Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/6559: Heute im Bundestag Nr. 312 - 17.05.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 312
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Mai 2017, Redaktionsschluss: 10.30 Uhr

1. Angriffe auf Flüchtlinge
2. Pass-Einziehung in türkischen Konsulaten
3. Erkenntnisse zu Identitärer Bewegung
4. Vorratsdatenspeicherung bleibt
5. Vergütung für Psychotherapeuten geprüft
6. Fragen zur Bewertung von Glyphosat


1. Angriffe auf Flüchtlinge

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Mit Stand vom 24. April 2017 haben dem Bundeskriminalamt (BKA) vorläufigen Zahlen zufolge Erkenntnisse zu insgesamt 93 politisch motivierten Delikten im ersten Quartal dieses Jahres vorgelegen, bei denen eine Flüchtlingsunterkunft Tatort oder direktes Angriffsziel war. Davon entfallen 86 Straftaten auf die politisch rechts motivierte Kriminalität, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/12263) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/12034) schreibt.

Zudem waren dem BKA danach mit Stand vom 24. April 318 politisch motivierte Delikte in der Zeit von Anfang Januar bis Ende März 2017 gemeldet worden, "die sich gegen Asylbewerber/Flüchtlinge außerhalb von Asylunterkünften richten". Davon seien 305 Straftaten auf die politisch rechts motivierte Kriminalität entfallen.

Ferner lagen dem BKA laut Antwort Erkenntnisse zu 25 politisch motivierten Delikten im ersten Quartal 2017 vor, "die sich gegen Hilfsorganisationen beziehungsweise ehrenamtliche/freiwillige Helfer richten". Darunter befanden sich den Angaben zufolge 22 politisch rechts motivierte Straftaten.

Verletzt wurden laut Vorlage bei den begangenen Gewalttaten im ersten Quartal des laufenden Jahres 47 Menschen, darunter zwei Kinder (15 Verletzte bei Straftaten gegen Asylunterkünfte, davon zwei Kinder; 32 Verletzte bei Straftaten gegen Asylbewerber).

*

2. Pass-Einziehung in türkischen Konsulaten

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um eine Einziehung von Pässen in türkischen Konsulaten geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/12262) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11903). Darin erkundigte sich die Fraktion unter anderem danach, welche Kenntnis die Bundesregierung darüber hat, dass türkischen Staatsbürgern, "die im Zuge ihres Einbürgerungsverfahrens in Deutschland die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft beantragt haben, von Mitarbeitern türkischer Konsulate die Pässe abgenommen wurden".

Wie die Bundesregierung dazu ausführt, obliegt die Einbürgerung im Inland lebender ausländischer Staatsangehöriger den Ländern. Sie habe "daher zu dem der Frage zu Grunde liegenden Sachverhalt keine eigenen Erkenntnisse". Bisher hätten "lediglich drei Länder (Bayern, Berlin und Hamburg) mitgeteilt, "dass einige türkische Einbürgerungswillige in jüngster Zeit vorgetragen haben, dass ihnen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit der türkische Pass einbehalten worden sei".

*

3. Erkenntnisse zu Identitärer Bewegung

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Erkenntnisse über die "Identitäre Bewegung" sind ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/12261) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11963). Wie die Bundesregierung darin darlegt, verfügt die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) über zirka 300 Mitglieder, von denen jedoch nur eine Minderheit regelmäßig an "offenen Aktionen" teilnimmt.

Dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ist die IBD laut Vorlage seit dem 11. Oktober 2012 bekannt. In der Anfangsphase sei die IBD als überwiegend virtuelles Phänomen in Erscheinung getreten, insbesondere durch Aktivitäten bei Facebook. Seit 2013 seien "Deutschlandtreffen" bekannt. Ab dem Jahr 2015 könnten vermehrt öffentlichkeitswirksame Aktionen der IBD oder regionaler Gruppierungen festgestellt werden. Dabei handele es sich zum Beispiel um Teilnahmen an Demonstrationen, Vortragsabende, sogenannte Stammtischtreffen, Plakat- und Banneraktionen, Flyerverteil- oder Aufkleber-Aktionen sowie "Aktionswochenenden" oder Seminare.

Wie die Regierung weiter ausführt, rechnet sich die IBD eigenen Angaben zufolge dem "metapolitischen und aktivistischen Arm der 'Neuen Rechten'" zu und grenzt sich deutlich von den "Alten Rechten" (Nationalisten, Rassisten, Neonazis ect.) ab. Die IBD stütze sich "auf das Konzept des 'Ethnopluralismus', wonach in der Idealvorstellung alle Staaten ethnisch/kulturell homogen strukturiert sein sollten". Demzufolge betrachte die IBD "die multikulturelle Gesellschaft, die Einwanderung und den Islam als eine Bedrohung für einen Staat". Auf dieser ideologischen Basis fordere sie unter anderem den "Erhalt der Vielfalt der Völker und Kulturen", das "Ende der Islamisierung Europas", ein "Durchgreifen gegen terroristische Aktivitäten radikaler Muslime" und die Errichtung einer "Festung Europa, die ihre Grenzen verteidigt, aber tatsächlich Hilfsbedürftige unterstützt" solle. Zur Durchsetzung dieser Ziele beabsichtige die IBD, den Weg einer außerparlamentarischen Opposition zu verfolgen und die bisherigen Aktionsformen beizubehalten.

