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BUNDESTAG/7681: Heute im Bundestag Nr. 833 - 05.11.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 833
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 5. November 2018, Redaktionsschluss: 10.26 Uhr

1. 41,65 Milliarden Euro Flüchtlingskosten
2. Warnung vor wachsender ESM-Haftung
3. Bundesrat für Miethöhenbegrenzung
4. Hoher Aufwand für Pensionskassen
5. Leerstehende Bahn-Immobilien
6. Folgen des Brexits für Deutschland


1. 41,65 Milliarden Euro Flüchtlingskosten

Haushalt/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die flüchtlingsbezogenen Belastungen des Bundeshaushalts haben in den beiden vergangenen Jahren zusammen 41,65 Milliarden Euro betragen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/5203) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/3838) hervor. Danach betrugen die flüchtlingsbezogenen Belastungen des Bundeshaushalts im Jahr 2016 20,43 Milliarden Euro und im Jahr 2017 21,22 Milliarden Euro. Größte Einzelkategorien waren die unmittelbare Entlastung der Länder und Kommunen mit 15,82 Milliarden Euro in den vergangenen zwei Jahren sowie die Fluchtursachenbekämpfung mit 13,82 Milliarden Euro.

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2. Warnung vor wachsender ESM-Haftung

Haushalt/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesrechnungshof warnt vor einer zunehmenden Haftung Deutschlands durch die anstehenden Änderungen im Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM), der zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) umgestaltet werden soll. Die Euro-Staaten wollen sich bis Dezember 2018 auf die Modalitäten für die Weiterentwicklung des ESM verständigen. In einem Bericht des Rechnungshofes, der von der Bundesregierung als Unterrichtung (19/5330) vorgelegt wurde, wird darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik derzeit mit 190 Milliarden Euro für den ESM hafte. Wie der Rechnungshof berichtet, zielt ein Verordnungsvorschlag der EU-Kommission darauf ab, Stabilitätshilfen an die Mitglieder künftig früher und einfacher auszureichen. "Sie sollen zudem nicht mehr in dem Maße wie bisher an Reformauflagen geknüpft werden. Daneben soll der EWF neue Aufgaben übernehmen", heißt es in der Unterrichtung. Durch die Änderungsvorschläge würden die finanziellen Ressourcen des EWF stärker beansprucht "und das Volumen der möglichen Ausfälle nimmt zu. Zudem können die Änderungen auch Fehlanreize begünstigen, zum Beispiel indem sie Reformbemühungen in den von einer Krise betroffenen Mitgliedstaaten schwächen", wird gewarnt. Der Bundesrechnungshof geht davon aus, dass bei einer Umsetzung der Vorschläge "Verluste wahrscheinlicher eintreten können".

Daneben könnte es auch erforderlich werden, das Stammkapital des EWF zu erhöhen. "Dies würde zu einer Ausweitung der Haftung Deutschlands über die vereinbarten 190 Milliarden Euro hinaus führen", so der Rechnungshof. Für die Änderung wäre zwar die Zustimmung aller Mitgliedstaaten erforderlich, Deutschland könnte sich dem jedoch unter Umständen nicht entziehen, zum Beispiel wenn neue Aufgaben "glaubwürdig finanziell zu unterlegen sind". Zusätzliche Belastungen für den Bundeshaushalt wären die Folge. "Insgesamt ergeben sich aus der Einrichtung des EWF mit den von der Kommission angestrebten Änderungen daher erhebliche Risiken für den Bundeshaushalt", stellt der Bundesrechnungshof fest.

Wie der Rechnungshof weiter erläutert, soll der neue Währungsfonds Teil eines Sicherheitsnetzes für krisengeschüttelte Banken im Euro-Währungsgebiet werden und hierfür bis zu 60 Milliarden Euro bereithalten. "Dies hätte zur Folge, dass die Haftung für Risiken im europäischen Bankensektor vergemeinschaftet würde. Außerdem wäre damit das Signal verbunden, dass Banken notfalls auch weiterhin aus Steuermitteln gerettet werden", stellt der Rechnungshof fest, der zudem den Kommissionsvorschlag ablehnt, den EWF als "Vehikel" für politische Initiativen zu nutzen. Als Beispiel wird genannt, dass der EWF Finanzmittel bereitstellt, um konjunkturelle Schwankungen in den Mitgliedstaaten zu glätten. Dies sei aber als Teil der Wirtschaftspolitik Aufgabe der jeweiligen Mitgliedstaaten. Zudem warnt der Rechnungshof vor der Vereinfachung der Beschlussverfahren und einer Abschwächung der Mehrheitserfordernisse im EWF: "Mit den neuen Regelungen würde Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen sein Vetorecht verlieren. Zudem wäre nicht in allen Fällen sichergestellt, dass die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages gewahrt blieben."

In der Unterrichtung ist auch die Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen enthalten. Darin wird mitgeteilt, derzeit könne "nicht abgesehen werden, wie der ESM konkret weiterentwickelt" werde. Außerdem weist das Ministerium auf die Begrenzung der Haftung der Mitgliedstaaten hin. Eine Ausweitung der Haftung der ESM-Mitgliedstaaten wäre nur möglich, wenn der ESM-Vertrag geändert würde. Und dafür sie die Zustimmung aller Mitgliedstaaten erforderlich. Eine Erhöhung des Stammkapitals müsse einstimmig im Gouverneursrat beschlossen werden. Das sei zutreffend, kommentiert der Rechnungshof die Einlassungen des Ministeriums, erinnert jedoch an seine Darstellung, dass sich Deutschland einer solchen Zustimmung unter Umständen nicht entziehen könnte, zum Beispiel bei einer größeren Krise. Daneben weist der Bundesrechnungshof auch darauf hin, dass die Bundesregierung noch im Juli 2018 eine Erhöhung des Stammkapitals und damit auch der Haftung Deutschlands für den ESM im Zusammenhang mit der Einführung neuer Instrumente explizit ausgeschlossen habe. "Nunmehr hält sie dies nur noch für unwahrscheinlich. Damit hat sie ihre Position in einem zentralen Punkt geändert", kritisiert der Bundesrechnungshof die Haltung der Bundesregierung.

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3. Bundesrat für Miethöhenbegrenzung

Finanzen/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesrat verlangt Maßnahmen zur Begrenzung der Miethöhe. Wie es in der von der Bundesregierung als Unterrichtung (19/5417) vorgelegten Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (19/4949) heißt, soll durch Einführung einer praxistauglichen Regelung für den Zeitraum von zehn Jahren nach Anschaffung oder Herstellung der mit einer Sonderabschreibung geförderten Objekte die Miethöhe auf ein bezahlbares Niveau begrenzt werden. Der Bundesrat erläutert, dass mit dem Gesetz steuerliche Anreize für den Mietwohnungsneubau in die Tat umgesetzt werden sollen. Die Steuervergünstigung hindere die Begünstigten jedoch nicht daran, für Mietraum, der in Gebieten mit hoher Marktanspannung neu geschaffen wird, die höchstmögliche am Markt erzielbare Miete zu verlangen. Die Bundesregierung sichert in ihrer Gegenäußerung eine Prüfung des Vorschlags zu.

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4. Hoher Aufwand für Pensionskassen

Finanzen/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Die Einführung neuer Informationspflichten bringt für die Pensionskassen einen erheblichen Umsetzungsaufwand mit sich. Daher müsse es Übergangsfristen geben, verlangt der Bundesrat in einer von der Bundesregierung als Unterrichtung (19/5418) vorgelegten Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (19/4673). Die Bundesregierung sichert Prüfung des Vorschlags zu, verweist aber auch auf den einheitlichen Umsetzungstermin in der Richtlinie.

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5. Leerstehende Bahn-Immobilien

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Im Besitz des Bundeseisenbahnvermögens (BEV) befinden sich derzeit Immobilien mit insgesamt 3.077 Wohneinheiten. Das geht aus den Antworten der Bundesregierung (19/5196, 19/3245) auf Kleine Anfragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/4775, 19/2291) hervor. 1.113 dieser Wohneinheiten sind nach Regierungsangaben derzeit unbewohnt. Davon befinden sich den Vorlagen zufolge 83 Wohneinheiten in Großstädten - allein 72 in Berlin.

