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PRESSEKONFERENZ/366: Regierungspressekonferenz vom 1. Februar 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 1. Februar 2012
Regierungspressekonferenz vom 1. Februar 2012

Themen: "Dialog über Deutschlands Zukunft" im Internet, Kabinettssitzung (Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland, Bundesfreiwilligendienst), Entführung eines deutschen Staatsangehörigen im Jemen, Medienberichte über eine angebliche Zusammenarbeit offizieller pakistanischer Stellen mit den Taliban, Untersagung der Fusion von Deutscher Börse und NYSE Euronext, finanzielle Situation Griechenlands
weitere Themen: Infrastrukturmittel für den Westen Deutschlands, Ausschreibung der indischen Regierung für Kampfflugzeuge, Berufungs- und Beförderungspraxis im Verkehrsministerium, deutsch-französischer Ministerrat, Diskussion um Verbot der Partei DIE LINKE, Befall von Rinder- und Schafherden mit einem Virus, Reise der Bundeskanzlerin nach China, Treffen des Bundesaußenministers mit dem Generalsekretär des persischen Golfkooperationsrates

Sprecher: StS Seibert, von Buttlar (BMFSFJ), Schäfer (AA), Dienst (BMVg), Kotthaus (BMF), Moosmayer (BMVBS), zu Erbach-Fürstenau (BMELV)


Vorsitzender Freitag eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich möchte Sie gerne darüber informieren, dass der Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin heute auch im Internet begonnen hat. Unter www.dialog-ueber-deutschland.de können alle Bürgerinnen und Bürger ihre Vorschläge machen und ihre Vorschläge auch zur Diskussion stellen. Dieser Bürgerdialog ist ein zentraler Bestandteil des "Dialogs über Deutschlands Zukunft", den in die Bundeskanzlerin schon vor knapp einem Jahr begonnen hat. Auf dieser Online-Seite sind nun alle Internetnutzer eingeladen, konkrete Vorschläge für das kommende Jahrzehnt zu machen, darüber zu diskutieren und sie zu bewerten. Nach Ende der Vorschlagphase die wird Mitte April, am 15. April, online enden werden dann diejenigen, die die zehn im Netz am besten bewerteten Vorschläge gemacht haben, eine Einladung in das Bundeskanzleramt erhalten. Die Bundeskanzlerin wird dort ihre Vorschläge mit ihnen diskutieren.

Die Kanzlerin befindet sich bereits seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres im Gespräch mit mehr als 120 Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis. Sie will aber eben auch die Bürgerinnen und Bürger sowie die zivilgesellschaftlichen Organisationen in diesen Prozess einbeziehen. Ziel ist es also, deren Wissen und deren lebenspraktische Erfahrung in den Dialog einfließen zu lassen.

Dieser "Dialog über Deutschlands Zukunft" stellt jetzt auch im Netz drei große Themen in den Mittelpunkt, die wiederum eine ganze Reihe von sehr lebenspraktischen Themen umfassen. Die drei großen Fragen sind: Wie wollen wir zusammen leben? Wovon wollen wir leben? Wie wollen wir lernen?

Nach dem Dialog im Internet, der, wie gesagt, Mitte April enden wird, wird es dann auch Bürgergespräche vor Ort geben, und zwar das erste am 28. Februar in Erfurt, ein weiteres am 14. März in Heidelberg und ein drittes am 28. März in Bielefeld. Die Bundeskanzlerin sieht in diesen Dialogen neue Chancen für die Bürgerbeteiligung. Sie hat kürzlich in einem Interview gesagt, gute Politik habe immer auf der Intelligenz und der Lebenserfahrung der Bürger aufgebaut. Nun hoffen wir, dass im Laufe der kommenden Wochen eine rege Beteiligung zustande kommen wird. Die ersten Zeichen sind, dass das bereits heute gut angenommen worden ist. Vor allem hoffen wir auf gute und auch politisch umsetzbare Vorschläge.

Damit kommen wir zum Kabinett, das sich heute mit dem Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland befasst hat. Dieser Bologna-Prozess an den deutschen Hochschulen war, so wichtig er ist, ja auch immer von Kritik begleitet, auf die dieser heutige Bericht auch detailliert eingeht. Er zeigt also detailliert die Entwicklung an den deutschen Hochschulen in den letzten Jahren auf. Zunächst einmal kann man feststellen: Die Umstellung der Studiengänge auf das Bologna-System schreitet weiter voran. Inzwischen sind es 85 Prozent des gesamten Studienangebots, die Bachelor- und Masterstudiengänge ausmachen. 2009, bei der letzten Erhebung, lautete die Zahl erst 75 Prozent. 1,3 Millionen Studierende waren im Wintersemester 2010/2011 in Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Das waren 60 Prozent aller Studierenden. Auch dieser Prozentsatz ist gegenüber 2009 gestiegen.

Nun zu den wichtigen Punkten: Die Akzeptanz dieser neuen, gestuften Studienstruktur ist sowohl bei Studierenden als auch bei Hochschulen als auch bei den Unternehmen deutlich gestiegen. Der Übergang von Bachelorabsolventen in den Beruf gelingt gut. Ein Großteil schließt noch ein Masterstudium an. Die Bedeutung der Auslandsmobilität ein wichtiger Punkt nimmt zu. Etwa jedem dritten Hochschulabschluss ist jetzt ein studienbezogener Auslandsaufenthalt vorangegangen, bei mehr als einem Viertel dauerte dieser Aufenthalt mehr als drei Monate. Der letzte Punkt: Die individuelle Studienfinanzierung ist ebenfalls weiter verbessert worden, vor allem durch die Erhöhung der Fördersätze und der Freibeträge beim BAföG sowie durch die Einführung des Deutschlandstipendiums 2011.

Der Bericht zeigt also, dass diese Bologna-Reformen so, wie es beabsichtigt war, einen erheblichen Strukturwandel ausgelöst haben, der die Hochschulen in die Lage versetzt, die steigende Zahl von Studenten in kürzerer Zeit auszubilden. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt mit den steigenden Studierendenzahlen zurechtzukommen.

Abschließend gab es im Kabinett einen Meinungsaustausch zum Bundesfreiwilligendienst. Die Bundeskanzlerin hat den Erfolg des Bundesfreiwilligendienstes ausdrücklich gelobt. Die zuständige Ministerin Kristina Schröder hat ihrerseits dazu vorgetragen. Es sind mittlerweile fast 34.000 Verträge abgeschlossen worden. Ich will Sie jetzt nicht mit den Zahlen langweilen, aber ich glaube, das ist ein sehr wichtiges Zwischenresümee man kann sagen: Der Zivildienst ist durch den Freiwilligendienst und durch die zunehmende Zahlen beim Freiwilligen Sozialen und beim Freiwilligen Ökologischen Jahr bereits komplett kompensiert worden. Es ist sicherlich eine gesellschaftspolitische Leistung, dass der damalige Pflichtdienst schon heute durch freiwilliges Engagement ersetzt werden konnte. Die Bundeskanzlerin hat das, wie gesagt, ausdrücklich gelobt. Das Bundesverteidigungsministerium hat sich dem dann angeschlossen und auch seine Zufriedenheit mit der Nachwuchsgewinnung bei der Bundeswehr ausgedrückt. - So weit der Bericht aus dem Kabinett.