Die Ideologie der "Identitären Bewegung" basiere "wesentlich auf dem Abstammungsprinzip und der Abgrenzung zu anderen Kulturen, insbesondere zum Islam", schreibt die Regierung ferner. Im Rahmen der Flüchtlingszuwanderung (insbesondere in den Jahren 2015 bis 2016) habe in der Agitation der IBD beziehungsweise ihrer Anhänger eine weitere Radikalisierung festgestellt werden können. Zur Durchsetzung ihrer Ziele begingen Anhänger der IBD Straftaten wie Sachbeschädigung, Propagandadelikte bis hin zu Volksverhetzungen sowie Ordnungswidrigkeiten.

"Nach vorliegenden Erkenntnissen verfügen einige Mitglieder, auch in der Führungsebene, über einen Vorlauf in rechtsextremistischen Parteien und Organisationen, wie zum Beispiel die NPD und die Partei 'Die Rechte'", heißt es zudem in der Antwort. Daher werde auch von einer rechtsextremistischen Einflussnahme ausgegangen, obwohl sich die IBD plakativ vom historischen Nationalsozialismus distanziere. Aufgrund "tatsächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer rechtsextremistischen Bestrebung im Sinne der Paragrafen 3 und 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes" beobachte das BfV die IBD seit Mitte 2016 als Verdachtsfall.

*

4. Vorratsdatenspeicherung bleibt

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/PST) Die Bundesregierung sieht in einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Dezember 2016 zur Vorratsdatenspeicherung derzeit keinen Grund, an den deutschen Gesetzen hierzu etwas zu ändern. Dies erklärte sie in Beantwortung zweier Kleiner Anfragen (18/11682, 18/11863) der Linken zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. In beiden Anfragen ging es um das Ende 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (VerkDSpG), das die Telekommunikationsunternehmen verpflichtet, bis zum 1. Juli 2017 die Voraussetzungen zur Speicherung von Verkehrsdaten zu erfüllen. Die Fraktion stellte ihre Fragen vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Europäische Gerichtshof (EuGH) vom 21. Dezember 2016, wonach "eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht mit der Grundrechtecharta der Europäischen Union vereinbar" sei, wie sie formulierte.

In den beiden Antworten (18/12229, 18/12253) auf die Anfragen erklärt die Bundesregierung, die Prüfung, welche Schlussfolgerungen aus dem EuGH-Urteil zu ziehen sind, sei derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Europäische Kommission habe angekündigt, eine Analyse des Urteils durchzuführen und dann konkretere Hinweise zu geben, welche Kriterien nationale Gesetze der Mitgliedstaaten erfüllen müssen, um den Anforderungen des Urteils gerecht zu werden. Zudem sei auf Vorschlag der Ratspräsidentschaft eine Arbeitsgruppe zu der Thematik eingesetzt worden, die am 10. April erstmals getagt habe. Das Inkrafttreten der deutschen Regelung zum 1.Juli 2017 sei durch das EuGH-Urteil jedenfalls nicht gefährdet, erklärt die Bundesregierung.

Weiterhin geht die Bundesregierung auf die Frage der Linken ein, ob das EuGH-Urteil eine Änderung des Verkehrsdatenspeichergesetzes erfordere, um Berufsgeheimnisträger von der Speicherung ihrer Verkehrsdaten auszuschließen. Deren Verkehrsdaten seien "auch ohne eine Ausnahme von der Speicherpflicht durch ein striktes Erhebungs- und Verwendungsverbot geschützt", erklärt die Regierung dazu. Deshalb plane die Bundesregierung "derzeit kein entsprechendes Gesetzgebungsvorhaben".

Auf Fragen, inwieweit der Bundesdatenschutzbeauftragten eine wirksame Überwachung der Vorratsdatenspeicherung möglich ist, verweist die Bundesregierung auf deren Unabhängigkeit. Die Beauftragte unterliege "einer parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle", aber "keiner Aufsicht durch die Bundesregierung".

*

5. Vergütung für Psychotherapeuten geprüft

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Psychotherapeutische Leistungen müssen angemessen vergütet werden. Nach Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Vergütung als angemessen anzusehen, wenn ein Ertrag erzielt werden könne, der dem von Fachärzten im unteren Einkommensbereich entspreche, heißt es in der Antwort (18/12282) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/12052) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Die Vergütung der aufgrund der geänderten Psychotherapie-Richtlinie geregelten Leistungen werde vom Bewertungsausschuss vereinbart. Der erweiterte Bewertungsausschuss habe überprüft, inwieweit eine Anpassung der Vergütung notwendig ist und im September 2015 dazu einen Beschluss gefasst.

"Aus dieser Beschlussfassung zur Überprüfung und Höherbewertung der antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen" resultierten Mehrausgaben in Höhe von jährlich rund 80 Millionen Euro, heißt es in der Antwort weiter. Hinzu kämen Mehrausgaben für die rückwirkend angepasste Vergütungshöhe. Das Bundesgesundheitsministerium prüfe derzeit die beschossenen Regelungen. Weitere gesetzliche Vorgaben, etwa zu Kriterien für die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung der Psychotherapeuten, lehnt das Ministerium ab.

*

6. Fragen zur Bewertung von Glyphosat

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Den Wirkstoff Glyphosat zur Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft stellt die Fraktion Die Linke in den Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage (18/12284). Die Abgeordneten interessiert unter anderem eine Einschätzung der Bundesregierung im Hinblick auf die Bewertung der Eigenschaften von Glyphosat als krebserregend. Glyphosat ist nach Darstellung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) weltweit einer der am meisten eingesetzten Wirkstoffe in Unkrautbekämpfungsmitteln, der zur Verhinderung von unerwünschtem Pflanzenwuchs im Kulturpflanzenbau verwendet wird.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 312 - 17. Mai 2017 - 10.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang