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BUNDESTAG/5541: Heute im Bundestag Nr. 055 - 27.01.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 055
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. Januar 2016, Redaktionsschluss: 16.07 Uhr

1. Rentner von Beiträgen möglichst entlasten
2. Parlamentsbeteiligung bei Kampfeinsätzen
3. Informationsaustausch zu Gefährdern
4. Vorschlag zu Smart Borders


1. Rentner von Beiträgen möglichst entlasten

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Gesundheits- und Sozialrechtsexperten plädieren dafür, doppelte Beitragszahlungen zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge möglichst zu verhindern. Anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch in Berlin gaben Sachverständige zu Bedenken, dass die sogenannte Doppelverbeitragung für die Stärkung des Drei-Säulen-Modells von gesetzlicher, privater und betrieblicher Altersvorsorge nicht hilfreich sei. Anlass für die Anhörung war ein Antrag der Fraktion Die Linke mit der Forderung, die doppelte Beitragszahlung auf Direktversicherungen und Versorgungsbezüge zu beenden.

In ihrem Antrag (18/6364) schreiben die Abgeordneten, seit einer gesetzlichen Änderung 2004 (GKV-Modernisierungsgesetz) unterlägen die aus einer Direktversicherung als Kapitallebensversicherung erbrachten Versorgungsbezüge der vollen Beitragspflicht in der GKV, die von den Rentnern allein zu tragen sei. Die Beiträge fielen oft auch dann an, wenn zuvor auf die erbrachten Versicherungsbeiträge schon GKV-Beiträge abgeführt worden seien. Im Ergebnis müssten Millionen von Versicherungsnehmern auf ihre Lebens- oder Rentenversicherungen doppelte Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Die Betroffenen fühlten sich zurecht betrogen.

Versorgungsbezüge sind zum Beispiel die Renten aus einer betrieblichen Altersversorgung oder aus Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen für bestimmte Berufsgruppen. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) wies in seiner Stellungnahme auf das "beitragsrechtliche Sonderopfer" hin, das von Rentnern mit Versorgungsbezügen verlangt werde. Hier gebe es "lange überfälligen gesetzgeberischen Korrekturbedarf". Das grundlegende Problem seien nicht die Doppelverbeitragung der Direktversicherungen und Versorgungsbezüge, sondern die Beitragshöhe und die Frage, wer den Beitrag trägt. Bei der gesetzlichen Rente übernehme die Rentenversicherung die Hälfte des allgemeinen GKV-Beitragssatzes. Eine solche Entlastung gebe es bei den Versorgungsbezügen nicht.

Bis 2004 hätten die Rentner nur die Hälfte des Beitragssatzes zahlen müssen, seither jedoch den vollen Satz. Dieses "Sonderopfer" werde auch nicht durch die Beitragsfreiheit bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Ansparphase der Versicherung ausgeglichen. Arbeitnehmer können bis zu vier Prozent vom Bruttoeinkommen durch Entgeltumwandlung etwa in eine Direktversicherung einzahlen, ohne darauf Sozialabgaben entrichten zu müssen.

Nach Ansicht des Sozialverbandes kann der jetzige Missstand durch die Rückkehr zur hälftigen Beitragspflicht aus den Versorgungsbezügen beseitigt werden. Der Verband stellte zugleich fest, dass es "grundsätzlich kein Verbot der sogenannten Doppelverbeitragung gibt" und merkte an, dass im Falle eines solchen Verbots "auch die gesetzliche Rente konsequenterweise in der Leistungsphase von der Verbeitragung freigestellt werden" müsste.

Der Arbeitgeberverband BDA hält die Forderung der Linken ebenfalls für richtig und folgerte: "Daher sollten tatsächlich vorliegende Fälle von Doppelverbeitragungen, insbesondere im Rahmen der Riesterförderung bei betrieblicher Altersvorsorge, beseitigt werden. So würden derzeit "bei Inanspruchnahme der Riesterförderung innerhalb der betrieblichen Altersvorsorge sowohl die Beiträge als auch die späteren Leistungen mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen belastet".

Bei Direktversicherungsverträgen und Pensionskassenzusagen, die vor dem Jahresende 2004 begonnen hätten, könne es auch zu einer Doppelverbeitragung kommen, jedoch dürfte dies "eher ausnahmsweise als regelmäßig der Fall sein". Belastbare Daten, wie viele Verträge von einer doppelten Beitragspflicht betroffen sind, erklärte der Arbeitgeberverband, fehlten allerdings. Eine gesetzliche Korrektur dürfte zudem angesichts der großen Zeiträume, um die es gehe, schwierig werden. Auf dieses Problem machten auch andere Experten aufmerksam.

Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes sind Doppelverbeitragungen bei Versorgungsbezügen selten. Sie könnten zwar nicht ausgeschlossen werden, seien aber "atypisch" und angesichts der geringen Menge "eher zu vernachlässigen". Zu Doppelverbeitragungen könne es kommen, "wenn Arbeitnehmer über den maximalen Entgeltumwandlungsbetrag hinaus den Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung betreiben". In der "klassischen" Konstellation sei dies ausgeschlossen. Würde eine Doppelverbeitragung gesetzlich ausgeschlossen, wäre damit ein nicht unerheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand verbunden, warnte der Spitzenverband.

Der DGB sprach sich "gegen jede Doppelverbeitragung" aus, weil damit die notwendige Altersvorsorge unattraktiver werde. Der Gewerkschaftsbund sieht zwar gesetzgeberischen Handlungsbedarf, was Direktversicherungen und Pensionskassen betrifft, die Lösung des Problems dürfte aber "mit erheblichen Schwierigkeiten" verbunden sein, auch weil die nötigen Daten fehlten. Nach Ansicht des DGB sollte zur alten Regelung von vor 2004 mit der hälftigen Beitragspflicht zurückgekehrt werden, weil durch die Verbeitragung mit dem vollen Beitragssatz die Rentner übermäßig belastet würden. Dem schlossen sich mehrere andere Experten in ihren Stellungnahmen an.

Mehrere Sachverständige machten auf die Ungleichbehandlung bei privat fortgeführten Direktversicherungen und Leistungen aus Pensionskassen aufmerksam. Während bei den Direktversicherungen nur jener Anteil mit Beiträgen belegt sei, der auf die Beitragszahlung im Beschäftigungsverhältnis zurückgehe, würden bei fortgeführten Pensionskassenverträgen immer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fällig. Dieser formalistisch begründete Unterschied sei nicht nachvollziehbar.

In der Anhörung sprachen Experten von einem komplexen System mit vielen unterschiedlichen Fallkonstellationen, das hinsichtlich der Sozialbeiträge inkonsistent und intransparent geregelt sei. Die unterschiedlichen Regelungen seien den Beitragszahlern und Rentnern schwer vermittelbar.

Zahlreiche Rentner verfolgten die einstündige öffentliche Anhörung im Bundestag von den Zuschauertribünen aus. Zwischendurch kam es aus den Zuschauerreihen zu lautstarken Unmutsäußerungen.

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2. Parlamentsbeteiligung bei Kampfeinsätzen

Auswärtiges/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HAU) Die von der Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr entwickelten Empfehlungen(18/5000) sollen gesetzlich festgeschrieben werden. Das ist das Ziel eines Gesetzentwurfes der Fraktionen von CDU/CSU und SPD (18/7360) "zur Fortentwicklung der parlamentarischen Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland im Zuge fortschreitender Bündnisintegration", der am Freitag in erster Lesung durch den Bundestag beraten wird.

Entsprechend der Empfehlungen der vom ehemaligen Verteidigungsminister Volker Rühe geleiteten Kommission wollen die Koalitionsfraktionen unter anderem Klarstellungen zum Einsatzbegriff vornehmen sowie Regelungen zu Stäben und Hauptquartieren und zur Anwendung des sogenannten Vereinfachten Verfahrens einfügen. Außerdem sieht der Entwurf vor, dass die Bundesregierung dem Bundestag jährlich einen Bericht über die multilateralen militärischen Verbundfähigkeiten, "deren Verfügbarkeit politisch gesichert werden soll", vorlegt. Ziel dieses Berichts sei die Schaffung eines politischen Vertrauensstatus für die deutschen Beiträge zu diesen Fähigkeiten. Wie aus der Begründung zu dem Gesetzentwurf weiter hervorgeht, soll die konstitutive Zustimmung des Bundestages (Parlamentsvorbehalt) "auch bei den multilateralen militärischen Verbundfähigkeiten Voraussetzung für ihren Einsatz im Rahmen einer bewaffneten Unternehmung bleiben".

Was die Klarstellung der Einsatzbegriffe angeht, so greift der Entwurf die Empfehlung der Rühe-Kommission auf, gesetzlich zu regeln, bei welchen praktisch relevanten Einsatztypen typischerweise eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung nicht zu erwarten und eine Zustimmung des Bundestages nicht erforderlich sei. Der vorliegende Gesetzentwurf zählt dazu humanitäre Hilfsdienste und Hilfeleistungen der Streitkräfte, logistische Unterstützung ohne Bezug zu Kampfhandlungen, die Bereitstellung medizinischer Versorgung außerhalb des Gebiets eines bewaffneten Konfliktes sowie Ausbildungsmissionen in sicherem Umfeld, wenn Waffen lediglich zum Zweck der Selbstverteidigung oder zu Ausbildungszwecken mitgeführt werden.

