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PRESSEKONFERENZ/355: Regierungspressekonferenz vom 13. Januar 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
"REGIERUNGonline" - Wissen aus erster Hand

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 13. Januar 2012
Regierungspressekonferenz vom 13. Januar 2012

Themen waren unter anderem: Abschaffung der Todesstrafe in der Mongolei, Lage in Syrien, u. a.
weitere Themen waren: Termine der Bundeskanzlerin (Feier anlässlich des 60. Geburtstags des DGB-Vorsitzenden, Kabinettssitzung, Empfang des bulgarischen Ministerpräsidenten, Gespräch über energiepolitische Fragen mit Vertretern der deutschen Wirtschaft, Neujahrsempfang der Deutschlandstiftung Integration, Empfang anlässlich des 50. Geburtstags des Außenministers, Plenarsitzung des Deutschen Bundestags, Empfang des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Empfang der portugiesischen und schwedischen Ministerpräsidenten sowie des österreichischen Bundeskanzlers, Gespräch mit dem italienischen Ministerpräsidenten und dem französischen Präsidenten in Rom), mögliches Treffen der Bundeskanzlerin mit dem spanischen Ministerpräsidenten, europäische Schuldenkrise, Entwicklungen in Myanmar, Finanztransaktionssteuer, Konjunkturprognose für 2012, Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ägypten, Äußerungen des designierten Präsidenten des Europäischen Parlamentes Martin Schulz, zusätzliche Schutzmaßnahmen in atomaren Zwischenlagern, geplante Fusion der Börsen in Frankfurt und New York, Energiewende, Diskussion um den Bundespräsidenten

Sprecher: StS Seibert, Peschke (AA), Wiegemann (BMWi), Kotthaus (BMF), Stamer (BMU)


Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag! Wie Sie wissen, setzt sich die Bundesregierung auf vielfältige Art und Weise für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein. Auch von dieser Stelle richten wir ja häufig Appelle an Staaten, unmittelbar bevorstehende Hinrichtungen auszusetzen. Heute habe ich eine aus Sicht der Bundesregierung sehr erfreuliche Mitteilung: Das mongolische Parlament hat beschlossen, die Todesstrafe in der Mongolei endgültig abzuschaffen. Damit nimmt die Mongolei eine Vorreiterrolle in Asien ein. Sie erinnern sich, dass die Bundeskanzlerin im Oktober des vergangenen Jahres in der Mongolei war und bei ihrer Rede vor dem Parlament in Ulan Bator das Land auch ausdrücklich ermutigt hat, diesen Schritt zu gehen. Damals galt dort für die Todesstrafe eine Art Moratorium. Jetzt ist die Mongolei diesen Schritt gegangen und hat sie endgültig abgeschafft. Die Bundesregierung begrüßt das ausdrücklich und ruft andere Staaten dazu auf, dem Beispiel der Mongolei zu folgen.

Peschke: Ich wollte Ihnen kurz ein Update zur Lage in Syrien geben. Außenminister Westerwelle betrachtet die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Mission der Arabischen Liga und die Behinderung der Arbeit der Beobachtermission der Arabischen Liga mit großer Sorge. Der Außenminister erwartet, dass die Arabische Liga am 19. Januar ein klares und ungeschminktes Bild der Arbeit der Beobachtermission auch zur Lage in Syrien vorlegen und konkrete Vorschläge zum weiteren Vorgehen machen wird. Für eine unsererseits endgültige Bewertung der Arbeit der Mission ist es noch zu früh, aber aus Sicht des Außenministers ist es so, dass die Mission hoffentlich allen die Augen dafür geöffnet hat, was wirklich in Syrien passiert. All das, was die Beobachtermission der Arabischen Liga dort bisher erleben musste, sind in unseren Augen sehr starke Argumente dafür, dass sich der Sicherheitsrat jetzt endlich noch einmal mit der Lage in Syrien befasst und ein klares Signal der Verurteilung der Gewalt abgibt.

Der Außenminister hat gestern vor dem Hintergrund der Lageentwicklung mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga Al Arabi telefoniert, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Er hat dem Generalsekretär der Arabischen Liga unsere Unterstützung für die Bemühungen der Arabischen Liga zugesagt, die Krise in Syrien zu bewältigen.

Weil wir in den vergangenen Tagen hier immer wieder diskutiert haben, wie es sich mit der syrischen Opposition verhält, möchte ich Sie noch darüber informieren, dass Außenminister Westerwelle gestern auch mit dem Vorsitzenden des oppositionellen Syrischen Nationalrats, Prof. Burhan Ghaliun, telefoniert hat. Er hat mit Prof. Ghaliun die Bemühungen der syrischen Opposition erörtert, eine breite, einheitliche Plattform gegen das Assad-Regime zu bilden. Außenminister Westerwelle hat hervorgehoben, dass Deutschland die Bildung einer solchen breiten Plattform unterstützt. Er hat auch betont, dass es aus unserer Sicht natürlich wichtig ist, wenn eine solche Plattform oppositioneller Kräfte gebildet wird, dass auch alle religiösen und ethnischen Minderheiten Syriens entsprechend in dieser Plattform berücksichtigt werden und ihre Stimme finden. So weit zur politischen Lage.

Ich möchte aus aktuellem Anlass, nämlich aufgrund der Sicherheitslage, auch von dieser Stelle noch einen konsularischen Hinweis abgeben: Die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes sind diesbezüglich bereits aktualisiert worden oder werden gerade aktualisiert. Das müsste, mit anderen Worten ausgedrückt, gerade online gehen. Ich will es hier von dieser Stelle aus noch einmal sagen: Vor Reisen nach Syrien wird weiterhin nachdrücklich gewarnt. Das Auswärtige Amt fordert nochmals mit Nachdruck alle Deutschen zur Ausreise aus Syrien auf. Die Tatsache, dass ich das zusätzlich zu den Reisehinweisen hier in der Bundespressekonferenz auch noch einmal sage, mag Ihnen verdeutlichen, mit welchem Nachdruck wir diese Warnung und die Warnung in Bezug darauf, Syrien zu verlassen, aussprechen. Das ist eine Aufforderung auf Grundlage unserer aktuellen Sicherheitseinschätzung, und ich kann von dieser Stelle aus noch einmal appellieren, diesen Hinweis ernst zu nehmen. Wir wissen, dass einige Deutsche, die noch in Syrien verblieben sind, unseren bisherigen Hinweisen in diese Richtung aus Gründen, die mir nicht bekannt sind, nicht Folge geleistet haben. Es steht jedem frei, diese Hinweise umzusetzen. Aber von hier aus erfolgt noch einmal der ausdrückliche Appell, diese Warnung und diese Aufforderung zur Ausreise tatsächlich ernst zu nehmen.

Frage: Herr Peschke, Sie sagten, einige Deutsche seien der Aufforderung nicht nachgekommen. Haben Sie einen Überblick darüber, ob es um eine Handvoll geht? Sind das vielleicht zwei Dutzend? Gibt es da eine Zahl?

Peschke: Ich kann Ihnen derzeit keine Zahl der noch in Syrien verbliebenen Deutschen nennen. Aufgrund der Sicherheitslage und auch aufgrund der Ausdünnung der Botschaft ist es natürlich auch für uns immer schwieriger geworden, einen Überblick darüber zu behalten, wie viele Deutsche sich noch in Syrien befinden. Wir wissen aber, das noch Deutsche in Syrien sind. Es ist so, dass die Botschaft bereits ausgedünnt wurde, und es ist davon auszugehen, dass es aufgrund der Sicherheitslage zu weiteren Ausdünnungen kommen wird. Das heißt natürlich, dass die konsularische Betreuung, die wir anbieten können und die aufgrund der Sicherheitslage und der sicherheitstechnischen Unzugänglichkeit einiger Gebiete ohnehin schwierig ist, dann noch schwieriger sein wird.

Zusatzfrage: Wenn Sie wissen, dass dort noch Deutsche sind, von wie vielen wissen Sie denn?

Peschke: Danke für die nochmalige Nachfrage, aber ich kann Ihnen dazu im Moment keine Zahlen nennen.

Frage: Außenminister Westerwelle wirbt für eine UN-Sicherheitsratsresolution. Weil Sie es nicht explizit gesagt haben, frage ich danach: Hat er dafür auch in seinem Telefonat mit der Arabischen Liga geworben? Hat er sie geradezu aufgefordert, jetzt auch diesen Weg zu beschreiten, nachdem die Beobachtermission diesen Verlauf genommen hat?

