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BUNDESTAG/5861: Heute im Bundestag Nr. 375 - 20.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 375
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 20. Juni 2016, Redaktionsschluss: 17.27 Uhr

1. Eklat bei Anhörung im Innenausschuss
2. Längere Amtszeit für Petitionsausschuss
3. Steuererleichterungen für E-Mobilität
4. Steuerabkommen mit Australien


1. Eklat bei Anhörung im Innenausschuss

Inneres/Anhörung

Berlin: (hib/STO) Zu einem Eklat ist es am Montag bei der Anhörung des Innenausschusses zum neuen Anti-Terror-Paket der schwarz-roten Regierungskoalition gekommen. Nachdem die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen vergeblich eine Absage der öffentlichen Veranstaltung gefordert hatten, verließen beide Oppositionsfraktionen nach nichtöffentlichen Ausschussberatungen die Sitzung noch vor den Statements der geladenen Experten.

Die Fraktion Die Linke kritisierte, dass die Koalition als Sachverständige die Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Bundespolizei, Hans-Georg Maaßen, Holger Münch und Dieter Romann, benannt habe. Alle drei seien dem Bundesinnenministerium "weisungsunterstellt" und damit keine wirklich unabhängigen Experten wie von der Geschäftsordnung des Bundestages gefordert. Die Grünen-Fraktion betonte, dass laut Geschäftsordnung Bundesbedienstete als Sachverständige oder Auskunftspersonen nur in "berechtigten Ausnahmefällen" zu einer Anhörung eingeladen werden könnten. Vertreter der Koalition verteidigten den geplanten Zeitplan für die Behandlung des von ihnen eingebrachten Gesetzentwurfes "zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus" (18/8702), der am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, sowie die Auswahl der von ihr benannten Sachverständigen.

Nach der nichtöffentlichen Ausschusssitzung kritisierten die Oppositionsfraktionen vor ihrem Auszug die Anhörung als "reine Farce". Eine Anhörung müsse mit externen Sachverständigen stattfinden, auch wenn der Ausschuss mit Koalitionsmehrheit beschlossen habe, "dass alle Ausnahmefälle sind", argumentierte Die Linke. Die Grünen-Fraktion monierte, die Koalition habe weder die Eilbedürftigkeit des Verfahrens noch "einen berechtigten Ausnahmefall für diese Benennung der Sachverständigen" begründen können.

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen dem BfV spezielle Befugnisse eingeräumt werden zur Einrichtung gemeinsamer Dateien "mit wichtigen ausländischen Partnerdiensten, insbesondere der Nachbarstaaten und anderer EU- beziehungsweise Nato-Mitgliedsstaaten". Ferner soll die Bundespolizei wie bereits "nahezu alle Polizeien der Länder und das Bundeskriminalamt" die Befugnis erhalten, sogenannte Verdeckte Ermittler schon zur Gefahrenabwehr und nicht erst zur Strafverfolgung einzusetzen. Zudem ist unter anderem vorgesehen, Erbringer von Telekommunikationsdiensten zu verpflichten, die Identität von Prepaid-Kunden - zu deren Erhebung sie bereits nach geltendem Recht verpflichtet sind - anhand geeigneter Identitätsdokumente wie Personalausweise oder Reisepässe zu überprüfen.

Der hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Johannes Caspar, wandte sich mit Blick auf die geplante Verbunddatei gegen eine Verabschiedung des Gesetzentwurfes. Der Zugriff auf eine solche Verbunddatei sei am Ende unkontrollierbar, warnte er. Der Gesetzentwurf werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht und "sollte so in keiner Weise" vom Parlament beschlossen werden.

Maaßen verwies darauf, dass sich die Sicherheitslage in Europa in den vergangenen zehn Jahren "gewaltig verändert" habe und sich der Verfassungsschutz darauf einstellen müsse. Die Terrororganisation IS sei ein "staatsähnliches Gebilde, das uns den Krieg erklärt hat". Man habe es mit Herausforderungen zu tun, vor denen der Verfassungsschutz vor Jahren noch nicht gestanden habe. Daher sei eine Kooperation mit anderen Partnerstaaten dringend erforderlich. Man müsse aktuell wissen, wer in anderen Staaten als gefährlicher Islamist geführt werde. Die Sicherheitslage erfordere eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Dem trage der Gesetzentwurf Rechnung.

Münch begrüßte die geplante "Identifikationspflicht bei Prepaid". Die Erhebung von Bestandsdaten spiele in fast jedem Verfahren eine wichtige Rolle als Ermittlungsinstrument. Die fehlende Möglichkeit zur Identifikation verdächtigter Kommunikationsteilnehmer führe dazu, dass schwere Straftaten auch im Terrorismusbereich allein deshalb nicht zügig aufgeklärt werden könnten oder die Ermittlungen erschwert werden "oder sogar ins Leere laufen". Darüber hinaus könnten "auch Unschuldige in den Blick geraten, weil Kriminelle auch Daten von tatsächlich existenten Bürgern nutzen", die dann in die Ermittlungsverfahren einbezogen würden.

Romann betonte, dass die Bundespolizei "die Polizei zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität" sei. Die für die Schleuserkriminalität zuständige Bundespolizei müsse sich mit dem "am stärksten wachsenden Kriminalitätsphänomen" befassen, "das die meisten Toten zu verzeichnen hat". Ausgerechnet hier fehle jedoch die gesetzliche Befugnis zum Einsatz präventiver Verdeckter Ermittler. Hier solle der Gesetzentwurf endlich Abhilfe schaffen. Durch den Einsatz solcher Ermittler wäre es möglich, in Schleusungsorganisationen einzudringen, um Schleusungen zu unterbinden und Leben zu retten.