Frage: Herr Seibert, warum führt die Bundeskanzlerin diesen Dialog im Internet? Wie viel Zeit nimmt sie sich selbst für einen Dialog? Liest sie das, was dort geschrieben wird, und antwortet sie auf dieser Plattform dem, was geschrieben wird?

StS Seibert: Zunächst einmal habe ich ja dargelegt, dass sie ihn nicht nur im Internet führt. Sie führt ihn seit dem letzten Jahr in direkten, stundenlangen Gesprächen mit Menschen aus Forschung, Wissenschaft und aus den Stiftungen. Sie führt ihn jetzt auch online, und sie wird ihn bei den drei Bürgergesprächen dann auch mit Bürgern im direkten Gespräch führen. Der Online-Auftritt ist also ein Teil dieses Dialogs.

Warum im Internet? - Ich denke einmal, weil das Internet bei den gegebenen technischen Möglichkeiten heutzutage die allerbesten Möglichkeiten bietet, eine große Zahl von Menschen zu erreichen, eine hoffentlich große Zahl von Vorschlägen einzuarbeiten, diese wiederum von anderen kommentieren zu lassen, und weil es für die Politik auch insgesamt eine Herausforderung darstellt, die digitale Öffentlichkeit, die heute zweifellos existiert, in die Politik einzubeziehen und das, was die digitale Öffentlichkeit, was Menschen online beitragen können, zu unserer Demokratie hinzuzuziehen und dabei mit neuen Beteiligungsformen zu experimentieren. In diesem Sinne betrachten wir auch den Online-Dialog natürlich als Neuland, das hier betreten wird.

Zusatzfrage: Das klingt jetzt so, wie Sie es beschrieben haben, eher wie eine technische Möglichkeit des Sammelns von Vorschlägen, Ideen und Anregungen von Bürgern, die das Online-Medium nutzen. Aber wie taucht die Kanzlerin selbst in dieses Forum ein und beteiligt sich selbst online daran? Sie sagte in dem Interview, das man auf diesen Seiten auch finden kann, dass sie keine Zeit habe, ihr Facebook-Profil selbst zu pflegen, und das Twittern überlasse sie Ihnen. Wie groß ist also ihr eigener Anteil an diesem Dialog?

StS Seibert: Ihr eigener Anteil an diesen Gesamtdialog über Deutschlands Zukunft ist sehr groß. Dies ist eine Idee der Bundeskanzlerin, die in drei Stufen umgesetzt wird. Bei dem Online-Dialog kommt es nicht in erster Linie darauf an, einen direkten Kontakt, einen direkten Austausch mit der Bundeskanzlerin herzustellen. Es kommt tatsächlich darauf an, gute Vorschläge zu machen, über die Vorschläge anderer zu diskutieren und die Vorschläge anderer zu bewerten, zu kommentieren. Die am "Dialog über Deutschlands Zukunft" beteiligten Wissenschaftler und Forscher werden sich dabei einbringen. Am Ende wird die Bundeskanzlerin, wie ich es Ihnen dargelegt habe, die Autoren der zehn bestbewerteten Vorschläge zur Diskussion im Bundeskanzleramt eingeladen.

Zusatzfrage: Planen Sie auch noch, von der Webseite www.bundeskanzlerin.de auf diese Webseite zu verlinken? Wenn man die IP-Adresse von "Dialog über Deutschland" nicht kennt, findet man sie dann nicht auf der Seite der Bundeskanzlerin?

StS Seibert: Erstens bin ich sicher, dass der Link existieren wird oder schon existiert. Das würde ich jetzt einmal annehmen. Zweitens sind wir ja unter anderem auch deswegen hier, um die Online-Adresse www.dialog-ueber-deutschland.de so bekannt wie möglich zu machen.

Frage: (Anfang der Frage ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) Wie bekommt Frau Merkel diese Trennung hin?

StS Seibert: Diesen "Dialog über Deutschlands Zukunft" führt die Bundeskanzlerin als Bundeskanzlerin. Sie versteht auch ihre Aufgabe genau so, nicht nur die tagespolitischen Ereignisse zu betrachten, nicht nur Tagespolitik zu machen, sondern jetzt auch zusammen mit der ganzen Bundesregierung dafür Sorge zu tragen, dass Deutschlands Wohlstand und Deutschlands sozialer Zusammenhalt auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren gesichert bleibt. Dafür wünscht sie sich von der Bevölkerung konkrete Vorschläge dazu die wird sie sicherlich auch bekommen , an welchen Stellen Hindernisse für gute Initiativen und gute Projekte durch Regierungshandeln aus dem Weg geräumt werden könnten. Am Ende des Prozesses werden wir hoffentlich eine Handvoll konkreter Handlungsanweisungen haben. Dann kann entschieden werden, wie man sie in den politischen Prozess einbringt, ob es Ressorts gibt, die sich ihrer annehmen, und ob die Bundeskanzlerin sie in den politischen und dann natürlich auch in den parlamentarischen Prozess, der bei uns ja immer notwendig ist, einbringen wird.

Zusatzfrage: Heißt das, dass der Zeitrahmen durch die laufende Legislaturperiode abgesteckt ist, oder zielt das auch auf die kommende und die übernächste Periode ab?

StS Seibert: Der "Dialog über Deutschlands Zukunft" reicht bis in diesen Spätsommer hinein. Danach wird so ist unsere Hoffnung und unsere Erwartung eine Reihe von konkreten Vorschlägen vorliegen, die die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung dann in den politischen Prozess einbringen können.

Frage: Ist bei diesem Gedankenaustausch (zum Bundesfreiwilligendienst) überhaupt zur Sprache gekommen, zu überlegen, Geld für den Bundesfreiwilligendienst nachzuschießen diese Frage geht an Herrn Seibert und auch an das Familienministerium , oder ist das überhaupt kein Thema, wie es bisher ja auch kommuniziert worden ist?

StS Seibert: Im Kabinett ist die Frage der Finanzierung nicht angesprochen worden. Das Kabinett hat sich damit auseinandergesetzt, weil man ja durchaus auch sagen kann, dass es bei der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes viele Menschen gab, die bezweifelten, dass es möglich sein würde, den Wegfall der Zivildienstleistenden zu kompensieren. Über das Faktum, dass dies im Zusammenwirken von Bundesfreiwilligendienst und Freiwilligem Sozialen beziehungsweise Freiwilligem Ökologischen Jahr gelungen ist, ist im Kabinett gesprochen worden.

von Buttlar: Ich kann gerne noch einmal wiederholen, was ich am Montag gesagt habe, nämlich dass, was eine finanzielle Entscheidung angeht, der Deutsche Bundestag gefragt ist und dass wir eben aus unserem Etat das Geld für die 35.000 Bundesfreiwilligen, die jetzt fast zusammengekommen sind, zur Verfügung stellen können. Wenn das aufgestockt werden müsste, dann wäre eine Entscheidung des Parlaments nötig.

Frage: Ich möchte zunächst das Auswärtige Amt nach den Informationen fragen, die zum Fall (der Entführung eines deutschen Staatsangehörigen im) Jemen vorliegen. Ich erinnere mich, dass Sie schon vor zwei Tagen auch auf andere Fälle hingewiesen haben. Haben Sie inzwischen so etwas wie einen kompletten Überblick darüber, wie viele Deutsche derzeit im Ausland sei es durch Entführung oder anderweitig vermisst werden?

Schäfer: Zur ersten Frage: Das ist ja heute Morgen auch schon Ihren Kollegen sowie anderen Agenturen gegenüber bestätigt worden. In der Tat kann das Auswärtige Amt bestätigen, dass gestern im Jemen ein deutscher Staatsangehöriger nach einem Überfall auf eine Gruppe von internationalen Entwicklungshelfern verschleppt worden ist. Es handelt sich dabei um eine Gruppe von Entwicklungshelfern der Vereinten Nationen. Es ist in diesem Fall so wie in den anderen Fällen, über die ich gleich gerne noch etwas mehr sagen kann, nämlich dass der Krisenstab des Auswärtigen Amtes auf Bitte und Anweisung des Außenministers Westerwelle unverzüglich nach Bekanntwerden des Falles getagt hat und dass der Krisenstab jetzt gemeinsam mit der Botschaft in Sanaa und mit den anderen zuständigen Behörden im Jemen alles in seiner Macht Stehende tut, um den Fall möglichst einer guten Lösung zuzuführen.

Ihre zweite Frage will ich wie folgt beantworten: Richtig ist, dass es derzeit eine ungewöhnlich hohe Zahl von Entführungsfällen gibt, um die sich der Krisenstab im Auswärtigen Amt zu kümmern hat. Wir können in keiner Weise irgendwelche inneren Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Fällen erkennen. Es gibt, wie auch öffentlich bekannt ist, den Fall von zwei deutschen Touristen, die am 17. Januar, also vor inzwischen zwei Wochen, in Äthiopien verschleppt worden sind; das ist Ihnen bekannt. Zwei Tage später wurde ein deutscher Entwicklungshelfer in einer Stadt in Zentralpakistan verschleppt. Schließlich wurde ein deutscher Ingenieur im Norden Nigerias verschleppt; das ist am 26. Januar passiert.

Sie können gewiss sein, dass all diese Fälle angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, mit der allerhöchsten Aufmerksamkeit vom Krisenstab betreut und bearbeitet werden. Aber darüber hinaus ist es mir jetzt gar nicht möglich, Ihnen dazu Weiteres oder gar Neues zu berichten.

Frage: Gibt es denn Kontakt zu den jeweiligen Geiselnehmern? Haben Sie weitere Informationen darüber, in wessen Hand sich die Betroffenen befinden, oder wollen Sie über das hinaus, was Sie jetzt gesagt haben, gar nichts mehr sagen?

Schäfer: Ich kann und will über das hinaus, was ich Ihnen gesagt habe, leider nichts sagen. Ich kann nur um Ihr Verständnis und das Verständnis der deutschen Öffentlichkeit dafür bitten, dass wir natürlich aus Gründen, die mit operativ-taktischen Lagen in Zusammenhang stehen und für die Öffentlichkeit in keiner Weise hilfreich sind, gar nichts Weiteres mitteilen können, weder zum Tathergang noch zu den Bemühungen um eine vernünftige, gute Lösung. Wenn es etwas gibt, das wir bestätigen können, dann können Sie sich darauf verlassen, dass wir das auch in geeigneter Weise tun werden.

Zusatzfrage: Haben Sie die Gewissheit, dass die alle noch leben?

Schäfer: Wenn wir die Gewissheit hätten, dass das nicht der Fall wäre, dann würden wir Sie es wissen lassen.

Frage: Die Frage richtet sich auch an das Auswärtige Amt und betrifft das angebliche Geheimpapier oder die angebliche Enthüllung über die Zusammenarbeit pakistanischer offizieller Stellen Geheimdienst etc. mit der Taliban-Bewegung. Hat Sie das in Ihrem Haus überrascht, Herr Schäfer, oder ist das doch nur eine vermeintliche Enthüllung, die auf früheren Erkenntnissen aufbaut?

Schäfer: Darf ich nachfragen, was uns überrascht haben könnte? Meinen Sie den Umstand, dass ein angeblich vertrauliches Papier in die Öffentlichkeit geraten ist, oder den Umstand, dass der Inhalt desselben in die Öffentlichkeit geraten ist?

Zusatz: Ich meine den Inhalt. Das andere ist ja glücklicherweise üblich geworden.

Schäfer: Erstens will ich sagen, dass ein solcher Bericht mir persönlich nicht bekannt ist. BBC und die "Times", die die Öffentlichkeit über diesen Bericht unterrichtet haben, sagen, dass es sich um einen geheimen oder jedenfalls um einen vertraulichen Bericht der Nato handele. Es wird Sie jetzt nicht überraschen, wenn ich Ihnen sage, dass die Bundesregierung und das Auswärtige Amt diese Art von Berichten natürlich grundsätzlich nicht kommentieren. Aber das war ja nicht Ihre Frage.

