie sie ihn vorgelegt hat. Ich möchte bei der Gelegenheit einmal daran erinnern, dass im derzeit geltenden Melderechtsrahmengesetz für die sogenannte einfache Melderegisterauskunft gar keine speziellen Voraussetzungen genannt sind. Das wird zum Teil durch Ländergesetze ausgefüllt, die zum Teil auch die Widerspruchslösung kennen. Wir sprechen also von einem Anliegen der Bundesregierung, die Lösung im Sinne des Bürgerinteresses zu verbessern.

Nun ist es natürlich die Gesetzgebungskompetenz des Parlaments, Änderung an Gesetzentwürfen der Bundesregierung vorzunehmen. Die Frage, warum diese Änderung vorgenommen wurde, auf die Widerspruchslösung zu gehen statt der ausdrücklichen Einwilligung, ist nicht an die Bundesregierung zu richten, sondern die ist an das Parlament zu richten, wo die Gesetzgebungskompetenz liegt. Wir sind noch im parlamentarischen Verfahren. Die Bundesregierung drückt hiermit die Hoffnung, die Zuversicht aus, dass im weiteren parlamentarischen Verfahren diese Überlegungen auch noch Raum gewinnen können.

Eichele: Ich kann das nur unterstreichen. Die Meldegesetze der Länder sehen zum heutigen Tag im Wesentlichen die Widerspruchslösung vor. Das heißt: Was der Bundestag vorletzte Woche beschlossen hat, entspricht weitestgehend dem Status quo. Die Bundesregierung - besonders wir als Verbraucherministerium - ist mit dem Ehrgeiz an das neue Meldegesetz herangegangen, den Datenschutz zu erhöhen, höhere Standards zu schaffen und auch etwas für den Verbraucherschutz zu tun.

Frage: Gilt das auch für Adresshändler, dass sie bisher, wenn jemand nicht widersprochen hat, offenen und freien Zugang zu einfachen Datensätzen - Name und Anschrift - in den Meldeämtern hatten? Gibt es eine Aufteilung, dass das in den Ländern unterschiedlich geregelt war?

Spauschus: Vielleicht kann ich etwas dazu sagen. Nach geltender Rechtslage ist es so, dass jede Person oder Stelle eine Auskunft zu Vor- und Familiennamen, Doktorgrad und Anschriften einzelner Anwohner bei der Meldebehörde erhalten kann. Die Angabe eines Zweckes oder Ähnlichem ist nach geltender Rechtslage nicht erforderlich. Soweit mir bekannt, hat der Bürger derzeit nur die Möglichkeit, der automatisierten Auskunft über das Internet zu widersprechen. Die Beauskunftung im normalen schriftlichen Verfahren wäre also auch selbst nach Widerspruch gegen das automatisierte Verfahren weiterhin möglich. Insofern muss man bei aller Diskussion auch sagen: Das, was nach den parlamentarischen Änderungen in den Entwurf hineingekommen ist, wäre gegenüber der geltenden Rechtslage immer noch ein deutliches Plus.

Frage: Herr Eichele, da Sie ja schon wussten, dass es kurzfristig geändert wurde, die Frage: Wissen Sie auch, auf wessen Betreiben das geändert wurde?

Eichele: Was Fristen oder Beweggründe betrifft, würde ich Sie bitten, mit der Unionsfraktion, der FDP-Fraktion und anderen Fraktionen des Deutschen Bundestages Kontakt aufzunehmen. Ich kann hier nur für unser Ministerium sprechen.

Frage: Ich habe eine Frage zum Zeitrahmen. Wird damit gerechnet, dass dieses Gesetz überhaupt den Bundesrat passiert? Wann wird mit dem Innkrafttreten gerechnet? Es gibt eine E-Petition. Wie geht das weiter?

StS Seibert: Die Bundesregierung ist formal in diesem Stadium der Gesetzgebung gar nicht mehr beteiligt. Die Gesetzgebungskompetenz liegt beim Parlament. Insofern sind Fragen, womit wir rechnen, wenig zielführend, wenn ich das sagen darf.

Frage: Herr Spauschus, Sie haben gesagt, dass es gute Gründe für die Bundesregierung gab, in dem Gesetzentwurf die Einwilligungslösung vorzusehen. Vielleicht können Sie diese guten Gründe kurz skizzieren, die aus Ihrer Sicht dafür gesprochen haben, auch wenn wir sie uns denken können.

Da Sie ja mit der Materie vertraut waren: Wer war denn - einmal ganz generell gefasst - dagegen, dass diese Einwilligungslösung eingesetzt wird? Es hat sicherlich im Vorfeld Ihrer Formulierung des Gesetzentwurfes eine gewisse Recherche, Anhörung gegeben, welche Interessen es gibt. Von welcher Seite kam der Widerstand, als Sie den Gesetzentwurf formuliert haben?

Spauschus: Vielleicht zunächst zur zweiten Frage. Die widerstreitenden Interessen sind ja offensichtlich: Auf der einen Seite geht es um den Schutz der Bürger beziehungsweise das berechtigte Interesse der Bürger, ihre Daten, die sie an die Melderegister gemeldet haben, bestmöglich geschützt zu wissen, und auf der anderen Seite gibt es die wirtschaftlichen Interesse der Werbewirtschaft und der sonstigen Wirtschaft, auf diese Daten zugreifen zu können. Es ist eben ja schon ausgeführt worden: Dieser Zugriff auf die Daten ist auch heute schon möglich - sogar ohne jede Einschränkung möglich. Von daher ist es keine Neuigkeit, dass ab dem Zeitpunkt, zu dem das Gesetz in Kraft treten würde, dieser Zugriff möglich wäre; es ist vielmehr geltende Rechtslage, dass das so praktiziert wird. Diesen Widerspruch gab es also schon immer, und die Bundesregierung war dann im Rahmen der Föderalismusreform und damit auch der Änderung der Gesetzgebungszuständigkeit für das Melderecht mit der Intention angetreten, da eine Verbesserung herbeizuführen.

Ich möchte einfach einmal die entsprechende Gesetzesbegründung zitieren, die zur Begründung der Einwilligungslösung angeführt wurde:

"Die ... neu formulierte Voraussetzung für die Zulässigkeit dient dem stärkeren Schutz der betroffenen Personen bei der Verwendung ihrer Daten für die genannten Zwecke. So wird gewährleistet, dass - den Regelungen in 28 Abs. 3 BDSG entsprechend - keine Auskünfte ohne Beteiligung der betroffenen Personen für Zwecke der Werbung und des Adresshandels erteilt werden."

Das war die Begründung, die der Regierungsentwurf vorsah, und das ist natürlich auch nach wie vor der Standpunkt der Bundesregierung.

StS Seibert: Ich glaube, man muss noch einmal zusammenfassen: Es geht darum und es ging darum, höhere Hürde aufzubauen gegen den Zugriff auf die Daten aufzubauen. Die Frage, die die Bundesregierung anders entschieden hat, als sie dann in der parlamentarischen Befassung entschieden wurde, ist, wie hoch die Hürden sind.

Frage: Eine Lernfrage: So wie das klingt, gehe ich davon aus, dass das Gesetz zustimmungspflichtig ist?

Spauschus: Ja, es ist zustimmungspflichtig.

Frage: An das Bundesinnenministerium: Können Sie noch einmal sagen, wann genau Sie davon erfahren haben, dass es im Innenausschuss zu diesen Korrekturen oder zu diesem Wechsel von einer Einwilligungslösung zu einer Widerspruchslösung gekommen ist?

Spauschus: Nein, tut mir leid, das kann ich jetzt nicht weiter datieren. Aber wie gesagt, es ist ja der normale Verlauf eines Gesetzgebungsverfahrens, dass es solche Änderungen gibt. Da werden wir zwar unterrichtet, aber nicht formell gefragt, ob wir das jetzt auch für die beste Lösung halten.

Frage: Herr Eichele, hat es denn in den letzten Monaten oder Jahren, solange das alte Gesetz galt, viele Beschwerden gegeben? Gab es da Anforderungen an Ihr Haus, etwas zu ändern?

Eichele: Da müssten Sie bei den zuständigen Datenschutzbehörden nachfragen, die den Datenschutz in der Praxis umsetzen und sozusagen auch die Beschwerdestelle für die Verbraucher sind. Bei uns im Ministerium kann ich Ihnen nicht über Beschwerden berichten, was konkret diesen Punkt betrifft.