Professor Fredrik Roggan von der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg verwies auf die Wahrscheinlichkeit, dass es beim Einsatz Verdeckter Ermittler "zur Kenntnisnahme von Informationen kommt, die dem Kernbereich privater Lebensführung zuzurechnen sind". Eine solche "verletzungsgeneigte Ermittlungsbefugnis", die keinen Kernbereichsschutz enthält, sei aber nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig.

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, teilte "die Einschätzung der Bundesregierung, dass zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus eine Intensivierung des informationellen Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden erforderlich" sein könne. Erforderlich sei dann aber auch, dass diese Kooperation unter Beachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfolgt. Der Gesetzgeber müsse es ihrem Haus ermöglichen, jeweilige Grundrechtseingriffe wirksam überprüfen zu können. Nach dem Gesetzentwurf könne die Bundesdatenschutzbeauftragte aber diese "Kompensationsfunktion nicht adäquat erfüllen".

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2. Längere Amtszeit für Petitionsausschuss

Petitionsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss unterstützt die Idee, dass seine Mitglieder am Ende einer Legislaturperiode solange im Amt bleiben, bis ein neuer Petitionsausschuss eingesetzt ist. In der Sitzung am Montag beschlossen die Abgeordneten einstimmig, eine dahingehende Petition den Fraktionen des Bundestags zur Kenntnis zu geben, da sie für eine parlamentarische Initiative geeignet sei.

In der öffentlichen Petition des Vorstandsvorsitzenden der Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts in der Demokratie e.V., Reinhard Bockhofer, wird kritisiert, dass in der Zeit zwischen zwei Wahlperioden kein Petitionsausschuss eingerichtet ist und somit die parlamentarische Prüfung von Petitionen unterbrochen sei und sich teilweise um Monate verzögern könne. Vor dem Hintergrund der oftmals sehr langen Verfahrensdauer müsse aber jede weitere Verzögerung vermieden werden, fordert der Petent.

In der Begründung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses wird eingeräumt, dass die parlamentarische Prüfung von Petitionen durch die berichterstattenden Abgeordneten in der Zeit zwischen den Legislaturperioden solange ruhe, bis ein neuer Petitionsausschuss nach der Konstituierung des Bundestags eingesetzt ist. Bis zur 17. Legislaturperiode, so heißt es weiter, seien von der Konstituierung des Bundestages bis zur Einsetzung des Ausschusses durchschnittlich zwei bis fünf Wochen vergangen. Anders sei dies jedoch in der Zeit zwischen der 17. und der 18. Legislaturperiode gewesen, wo ein Zeitraum von zwölf Wochen bis zur Neukonstituierung der Ausschüsse verstrichen sei.

Unter Berücksichtigung von Stellungnahmen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gelangt der Ausschuss zu der Einschätzung, dass eine Änderung des Grundgesetzes nötig sei, um den Fortbestand des Petitionsausschusses über das Ende einer Wahlperiode hinaus zu gewährleisten. Beachtet werden müsse dabei aber, dass eine Verlängerung des Mandats der Mitglieder des Petitionsausschusses nicht die Zusammensetzung des Plenums berühren dürfe, was zu Zufallsmehrheiten im Bundestag führen könne, die das Wahlergebnis nicht widerspiegelten.

Vorgeschlagen wird daher, im Grundgesetz eine Bestimmung einzufügen, nach der nur die Mitgliedschaft von ehemaligen Abgeordneten im Petitionsausschuss für einen vorübergehenden Zeitraum ermöglich wird - die Zusammensetzung des Plenums davon aber unberührt bleibt. "Die ehemaligen Mitglieder des Petitionsausschusses verlören also ihr Mandat im Plenum, könnten aber noch im Ausschuss abstimmen", heißt es in der Vorlage. Damit sei gewährleistet, dass die Ewigkeitsklausel des Artikels 79 Absatz 3 des Grundgesetzes nicht verletzt wird. Die "Herrschaft der Abgeordneten" würde damit nach wie vor mit ihrem Mandat enden, da der Petitionsausschuss allenfalls vorbereitende, aber keine abschließenden Beschlüsse fassen könne.

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3. Steuererleichterungen für E-Mobilität

Finanzen/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Zur Förderung der Elektromobilität sollen die Käufer von E-Autos weitere Steuererleichterungen erhalten. So soll die seit dem 1. Januar 2016 geltende fünfjährige Steuerbefreiung bei erstmaliger Zulassung solcher Fahrzeuge auf zehn Jahre verlängert werden. Die Steuerbefreiung soll rückwirkend zum 1. Januar 2016 gelten. Dies sieht der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr (18/8828) vor.

Außerdem regelt der Gesetzentwurf eine Steuerbefreiung für vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das Aufladen eines privaten Elektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers. Damit sollen Arbeitgeber stärker am Ausbau der Ladeinfrastruktur beteiligt werden.

Die Bundesregierung bekräftigt das Ziel, den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2020 gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten auch die Emissionen im Verkehrssektor reduziert werden. Auch die Bundesregierung wolle "mit gutem Beispiel" vorangehen und den Anteil der zu beschaffenden Elektrofahrzeuge auf mindestens 20 Prozent erhöhen.

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4. Steuerabkommen mit Australien

Finanzen/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Deutschland und Australien haben ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Daher hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. November 2015 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Australien zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung (18/8830) eingebracht. Das frühere Abkommen von 1972 entspreche besonders im Bereich der grenzüberschreitenden Unternehmensbesteuerung nicht mehr den heutigen Anforderungen, erläutert die Bundesregierung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 375 - 20. Juni 2016 - 17.27 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2016

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