Zweite Frage: Gibt es die Erwartung seitens Deutschlands, dass die Arabische Liga spätestens am Montag diesen Weg gehen und frei machen wird?

Peschke: Heute ist Freitag, der 13. Am Montag wird der 16. sein.

Zuruf: Sorry, ich meinte den 19.

Peschke: Genau, (es geht hier um) den 19.

Zum ersten Punkt, nämlich der Frage, ob Außenminister Westerwelle in dem Telefonat auch auf eine Resolution des Sicherheitsrates gedrängt hat: Ja, das hat er getan. Er hat übrigens in beiden Telefonaten - sowohl gegenüber dem Generalsekretär der Arabischen Liga als auch gegenüber dem Vorsitzenden des oppositionellen Syrischen Nationalrates - deutlich gemacht, dass eine solche Sicherheitsratsresolution aus deutscher Sicht überfällig ist und dass wir weiterhin nicht ruhen werden, wenn es darum geht, uns für eine solche Resolution einzusetzen.

Was das weitere Vorgehen der Arabischen Liga selbst betrifft, so müssen wir natürlich aufpassen, dass wir der endgültigen Bewertung der Situation durch die Arabische Liga am 19. Januar nicht vorgreifen. Unserer Haltung dazu ist, dass wir natürlich - das habe ich Ihnen ja auch geschildert - sehr genau verfolgen, was bisher gesagt wurde, was sich dort vor Ort abspielt. Es gibt dort Signale, die für uns in eine eindeutige Richtung weisen, aber wir wollen natürlich der endgültigen Bewertung nicht vorgreifen und insofern auch abwarten, zu welchen Schlüssen die Arabische Liga am 19. Januar selbst kommen wird.

Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass der Generalsekretär der Arabischen Liga in dem Telefonat schon deutlich gemacht hat, ohne dieser endgültigen Bewertung vorzugreifen, dass es auch aus Sicht der Arabischen Liga vonseiten Syriens ganz klare Verstöße gegen den Aktionsplan der Arabischen Liga gibt, dass es auch Behinderungen der Arbeit der Beobachtermission gibt und dass das insoweit natürlich eine sehr negative Entwicklung ist, die dann auch Einfluss in die Bewertung finden wird.

Frage: Herr Peschke, ich will noch einmal auf die Deutschen in Syrien zurückkommen, möglicherweise auch mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums. Haben Sie Informationen oder Zahlen darüber, wie viele deutsche Unternehmen in Syrien engagiert sind und wie diese Unternehmen jetzt auf Ihre Warnungen reagieren? Sind die Betriebe schon geschlossen worden, wenn es welche gibt?

Peschke: Ich kann jetzt in der Tat auch dazu keine Zahlen nennen. Darauf liegt für uns jetzt auch nicht das Hauptaugenmerk. Wir warnen ja seit längerer Zeit vor Reisen nach Syrien; das wissen auch Unternehmensvertreter, das wissen alle. Wir fordern auch schon seit längerer Zeit in unseren Reisehinweisen dazu auf, Syrien zu verlassen, sofern das sicher und möglich ist. Wir haben uns jetzt aufgrund der sich eher zuspitzenden Sicherheitslage entschlossen, diesen Hinweis noch einmal zu verschärfen und zu erneuern, ganz einfach deshalb, weil wir der Meinung sind, dass unsere Landsleute, die sich noch in Syrien befinden, ganz klar wissen müssen, dass es aus unserer Sicht in ihrem Sicherheitsinteresse liegt, das Land jetzt zu verlassen, und dass sie auch wissen müssen - das ist ein wichtiger Punkt -, dass es für uns von jetzt an noch schwieriger werden wird, ihre konsularische Betreuung im Fall der Fälle sicherzustellen.

Frage: Können Sie sagen, wie viele Mitarbeiter noch in Syrien stationiert sind und wann noch mehr zurückgezogen werden?

Peschke: Dazu kann ich Ihnen keine konkreten Zahlen oder Zeitpläne nennen. Ich will nur sagen: Die Botschaft wurde bereits signifikant ausgedünnt. Das betrifft auch Angehörige von Botschaftsmitarbeitern. In diesem ausgedünnten Zustand haben wir versucht, eine möglichst große Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Aber das wird bei weiteren, sicherheitstechnisch zu begründenden Ausdünnungsmaßnahmen natürlich immer schwieriger werden. Es gab - das haben wir ja auch diskutiert - Vertreter der syrischen Opposition, die eine Schließung der Botschaft aus politischen Gründen verlangt haben. Wir haben uns genau aus diesen politischen Gründen entschlossen, die Botschaft bislang offen zu halten, weil wir von Vertretern der syrischen Opposition - von Prof. Ghaliun, von anderen, von Leuten aus Syrien - immer wieder Hinweise darauf bekommen, dass es in deren Interesse liegt, sozusagen aus humanitären Gründen immer noch Anlaufstellen zu haben, auch wenn es zum Beispiel darum geht, das Land schnell zu verlassen. Deswegen haben wir die Botschaft überhaupt offen gehalten, obwohl das sicherheitstechnisch immer schwieriger wird. Wir wollen unsere Präsenz natürlich aus politischen Gründen weiterhin aufrechterhalten, aber man muss ganz klar davon ausgehen, dass die Funktionsfähigkeit der Botschaft aufgrund der Umstände immer weiter eingeschränkt werden wird.

Frage: Sie schildern die Sicherheitslage ja sehr dramatisch. Wann ist denn der Moment gekommen, an dem die Nato über einen Eingriff oder einen, wie ich jetzt einmal sage, Schutz nachdenkt, wie er in Libyen zum Schutz der Opposition installiert worden war?

Peschke: Ich glaube, Sie bringen jetzt zwei Dinge zusammen, die ich ganz bewusst getrennt habe. Es gibt einerseits unsere politischen Bemühungen in der Syrien-Frage - zusammen mit anderen Vertretern der Staatengemeinschaft, zusammen mit Vertretern der syrischen Opposition, zusammen mit der Arabischen Liga -, und es gibt andererseits unsere konsularischen Pflichten gegenüber deutschen Staatsangehörigen im Zusammenhang mit der Sicherheitslage. Es geht hierbei um unsere Sicherheitseinschätzung für deutsche Staatsangehörige. Darauf waren all die letzten Ausführungen zur Botschaft gemünzt.

Was die politische Situation in Syrien betrifft, ist es so, dass wir uns derzeit in zwei großen Feldern bewegen. Das eine Feld ist unsere Unterstützung für die Bemühungen der Arabischen Liga, die ihre Beobachtermission entsandt hat und die am 19. Januar eine ausführliche Bewertung vorlegen wird. Wir erhoffen uns - Außenminister Westerwelle hat das betont - ein klares, ungeschminktes, offenes Bild der Lage. Dann werden wir gemeinsam mit der Arabischen Liga erörtern, welche gemeinsamen Schritte möglich sind und ob es möglich sein wird, die Mission der Arabischen Liga in der bisherigen Weise fortzusetzen, oder ob es notwendig sein wird, die Mission anzupassen, zu verändern, anders auszustatten.

Das zweite große Feld, auf dem wir agieren, ist der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Wir sind schon länger der Auffassung, dass eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen mehr als überfällig ist. Wir haben diesbezüglich ja intensiv gegenüber denjenigen gearbeitet, die bisher zögerlich waren. Wir werden diesbezüglich nicht nachlassen. Ich glaube, es ist notwendig, dass der Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, die eine klare Sprache spricht und die die Gewalt des syrischen Regimes in klarer Weise verurteilt. Das ist das zweite große Feld, auf dem wir derzeit agieren.

Über weitergehende Schritte oder darüber hinausreichende Maßnahmen kann ich derzeit nicht spekulieren. Es gibt diese Felder, auf denen wir agieren, und es ist, glaube ich, auch in unserem großen Interesse, die Bemühungen der Arabischen Liga nach Kräften zu unterstützen. Es ist das erste Mal in ihrer Geschichte, dass die Arabische Liga eine derart prominente, eindeutige und aktive Rolle in einem Konflikt eines ihrer Mitgliedsländer übernommen hat. Es liegt in unserem Interesse, die Rolle der Arabischen Liga in dieser Frage nach Kräften zu stärken. Das heißt auch, dass wir uns natürlich in allem, was wir weiter beraten, denken und beschließen, sehr eng mit der Liga abstimmen und auch sehr genau auf das hören werden, was die Arabische Liga nach ihren eigenen Bewertungen vorschlägt.