Frage: Herr Spauschus, ich bin eben über Ihre Antwort gestolpert: Sie sagten, es sei im Gesetzgebungsverfahren eigentlich normal, dass es solche Änderungen gibt. Hier scheint es mir aber doch so zu sein, dass im Grunde genommen der Sinn und Zweck des Gesetzes zurückgedreht worden ist? Es ist ja nicht so, dass da ein Unterpunkt verändert worden wäre, sondern hier wird ja, kann man sagen, das Ganze auf den Kopf gestellt. Und da sagen Sie, das sei normal?

Spauschus: Naja, vom Prinzip her ist es zunächst einmal das gute Recht des Gesetzgebers, das Gesetz so auszugestalten, wie er das für geboten hält. Was ich aber versucht habe, deutlich zu machen, ist, dass selbst das, was jetzt nach dem Willen des Gesetzgebers Gesetz werden soll, eine Verbesserung der derzeit geltenden Rechtslage darstellen würde. Insofern würde das Ziel, das sich die Bundesregierung gestellt hat, damit nicht erreicht werden, aber es ist ein eindeutiges Mehr gegenüber dem, was heute geltendes Recht ist. Von daher ist es auch so, dass das formulierte Ziel, den Schutz der Daten der Bürger zu verbessern, auch von diesen Änderungsvorschlägen noch mit umfasst wäre. Es ist aber eben nicht das, was sich die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf einmal vorgenommen hatte.

Frage: Herr Seibert, der Bundespräsident kritisiert, der Bundesregierung fehle manchmal die Energie und die Entschlossenheit, der Bevölkerung sehr offen zu sagen, was eigentlich in der Eurokrise gerade geschieht. Zieht sich die Bundesregierung diesen Schuh an?

StS Seibert: Die Worte des Bundespräsidenten stehen für sich, die Bundesregierung kommentiert sie nicht.

Zusatzfrage: Der Bundespräsident spricht ja auch die Kanzlerin an und sagt, sie habe die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das fiskalisch bedeutet. Wollen Sie den Bundespräsidenten in diesem Dialog, den er da zu führen versucht, ohne Antwort lassen?

StS Seibert: Wenn der Bundespräsident mit der Bundeskanzlerin einen Dialog führen will, hat er dafür ja reichlich Möglichkeiten; das findet ja auch statt. Seine öffentliche Äußerung wird - das ist, glaube ich, Usus zwischen den Verfassungsorganen, und übrigens ein guter Usus - auch von der Bundeskanzlerin nicht kommentiert.

Frage: Eine Frage an das Gesundheitsministerium: Der Gesundheitsminister plant, die Krankenkassen mehr zur Krebsvorsorge anzuregen. Könnten Sie die Pläne etwas genauer erläutern?

Klaus: Das ist richtig. Es gibt einen Referentenentwurf, der letzten Montag auch zur Anhörung beziehungsweise zur Stellungnahme an die Ressorts, an die Länder und an die Verbände verschickt worden ist. In diesem Entwurf sind sowohl die Einführung von klinischen Krebsregistern als auch Verbesserung bei der Krebsfrüherkennung enthalten. Das ist ein Prozess, der schon eine Weile dauert. Der Nationale Krebsplan, in dem Ziele und Handlungsfelder formuliert sind, wurde ja im Jahr 2008 aufgelegt. Dass jetzt als Maßnahme, die der Bund realisieren kann, solche Krebsregister eingeführt werden beziehungsweise die Früherkennung den neuen wissenschaftlichen Methoden angepasst wird, ist im Prinzip ein Teil des Nationalen Krebsplans, der jetzt umgesetzt wird. Da sind natürlich alle Beteiligten mit im Boot, sowohl die Krebshilfe und die Krebsgesellschaft als auch die Krankenkassen. Es gab eine gemeinsame Erklärung im Februar dieses Jahres, auf die man sich verständigt hat, in der diese Maßnahmen auch schon enthalten sind beziehungsweise angekündigt worden sind.

Zusatzfrage: Soll es denn verpflichtend werden, dass die Krankenkassen ihre Versicherten zu Vorsorgeuntersuchungen einladen?

Klaus: Es ist beim Mammographie-Screening ja heute schon so, dass die Versicherten ab einer bestimmten Altersgruppe regelmäßig von der Kasse eine Einladung bekommen, an dieser Vorsorgeuntersuchung teilzunehmen. Die Teilnahme ist freiwillig. Es gibt neue Erkenntnisse, aufgrund derer man solche Einladesysteme für zwei weitere Krebsarten - und zwar für Darmkrebs und Gebärmutterhalskrebs - installieren möchte, damit die Versicherten regelmäßig von den Kassen angeschrieben werden, an der entsprechenden Vorsorgeuntersuchung teilzunehmen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Es gab eine Berichterstattung, dass die Koalition sich darauf verständigt habe, ein Altersvorsorgegesetz, das eine steuerliche Besserstellung der Investmentfonds bewirkt hätte, aufgegeben hat. Hat es solche Pläne im Bundesfinanzministerium gegeben oder gibt es solche Pläne weiterhin?

Blankenheim: Es ist bekannt, dass sich die Arbeitsgruppe Finanzen der CDU/CSU-Fraktion mit der Frage befasst hat, wie die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge verbessert werden kann und die Absicherung des Erwerbsminderungsrisikos gestärkt werden könnte. In diesem Zusammenhang fanden in der Vergangenheit und finden auch weiterhin Gespräche im Bundesfinanzministerium statt. Eine Entscheidung der Koalitionsfraktionen, ob es Erleichterungen für die Fondsbranche geben soll, ist mir nicht bekannt. Insofern werde ich mich da auch nicht an Spekulationen beteiligen.

Zusatzfrage: Ist Ihnen auch bekannt, dass es das nicht geben soll? Darauf bezog sich ja die Berichterstattung.

Blankenheim: Da würde ich mich hier an Spekulationen beteiligen. Mir ist nicht bekannt, dass es eine Entscheidung der Koalitionsfraktionen dazu gibt, ob es Erleichterungen für die Fondsbranche geben soll - das war ja die Berichterstattung.

Frage: Herr Blankenheim, Sie können sicherlich nicht wissen, was heute beim Ecofin herauskommt, aber vielleicht können Sie uns sagen, mit welcher Position Deutschland und Frankreich in der Personalie Juncker und Eurogruppenvorsitz hineingehen? Das "Handelsblatt" schreibt heute, es gebe doch eine Entscheidung oder eine gemeinsame Position, nämlich dass erst Herr Schäuble dieses Amt übernimmt und es dann nach der Hälfte der Amtszeit an seinen französischen Amtskollegen weitergibt. Ist das so?

Blankenheim: Diese Berichterstattung ist am Wochenende schon im "Spiegel" aufgekommen. Wir können dazu nur allgemein sagen, dass wir uns an Personalspekulationen derzeit nicht beteiligen.

Vorsitzender Fichtner: Noch Fragen zur Eurogruppe? - Zu anderen Themen? - Das ist nicht der Fall. Dann hat Frau Schneid noch das Wort, um sich zu verabschieden.

Schneid: Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich möchte mich heute von Ihnen verabschieden. Nach nun etwas mehr als dreieinhalb Jahren in der Pressestelle des BMWi werde ich ab dem 1. August eine neue Aufgabe in Angriff nehmen. Ich möchte natürlich nicht versäumen, mich bei Ihnen auch für die gute Zusammenarbeit zu bedanken und Ihnen alles Gute zu wünschen. Ich hatte wirklich eine sehr interessante und spannende Zeit in der Pressestelle, und bin deshalb natürlich auch ein bisschen wehmütig - auch wenn ich mich auf die neuen Aufgaben freue.

Ich wünsche Ihnen alles Gute und sage noch einmal auf Wiedersehen! Vielleicht läuft man sich hier oder da ja noch einmal über den Weg, was mich natürlich freuen würde. - Vielen Dank!

Vorsitzender Fichtner: Auch wir danken für gute Zusammenarbeit! - Bis Mittwoch, schönen Tag noch!

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 9. Juli 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/07/2012-07-09-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2012