Keiner Zustimmung des Bundestages soll laut dem Entwurf auch die Wahrnehmung von Funktionen in integrierten oder multinational besetzten Hauptquartieren, Dienststellen und Stäben der Nato, der EU oder einer anderen Organisation gegenseitiger Sicherheit bedürfen, "sofern sie sich dabei nicht im Gebiet eines bewaffneten Konfliktes befinden oder dort eingesetzte Waffen unmittelbar bedienen". Dies schafft nach Ansicht der Koalitionsfraktionen "ein größeres Maß an Rechtssicherheit".

Um die künftige Akzeptanz des schon heute im Parlamentsbeteiligungsgesetz für "Einsätze von geringer Intensität und Tragweite" geregelten vereinfachten Verfahrens zu erhöhen, sieht der Gesetzentwurf vor, das eine Fraktion erklären kann, mit der Behandlung eines Antrags auf Zustimmung im vereinfachten Verfahren einverstanden zu sein, aber dem Antrag in der Sache nicht zuzustimmen. Auch dies entspricht einer Empfehlung der Rühe-Kommission, die in ihrem Abschlussbericht darauf verwiesen hatte, die Tatsache, "dass seit dem Jahr 2006 keinem einzigen Antrag der Bundesregierung im vereinfachten Verfahren zugestimmt wurde", habe damit zu tun, dass bislang die Akzeptanz des Verfahrens als Zustimmung zu dem Einsatz gewertet worden sei.

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3. Informationsaustausch zu Gefährdern

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung setzt sich für eine Verbesserung der Praxis des Informationsaustauschs zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu islamistischen Gefährdern im Rahmen von Europol ein. Sie halte insoweit "eine verstärkte Nutzung der Informationssysteme von Europol in quantitativer Hinsicht durch alle Beteiligten sowie eine stärkere Strukturiertheit der zugelieferten Daten für wünschenswert", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/7292) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/6979).

Wie sie darin weiter ausführt, gibt es derzeit keine EU-einheitliche Definition des Begriffes "Gefährder". Eine einheitliche Definition "wäre grundsätzlich wünschenswert, kann rechtliche Rahmenbedingungen der Mitgliedstaaten und unterschiedliche Ansätze in der Betrachtung des Phänomens durch Polizei und Nachrichtendienste jedoch nicht überdecken und dürfte angesichts der unterschiedlichen Rahmenbedingungen nicht ohne weiteres zu erzielen sein", heißt es in der Vorlage.

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4. Vorschlag zu Smart Borders

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Das 2013 vorgelegte Maßnahmenpaket "Smart Borders" der Europäischen Kommission ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/7291) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/7017). Danach wurden mit dem Maßnahmenpaket vor allem zwei Ziele verfolgt: Zum einen sollten damit laut Vorlage die Ein- und Ausreisen von Drittstaatsangehörigen, die zu einem Kurzaufenthalt in den Schengen-Raum reisen, elektronisch erfasst werden, um die Berechnung der zulässigen (Rest-)Aufenthaltsdauer zu erleichtern und sogenannte. Overstayer zu ermitteln, also Personen, die zwar legal eingereist, aber nach Ablauf der zulässigen Aufenthaltsdauer nicht wieder ausgereist sind. "Zum anderen sollte die Einreise von vorab registrierten .bona fide'-Reisenden erleichtert werden (sogenannte Registered Traveller Programme (RTP))", heißt es in der Antwort weiter. Die registrierten Reisenden sollten an allen Außengrenzen der EU in den Genuss vereinfachter Kontrollen kommen.

Nachdem diese Vorschläge in den Mitgliedstaaten und im Europäischen Parlament zum Teil auf erhebliche Kritik gestoßen seien, habe die Kommission 2014 eine technische Studie zur Prüfung verschiedener Alternativen für das Ein-/Ausreisesystem und das Registrierungsprogramm für vertrauenswürdige Vielreisende (RTP) durchgeführt, schreibt die Regierung ferner. Die identifizierten Optionen seien 2015 in einer technischen Pilotstudie mit deutscher Beteiligung untersucht worden. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse wolle die Kommission voraussichtlich Anfang März 2016 einen neuen Verordnungsvorschlag vorlegen. Erst wenn dieser neue Vorschlag vorliege, könne sie sich " zu den dann konkret in Rede stehenden Regelungen inhaltlich positionieren", fügt die Regierung hinzu.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 055 - 27. Januar 2016 - 16.07 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2016

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