Frage: Herr Peschke, Russland hat wiederholt vor einem Krieg in Syrien gewarnt und hat auch seine Marine vor die syrische Küste geschickt. Gibt es darauf eine Reaktion?

Peschke: Wir befinden uns natürlich mit Russland in einem engen Gespräch über die Bewertung der Lage in Syrien. Es ist kein Geheimnis, dass Russland bisher zu denjenigen gehört hat, die sich gegen eine Resolution des Sicherheitsrates gestellt haben; das hat Russland ja auch wiederholt öffentlich erklärt. Da haben wir einen erheblichen Meinungsunterschied. Darüber befinden wir uns in einem offenen Gespräch mit Russland und drängen in Gesprächen auf eine Änderung dieser Einschätzung. Ich habe es bereits am vergangenen Mittwoch an dieser Stelle betont: Wir sehen Russland als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen dabei in einer besonderen Verantwortung für den internationalen Frieden und die regionale Stabilität. Ich denke, die Ereignisse, wie sie sich leider Tag für Tag in Syrien abspielen und wie sie jetzt auch durch die Tätigkeit der Arabischen Liga leider noch einmal sehr plastisch belegt werden, unterstützen unsere Argumente. Wir hoffen, dass es in Russland wie anderswo, wo es bisher Zögerlichkeiten gegeben hat, zu einem Umdenken kommt.

Frage: Ich wollte noch einmal an die Frage von Herrn Leifert nach den wirtschaftlichen Beziehungen anknüpfen; das Wirtschaftsministerium war ja angesprochen worden. Wie groß sind die? Können Sie etwas zu den Unternehmen und vielleicht auch zum Handelsaustausch sagen?

Wiegemann: Dazu, wie viele Unternehmer jetzt noch in Syrien sind, liegen mir leider keine genauen Zahlen vor; darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben.

Was die deutschen Ausfuhren und Einfuhren aus Syrien beziehungsweise nach Syrien angeht, sind die letzten Zahlen, die mir jetzt gerade vorliegen, dass es 2010 deutsche Ausfuhren nach Syrien in Höhe von 556,8 Millionen Euro gab. Sie sind im Zeitraum von Januar bis Mai 2011 um 8,1 Prozent gestiegen. Dabei waren die Hauptausfuhrgüter Maschinen, chemische Erzeugnisse, Kraftfahrzeuge und elektronische Erzeugnisse. Die deutschen Einfuhren aus Syrien sind im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 42,9 Prozent auf 1.162,2 Millionen Euro und von Januar bis Mai 2011 um 23,1 Prozent gestiegen. Nachdem die EU ein Einfuhrverbot für syrisches Öl verhängt hat, ist aber mit einem erheblichen Rückgang dieser Einfuhren zu rechnen, da Deutschland unter den OECD-Ländern der größte Abnehmer für syrisches Öl war.

Vorsitzender Mayntz: Dazu keine weiteren Fragen? - Dann sollten wir noch einen Blick auf die nächste Woche werfen.

StS Seibert: Ja, das tun wir. Die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin:

Am Dienstag, den 17. Januar, wird sie am Mittag an der Feier zum 60. Geburtstag des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer teilnehmen. Die Bundeskanzlerin wird auf persönliche Einladung von Herrn Sommer daran teilnehmen. Sie wird eine kurze Rede halten. Diese Veranstaltung, veranstaltet vom DGB-Bundesvorstand, ist nicht presseöffentlich.

Am Mittwoch wird - wie üblich um 9.30 Uhr - das Bundeskabinett tagen.

Im Anschluss wird die Bundeskanzlerin den bulgarischen Ministerpräsidenten Boyko Borisov mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Eine gemeinsame Pressebegegnung ist für etwa 13 Uhr geplant.

Um 15.30 Uhr - wir sind immer noch am Mittwoch - wird sich die Bundeskanzlerin mit Vertretern der deutschen Wirtschaft zum Gespräch über energiepolitische Fragen treffen. Sie wissen: Solche Gespräche hatte es in der letzten Zeit immer wieder einmal gegeben. Dabei sollen Fragen der Umsetzung des Energiekonzepts und vor allem auch der Umsetzung des im Sommer letzten Jahres beschlossenen energiepolitischen Maßnahmenpakets besprochen werden. Es wird also um Themen wie Netzausbau, erneuerbare Energien und Energieeffizienz gehen. Dieses Gespräch ist nicht presseöffentlich.

Am Mittwochabend wird die Kanzlerin ab 18 Uhr gemeinsam mit Staatsministerin Böhmer am Neujahrsempfang der Deutschlandstiftung Integration teilnehmen und dort eine Rede halten, in der sie den hohen Stellenwert der Integrationspolitik für unser Land, aber auch innerhalb der Arbeit dieser Bundesregierung unterstreichen wird. Das Kuratorium der Deutschlandstiftung Integration wird sich am selben Tag konstituieren. Die Veranstaltung wird in der Bertelsmann-Repräsentanz hier in Berlin stattfinden. Dort ist auch die Akkreditierung vorzunehmen.

Anschließend, immer noch am Mittwoch, wird die Bundeskanzlerin Gast beim Empfang zum 50. Geburtstag von Außenminister Westerwelle sein. Auch dort wird sie eine Rede halten. Der Empfang wird im TIPI am Kanzleramt stattfinden.

Donnerstagvormittag steht die Plenarsitzung des Deutschen Bundestags an. Die Bundeskanzlerin wird ab 9 Uhr teilnehmen.

Um 15.30 Uhr wird sie den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas im Kanzleramt zu einem Gespräch empfangen. Im Anschluss daran wird es gegen 16.15 Uhr eine gemeinsame Pressebegegnung der beiden geben.

Am Donnerstagabend wird die Bundeskanzlerin um 19 Uhr den portugiesischen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho, den schwedischen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt und den österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann in Schloss Meseberg empfangen. Es wird dann einen informellen Gedankenaustausch im Rahmen eines Abendessens zu Fragen der Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion geben. Dies ist das erste von mehreren Gesprächen, die die Bundeskanzlerin im kleineren Kreis ihrer europäischen Kollegen über diese Themen führen wird.

Am Freitagvormittag wird ebenfalls eine Plenarsitzung des Deutschen Bundestages stattfinden. Die Bundeskanzlerin wird ab 9 Uhr teilnehmen.

Anschließend wird sie dann, wie wir das schon angekündigt hatten, nach Rom reisen. Sie wird dort am Nachmittag zu Gesprächen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Monti und Frankreichs Präsident Sarkozy zusammenkommen. Es geht um die Lage in der Eurozone, die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und die Bekämpfung der Schuldenkrise. Es wird auch eine gemeinsame Pressebegegnung geben. Genaue Zeiten kann ich Ihnen noch nicht nennen.

Frage: Herr Seibert, wird es in Meseberg eine Presseunterrichtung geben?

StS Seibert: Nein, einen Bildtermin bei der Ankunft.

Zusatzfrage: Wird es also keine Möglichkeit geben, zu fragen?

StS Seibert: Nein.

Frage: Herr Seibert, Sie hatten angekündigt, das sei das erste Gespräch eine Reihe von Gesprächen. Gibt es denn schon Planungen dazu, wie das weitergehen soll? Soll das eine institutionelle Form des Austausches mit einzelnen Vertretern Europas beziehungsweise der EU über die Zukunft sein?

StS Seibert: Nein, nicht institutionell, aber auch nicht nur einmal. Ich glaube, dazwischen liegt noch ein bisschen etwas. Es wird diese Runde der vier Teilnehmer am Donnerstag geben, und es wird dann eine weitere Runde geben, vielleicht auch zwei weitere Runden; das kann ich Ihnen an dieser Stelle noch nicht sagen, auch nicht, in welcher Zusammensetzung. Aber die Bundeskanzlerin sucht jeweils im kleineren Kreis von Kollegen das vertiefte Gespräch über die gemeinsame europäische Zukunft.

Frage: Herr Seibert, können Sie etwas zur Zusammensetzung des Kreises - ein Krisenland, ein Nicht-Euro-Land und ein Land, das seine Währung sozusagen einmal an die D-Mark gebunden hatte und sehr eng mit Deutschland verbunden ist - sagen? Die erschließt sich mir jetzt auf den ersten Blick nicht. Welche Beweggründe gab es, gerade diese Konstellation zu wählen?