Zum Inhalt möchte ich Ihnen nur ganz allgemein sagen, dass wir natürlich mit all unseren Partnern beim Thema Afghanistan einschließlich Pakistans daran arbeiten, dass alle Nachbarstaaten Afghanistans dazu gehört dann auch Pakistan ihre Verantwortung für eine Stabilisierung und friedliche Entwicklung in Afghanistan ernst nehmen und dazu einen konstruktiven Beitrag leisten. Dazu gehört natürlich auch, dass Pakistan alles in seiner Macht Stehende tut, um zum Beispiel Rückzugsmöglichkeiten für in Afghanistan operierende bewaffnete Gruppen und Terroristen auf dem eigenen, dem pakistanischen, Territorium zu verhindern. Ich würde auch daran erinnern wollen, dass Pakistan selbst große und ernste Herausforderungen im Umgang mit bewaffneten Militanten auf dem eigenen Staatsgebiet hat und dass Pakistan zu denjenigen Staaten gehört, die in den letzten Jahren die allermeisten Staatsangehörigen durch terroristische und andere Akte verloren hat.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium. Herr Dienst, können Sie denn aufklären, inwieweit die Bundeswehr zu den vertraulichen Erkenntnissen der Nato beigetragen hat? In dem Bericht heißt es nämlich auch, dass sich die Taliban aus strategischen Gründen im Moment mit Anschlägen gegen ISAF zurückhalten würden. Können Sie also bestätigen, dass es in letzter Zeit ruhiger geworden ist, was Anschläge oder die Bedrohungslage angeht? Hat das möglicherweise damit zu tun, dass die Taliban den Abzug beschleunigen wollen und jetzt eine Art friedlichen Zustand vorgaukeln?

Dienst: Mit Sicherheit ist es so, dass die gesamte strategische Bewertung natürlich letztendlich in den Händen des Auswärtigen Amtes liegt. Insofern hat sich Schäfer auch folgerichtig eingelassen. Es gibt innerhalb der Nato sicherlich nicht das eine Geheimpapier oder eine Handvoll von Geheimpapieren, sondern es gibt sicherlich Aktenordner von sogenannten Geheimpapieren, die Sie finden können. Es gibt auch immer wieder sogenannte "situational reports". Zu denen tragen alle möglichen Instanzen oder Personen in Afghanistan bei. Auch die Spekulation, dass der pakistanische Geheimdienst in dieser oder jener Rolle tätig sein soll, ist so alt, wie der Afghanistan-Einsatz alt ist. Dementsprechend werde ich jetzt an dieser Stelle keinen neuen Aufguss vornehmen, um die Hitze noch ein bisschen höher zu treiben.

Zusatzfrage: Ich hatte ja auch danach gefragt, inwieweit Sie bestätigen können, dass die Lage im RC North der Bereich, für den Sie Verantwortung tragen ruhiger geworden sei, und ob das möglicherweise damit in Zusammenhang stehen könnte, dass Aufständische ganz bewusst einen Abzug der Truppen nicht behindern wollen.

Dienst: Dass die Lage im Bereich Nord sozusagen relativ ruhig ist das ist auch das, was hohe Würdenträger unseres Hauses immer wieder und auch in Interviews kundtun , ist offensichtlich, wenn man die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle zugrunde legt. Hier ist die Trendumkehr im letzten Jahr offensichtlich geworden, und sie hält auch an. Nichtsdestotrotz muss man immer auch die Gesamtlage in Afghanistan sehen, und in anderen Bereichen sieht es natürlich noch wesentlich unsicherer als im Norden aus. Aber das heißt auch für den Nord-Bereich, dass sich niemand der Illusion hingibt, dass das die letztendliche Insel der Glückseligkeit oder Sicherheit sein wird, sondern die Herausforderungen bleiben in Gesamtafghanistan und auch im Norden bis 2014 evident, vor allem, wenn Sie berücksichtigen auch darauf weist der Minister jüngst immer wieder hin , dass der gesamte Rückzug in weiten Teilen letztendlich über den Norden abzuwickeln sein wird.

Schäfer: Wenn ich darf, ergänze ich das noch im Hinblick auf Ihre Frage nach dem zweiten Aspekt dessen, was angeblich in diesem vertraulichen oder geheimen Bericht steht, nämlich den Plänen der Taliban, das Land nach dem Abzug der internationalen Truppen wieder unter ihre politische Kontrolle zu bekommen. Es ist ja bekannt, dass es darum ging das war auch von Anfang an das übergeordnete Ziel aller Aktivitäten der internationalen Staatengemeinschaft in Afghanistan einschließlich des Militäreinsatzes , dafür Sorge zu tragen, dass es in Afghanistan keine Rückzugsmöglichkeit für den internationalen Terrorismus mehr geben soll. Das war so, das ist so, und das wird auch weiterhin eines der ganz wichtigen Ziele der internationalen Staatengemeinschaft und damit auch der Bundesregierung sein. Es geht darum, genau dieses Ziel zu erreichen, und zwar über den Zeitpunkt hinaus, zu dem die internationalen Kampftruppen der ISAF und damit auch die deutschen Kampftruppen der Bundeswehr Afghanistan verlassen haben werden. Wir wollen ein selbstbestimmtes Afghanistan, in dem es verfassungsrechtlic he Garantien der Menschenrechte gibt und in dem die Afghanen friedlich zusammen leben wollen. Das ist und bleibt eine Herausforderung für alle, für Afghanistan selbst, für alle Beteiligten in Afghanistan und in der Region, aber eben auch für diejenigen Staaten wie Deutschland, die sich dafür engagieren. Darauf zielt die internationale Strategie ab, auch nach Abzug der Truppen. Das bedeutet selbstverständlich, dass sich die internationale Gemeinschaft und wiederum auch Deutschland nach 2014 dafür einsetzen werden, dass genau das erreicht werden kann.

Das ist ja im Übrigen, wenn Sie so wollen, das Leitmotiv der in Bonn abgehaltenen Afghanistan-Konferenz Anfang Dezember gewesen, nämlich über den Zeitpunkt des Abzugs der militärischen Truppen hinaus eine Transformationsdekade, ein Jahrzehnt der Transformation zu vereinbaren, von 2014 bis 2024, einem Zeitraum, innerhalb dessen sich die internationale Gemeinschaft des Schicksals Afghanistan wohl bewusst und bereit sein wird, dort weiterhin auf intensive Art und Weise zu der friedlichen Entwicklung beizutragen.

Frage: Ich habe zwei Fragen, wenn es gestattet ist, eine an Herrn Dienst: Habe ich es richtig verstanden, dass der gesamte Abzug der ISAF-Truppen jetzt über den Norden abgewickelt werden wird? Das ist ja eine große logistische Herausforderung. Ist wegen der Spannungen an der afghanisch-pakistanischen Grenze irgendein Einfluss auf die logistischen Vorbereitungen oder die Vorbereitungen des Abzugs zu erwarten?

Die andere Frage an Sie, Herr Schäfer: Wie bewertet die Bundesregierung die direkten Gespräche, die Herr Karsai mit den Taliban in Saudi-Arabien führen wird beziehungsweise will?