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6. Folgen des Brexits für Deutschland

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort

Berlin: (hib/ROL) Im März 2018 hat der Europäische Rat (Artikel 50) zu den gegenwärtig in Brüssel laufenden Brexit-Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union Leitlinien festgelegt, die unter anderem betonen, dass die vier Freiheiten des Binnenmarktes unteilbar sind und es kein "Rosinenpicken" geben kann. Das heißt, es kann keine Beteiligung am Binnenmarkt lediglich in einzelnen Sektoren Großbritanniens geben, so dass die Integrität und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes untergraben werden würde. Das betont die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/5223) auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/4406). Nachdem am 23. Juni 2016 die Mehrheit von 51,9 Prozent der britischen Wähler im sogenannten Brexit-Referendum für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (Brexit) gestimmt hatte, fragt die FDP-Fraktion nun nach den Folgen für Deutschland und Europa. Die FDP-Fraktion hatte unterstrichen, dass dieser Tag eine historische Zäsur in der Geschichte der europäischen Integration markiere, für die es keine Präzedenzfälle gebe.

Die Verhandlungen, die ausschließlich zwischen der Europäischen Kommission mit ihrem Chefunterhändler Michel Barnier, und der Regierung des Vereinigten Königreichs geführt werden, sollen bis zum Herbst 2018 abgeschlossen sein. Der Europäische Rat hat im Dezember 2017 festgelegt, dass er den Wunsch hat, eine enge Partnerschaft zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich zu begründen. Die EU bekräftigt in ihren Leitlinien die Bereitschaft, Beratungen über ein ausgewogenes, ehrgeiziges und weitreichendes Freihandelsabkommen einzuleiten, insoweit es ausreichende Garantien für faire Wettbewerbsbedingungen gibt. Im Juli 2018 hat die britische Regierung ein Weißbuch zu den künftigen Beziehungen zur EU vorgelegt. Dieses enthält laut Bundesregierung Vorschläge in zahlreichen Bereichen. Im Kern sollen dabei eine Wirtschafts- sowie eine Sicherheitspartnerschaft entstehen, die weit über bisher existierende Vereinbarungen der EU mit Drittstaaten hinausgehen. Die formellen Verhandlungen über die künftige Partnerschaft können erst beginnen, wenn das Vereinigte Königreich ein Drittstaat ist.

Beim informellen Europäischen Rat in Salzburg im September 2018 hatte sich der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, klar zu den britischen Vorschlägen im Weißbuch geäußert: "Ich möchte unterstreichen, dass einige der Vorschläge von Premierministerin May eine positive Entwicklung im britischen Ansatz und den Willen, die negativen Effekte des Brexits zu minimieren, widerspiegeln. Damit meine ich, unter anderem, die Bereitschaft, im Bereich von Sicherheit und Außenpolitik eng zu kooperieren. In anderen Bereichen, wie der irischen Frage oder der Regelung der Frage der wirtschaftlichen Zusammenarbeit müssen die britischen Vorschläge überarbeitet und weiter verhandelt werden [...]"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in Salzburg unterstrichen, dass es "noch ein großes Stück Arbeit [gibt] ... wie die zukünftigen Handelsbeziehungen aussehen [...] Da waren wir uns heute alle einig, dass es in Sachen Binnenmarkt keine Kompromisse geben kann." Bereits zuvor hatte Michel Barnier hinsichtlich der Vorschläge im Handelsbereich im Einklang mit den Leitlinien des Europäischen Rates ebenfalls wiederholt bekräftigt, dass der Binnenmarkt mit seinen vier Freiheiten eine der zentralen, wenn nicht die zentrale Errungenschaft der EU sei, dessen Erfolg in eben diesen vier Freiheiten, dem gemeinsamen Regelwerk und den gemeinsamen Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismen begründet sei. Die von der britischen Regierung vorgeschlagene Regelung würde dazu führen, dass diese gemeinsamen Regeln und Institutionen nicht oder nur teilweise Anwendung finden würden. Dies würde die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts stören und Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen nach sich ziehen.

In ihrer Antwort geht die Bundesregierung speziell auf die Folgen des Erasmus+ Programms, auf die Entwicklung von Praktika im Vereinigten Königreich, auf die internationale Mobilität von Schülern und Studenten zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich und den Folgen für Forscher und Forschungseinrichtungen ein. Gerade beim Austausch von Schülern und Studenten liegen der Bundesregierung meist jedoch nur Zahlen aus den Jahren 2014 und 2015 vor. Die Auswirkungen auf die internationale Mobilität von Schülern und Studenten zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich würden vom Ausgang der Brexit-Verhandlungen und einer Vielzahl von damit zusammenhängenden Faktoren abhängen. Aussagen hierzu seien derzeit nicht möglich.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 833 - 5. November 2018 - 10.26 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2018

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