StS Seibert: Vielleicht hat sich Ihnen das ja schon erschlossen. Die Zusammensetzung des Kreises spiegelt die Vielfalt der Europäischen Union wider, in der wir tatsächlich Länder finden, die derzeit in sehr unterschiedlichen Wirtschaftssituationen kämpfen, in der wir Euro- und Nicht-Euro-Länder finden, nordeuropäische, südeuropäische, osteuropäische und mitteleuropäische Länder. Das Befruchtende an so einen Dialog beziehungsweise - es ist ja kein Dialog - an so einem Gedankenaustausch, an einer solchen abendlichen Unterhaltung, kann es doch sein, wenn man sich - von unterschiedlichen Gesichtspunkten, unterschiedlichen nationalen Situationen kommend - dann gemeinsam über Europa austauscht.

Frage: Ich habe zwei Fragen zu dem Treffen Merkel-Monti. Italienischen Medien zufolge haben Merkel und Monti beim letzten Treffen auch über eine mögliche direkte oder indirekte Unterstützung für den Euro-Rettungsschirm durch die EZB gesprochen. Das wäre die Neuigkeit. Stimmt das oder nicht?

StS Seibert: Gehen Sie davon aus, dass es an dieser Stelle keine Neuigkeit gibt. Die Position der Bundesregierung, was die Rolle der EZB betrifft, ist völlig unverändert - vor dem Gespräch wie nach dem Gespräch.

Zusatzfrage: Zum dem trilateralen Treffen: Ist ein gemeinsamer Vorschlag Frankreichs, Deutschlands und Italiens hinsichtlich des Fiskalpaktes vor dem Europäischen Rat Ende Januar wahrscheinlich oder möglich?

StS Seibert: Ich möchte wirklich nicht schon eine Woche vorher an dieser Stelle bestimmen, was das Ergebnis dieses Gesprächs sein wird. Zunächst einmal geht es um die Umsetzung der Idee, sich zu dritt in Italien zu treffen, die beim ersten Treffen dieser Dreierrunde in Straßburg im letzten Jahr - Sie erinnern sich - geboren wurde. Damals hat Herr Monti gesagt: Kommen Sie auch nach Italien, lassen Sie uns dort zu dritt unser Gespräch fortführen! - Genau das ist es.

Frage: Herr Seibert, können Sie bestätigen, dass sich Frau Merkel und Herr Mariano Rajoy am 26. Januar hier in Berlin treffen werden? Falls ja, worüber werden sie sprechen?

StS Seibert: Ich kann Ihnen das noch nicht bestätigen. Wir geben die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der Regel nicht so weit voraus bekannt, deswegen kann ich das jetzt noch nicht tun. Worüber sie bei einem Treffen sprechen werden, das ich hier noch nicht ankündigen kann, würde ich Ihnen lieber sagen, wenn ich das Treffen ankündige.

Frage: Noch einmal zu dem Treffen in Meseberg: Wann ist dieses Treffen denn verabredet worden?

Wenn Sie sagen, es werde mehrere solcher Gespräche geben: Haben Sie schon Kenntnis von dem nächsten Gespräch in dieser Art?

StS Seibert: Ich kann Ihnen nicht sagen, wann exakt dieses Treffen verabredet worden ist. Es ist jedenfalls schon ein etwas länger bestehender Plan der Bundeskanzlerin, in dieser Art und Weise mit den europäischen Kollegen zusammenzukommen. Das ist keine Sache, die in den letzten zehn Tagen oder so geboren wäre.

Ich habe Ihnen gesagt, dass es weitere Termine geben wird. Diese werden wir ganz genauso wie diesen Termin bekanntgeben, wenn sie fest terminiert sind und die Teilnehmer feststehen.

Frage: Sind diese angekündigten Meseberg-Treffen auf den März hin orientiert, da im März ja Entscheidungen in Europa stattfinden sollen, oder geht die Blickrichtung über den März hinaus?

StS Seibert: Das hat schon damit zu tun, dass im März wichtige Entscheidungen fallen sollen. Insofern wird man versuchen, diese Gespräche bis zum März geführt zu haben.

Frage: Ich habe eine Frage zur Agenda dieser Gespräche. Die Bundeskanzlerin hat vorgestern gesagt, oberste Priorität habe zurzeit die Lösung des griechischen Problems. Liege ich falsch oder liege ich richtig, wenn ich davon ausgehe, dass bei diesen Gesprächen Griechenland als Hauptthema behandelt wird?

StS Seibert: Ich bleibe bei dem, was ich vorhin gesagt habe: Das ist ein informeller Meinungsaustausch über europäische Fragen, über die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion. Dabei werden mit Sicherheit - ohne dass ich mich hier festlege - tagesaktuelle Themen besprochen werden, es werden mit Sicherheit Themen besprochen werden, die mit dem März-Rat zu tun haben, und es werden mit Sicherheit auch Themen besprochen werden, die darüber hinausreichen.

Ich glaube, wir sollten das an dieser Stelle nicht weiter zerreden; denn der Charme der Veranstaltung wird sein, dass man einmal mit Zeit zusammenkommt, die man nicht unbedingt im kleinen Kreise am Rande von Europäischen Räten hat. Der Charme wird auch sein, dass Vertreter von Ländern zusammenkommen, die möglicherweise unterschiedliche Gesichtspunkte, unterschiedliche Situationen zu Hause haben. Ich werde jetzt nicht weiter darauf eingehen, was da besprochen wird.

Zusatzfrage: Griechenland ist ja bei all diesen Gesprächskonstellationen nicht dabei. Hat das damit zu tun, dass Außenminister Westerwelle am Wochenende nach Griechenland reist? In Athen kursiert nämlich die Meldung, dass Herr Westerwelle am Wochenende in Griechenland sein werde.

Peschke: Nur um das vorab klarzustellen - weil Sie so geheimnisvoll sagen, in Athen kursiere die Meldung -: Ich kann es bestätigen, der Außenminister reist am Sonntag nach Griechenland. Er wird dort mit Premierminister Papademos, mit Außenminister Dimas und mit dem Vorsitzenden der oppositionellen Nea Dimokratia, Herrn Samaras, zusammentreffen. Im Mittelpunkt der Gespräche wird natürlich auch die Finanzkrise in Griechenland stehen.

Der Außenminister reist mit einer Botschaft der Ermutigung und der Erwartung nach Griechenland: Ermutigung insofern, als wir natürlich Respekt für die eingeleiteten Reformschritte haben und die griechische Regierung auch ermutigen möchten, diese Reformschritte konsequent umzusetzen; Erwartung insofern, als wir genau ebendies erwarten, also die Umsetzung der eingeleiteten Reformen, die die Voraussetzung dafür ist, dass es in Griechenland zu einer positiven Entwicklung kommen kann.

Zusatzfrage: Werden bei diesen Gesprächen in Athen auch die neuesten Entwicklungen der griechischen Wirtschaft ein Thema sein? Diese Entwicklungen sind ja nicht positiv, und alles deutet darauf hin, dass man für Griechenland mehr Geld brauchen wird.

Peschke: Mehr, als ich Ihnen gesagt habe, kann ich Ihnen zum Inhalt der Gespräche zum jetzigen Zeitpunkt logischerweise noch nicht sagen, denn die Gespräche finden ja erst statt. Soweit ich weiß, wird es in Athen auch eine kurze Begegnung mit der Presse geben. Bei der Gelegenheit kann man sicherlich noch detaillierte Nachfragen zum Inhalt der Gespräche stellen. Jetzt und an dieser Stelle kann ich Ihnen dazu nicht mehr sagen.

Zusatzfrage: Reist der Außenminister im Auftrag der Bundeskanzlerin oder im Auftrag der Troika?

Peschke: Wenn ein Mitglied der Bundesregierung reist, dann können Sie grundsätzlich davon ausgehen, dass das mit der Linie der Bundesregierung abgestimmt ist und dass das im engen Schulterschluss der Bundesregierung erfolgt. Das ist natürlich auch diesmal der Fall.

Frage: Ich habe eine Frage zum Fiskalpakt: Es gibt ja Nachrichten, dass das neue EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen einen Brief an die Unterhändler für den Fiskalpakt geschrieben habe, in dem er vor einer Verwässerung dieses Paktes warne und sich offensichtlich darauf beziehe, dass sich aus seiner Sicht oder aus der Sicht der EZB zu weitreichende Ausnahmeregelungen in den Verhandlungen abzeichneten. Ich wüsste gerne, wie die Bundesregierung zu diesem Problem steht und ob sie das unterstützt.

StS Seibert: Ich bitte Sie um Verständnis, Frau Wefers, dass die Bundesregierung sehr zurückhaltend ist, wenn es darum geht, in dieser Phase laufender Verhandlungen über den Fiskalpakt in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

In der Sache wird die Bundesregierung weiter entschieden dafür eintreten, dass ehrgeizige Vorgaben für national umzusetzende Schuldenbremsen in diesem Fiskalpakt verankert werden und dass die Umsetzung dieser Schuldenbremsen kontrolliert und die Nichtumsetzung sanktioniert wird. Das ist der Grundsatz, dem wir folgen und der sich dann natürlich auch in der Ausarbeitung des Fiskalpakts wiederfinden muss. Nur so werden diese neuen Regeln einen Beitrag dazu leisten, dass Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewonnen wird und somit das Fundament der Wirtschafts- und Währungsunion wieder gestärkt wird.

Die Verhandlungen verlaufen in konstruktiver Atmosphäre. Einige Fragen sind naturgemäß noch nicht beantwortet. Wir sind aber guter Dinge, dass das, wie geplant, bis Ende Januar gelingen wird, und dass am Ende auch in unserem Sinne, den ich gerade beschrieben habe, ein anspruchsvolles Ergebnis stehen wird. Insofern verfolgen EZB und Bundesregierung in Sachen Fiskalpakt dasselbe Ziel.

Frage: Da die Kanzlerin jetzt auch den schwedischen Premierminister treffen wird, möchte ich fragen: Wie groß ist die Unruhe der Kanzlerin, dass viele Länder außerhalb der Eurozone Nein zum Fiskalpakt sagen werden? Es gibt ja in Schweden eine große Diskussion und sogar einen politischen Streit über dieses Thema.

StS Seibert: Die Einladung nach Meseberg hat nichts mit Unruhe zu tun, sondern mit Vorfreude auf den Gedankentausch mit einem Kollegen, Fredrik Reinfeldt, den die Bundeskanzlerin hoch schätzt.

Zusatzfrage: Aha. Also keine Unruhe?

StS Seibert: Keine Unruhe.

Zusatzfrage: Standen die beiden seit dem 9. Dezember denn in Kontakt?

StS Seibert: Ich kann Ihnen hier jetzt nicht über die Kontakte der letzten Zeit berichten, denn das tun wir grundsätzlich nicht. Sie freuen sich aber - ich hoffe, auch auf schwedischer Seite - auf die Veranstaltung am kommenden Donnerstag. Das wird dann ein ausführliches Gespräch.

Frage: Ich möchte beim Thema Unruhe bleiben und noch einmal zu Griechenland zurückkehren. Ist die Bundesregierung nach dem, was gestern auch aus der griechischen Regierung, genauer gesagt vom Finanzstaatssekretär, über mögliche zusätzliche Finanzierungsnotwendigkeiten bei den Europartnern mitgeteilt wurde, und nach den Meldungen über wirtschaftliche Probleme Griechenlands beunruhigt über das, was sich da im Moment entwickelt beziehungsweise nicht entwickelt hat? Ist die Bundesregierung darauf eingestellt und bereit, möglicherweise ihr bisheriges Hilfevolumen aufzustocken?

StS Seibert: Auch dies ist eigentlich nicht eine Frage von Unruhen, sondern eine Frage von Fakten. Es laufen derzeit zwei Dinge. Zum einen wird verhandelt über die Privatsektorbeteiligung. Diese Verhandlungen sind noch nicht zum Abschluss gekommen. Zum anderen wird nächste Woche eine neue Troika-Mission nach Athen aufbrechen. Deren Ziel ist es, Fakten herauszufinden und dann in einem Bericht zusammenzufassen. Wir haben es immer so gehalten - und das ist das bewährte Verfahren in dieser Hinsicht -, dass man dann, wenn die Fakten vorliegen, seine Politik beziehungsweise die gesamteuropäische Politik danach ausrichtet. - Vielleicht möchte auch Herr Kotthaus für das BMF etwas dazu sagen.

Kotthaus: Ich denke, das kann man genau so lassen, wie Sie es gerade gesagt haben. Die Troika-Mission wird nächste Woche nach Griechenland aufbrechen und dann wie immer berichten. Der Europäische Rat hat den Rahmen des Griechenland-II-Paketes vorgegeben - Sie kennen die 100 Milliarden Euro plus die 30 Milliarden Euro im Zusammenhang mit PSI. Der Rahmen steht.

Zusatzfrage: Wenn Sie sagen "Der Rahmen steht": Heißt das, die 130 Milliarden Euro sind quasi der Deckel und nichts geht darüber? Es gibt ja die Diskussion, dass unabhängig von der PSI-Problematik und abhängig von den neuen wirtschaftlichen Problemen, die Griechenland hat, mehr notwendig werden könnte. Sind diese 130 Milliarden Euro also ein Wert, der sich durchaus noch verändern könnte?

Kotthaus: Hier und heute, ohne weitere neue Informationen, gilt, dass der Europäische Rat den Rahmen vorgegeben hat. Da der Europäische Rat das höchste Gremium in der EU ist, ist das erst einmal die Marschlinie.

Frage: Herr Kotthaus, wie lange wird sich die Troika denn in Griechenland befinden? Ich frage dies, damit wir nicht zwischendurch dauernd wieder fragen müssen, bevor Fakten vorliegen.

Kotthaus: Frau Wefers, meine Erfahrungen mit diesen Missionen und der Erstellung der Berichte sagen mir, dass ich mich hier mit der Nennung von Daten, bis zu denen das abgeschlossen sein wird, sehr zurückhalten sollte. Ich gehe davon aus, dass das rechtzeitig abgeschlossen sein wird. Wir werden Sie dann sicherlich auch gerne informieren.

Frage: Eine Frage an den Regierungssprecher: Wie sieht die Kanzlerin die Entwicklungen in Birma?

Eine Wissensfrage zu diesem Thema: Es geht in der Diskussion im Moment immer um Sanktionen. Soweit ich weiß, sind das keine EU-Sanktionen, sondern Sanktionen einzelner Länder. Bestehen auch Sanktionen Deutschlands gegenüber Birma? Wie sehen die Chancen aus, diese Sanktionen - wenn sie denn bestehen - aufzuheben?

StS Seibert: Ich denke, dass Ihnen zu diesem Thema am besten das Auswärtige Amt antwortet. Ich kann jetzt, ehrlich gesagt, nur sehr allgemein antworten, dass sich die Kanzlerin auch mehrfach am Telefon mit Aung San Suu Kyi unterhalten hat und die Position dieser mutigen Frau immer unterstützt hat. Insofern ist die Entwicklung in Birma ganz generell gesehen natürlich positiv zu werten. Die Freilassung von politischen Gefangenen ist zu begrüßen. Hinsichtlich der Details würde ich jetzt aber das Auswärtige Amt bitten, das zu ergänzen.

Peschke: Ich kann das gerne ergänzen. Es gibt dazu auch eine aktuelle Stellungnahme des Bundesaußenministers, eben aufgrund des Ereignisses, das der Regierungssprecher gerade erwähnt hat, nämlich die Freilassung von politischen Gefangenen. Aus Sicht von Außenminister Westerwelle sind diese Freilassung von politischen Gefangenen und auch die gestrige Vereinbarung einer Waffenruhe mit Vertretern der Karen-Minderheit klare und sehr wichtige Signale einer Fortsetzung der Reformprozesse in Birma. Nun gilt es, diese Prozesse der gesellschaftlichen Öffnung und Demokratisierung in Myanmar nachhaltig und unumkehrbar zu gestalten. Die Bundesregierung und der Bundesaußenminister ermutigen die Regierung in Myanmar, den Weg der demokratischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformen konsequent weitergehen.

Zu Ihrer Frage der Sanktionen muss man sagen: Gelingt es der Regierung in Myanmar, diesen Weg der Reformen weiterzugehen, so wird Deutschland auch in der Europäischen Union darauf drängen und seinen Beitrag dazu leisten, dass das bestehende Sanktionsregime Schritt für Schritt, Fall für Fall, Leistung gegen Gegenleistung, in absehbarer Zeit zurückgebaut werden könnte. Das ist der aktuelle Stand. Insgesamt ist das aus Sicht des Außenministers - ich kann das noch einmal betonen; gestern hat sich auch schon unser Menschenrechtsbeauftragter dazu geäußert - eine positive Entwicklung, die wir ganz ausdrücklich positiv begleiten möchten.

Zusatzfrage: Es sind also tatsächlich EU-Sanktionen und nicht bilaterale Sanktionen?

Peschke: Richtig, es sind EU-Sanktionen.

Ich möchte noch etwas ergänzen, weil es diesbezüglich auch in meiner Stellungnahme eine kleine Verwirrung gab: Die offizielle Landesbezeichnung im amtlichen Sprachgebrauch ist Myanmar.

Frage: Herr Seibert, Herr Kotthaus, ich möchte noch einmal zum Thema Finanztransaktionssteuer kommen. Bestehen zwischen der Bundesregierung und der britischen Regierung aktuell irgendwelche Gesprächskontakte, um Großbritannien vielleicht doch zu einem Einlenken in Sachen Finanztransaktionssteuer zu bewegen? Gibt es möglicherweise gar auf oberster Ebene, sprich zwischen der Kanzlerin und dem britischen Premierminister, einen neueren Kontakt in dieser Sache, so wie von der FDP gewünscht?

Zweite Frage: Gibt es im Moment Arbeiten in der Koalition an einem neuen Modell für eine solche Steuer, das es der FDP ermöglichen könnte, einzusteigen? Denn das Nein der FDP ist ja eines, das sich nur auf die gegenwärtig vorliegenden Modelle bezieht.

Dritte Frage: Ist es für die Bundesregierung vorstellbar, dass eine solche Steuer von einem Teil der Euroländer und einem Teil der Nicht-Euroländer akzeptiert wird? Bisher diskutieren wir ja immer nur EU-weit oder Euroraum-weit. Ist auch eine Schnittmenge aus beiden Mengen vorstellbar?

StS Seibert: Zunächst einmal: Die Bundesregierung beschließt nur das, was alle Koalitionspartner mittragen. Das hat die Bundeskanzlerin auch sehr klar gemacht; deswegen hatte sie am Montag und dann auch, glaube ich, in der Pressekonferenz mit Herrn Monti auf ihre persönliche Meinung hingewiesen. Das ist der Stand der Dinge.

Jetzt konzentrieren wir uns auf das, was wir auch von vornherein gesagt haben: Wünschenswert wäre die Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Bereich der 27. Es gibt einen sehr differenzierten Kommissionsvorschlag, den die Bundesregierung unterstützt und für den sie jetzt im Kreis der 27 wirbt. Vorgesehen ist, glaube ich, eine Befassung der Finanzminister beim Ecofin-Rat am 13. März. An dieser Stelle überlasse ich die weitere Antwort aber Herrn Kotthaus, denn jetzt sind wir auf Finanzminister-Gelände.

Kotthaus: Die Diskussion wird zurzeit mit dem Fokus auf eine Lösung auf EU-27-Ebene geführt. Der Vorschlag der Kommission wird von der Bundesregierung insoweit unterstützt, als er die Finanztransaktionssteuer als solche betrifft. In der Frage, wofür das Geld verwendet wird, gibt es, wie Sie wissen, eine andere Auffassung, als der Vorschlag der Kommission vorsieht.

Die Diskussion läuft zurzeit auf Arbeitsebene, und sie wird natürlich auch formell und informell auf den anderen Ebenen im Bereich der Finanzministerien geführt. Wir müssen jetzt einmal schauen. Der Minister hat gesagt, er würde sich wünschen, dass noch im ersten Quartal 2012 Klarheit darüber besteht, ob wir es hinbekommen oder nicht hinbekommen, die Finanztransaktionssteuer auf der EU-27-Ebene zu erreichen. Wir gehen jetzt erst einmal davon aus, dass wir das hinbekommen.

Für den Fall, dass es dann doch nicht funktionieren sollte, müssten wir in Deutschland erst einmal im Rahmen der Koalition besprechen, wie wir weiter vorangehen können. Dazu hat der Finanzminister seine persönliche Meinung geäußert, dass er dann dafür plädieren würde, (den Prozess der Einführung) einer entsprechenden Steuer auf dem Level der Eurogruppe, der Eurozone, fortzuführen.

Das ist der gegenwärtige Sachstand und Diskussionsstand. Ich danke Ihnen für Ihre kreativen Vorschläge, wie man das noch anders gestalten könnte, aber momentan konzentrieren wir uns darauf, schnell festzustellen, ob wir eine Lösung auf der EU-27-Ebene hinbekommen. Falls das nicht der Fall sein sollte, können wir gerne daran arbeiten - wir können das dann ja den "Heller-Vorschlag" nennen -, (eine Finanztransaktionssteuer auf anderer Ebene einzuführen). Aber wie gesagt, das ist momentan nicht der Fokus, sondern der Fokus liegt eindeutig auf einer Lösung auf der EU-27-Ebene.

Vorsitzender Mayntz: Möchte das Wirtschaftsministerium das ergänzen?

Wiegemann: Der Minister hat sich dazu mehrfach öffentlich geäußert. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Ich möchte doch noch auf der Frage zu Großbritannien beharren. Gibt es außerhalb der laufenden Gespräche auf Arbeitsebene irgendein spezielles Forum, eine spezielle Form von Gesprächen zwischen der Bundesregierung und der britischen Regierung, um diesen speziellen Problemfall irgendwie einzugrenzen oder zu lösen? Sprich, gibt es ein spezielles Gesprächsforum Deutschland-Großbritannien in Sachen FTT?

Kotthaus: Ein spezielles FTT-Forum in der von Ihnen beschriebenen Form ist mir nicht bekannt. Es gibt aber laufende Kontakte über alle Ebenen zwischen den Finanzministerien. Alles andere wäre auch verwunderlich.

Zusatzfrage: Noch zur Klarheit: Wenn Sie sagen, Basis sei der EU-Vorschlag, den wir im Moment haben, folgere ich daraus, dass Ihnen das reicht und sie nicht schon an einem alternativen Vorschlag arbeiten, der möglicherweise den Bedenken, die die FDP formuliert, Rechnung tragen sollte. Liege ich mit dieser Folgerung richtig?

Kotthaus: Das haben Sie sehr schön interpretiert. Wie gesagt - um es noch einmal ganz klar zu machen -, unser Fokus liegt auf einer Lösung auf EU-27-Ebene, allerdings mit dem klaren Petitum, eine solche Lösung nicht ad infinitum nach hinten zu schieben. Wir wollen nicht die nächsten drei Jahre darüber diskutieren, ob wir das auf der EU-27-Ebene hinbekommen oder nicht. Wir wollen vielmehr - durchaus auch politisch - schnell (die Frage beantworten): Ist es möglich und denkbar, das im Rahmen der EU-27 hinzubekommen? Für den Fall, dass das negativ beschieden würde, man also feststellen müsste, dass es nicht in dem Zeitraum klappt, den wir uns vorstellen - das sollte, wie gesagt, möglichst zügig geschehen -, dann müssten wir in Deutschland innerhalb der Koalition besprechen, wie wir weiter vorgehen. In dem Fall wäre es für meinen Minister vorstellbar - das ist, wie gesagt, seine persönliche Vorstellung -, das auf dem Level der Eurogruppe zu machen.

Frage: Ich hätte eine Frage an Frau Wiegemann vom Bundeswirtschaftsministerium: Wir erwarten ja nächste Woche die Konjunkturprognose der Bundesregierung. Nun gibt es heute Berichte, dass die Bundesregierung ihre Prognose von einem Prozent auf 0,75 Prozentpunkte senken wird. Ist das so, und woran hat es gelegen?

Wiegemann: Das Bundeswirtschaftsministerium beteiligt sich nicht an Spekulationen. Wir werden den Jahreswirtschaftsbericht am 18. Januar vorstellen. Bis dahin kann ich Ihnen leider noch keine Informationen geben, weil bis zur letzten Minute gerechnet wird.

Zusatzfrage: Nun sind aber diese Zahlen auf dem Markt, und man beruft sich doch auf das Ministerium. Ist diese Zahl also ohne Ihr Wollen und Wissen herausgekommen?

Wiegemann: Also von uns stammt sie nicht.

Frage: Herr Peschke, Ich habe noch eine Frage zu Ägypten. Gestern hat die Konrad-Adenauer-Stiftung beklagt, dass es erneut Behinderungen der Arbeit in Kairo gegeben hat. Gibt es da einen erneuten Vorstoß des Auswärtigen Amtes in Ägypten?

Peschke: Ja, das ist ein betrüblicher Vorgang, der uns leider weiter beschäftigen muss. Wir hatten nach ersten Kontakten in der letzten Woche zwischenzeitlich den Eindruck gewinnen können, dass es da Fortschritte geben würde. Nun ist es gestern wieder zu einer Anhörung und Einvernehmung des Vertreters der Konrad-Adenauer-Stiftung gekommen. Wir müssen feststellen, dass auch die Behinderungen der Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung noch nicht aufgehoben sind. Selbstverständlich verfolgen wir das weiter mit großer Intensität vor Ort in Kairo. Wir unterstützen natürlich die Konrad-Adenauer-Stiftung und hatten auch Vertreter der Botschaft bei den Anhörungsterminen dabei. Wir suchen in Kairo das Gespräch mit den ägyptischen Behörden, um die Sache zu thematisieren, voranzubringen, zu lösen. Wir werden - das ist mein Stand - in Kürze noch einmal den ägyptischen Botschafter im Auswärtigen Amt haben, um mit ihm zu besprechen, wie man aus dieser in jeder Hinsicht unbefriedigenden und sehr kritischen Situation herauskommt. Denn wir wollen natürlich nicht, dass die nützliche Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung - wie die sehr hilfreiche Arbeit der Stiftung insgesamt in der Unterstützung der Umbruchprozesse in Nordafrika - weiter behindert wird. Insofern sind wir intensiv daran. Aber leider kann ich Ihnen noch keine Lösung des Falls vermelden.

Frage: Herr Seibert, mich würde interessieren, welche Erwartung die Bundesregierung an die Amtszeit des designierten EU-Präsidenten Martin Schulz hat, der am kommenden Dienstag als EU-Parlamentspräsident gewählt werden wird?

StS Seibert: Ich glaube, es ist nicht an der Bundesregierung, öffentlich Erwartungen an den Präsidenten des Europäischen Parlaments zu richten. Wenn es so weit ist, dass er sein neues Amt antritt, wird die Bundeskanzlerin ihn mit Sicherheit beglückwünschen. Dieser Glückwunsch wird von Herzen kommen, weil ein gutes Funktionieren, ein selbstbewusstes Auftreten des Europäischen Parlaments, ganz im Interesse der demokratischen Entwicklung in Europa und deswegen auch im Interesse der Bundesregierung ist. Es wird sicherlich eine gute und enge Zusammenarbeit geben, wie sie auch mit seinem Vorgänger Jerzy Buzek bestand.

Zusatzfrage: Nun hat Herr Schulz vorab ein bisschen sein Selbstverständnis skizziert und ein Demokratiedefizit bemängelt, das er bekämpfen will. Er wirft dem Gebaren der Staats- und Regierungschefs eine Rückkehr zur Kleinstaaterei vor. Teilen Sie diese Kritik?

StS Seibert: Nein, ich teile sie nicht - ohne jetzt auf Interviews von Herrn Schulz eingehen zu wollen, die er gegeben hat, bevor er überhaupt im Amt ist. Es gibt zu Beginn jedes Europäischen Rates einen Gedankenaustausch mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments. Das wird sich sicherlich auch unter Herrn Schulz fortsetzen. Möglicherweise wird er seine Thesen ja dort vorbringen und sie dann mit den Staats- und Regierungschefs diskutieren.

Zusatzfrage: Einmal unabhängig von der Person Martin Schulz: Hat die Bundesregierung den Eindruck, dass es in den Diensten der Demokratie nötig ist, dass das Europäische Parlament eine Art Gegenregierung zum Europäischen Rat darstellt oder hat das Europäische Parlament bisher nicht adäquat Position bezogen beziehungsweise Gehör gefunden?

StS Seibert: Es gibt von der Bundesregierung keine Kritik an der Arbeit des Europäischen Parlaments. Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben beide ihre Rolle im gesamteuropäischen Gefüge zu spielen und spielen sie.

Zusatzfrage: Auch jetzt in der Eurokrise beziehungsweise Schuldenkrise? Oder hat sich das Gewicht verlagert, dass mehr bei den Staats- und Regierungschefs verhandelt und entschieden wird und das EU-Parlament so ein bisschen daneben steht?

StS Seibert: Der Interpretation, dass das EU-Parlament daneben stehe, schließe ich mich nicht an. Europa erlebt ganz sicherlich die schwerste Krise seit Bestehen der Wirtschafts- und Währungsunion, wahrscheinlich noch sehr viel weiter zurückreichend. In dieser Krise sind bedeutende Entscheidungen zu fällen und große Reformanstrengungen zu machen. Da spielt der Europäische Rat eine ganz entscheidende Rolle. Das muss auch so sein. Es sind viele Gebiete, auf denen im Moment gehandelt werden muss, Gebiete in nationaler Souveränität, und das kann dann nur da miteinander besprochen werden.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMU: Es geht noch einmal um die Frage der Sicherheitsnachrüstung an den Zwischenlager-Standorten. Frau Stamer, da hatte sich ja zunächst an betroffenen Standorten der Eindruck gebildet, dass irgendjemand die Absicht habe, überall Mauern zu bauen. Nun haben wir zur Kenntnis genommen, dass das wohl doch nicht so ist. Es deutet aber auf eine sehr mangelhafte Informationslage hin, vor allem in den Regionen. Warum veröffentlicht das BMU nicht, gegen welche Art von Außeneinwirkungen die Bund-Länder-Kommission erhöhte Schutzvorrichtungen fordert? Man muss ja nicht sagen, welche Gefährdungen konkret bestehen - das Schutzinteresse ist zu verstehen -, aber warum sagen Sie nicht, gegen welche Art von Außeneinwirkungen Schutz notwendig ist? Daraus könnte man ja dann ableiten, welche Schutzmaßnahmen nach örtlicher Situation nötig sind.

Stamer: Meine Kollegin hat hier schon am Mittwoch zu diesen Fragen ausführlich Stellung genommen. Ich kann das gern noch einmal erläutern.

Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass wir auch eine Erklärung des Ministeriums dazu herausgegeben haben. Darin heißt es - ich darf das hier noch einmal wörtlich zitieren -: "Die baulichen Maßnahmen an den Anlagen dienen zum Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter, dazu zählen auch mögliche terroristische Angriffe." Wir haben hier auch gesagt, dass wir uns aus guten Gründen, um hier nicht Hinweise zu geben, sehr zurückhaltend zu diesem Thema äußern. Das gilt nach wie vor.

Was die Informationen in den betroffenen Bundesländern angeht, so ist es auch Sache der zuständigen Aufsichtsbehörden, der Landesbehörden, zu entscheiden, wie darüber informiert wird.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass wir schon vor geraumer Zeit - ich habe das genaue Datum im Moment nicht parat - eine Anfrage aus dem Parlament dazu beantwortet haben. Also wenn die Information des Parlaments nicht eine Information der Öffentlichkeit ist, dann weiß ich nicht, was eine Information der Öffentlichkeit sein soll. Also hier ist öffentlich darüber informiert worden.

Sie fragten nach den einzelnen Maßnahmen. Ich kann das zusammenfassend so beantworten, dass nicht für alle Standorte dieselben Maßnahmen vorgesehen sind. Hier sind unterschiedliche Maßnahmen an den einzelnen Standorten geplant. Auch da bitte ich um Verständnis, dass ich hier nicht auf Einzelheiten eingehen kann.

Zusatzfrage: Aber genau das macht die Schwierigkeit der Einschätzung aus. Ich habe mir auch die Antwort durchgelesen, die auf eine Anfrage der Grünen - ich glaube, es war im September des letzten Jahres - gegeben wurde. Da wird sehr abstrakt und allgemein darauf hingewiesen, dass es den Brief des Bundesamtes für Strahlenschutz im Auftrag der Bund-Länder-Kommission gegeben hat. Gleichwohl wird daraus nicht deutlich, gegen welche Art von Außeneinwirkung Schutz nötig ist. Sie sagen jetzt, es seien auch terroristische Angriffe gemeint. Nach meinem Wissen sind in dem Brief des Bundesamtes für Strahlenschutz konkret zwei Gefahrenelemente angeführt. Gehören dazu Flugzeugabstürze?

Stamer: Ich hatte gesagt - deswegen habe ich es noch einmal wörtlich zitiert -, dazu zählen auch mögliche terroristische Angriffe. Ich werde bei dieser allgemeinen Aussage bleiben. Es hat gute Gründe, hier keine konkreten Hinweise zu geben. Dabei möchte ich es belassen.

