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BUNDESTAG/6212: Heute im Bundestag Nr. 726 - 12.12.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 726
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 12. Dezember 2016, Redaktionsschluss: 16.48 Uhr

1. Änderung des Vereinsgesetzes umstritten
2. Kampf gegen Menschenhandel in Afrika
3. Klimaziele für alle Sektoren festgelegt
4. Öffentliche Auftritte im Fokus


1. Änderung des Vereinsgesetzes umstritten

Inneres/Anhörung

Berlin: (hib/STO) Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verschärfung des Vereinsgesetzes (18/9758) stößt bei Experten auf kontroverse Einschätzungen. Dies wurde bei einer öffentlichen Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses zu der Vorlage deutlich. Wie die Regierung darin ausführt, können Vereinigungen insbesondere im Bereich krimineller Rockergruppierungen einen "Deckmantel für vielfältige Formen der schweren und organisierten Kriminalität wie zum Beispiel Menschenhandel und Drogengeschäfte bieten". Dem solle durch eine Verschärfung des Vereinsgesetzes entgegengetreten werden. Nach dem Gesetzentwurf sollen Kennzeichen verbotener Vereinigungen sowie solche, die mit denen eines bereits verbotenen Vereins im Zusammenhang stehen, von anderen Gruppierungen im Bundesgebiet nicht mehr weiter genutzt werden.

Michael Ahlsdorf von der Redaktion "Bikers News" kritisierte, er halte den Gesetzentwurf "nicht für besonders sinnhaft". Bei einem Verbot der Abzeichen werde man einen "Wust an Codes haben, an Zahlen, an Ziffern, an Farben". Das Spezialistenwissen der Polizei reiche seiner Ansicht nach nicht aus, um anschließend die Rocker und ihre Klientel erkennen zu können. Auch gebe es rechtsstaatliche Bedenken, fügte Ahlsdorf hinzu und verwies auf die Unschuldsvermutung. "Da ist nicht jeder von denen kriminell", betonte Ahlsdorf. Die Gesetzesänderung könne auch verfassungswidrig sein, weil "Unschuldige in Kollektivhaft genommen werden".

Der Staatsrechtler Professor Ulrich Battis bewertete den Gesetzentwurf als "untauglichen Versuch". Das Ziel, bestimmte Kennzeichen aus der Öffentlichkeit zu "verbannen", könne mit dem Entwurf nicht erreicht werden. Auch gehe es um Eingriffe in Grundrechte. "Da sollte man von vornherein einen klaren Eingriffstatbestand haben - und daran fehlt es hier", sagte Battis.

Kathrin Groh, Professorin für öffentliches Recht an der Universität der Bundeswehr München, sagte, auch sie sehe einige verfassungsrechtliche Probleme, halte diese Probleme aber nicht für unlösbar. "Verfassungsrechtlich einigermaßen wasserdicht" sei es, "die Originalkennzeichen verbotener Vereinigung mit einer Strafbewehrung zu verbieten und auch Kennzeichen, die diesen Originalkennzeichen zum Verwechseln ähnlich sehen". Das neue Kennzeichenverbot werde indes vom Vereinsverbot entkoppelt, weil Kennzeichen verboten würden, die von erlaubten Vereinen als Identitätszeichen benutzt werden und sich etwa durch Ortszusätze von den Kennzeichen verbotener Vereinigungen unterscheiden. Dieser Eingriff in die Vereinigungsfreiheit bedürfe guter Rechtfertigungsgründe.

Daniel Heinke vom Landeskriminalamt Bremen betonte, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sei aus strategischer Perspektive der Kriminalitätsbekämpfung "uneingeschränkt zuzustimmen". Die Gesetzesänderung werde sich in erster Linie auf das öffentliche Auftreten von Anhängern sogenannter "Outlaw Motorcycle Gangs" (OMCG) auswirken. Diese "überwiegend kriminellen Rockergruppierungen" stellten eine ernstzunehmende Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Kennzeichnend für sie sei unter anderem ein öffentliches Auftreten, das darauf abziele, gewaltbereit und einschüchternd zu wirken. Dabei komme dem Tragen gemeinsamer Kleidung beziehungsweise Abzeichen eine besondere Bedeutung zu.

Thomas Jungbluth vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, hob hervor, dass ein Vereinsverbot auch das Entfernen der Kennzeichen und Symbole des verbotenen Vereins nach sich ziehen müsse, um das Verbot effektiv durchzusetzen. Für OMCG spielten Kennzeichen und Symbole eine entscheidende Rolle. Er halte es für folgerichtig, das Vereinsrecht anzupassen, um auch das Verwenden der zentralen Symbole der OMCG unter Strafe zu stellen. Dabei würden nicht die Mitglieder regionaler Ableger kriminalisiert, sondern das öffentliche Präsentieren der entscheidenden Symbole und Kennzeichen von OMCG unter Strafe gestellt.

Professor Michael Knape von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht sagte, die jetzige Änderung sei ein "Schritt in die absolut richtige Richtung". Damit werde Normenklarheit geschaffen sowie die Voraussetzung, dass die Polizei "auf niedriger Einschreitschwelle konsequent gegen Rocker einschreiten kann" und auch "nicht große Probleme in der Beweisführung hat hinsichtlich der Frage, ob denn der Verein verboten ist". Knape verwies zugleich darauf, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu den wesentlichen Aspekten gehöre, die die Polizei zu beachten habe.

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2. Kampf gegen Menschenhandel in Afrika

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort

Berlin: (hib/JOH) Grenzmanagement-Maßnahmen sind nach Angaben der Bundesregierung nur ein Teilbereich des im November gestarteten Vorhabens Better Migration Management, mit dem die EU kriminelles Schleusertum und Menschenhandel am Horn von Afrika eindämmen und die Rechte von Migranten stärken will. Ziel sei es, dass Beamte des Grenzmanagements schutzbedürftige Flüchtlinge und Migranten erkennen und sie unter Beachtung aller internationalen Standards an die zuständigen staatlichen und/oder zivilgesellschaftlichen Stellen weitervermitteln, schreibt die Regierung in einer Antwort (18/10556) auf eine Kleine Anfrage (18/10333) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dies sei in den Ländern Äthiopien, Dschibuti, Kenia, Somalia, Südsudan und Uganda geplant.

Der direkte Beitrag der Bundesregierung an dem Vorhaben Better Migration Management betrage sechs Millionen Euro, Güter seien bisher nicht in eines der Partnerländer geliefert worden. Nach derzeitigen Planungen seien lediglich Ausstattungen für Büros oder Unterkünfte für Migranten und Flüchtlinge (wie Safe Houses, Migrant Response Centers etc.) vorgesehen.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sei Mitglied des Steuerungskomitees des Vorhabens Better Migration Management, in dessen regelmäßigen Treffen Fortschritte des Vorhabens evaluiert und bei Bedarf handlungsleitende Entscheidungen getroffen würden, schreibt die Bundesregierung. Zudem versichert sie: "Das Menschenrechtskonzept des BMZ findet sowohl bei der Planung als auch der Umsetzung des Projektes Anwendung und seine Einhaltung ist vertraglich festgelegt." Es werde sehr sorgfältig geprüft, mit wem das Vorhaben in Kooperationsbeziehungen treten werde.

So genannte Reception Centres würden im Rahmen des Projektes als Zentren verstanden, die dem korrekten Empfang und der Weitervermittlung von Flüchtlingen und Migranten dienen. Haftzellen würden in keinem der Partnerländer durch das Vorhaben Better Migration Management gebaut oder betrieben.

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3. Klimaziele für alle Sektoren festgelegt

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Unterrichtung

Berlin: (hib/SCR) Um 80 bis 95 Prozent soll der Ausstoß von Klimagasen bis 2050 gesenkt werden. Den Weg dahin umreißt die Bundesregierung im Klimaschutzplan 2050, über den sie den Bundestag unterrichtet (18/10370). Der Zielkorridor bezieht sich dabei auf die Klimaziele der Europäischen Union.

Konkretisiert wird im Klimaschutzplan vor allem das Klimaziel für 2030. Bis dahin soll der Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent reduziert werden. Die verschiedenen Handlungsfelder werden in dem Plan mit "Meilensteinen" zur "Orientierung" unterlegt. Der Klimaschutzplan sieht zudem konkrete Minderungsziele bis 2030 vor: Demnach sollen die Energiewirtschaft 61 bis 62 Prozent, der Gebäudebereich 66 bis 67 Prozent, der Verkehrssektor 40 bis 42 Prozent, die Industrie 49 bis 51 Prozent und die Landwirtschaft 31 bis 34 Prozent gegenüber 1990 einsparen.

Die Bundesregierung betont, dass der Klimaschutzplan keine "starren Vorgaben" enthalte, sondern auf "Technologieneutralität und Innovationsoffenheit" setze. Im Bereich Energie heißt es, dass die Kohleverstromung "schrittweise" verringert werden müsse, um die Klimaziele zu erreichen. Langfristig müsse die Energieerzeugung allerdings "nahezu vollständig" auf Erneuerbaren beruhen, heißt es im Klimaschutzplan. "Die bestehenden modernsten Kohlekraftwerke" sowie CO2-arme Erdgaskraftwerke übernähmen dabei als "Übergangstechnologie" eine "wichtige Funktion". Um die mit der Transformation der Energiewirtschaft einhergehenden Herausforderungen für betroffen Regionen zu begleiten, soll eine Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung" entsprechende Instrumente entwickeln. Die Kommission soll laut Plan Anfang 2018 ihre Arbeit aufnehmen und zum Ende desselben Jahres Ergebnisse vorlegen.

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4. Öffentliche Auftritte im Fokus

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke will über die geplanten öffentlichen Auftritte der Bundeswehr im ersten Quartal 2017 informiert werden. In einer Kleinen Anfrage (18/10568) möchte sie unter anderem erfahren, welche Termine von Karriereberatern und Jugendoffizieren auf Messen und Ausstellungen sowie Schulen und Hochschulen derzeit geplant sind. Zudem will die Linksfraktion über die Termine von Gelöbnissen, Zapfenstreichen und Auftritten des Musikkorps in der Öffentlichkeit informiert werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 726 - 12. Dezember 2016 - 16.48 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Dezember 2016

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