Dienst: Zur ersten Frage: Es ist ja so, dass es zwei, eigentlich drei wesentliche Routen gibt, auf die sich die Logistik in Afghanistan stützt. Das ist zum einen die sogenannte Südroute das ist alles, was über Pakistan läuft, ausgehend von dem Seehafen in Karachi , es ist die Nordroute das ist alles, was über russisches und tadschikisches Gebiet läuft, was letztendlich über den Verantwortungsbereich Nord nach Afghanistan einläuft und, wenn wir über Rückzug reden, auch ausläuft , und die dritte Route ist eben die Flugroute, wenn Sie so wollen. Mit Transportflugzeugen kommt man jederzeit heraus und herein, sofern man über die Infrastruktur und die Flugzeuge verfügt.

Nun ist es so, dass Sie gesagt haben, dass wesentliche Anteile des internationalen Rückzugs über den Norden führen würden. Das ist einfach so. Wir werden, wenn wir nun im Norden damit anfangen, uns zurückzuziehen und rückzubauen, nicht auf einmal über den Süden herausgehen, sondern wir und auch unsere Partner im Norden werden schon allein über den Norden herausgehen. Auch wesentliche Anteile aus anderen Gebieten werden über den Norden gehen. Natürlich werden andere so lange über den Süden laufen, wie sie über den Süden laufen können. Wenn diese Möglichkeit aus irgendwelchen Gründen irgendwann nicht mehr vorhanden sein wird, dann wird man eben, wie die Militärs das nennen, flexibel genug sein, um entsprechend umzuplanen. Fakt ist aber, dass wir natürlich gehalten sind, die logistischen Ströme in unserem Verantwortungsbereich auf dem Weg hinein und anschließend auch heraus offen zu halten.

Die ganze Transitionsphase mit den Worten von Minister de Maizière auf eine Kurzformel gebracht: Es muss sicher, geordnet und nachhaltig sein. Sicher muss die Situation für die dort eingesetzten deutschen Soldaten und auch für die zivilen Helfer jederzeit bleiben. Geordnet muss auf jeden Fall auch weiterhin die Übergabe an die afghanischen Sicherheitskräfte vonstattengehen. Nachhaltig muss das insofern sein, als dass nach dem Rückzug der für das Partnering an der vordersten Linie und für den Kampf als solches zuständigen Truppen ab 2014 dann auch mit Unterstützung, Mentoring und eben entsprechend massiver ziviler Hilfe die Nachhaltigkeit gesichert ist, sodass Afghanistan als Ganzes nicht unter Umständen wieder in falsche Hände gerät.

Zusatzfrage: Habe ich das richtig verstanden, dass alle Kräfte sowohl das Personal als auch das Material der Bundeswehr über die Nordroute zurückgeführt werden sollen?

Dienst: Wir sind weit davon entfernt, dass die logistische Planung bis 2014 schon irgendwo in einem Geheimpapier zusammengefasst worden wäre, sondern wir beginnen jetzt mit den Planungen. Man ist dabei, die Planungen zu entwickeln. Wie viele Anteile von uns selbst im Zweifelsfall dann doch über den Süden abgezogen werden und ob die Container 582 bis 793 dann unten herum oder über den Norden laufen werden, kann ich Ihnen heute nicht sagen.

Schäfer: Zu meinem Teil der Frage vielleicht nur so viel: Mir sind die Meldungen bekannt, auf die Sie, wenn ich das richtig verstehe, Ihre Frage stützen. Dazu gilt ganz allgemein, dass die Bundesregierung jede politische Initiative unterstützt, die auf sinnvolle Art und Weise dem Ziel dient, afghanisch geführte Friedensverhandlungen aufzunehmen. Auch das ist eine der wichtigen Entscheidungen der Bonner Afghanistan-Konferenz, nämlich Rahmenbedingungen zu definieren, unter denen die internationale Gemeinschaft einen solchen inklusiven, von Afghanen geführten Aussöhnungsprozess zu unterstützen bereit ist und dazu einen Beitrag zu leisten bereit ist. Es gibt, wie Sie wissen, die eine oder andere Initiative im Zusammenhang mit Katar. Darüber hinaus gibt es die Meldungen, die mir ebenso wie Ihnen bekannt sind. All das, was den Prozess voranbringt, verdient und hat die Unterstützung der Bundesregierung.

Frage: Herr Schäfer, eine Frage zum Stichwort Katar. Wie ist denn Ihr Stand? Die Meldungen sind ja widersprüchlich. Einmal heißt es, es werde ein Büro eröffnet. Dann heißt es wieder, es werde keines eröffnet. Können Sie dazu etwas sagen?

Schäfer: Ich kann Ihnen auf die Frage nicht im Detail antworten, weil das ein Prozess ist, der derzeit im Fluss ist.

Frage: Herr Seibert, ich möchte wissen, wie die Bundesregierung die vor Kurzem erfolgte negative Entscheidung der EU-Kommission zur Börsenfusion Frankfurt-New York findet. Hat das heute irgendeine Rolle im Kabinett gespielt? Vielleicht am Rande?

StS Seibert: Es hat keine Rolle im Kabinett gespielt. Die Entscheidung in Brüssel ist, ehrlich gesagt, erst nach dem Kabinett gefallen. Es hat keine Rolle im Kabinett gespielt.

Die Bundesregierung respektiert diese Entscheidung der Europäischen Kommission. Ich kann Ihnen versichern, dass die Bundesregierung die weiteren Entwicklungen auch gerade im Blick auf die Interessen des Finanzstandorts Frankfurt sehr genau im Auge behalten wird.

Frage: Eine Frage an den Regierungssprecher und den Sprecher des Finanzministeriums. Der Vorschlag hinsichtlich eines Sparkommissars für Griechenland ist jetzt vom Tisch. Das hat gestern Herr Juncker gesagt. Die Frage ist nun: Welchem Zweck hat dieser Vorschlag gedient? Hat die Bundesregierung mit solchen Reaktionen der übrigen Partner nicht gerechnet? Am Montag hat Herr Kotthaus hier bestätigt, dass dieser Vorschlag weiterhin diskutiert wird.

StS Seibert: Um Ihnen die Frage zu beantworten, muss man ein bisschen ausholen. Zunächst einmal gibt es eine Einigkeit zwischen der Bundesregierung und all ihren internationalen europäischen Partnern, dass die bestmögliche Umsetzung der Konsolidierungs- und Reformmaßnahmen in Griechenland durch die griechische Seite gewährleistet werden muss.

Dann möchte ich gerne an den Europäischen Rat vom 26. Oktober vergangenen Jahres erinnern, in dessen Schlussdokument zum Beispiel auch vereinbart worden war, dass man eine Stärkung der Monitoring-Aktivitäten also der Überwachungs- oder Überprüfungsaktivitäten mit dem Ziel vor Ort vereinbare solle, die Umsetzung der Maßnahmen zu sichern. Dieser Auftrag, der im Schlussdokument des Europäischen Rates Ende Oktober steht, steht immer noch im Raum. Er ist natürlich immer noch relevant.

Es wird immer darum gehen in diese Richtung haben alle deutsche Vorschläge gezeigt, und das hat auch die Bundeskanzlerin noch einmal klar gemacht , dass man im Einvernehmen und in Zusammenarbeit mit den Griechen handelt. Dieses ist der Geist, in dem die gesamte europäische Hilfe für Griechenland durchgeführt wird. Wir wollen Griechenland dabei unterstützen wenn ich "wir" sage, meine ich nicht nur die Deutschen, sondern die Europäer , dass es seine Spar- und Reformauflagen einhält und umsetzen kann.

Denkbare Ansatzpunkte, wie das geschehen könnte, sollen auch unter Berücksichtigung der Erfahrungen, die die Troika bisher gemacht hat, und des Ratschlags der Troika erörtert werden. Das war beim informellen Europäischen Rat kein Thema. Das stimmt. Das konnte es auch nicht sein. Wenn, dann wird es unter den Finanzministern wieder möglicherweise ein Thema werden. Aber klar ist: Es handelte sich immer darum, ernst zu nehmen und mit konkreten Ideen zu versehen, was der Europäische Rat im Oktober als Auftrag formuliert hat. Es wird immer im Geiste der Zusammenarbeit und des gemeinschaftlichen Wirkens mit der griechischen Seite vonstattengehen.

Zusatzfrage: Besteht im Rahmen dieser verstärkten Überwachung vor Ort weiterhin dieser Vorschlag? Oder diskutiert man speziell über diesen Vorschlag eines Sparkommissars nicht mehr?

StS Seibert: Was ich versucht habe, zu sagen, ist, dass die Notwendigkeit weiterhin besteht, die Umsetzung der griechischen Reform- und Konsolidierungsprogramme zu verbessern. Ich glaube, das ist europäischer Konsens. Deswegen besteht auch der Auftrag des Europäischen Rates von Ende Oktober fort, darüber nachzudenken, wie man das verbessern kann. Dieses Nachdenken wird auf allen europäischen Ebenen mit den Griechen zusammen fortgeführt.

Kotthaus: Das ist nicht nur europäischer Konsens, sondern das ist auch Konsens mit dem IWF, der auch Probleme hat, wenn Programme nachhaltig und dauerhaft nicht so auf den Schienen sind, wie sie sein sollten. Die Frage ist: Wie kann man dabei helfen und unterstützen, und zwar im Konsens mit den Partnern, dass diese Programme wieder "on track" kommen, wie der IWF sagt. Ich bilde mir auch ein, genau das am Montag gesagt zu haben nicht mehr und nicht weniger.

Frage: Herr Seibert, Sie haben eben gesagt, dass möglicherweise bei den Finanzministern noch zu diskutieren sein wird, wie Griechenland "on track" gebracht werden wird. Herr Kotthaus, wissen Sie etwas von einem Termin der Finanzminister einem Sondertreffen oder Ähnlichem am Montag oder am Dienstag? Wenn es Informationen gibt, die das bestätigen, könnte das eine Gelegenheit sein, darüber zu diskutieren, wie man Griechenland stärker an die Kandare nimmt? Oder wäre ein solcher Termin der Termin, wo man auch über das zweite Hilfspaket möglicherweise auf Basis einer Vereinbarung mit den Privatinvestoren spricht?

Kotthaus: Wir haben Mittwoch, 14.07 Uhr. Es gibt keine Einladung, keinen Termin, keine Bestimmung für ein Treffen der Finanzminister, in dem von Ihnen geschilderten Zeitrahmen. Dass man sich zu einem Zeitpunkt über das Griechenland-II-Programm in Verbindung mit der Evaluierung des Griechenland-I-Programms durch die Troika und in Verbindung mit der Frage, wie die Privatsektorbeteiligung aussieht, wird unterhalten müssen, ist unstreitig. Nochmals: Um 14.07 Uhr am Mittwoch gibt es dazu noch keine Einladung, keine Vorankündigung und nichts.

Zusatzfrage: Interpretiere ich richtig, dass man sich bereit hält, um gegebenenfalls schnell zusammenzukommen?

Kotthaus: Da sind wir wie das Fähnlein Fieselschweif: Wir sind allzeit bereit.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium, möglicherweise auch an das Wirtschaftsministerium. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Kraft hat heute gefordert, mehr Infrastrukturmittel für den Westen der Republik zur Verfügung zu stellen, weil dieses Geld in Teilen dringend benötigt werde. Sehen Sie da auch Defizite? Wird da irgendetwas geschehen?

Moosmayer: Da sehen wir Defizite. Da ist auch schon ganz viel geschehen. Das ist auch das, was Herr Ramsauer von Anfang an gesagt hat, nämlich dass im Westen ein ziemlicher Nachholbedarf besteht. Im Osten sind die Infrastrukturen relativ neu und relativ gut in Schuss. Der Bedarf an Maßnahmen zur Erhaltung und Pflege der bestehenden Infrastrukturen ist groß und deshalb auch im Westen etwas größer als im Osten.

Entsprechend sind die Mittel auch verteilt worden. Es gibt im neuen Investitionsrahmenplan ganz klare Vorgaben, dass es eigentlich kaum noch Neubeginne gibt, sondern hauptsächlich Mittel für Pflege und Erhalt der bestehenden Infrastrukturen. Entsprechend sind die Mittel, die wir extra bekommen haben, eingeteilt. Da gibt es auch relativ wenig Neubeginne. Das ist hauptsächlich in den alten Bundesländern einfach der Tatsache geschuldet, dass dort die Verkehrsinfrastruktur deutlich älter ist und größerer Bedarf besteht.

Zusatzfrage: Liegen Ihnen dazu Zahlen vor? Können Sie sagen, wie groß der Investitionsrahmenplan insgesamt ist? Können Sie sagen, wie sich das in etwa prozentual aufteilt?

Moosmayer: Das sind ungefähr zwei Drittel/ein Drittel, soweit ich weiß. Die Zahlen sind schwer zu benennen, denn im Investitionsrahmenplan stehen Maßnahmen über fünf Jahre. Das heißt, darin sind Maßnahmen enthalten, die innerhalb von fünf Jahren beleuchtet werden, aber auch Maßnahmen, die danach kassenwirksam werden können. Da sind zum Beispiel Projekte wie das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm komplett enthalten, die natürlich auch nicht innerhalb dieses Zeitraums abfinanziert werden. Ich glaube, es gäbe ein bisschen Verwirrung, wenn man jetzt eine Gesamtzahl nennen würde. Ich kann die Zahl aber gerne nachreichen beziehungsweise ich kann versuchen, das aufzuarbeiten.

Zusatzfrage: Zwei Drittel/ein Drittel heißt zwei Drittel Westen und ein Drittel Osten?

Moosmayer: Genau.

Zusatzfrage: Das heißt, dass die Forderung von Frau Kraft sozusagen insofern völlig ins Leere geht, weil das, was sie fordert, eigentlich schon läuft und es darüber hinaus jetzt eigentlich keinen Handlungsbedarf gibt?

Moosmayer: Ins Leere geht es nicht. Es bestätigt einfach das, was wir ohnehin tun.

Frage: Herr Seibert, herrschte heute möglicherweise ein bisschen Trübsinn im Kabinett wegen der indischen Entscheidung, den Eurofighter doch am Boden zu lassen und in Frankreich einzukaufen? Oder hat sich gar einer der möglicherweise beteiligten Minister Rösler, de Maizière, Westerwelle sie betreiben ja alle Wirtschafts- oder Rüstungsexportförderung auf ihren Reisen den Schuh angezogen?

StS Seibert: Das Thema war im Kabinett kein Thema. Das Kabinett neigt ohnehin nicht zum Trübsinn. Was den konkreten Sachverhalt betrifft, nimmt diese Vorentscheidung Indiens zur Kenntnis, dass die Auftragsvergabe für ihre Jagdflugzeuge so verlaufen ist, wie sie verlaufen ist. Die Bundesregierung bedauert, dass damit das Angebot des Eurofighter-Konsortiums zunächst nicht zum Zuge kommt.

Frage: Habe ich das Wort "zunächst" so zu interpretieren, dass Sie das als eine vorläufige Entscheidung interpretieren, die möglicherweise doch noch verändert werden kann?

StS Seibert: Ich will diese indische Entscheidung überhaupt nicht interpretieren. Das Wort "zunächst" beruht auf der Erfahrung einer relativ großen Zahl anderer Fälle, wo es nach solchen Vergaben auch zu Kehrtwenden kam und Entscheidungen auch wieder anders liefen.

Frage: Wird sich die Bundeskanzlerin vor diesem Hintergrund, dass die Entscheidung zunächst gefallen ist, weiterhin für diesen Deal einsetzen, wie sie das in der Vergangenheit auch getan hat?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat sich bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder für besonders wichtige außenwirtschaftliche Anliegen eingesetzt und wird das, ohne dass ich damit diesen konkreten Fall meine, auch immer wieder tun.

Frage: Noch einmal eine Frage zu einem Thema, das am Montag schon eine Rolle spielte. Frau Moosmayer, kurz zur Berufungs- und Beförderungspraxis im Verkehrsministerium. Im Zusammenhang mit dieser Frage gab es in der Berichterstattung den Punkt, dass Uneinigkeit zwischen Bundestagsabgeordneten und dem Ministerium über die Auskunftspflichten Ihres Hauses zu diesen Personalentscheidungen besteht. Es gab eine Kleine Anfrage, die von Ihnen sozusagen abschlägig oder nur mit einem Satz beantwortet worden ist. Ist diese Frage noch in irgendeiner Weise anhängig? Oder gilt dieses Problem als abgeschlossen?

Moosmayer: Erstens sehen wir da gar kein Problem. Herr Rudolph hat am Montag hier, glaube ich, schon dazu ausführlich Stellung genommen. Die Kleine Anfrage wurde dahingehend beantwortet, dass die Personalentscheidungen der parlamentarischen Kontrolle eben nicht unterliegen. Ich glaube, das läuft noch ein bisschen weiter. Ich glaube auch, dass am Montag schon alles dazu gesagt worden ist.

Zusatzfrage: Sie sagten gerade, dass es noch ein bisschen weiter läuft. Das heißt, es wird offenbar noch darüber verhandelt, ob Sie vielleicht doch darüber Auskunft geben sollen, müssen?

Moosmayer: Ich habe auch gehört, dass die SPD eine Fragestunde dazu abhalten will. Das ist mir bekannt.

Frage: Herr Kotthaus, der Homepage Ihres Ministeriums entnehme ich, dass der deutsch-französische Ministerrat am Montag tagen wird. Können Sie sagen, was dort auf der Tagesordnung stehen wird? Konkret der Vorstoß von Herrn Sarkozy zur Finanztransaktionssteuer?

Kotthaus: Der Ministerrat am Montag ist keine Veranstaltung nur zwischen dem BMF und der französischen Seite, sondern da stehen verschiedene Themen auf der Agenda. Herr Seibert, wollen Sie etwas dazu sagen, was die Themen sind?

StS Seibert: Ich würde gerne dabei bleiben, dass wir die Themen der kommenden Woche am Freitag ankündigen, wie wir das immer getan haben.

Kotthaus: Ich habe momentan noch keine Agenda vorliegen, die ich Ihnen vorlesen könnte. Das müssen wir am Freitag noch einmal besprechen.

Frage: Wenn schon das Stichwort Finanztransaktionssteuer gefallen ist Sie haben ja inzwischen Zeit gehabt, die französischen Vorschläge zu prüfen; am Montag war es, glaube ich, noch nicht so weit , können Sie inzwischen sagen, ob dieser französische Vorschlag dem entspricht, was die Bundesregierung auch für gut befindet?

Kotthaus: Es gilt das, was ich am Montag gesagt habe: Wir bemühen uns im Rahmen der EU 27, den Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, der durch die Kommission vorgegeben ist, zu diskutieren. Wir wollen möglichst schnell feststellen, ob wir eine Möglichkeit, eine Chance haben, das auf dem Niveau der EU 27 durchzubekommen. Dafür brauchen wir Einstimmigkeit. Wir wollen uns darum bemühen, diesen Vorschlag so zu diskutieren, dass wir inhaltlich Klarheit bekommen, wie das aussieht. Wir wollen aber auch nicht ad infinitum schauen, wie wir uns in Kreisen drehen.

Wir wollen das einmal mit den Partnern, den EU 27, durchdiskutieren und möglichst in Bälde eine grundsätzliche (Einigung) mit den Ministern herbeiführen: Macht es Sinn, auf diesem Weg weiter voranzugehen oder nicht? Das ist die Priorität. Darauf fokussieren wir uns. Das ist die Linie, die wir im Augenblick vertreten. Deswegen macht es keinen Sinn und deswegen will ich mich nicht darauf einlassen , irgendwelche weiteren Nebenmöglichkeiten zu diskutieren. Der Fokus ist der Vorschlag der Kommission, der auf dem Tisch liegt und der in Brüssel diskutiert wird.

Frage: Herr Seibert, weil manchmal über die Tagesordnung hinaus Dinge in die Kabinettssitzung hineingetragen werden und wir das selten erfahren, die Frage: Hat diese forsche Ideenskizze des CSU-Generalsekretärs, DIE LINKE zu verbieten, bei einem solchen Treffen auch heute eine Rolle gespielt sei es, dass andere CSU-Politiker diese Idee interpretierten oder die Bundeskanzlerin sich danach erkundigte? Oder ist es ganz abwegig, sich das vorzustellen?

StS Seibert: Dass Parteivorschläge im Bundeskabinett beraten werden, ist extrem selten. Ich könnte mich, ehrlich gesagt, kaum an Beispiele erinnern. Insofern ist das heute nicht geschehen.

Frage: Eine Frage an das Verbraucherschutz- und Landwirtschaftsministerium. Es geht um das Virus, das Rinder und Schafe befällt. Herr zu Erbach-Fürstenau, ich glaube, es hat bei Ihnen im Haus am Vormittag eine Expertenrunde getagt. Vielleicht könnten Sie kurz sagen, ob sich das Problem von alleine löst, weil die Muttertiere eine Immunisierung entwickeln, wie ich gelesen habe? Oder unternimmt das Ministerium in der Sache noch etwas?

zu Erbach-Fürstenau: Um eine Stufe nach vorne zu gehen: Der Erreger des Virus ist noch nicht endgültig vom Friedrich-Loeffler-Institut das ist das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit analysiert worden. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Form eines Akabane-Virus, der über Insekten übertragen wird.

Befallen sind derzeit vor allem Schaf- und Rinderherden. Wir erleben derzeit, dass insbesondere bei den Schafen die Lämmer, die zur Welt kommen, missgebildet sind. Bei den Rindern bemerken wir es derzeit noch nicht. Das liegt aber daran, dass die Tragzeiten der Rinder mit ungefähr 250 Tagen entsprechend länger sind. Insofern konnten wir bei den Rindern noch nicht endgültig feststellen, wie sich dort der Virus auswirkt. Es stimmt aber, dass die Muttertiere über gewisse Antikörper verfügen und daher geschützt sind. Aber wie sich das weiterentwickelt, bleibt abzuwarten.

Zusatzfrage: Das heißt, wenn ich nachfragen darf, dass das Ministerium durch die längeren Tragzeiten jetzt zugucken und warten muss, ob da etwas passiert oder nicht passiert? Das Ministerium kann nicht während dieser Zeit irgendwie anders aktiv werden?

zu Erbach-Fürstenau: Das Friedrich-Loeffler-Institut hat einen Test entwickelt, mit dem man das feststellen kann. Es ist aber äußerst schwierig. Man kann erst einmal zumindest bei den trächtigen Rindern grundsätzlich wenig machen, weil sie entweder schon infiziert sind oder nicht infiziert sind.

Was wir gemacht haben, ist, dass wir uns mit den Ländern verständigt haben, dass es eine Meldepflicht gibt und die Länder die Fälle des sogenannten Schmallenberg-Virus in das Tierseuchennachrichtensystem das sogenannte TSN eintragen, damit wir ein gewisses Lagebild überblicken. Diese Meldepflicht haben wir also mit den Ländern vereinbart. De facto wird das noch einmal im März im Bundesrat entsprechend von uns eingebracht.

Zusatzfrage: Hat die Ministerin im Kabinett von den Fällen berichtet?

StS Seibert: Nein, das war kein Thema im Kabinett.

Frage: Herr Seibert, könnten Sie kurz etwas zur Reise der Bundeskanzlerin nach China sagen? Was ist das primäre Ziel? Es war von einer Reise in das "Reich der Mittel" die Rede, dass es also vor allem darum ginge, Mittel für die Hebelung des EFSF und später für den ESM einzuwerben.

StS Seibert: Wir haben darüber an dieser Stelle sehr ausführlich ein einstündiges Briefing abgehalten. Deswegen will ich es, ehrlich gesagt, kurz halten. Auch die hübsche Überschrift "Reise ins Reich der Mittel" stammt ja nicht von der Bundesregierung, sondern, glaube ich, von "Spiegel Online".

Es ist eine Reise, die man in die Reihe der Reisen und der intensiven Begegnungen der Bundeskanzlerin mit der chinesischen Führung einordnen muss. Sie war fast in jedem Jahr ihrer Kanzlerschaft in China. Dieses ist sozusagen die nachgeholte Reise des Jahres 2011, als es aus terminlichen Gründen nicht klappte. Sie wird in Peking und in Kanton sein. Kanton ist ein unglaublich wichtiges Wirtschaftszentrum in Südchina. Ich glaube, alleine fast 500 deutsche Firmen und Unternehmen haben Niederlassungen im Großraum Kanton. Das heißt, die Reise hat den Zweck, die deutsch-chinesischen Beziehungen weiter zu intensivieren, den Austausch so eng zu halten, wie er bisher war, und möglichst konkret darüber zu sprechen, wie sich diese Beziehungen weiterentwickeln können.

Zusatzfrage: Das Thema Mitteleinwerbung wird keine Rolle spielen?

StS Seibert: Nein. Die Bundeskanzlerin reist nicht als Mitteleinwerberin nach China. Sie vertritt dort wie immer deutsche Interessen. Sie wird im Übrigen mit Sicherheit auch als überzeugte Europäerin darlegen das Interesse der Chinesen daran ist groß , auf welchen politischen Reformweg sich Europa gemacht hat, wie die Beschlüsse des letzten Vierteljahres in der Eurozone zu verstehen sind, wie der Fiskalpakt helfen wird, Europa zu einer Stabilitätsunion zu entwickeln. Das wird sie sicherlich darlegen.

Frage: Herr Schäfer, Bundesaußenminister Westerwelle trifft sich am Freitag mit dem Generalsekretär des persischen Golfkooperationsrats. Was ist das Ziel des Treffens? Welche Themen stehen auf der Agenda?

Schäfer: Ich will dem eigentlichen Gespräch nicht vorgreifen, das ja erst in einigen Tagen stattfindet. Sie wissen ja, dass sich Bundesaußenminister Westerwelle zurzeit auf einer Reise durch den Nahen Osten befindet. Er ist gerade in den palästinensischen Autonomiegebieten. Er hat ein Gespräch mit Herrn Abbas hinter sich und ist gerade bei Premierminister Fayyad.

Nach seiner Rückkehr am Freitagmorgen steht in der Tat das Gespräch, auf das Sie anspielen, auf der Agenda. Ich denke, es liegt auf der Hand, dass es in diesem Gespräch um aktuelle Fragen der Region in und um den Golfkooperationsrat gehen wird. Ich gehe fest davon aus ohne, dass ich das weiß , dass das Thema Syrien dabei eine wichtige Rolle einnehmen wird. Ansonsten bin ich sicher, dass die gesamte Agenda, die von gemeinsamem Interesse ist, zur Sprache kommen wird.


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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 1. Februar 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/02/2012-02-01-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2012