Zusatzfrage: Bis zu welchem Zeitpunkt müssen diese zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen abgeschlossen sein? Wenn ich das richtig sehe, sind in dem Brief des Bundesamtes für Strahlenschutz Termine genannt, bis zu denen atomrechtliche Anträge gestellt werden müssen. Bis wann aber müssen nach Auffassung des BMU die Sicherheitsmaßnahmen abgeschlossen sein?

Stamer: Zunächst einmal: Es sind unterschiedliche Genehmigungen erforderlich. Es gibt Genehmigungen, die nach Baurecht erteilt werden müssen, und es gibt Genehmigungen, die nach Atomrecht erteilt werden müssen. Daraus ergeben sich schon unterschiedliche Genehmigungsverfahren. Da es, wie gesagt, unterschiedliche Maßnahmen an den einzelnen Standorten gibt, kann ich Ihnen jetzt auch keinen Stichtag nennen. Zum Teil sind die Verfahren schon in Gang gesetzt worden, zum anderen Teil werden die Verfahren vorbereitet. Das Bundesumweltministerium erteilt hier keine Genehmigung. Die Genehmigungen werden von den zuständigen Landesbehörden erteilt beziehungsweise wenn es nach dem Atomrecht-Verfahren geht, ist dafür das BfS zuständig.

Zusatzfrage: Also mit anderen Worten, nur damit ich das nicht falsch verstehe: Es gibt nicht einen gesetzten Zeitrahmen, bis wann diese zusätzlichen Sicherheitsauflagen und die damit verbundenen Maßnahmen materiell erfüllt sein müssen?

Stamer: Das ist ein laufender Prozess, der schon - Sie haben ja auch darauf hingewiesen - stattfindet. Er ist im vergangenen Jahr begonnen worden. Es geht hier darum, die Sicherungsmaßnahmen zu optimieren. Das ist ja kein starres Verfahren; das ist ein laufender Prozess. In diesem Rahmen sind Verfahren zum Teil schon beantragt. Wir haben darauf hingewiesen, dass mit Baumaßnahmen in diesem Jahr zu rechnen ist. Aber, wie gesagt, ich kann Ihnen da kein Enddatum nennen. Das ist ein laufender Prozess, um das noch einmal zu wiederholen.

Frage: Die geplante transatlantische Börsenfusion scheint an dem Widerstand aus Brüssel zu scheitern. Hat die Bundesregierung vor, in irgendeiner Weise darauf hinzuwirken, dass diese Fusion zwischen Frankfurt und New York doch noch zustande kommt?

Wiegemann: Es liegt in der ausschließlichen Kompetenz der Europäischen Kommission, über den Fall zu entscheiden.

Zusatzfrage: Sind denn von Ihrem Hause irgendwelche Gespräche mit der Europäischen Kommission in dieser Sache geplant? Es hat ja eine gewisse Bedeutung auch für die Absicherung des Finanzplatzes Frankfurt.

Wiegemann: Dazu liegen mir jetzt leider keine Informationen vor.

Frage: Ich möchte auf einen Termin zurückkommen, den Staatssekretär Seibert ganz am Anfang angekündigt hatte. Mittelbar hat es mit den energiepolitischen Gesprächen zu tun.

Heute Nachmittag findet im Wirtschaftsministerium ein Gespräch im Rahmen des großen Konzeptes Energiewende statt. Es geht um Offshore-Energie, die ja einen wesentlichen Anteil haben soll und wird. Da gibt es seit dem Brandbrief des Übertragungsnetzbetreibers TenneT Schwierigkeiten. Möglicherweise kommt die Offshore-Energie zum Stocken. Wie ist denn die Erwartung an das Gespräch heute Nachmittag? Wollen Sie die Kuh vom Eis holen, damit die Lösung schon bei den energiepolitischen Gesprächen einfließen kann, oder ist das eine Sondierung, um es dann bei den energiepolitischen Gesprächen weiter zu entwickeln und einer Lösung zuzuführen?

Wiegemann: Im Bundeswirtschaftsministerium laufen regelmäßig Gespräche mit allen Akteuren der Energiebranche. Das nächste Gespräch - da haben Sie Recht - findet heute Nachmittag zwischen dem Minister, Vertretern der Offshore-Branche und den betroffenen Bundes- und Landesbehörden statt. Das Ziel ist, Lösungsmöglichkeiten für die anstehenden Herausforderungen des Umbaus der Energieversorgung zu entwickeln. Mit der Netzplattform des BMWi steht hierfür ja auch eine optimale Dialogplattform zur Verfügung.

Zusatzfrage: Das ist mir jetzt doch zu allgemein. Es gibt ja ein konkretes Problem, und das hat TenneT sehr deutlich in Briefen an die Minister Röttgen, Rösler und auch Herrn Pofalla beschrieben. Das ist, wenn man es mit anderen Worten sagen soll, ein Offenbarungseid: Wir können die Netzanbindung nicht leisten. - Wie will man denn dieses Problem lösen?

Wiegemann: Die Bundesnetzagentur hat ja bereits im Dezember ein Festlegungsverfahren nach 17 Abs. 2 b EnWG eröffnet, in dem Kriterien für die Errichtung von Offshore-Netzanbindungen geregelt werden sollen. Die Bundesnetzagentur hat dabei u. a. eine Kautionslösung vorgeschlagen. Derzeit läuft das Konsultationsverfahren, indem auch die Offshore-Branche Gelegenheit hat, Stellung zu diesem Vorschlag der Bundesnetzagentur zu nehmen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, können Sie noch einmal mit Blick auf die energiepolitischen Gespräche sagen, inwieweit dieses Problem auch dort eine Rolle spielen wird?

StS Seibert: Wie immer sage ich, dass ich jetzt nicht voraussage oder gar festlege, dass die Bundeskanzlerin und ihre Gäste aus der Wirtschaft an dem Tag über ein bestimmtes Thema sprechen werden. Ich habe Ihnen umrissen, was der Bereich ist. Es geht um die Umsetzung des Energiekonzeptes. Es geht um die einzelnen Maßnahmen, die im Sommer 2011 im Paket verabschiedet wurden. Es geht um Netzausbau. Das kann ich Ihnen sagen, dass das mit Sicherheit angesprochen wird. Es geht um Erneuerbare Energien, Kraftwerksbau, die Einbindung unserer Energiepolitik in eine europäische Energiepolitik. Das alles sind mögliche Themen. Einige davon sind sichere Themen. Den Rest sehen wir, wenn es dann passiert ist.

Zusatzfrage: Dann darf ich vielleicht zum Schluss noch eine Frage nachschieben, weil der Brief ja seinerzeit auch an Kanzleramtsminister Pofalla adressiert war. Sieht das Kanzleramt die Lösung dieses konkreten Problems eher bei den ebenfalls angeschriebenen Ministern Röttgen und Rösler, oder wird sich das Kanzleramt auch selbst in die Lösung einschalten?

StS Seibert: Erstens sind das Bundesumweltministerium und das Bundeswirtschaftsministerium voll mit der Umsetzung der Energiepolitik der Bundesregierung beschäftigt. Beide Ressorts sind da stark eingebunden, was nicht heißt, dass das Kanzleramt nicht auch an dieser großen nationalen Aufgabe Energiewende mitwirkt. Das ist nicht so leicht auseinanderzuhalten.

Frage: Herr Mayntz, weil es mir gerade eingefallen ist: Haben Sie schon eine Antwort des Bundespräsidialamtes auf die Einladung der Bundespressekonferenz an den Bundespräsidenten?

Vorsitzender Mayntz: Bis jetzt nicht.

Frage: Wenn wir schon bei diesem Rausschmeißerthema sind, würde ich doch gern von Ihnen wissen, Herr Seibert, ob die Bundeskanzlerin denn zufrieden mit der Transparenz ist, die der Herr Bundespräsident bislang in der Diskussion um sein Verhalten hergestellt hat?

StS Seibert: Ich habe Ihnen heute nichts Neues zu diesem Thema mitzuteilen. Es gilt, was die Bundeskanzlerin mehrfach gesagt hat, was auch ich an dieser Stelle mehrfach gesagt habe. Sie schätzt den Bundespräsidenten und seine Arbeit. Diese Wertschätzung gilt auch für seine Bereitschaft, sehr weitgehend Auskunft und Informationen zu allen relevanten Nachfragen zu geben. Es gibt diese Bereitschaft - das ist gut und wichtig für das Vertrauen der Bürger in ihr Staatsoberhaupt -, und diese Bereitschaft wird sicher auch anhalten, wenn neue möglicherweise berechtigte Fragen auftauchen.


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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 13. Januar 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/01/2012-01-13-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2012