Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/6091: Heute im Bundestag Nr. 605 - 19.10.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 605
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 19. Oktober 2016, Redaktionsschluss: 14.26 Uhr

1. Fraktionen begrüßen geplanten Digitalpakt
2. Neue Arbeitsplätze durch Klimaschutz


1. Fraktionen begrüßen geplanten Digitalpakt

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgeschlagene Digitalpakt stößt auf Zustimmung aller Fraktionen. Das wurde während einer Sitzung des Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwoch deutlich. Der zur "Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft" gehörende Digitalpakt sieht vor, über einen Zeitraum von fünf Jahren mit rund fünf Milliarden Euro die rund 40.000 Grundschulen, weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen in Deutschland mit digitaler Ausstattung wie Breitbandanbindung, W-LAN und Geräten zu versorgen. Im Gegenzug sollen sich die Länder verpflichten, die entsprechenden pädagogischen Konzepte, die Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie gemeinsame technische Standards umzusetzen.

Stefan Müller (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, sagte vor dem Ausschuss, es gehe nicht darum, die neueste Generation von Tablets über den Schulen abzuwerfen, sondern um die Schaffung einer nachhaltigen Infrastruktur. Das Angebot an die Länder stehe, sagte Müller. Die Länder müssten nun in der Kultusministerkonferenz (KMK) Anfang Dezember ihre eigene digitale Positionierung vornehmen. Der Bund, so der Staatssekretär weiter, sei bereit, zügig in Gespräche einzutreten. Eine Änderung des Grundgesetzes ist nach Aussage Müllers nicht nötig.

Einmal mehr habe sich der Bund unter einer unionsgeführten Bundesregierung mit der Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft "als Vorreiter und Taktgeber" gezeigt, lobte die Unionsfraktion. Vieles von dem was vorgeschlagen sei begrüße die Unionsfraktion, bei einzelnen Punkten gebe es hingegen noch Diskussionsbedarf, sagte der Fraktionsvertreter. Grundsätzlich seien die geplanten Maßnahmen aber ein Schub in die richtige Richtung.

Die Summe von fünf Milliarden Euro sei "ein großes Versprechen", sagte der Vertreter der SPD-Fraktion. Es werde nun darauf ankommen, wie das durch die jetzige und durch künftige Bundesregierungen hinterlegt werde. Keineswegs solle man das Vorhaben kleinreden, auf das man stolz sein dürfe. Klar geregelt sein müsse allerdings die Rechtsgrundlage. Nichts wäre schließlich blamabler, wenn man mit fünf Milliarden Euro in Vorlage ginge, am Ende aber der zuständige Paragraph 91c des Grundgesetzes das nicht hergebe, warnte der SPD-Vertreter.

Was den Digitalpakt betrifft sei sie "erfreut und überrascht ob der Kreativität der Bundesregierung", sagte die Vertreterin der Linksfraktion. Da der erwähnte Paragraf 91c das Zusammenwirken von Bund und Ländern bei Planung und Betrieb informationstechnischer System erlaube, ist aus ihrer Sicht unklar, warum der Bund nicht auch den Betrieb übernehmen will. Es sei schließlich wichtig, dass solche Anlagen auch gewartet und im Schadensfall ersetzt werden.

Es sei gut, dass Bildungsministerin Wanka ihre bisherige Linie, der Bund dürfe kein Geld für Schulen geben, korrigiert, sagte der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Seine Fraktion begrüße dies grundsätzlich. Zugleich kritisierte er die Ministerin für ihr Verhalten dem Parlament gegenüber. Bei den Haushaltsberatungen im Ausschuss Ende September habe die Ministerin "im Herausgehen" erklärt, bei digitaler Bildung komme noch etwas. Zwei Wochen später habe sie dann vor den Medien ein ausgeklügeltes Konzept vorgestellt. Das sei schlechter Stil im Umgang mit dem Parlament, urteilte der Grünenvertreter.

*

2. Neue Arbeitsplätze durch Klimaschutz

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Verstärkte Anstrengungen für den Klimaschutz bringen zugleich ein großes Potenzial für mehr Arbeitsplätze mit sich. Dies machte Sabine Nallinger, Vertreterin der "Stiftung zwei Grad - Deutsche Unternehmer für Klimaschutz" in einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Mittwoch deutlich: "Unternehmerischer Klimaschutz kann als wirtschaftliche Chance genutzt werden, schafft Arbeitsplätze und sichert die Innovations- und Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland." Harry Lehmann vom Umweltbundesamt unterstützte in seiner Stellungnahme diese Auffassung. Unter Bezugnahme auf eine Studie erklärte er, dass die Bruttobeschäftigung im Bereich der erneuerbaren Energien von 350.000 Mitarbeitenden (2012) bei verhaltenen bis positiven Prognosen bis 2030 auf 400.000 bis 600.000 Mitarbeitende steigen werde. Auch Professor Holger Rogall (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) erwartet durch den nachhaltigen Umbau der gesamten deutschen Volkswirtschaft "eine noch erheblich höhere Beschäftigung".

Grundlage der Anhörung war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8877), in dem jährliche Minderungsziele für die unterschiedlichen Emissionssektoren festgelegt und der Beginn des Ausstiegs aus der Nutzung fossiler Verbrennungsmotoren im Straßenverkehr gefordert wird. Die Einhaltung der Minderungsziele für die unterschiedlichen Emissionssektoren soll überwacht werden, "damit der Klimaschutz verbindlich und langfristig planbar wird". Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll beschleunigt und an den in Paris vereinbarten Klimazielen ausgerichtet werden. Dazu müssten die im erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) festgelegten Obergrenzen für den Ökostromausbau gestrichen werden, fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Auch die Kohleverstromung soll innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte beendet werden.

Laut Lehmann müssen Industrie und Verkehr die höchsten Minderungsbeiträge beim Ausstoß von Treibhausgasen leisten. Er forderte die Festsetzung des verbindlichen Ziels, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 um 95 Prozent zu reduzieren. In Deutschland gebe es immer noch über 52 Milliarden Euro klimaschädliche Subventionen, mit deren Reduzierung angesichts der niedrigen Preise für Kraftstoff und Heizöl jetzt begonnen werden könne. Der Verkehr müsse auf treibhausgasneutrale Energieträger umgestellt werden: "Fossile Energieträger wie Benzin, Kerosin und Diesel haben langfristig ausgedient", so Lehmann. Die Zukunft liege in der direkten Nutzung von regenerativem Strom für Elektromobilität. Stromgenerierte Kraftstoffe (zum Beispiel durch das Verfahren Power to Gas) könnten dort zum Einsatz kommen, wo zusätzlich zum Elektromotor ein Verbrennungsmoto noch notwendig sei.

Professor Rogall forderte in seiner Stellungnahme neben der konsequenten Umsetzung der drei Strategiepfade des nachhaltigen Wirtschaftens (Effizienz, Konsistenz, Suffizienz) die Einführung einer Reihe weiterer Instrumente wie das Verbot von mit fossilen Energien betriebene Autos. Auf fossile Energien sollten steigende Umweltabgaben erhoben werden. Gewisse Technologien, in denen Deutschland heute noch die Weltmarktführerschaft habe, seien nicht zukunftsfähig, ergänzte er.

Hubert Weigert (Bund für Umwelt und Naturschutz) sagte, der Klimaschutz könne zum "Motor für Innovation" werden. Er wies darauf hin, dass der naturverträgliche Ausbau der erneuerbaren Energien Hand in Hand mit der Dekarbonisierung einhergehen müsse. Der Ausbau müsse jedoch angesichts des zusätzlichen Bedarfs im Wärme- und Verkehrssektor deutlich dynamischer erfolgen. Die Kosten der Energiewende bezeichnete Weigert als "beherrschbar".

Esther Chrischilles vom Institut der deutschen Wirtschaft würdigte, dass Deutschland in Sachen Klimaschutz eine Vorreiterrolle übernommen habe. Der Klimaschutz müsse aber am Leitbild der Kosteneffizienz ausgerichtet werden. Sie wies aber auf die Bedeutung der energieintensiven Industrie hin, die wichtige Grundlage geschlossener Wertschöpfungsketten und Forschungsverbünde sei. Dass die energieintensive Industrie in den vergangenen Jahren so gut wie keine Neuinvestitionen mehr getätigt habe, sei ein Warnzeichen. Die deutsche Vorreiterrolle könne sinnvoll sein, "um zu demonstrieren, dass die Umstellung auf eine treibhausarme oder gar kohlendioxidfreie Wirtschaft möglich ist und die entstehenden Kosten tragbar und die Risiken beherrschbar sind", ergänzte Professor Justus Haucap (Düsseldorf Institute für Competition Economics). Er empfahl eine Ausweitung des Emissionshandelssystems. Damit würden Anreize gesetzt Treibhausgase dort zu vermeiden, wo dies kostengünstig möglich sei.

Carsten Rolle vom Bundesverband der deutschen Industrie lehnte eine Verschärfung der deutschen Klimaschutzziele ab. Man sei für einen ambitionierten Klimaschutz, aber zwischen Ländern, die im Wettbewerb stehen würden, müsse es gleiche Bedingungen geben. Zur Verkehrspolitik erklärte Rolle in seiner Stellungnahme: "Einseitige Zielverschärfungen oder Technologieverbote schaden dem Standort Deutschland ohne das Weltklima zu beeinflussen."

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 605 - 19. Oktober 2016 - 14.26 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang