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BUNDESTAG/5290: Heute im Bundestag Nr. 490 - 30.09.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 490
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 30. September 2015, Redaktionsschluss: 15.49 Uhr

1. Asyl: Fünf Milliarden Euro Rücklage
2. Steuerabkommen gebilligt
3. Zustimmung zur Finanztransparenz
4. Neuregelungen im Asylrecht vorgelegt


1. Asyl: Fünf Milliarden Euro Rücklage

Haushalt/Ausschuss

Berlin: (hib/MIK) "Jeder Euro, den wir als Handlungsspielraum haben, werden wir für die Bewältigung der gegenwärtigen Flüchtlingssituation nutzen". Dies erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwochnachmittag im Haushaltsausschuss, wo er die Beschlüsse des Bundeskabinetts dazu vorstellte.

Im Zweiten Nachtragsetat für das laufende Haushaltsjahr ist laut Schäuble vorgesehen, aus den Überschüssen des laufenden Jahres eine Rücklage von insgesamt fünf Milliarden Euro zu bilden, die ab 2016 abfließen können. Weiter soll die bisher vorgesehenen Entlastungen der Länder und Kommunen in diesem Jahr um eine Milliarde Euro auf zwei Milliarden Euro erhöht werden. Zudem soll der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erlaubt werden, den Ländern und Gemeinden auch die notwendigen Erstinstandsetzung- und Entschließungskosten von Flüchtlingsunterkünften auf Liegenschaften der Bundesanstalt zu erstatten.

Im Haushalt 2016 soll den Ländern 670 Euro pro Monat und pro Person zur Verfügung gestellt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass von der Registrierung bis zur Entscheidung fünf Monate vergehen und 800.000 Flüchtlinge und Asylbewerber in Deutschland sind. Insgesamt werden dies 2,68 Milliarden Euro sein. Schließlich will der Bund ab 2016 unter anderem drei Jahre lang jeweils 500 Millionen Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau, und für unbegleitete Minderjährige einmal 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Die Sprecher aller Fraktionen begrüßten das Paket. Sie drängten darauf, dass sichergestellt werden müsse, dass die Länder die Mittel auch an die Kommunen weiterleiten würden und dass die Gelder zweckmäßig eingesetzt werden sollten.

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2. Steuerabkommen gebilligt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch drei Doppelbesteuerungsabkommen gebilligt - und zwar mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland (18/5575), mit der Föderation St. Kitts und Nevis (18/5576) und mit dem Staat Israel (18/5578). Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD stimmten den von der Bundesregierung jeweils als Gesetzentwurf vorgelegten Doppelbesteuerungsabkommen zu, während sich die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen der Stimme enthielten.

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3. Zustimmung zur Finanztransparenz

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie (18/5010, 18/5272) in nationales Recht zugestimmt. Für den zuvor mit 14 Anträgen von der Koalition noch geänderten Entwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Mit dem Gesetz sollen Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten von Wertpapieren in der EU weiter harmonisiert und Meldepflichten bei Erwerb beziehungsweise Veräußerung bedeutender Beteiligungen geändert werden.

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion lobte, mit dem Gesetz würden die Sicherheit und die Transparenz auf dem Kapitalmarkt sowie der Anlegerschutz deutlich verbessert. Nachdem die Meldepflichten bei Erwerb beziehungsweise Veräußerung von Wertpapieren bereits verschärft worden seien, würden jetzt auch effektive Sanktionen bei Verstößen eingeführt. Waren Bußgelder bisher auf höchstens eine Million Euro begrenzt, so würden diese jetzt von der Umsatzhöhe des betreffenden Unternehmens abhängig gemacht. Möglich sei auch ein Verlust der Stimmrechte für Aktionäre bei Verstößen gegen die Meldepflicht.

In dem Gesetz geht es auch um das sogenannte "Delisting" von Aktiengesellschaften. Das bedeutet, dass Unternehmen, deren Aktien bisher an der Börse gehandelt werden, von der Börse genommen werden. Künftig soll den freien Aktionären eine Abfindung angeboten werden müssen. Die Höhe der Abfindung soll sich an der Höhe des Durchschnittskurses der letzten sechs Monate orientieren. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion bezeichnete die getroffenen Maßnahmen als dringend erforderlich, um eine Lücke im Anlegerschutz zu schließen. Auf die Forderungen mehrerer Verbände in der öffentlichen Anhörung, statt des Börsenwertes den Ertragswert eines Unternehmens zur Grundlage für die Berechnung der Höhe der Entschädigung der freien Aktionäre zu machen, reagierte die Unionsfraktion mit dem Hinweis, dies sei nicht sachgerecht, weil der Aktionär nur die Handelsmöglichkeit der Aktie beim Delisting verliere, aber Inhaber des Wertpapiers bleibe. Sollten sich aber Manipulationen des Aktienkurses herausstellen, könne nach dem Ertragswert entschädigt werden. Zur Begrenzung der Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge und deren Auswirkungen auf das deutsche girocard-System soll die Regierung prüfen, ob weiterer Gesetzgebungsbedarf besteht. Die Bankenverbände hatten in der Anhörung vor höheren Kartenpreisen für Verbraucher gewarnt.

Eine Überprüfung der Regelung zu den Interbankenentgelten wurde auch von der SPD-Fraktion unterstützt. Es gehe hier um ein Volumen von sechs Milliarden Euro. Die SPD-Fraktion würdigte ebenfalls die mit dem Gesetz erreichten Verbesserungen für die deutschen Reeder, deren Erlöspools (gemeinsam betriebene Schiffe) von der Versicherungsteuer befreit werden. Es sei mehr Sicherheit für die Anleger erreicht worden, so ein Sprecher der SPD-Fraktion zum Gesetzentwurfs insgesamt.

Die Linksfraktion erkannte zwar Verbesserungen bei den Sanktionen wegen Verstößen gegen die Meldepflicht an, die neuen Bußgeldhöhen gingen ihr aber noch nicht weit genug. Begrüßt wurde die Aufhebung der Pflicht zur Veröffentlichung von Quartalsberichten durch die Unternehmen.

Der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gingen die Transparenzpflichten nicht weit genug. Alle Unternehmen müssten offenlegen, in welchen Ländern sie Steuern in welcher Höhe zahlen würden. Nur so werde man die Steuergestaltungen internationaler Unternehmen in den Griff bekommen. Die Aufhebung der Versicherungsteuerpflicht für Reeder bezeichnete die Fraktion als "ordnungspolitisch fragwürdig". Kritik übte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch am gefundenen Delisting-Verfahren. Dass die Höhe der Abfindung sich an der Höhe des Durchschnittskurses der letzten sechs Monate orientieren solle, könne Manipulationen nicht verhindern. In der Sechsmonatsfrist könne die Kursentwicklung auch von Zufällen geprägt sein.

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4. Neuregelungen im Asylrecht vorgelegt

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben ein Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vorgelegt. Deutschland sei "seit Monaten Ziel einer präzedenzlosen Zahl von Asylbewerbern, die Sicherheit vor Krieg, Verfolgung und Not suchen", schreibt die Koalition zum Entwurf eines "Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes (18/6185), das am Donnerstagvormittag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages steht.

Zur Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen sei es notwendig, das Asylverfahren zu beschleunigen, heißt es in der Vorlage weiter. Die Rückführungen vollziehbar Ausreisepflichtiger sollten vereinfacht und "Fehlanreize, die zu einem weiteren Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können, beseitigt werden". Um die Unterbringung der großen Zahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Deutschland gewährleisten zu können, solle zudem für einen befristeten Zeitraum von geltenden Regelungen und Standards abgewichen werden können. Gleichzeitig sei es erforderlich, die Integration derjenigen zu verbessern, die über eine gute Bleibeperspektive verfügen.

Vorgesehen ist unter anderem, Albanien, Kosovo und Montenegro asylrechtlich als "sichere Herkunftsstaaten" einzustufen, um Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Länder zu beschleunigen. Dort erscheine gewährleistet, "dass weder Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfinden und die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz für Staatsangehörige dieser Staaten daher nur in Einzelfällen vorliegen". Aus diesem Grund sollten sie künftig auch bis zum Ende des Asylverfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben.

Um mögliche Fehlanreize zu beseitigen, die zu ungerechtfertigten Asylanträgen führen können, soll der Vorlage zufolge der Bargeldbedarf in Erstaufnahmeeinrichtungen so weit wie möglich durch Sachleistungen ersetzt werden. Auszahlungen von Geldleistungen dürften längstens einen Monat im Voraus erfolgen.

Erleichtert werden soll die Durchsetzung bestehender Ausreisepflichten. So dürfe künftig nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise der Termin der Abschiebung nicht angekündigt werden, um die Gefahr des Untertauchens zu verringern. Die Höchstdauer der Aussetzung von Abschiebungen durch die Länder soll von sechs auf drei Monate reduziert werden.

Die Menschen, die eine gute Bleibeperspektive haben, sollen laut Koalition möglichst schnell in Gesellschaft und Arbeitswelt integriert werden. Hierfür würden die Integrationskurse für Asylbewerber sowie Geduldete mit guter Bleibeperspektive geöffnet. Das Leiharbeitsverbot für Asylbewerber sowie Geduldete entfalle nach drei Monaten, wenn es sich um Fachkräfte handelt. Für geringer qualifizierte Kräfte werde der Zugang zur Leiharbeit erst nach 15 Monaten möglich sein.

Für die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen und Flüchtlingsunterkünften während der Dauer des Asylverfahrens und danach sollen den Angaben zufolge zeitlich befristete Erleichterungen im Bauplanungsrecht geschaffen werden. Zudem würden "in eng begrenztem und klar umrissenem Umfang weitere punktuelle Erleichterungen hinsichtlich des Einsatzes erneuerbarer Energien im Gebäude vorgesehen.

Der Bund beteiligt sich laut Vorlage "strukturell, dauerhaft und dynamisch an den gesamtstaatlichen Kosten, die in Abhängigkeit von der Zahl der Aufnahme der Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen". Durch eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung nach dem Finanzausgleichsgesetz entlaste der Bund die Länder von Kosten für Asylbewerber, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und bei der Kinderbetreuung. In den Fällen, in denen die Kommunen Kostenträger sind, sollen die Länder die vom Bund erhaltenen Mittel weitergeben.

Wie aus der Vorlage weiter hervorgeht, unterstützt der Bund Länder und Kommunen zudem beim Neubau von Wohnungen und bei der Ausweitung des Bestands an Sozialwohnungen. Hierzu würden die den Ländern für den Bereich "Wohnraumförderung" zuzuweisenden Kompensationsmittel für die Jahre 2016 bis 2019 jeweils um 500 Millionen Euro erhöht. Die Länder hätten zugestimmt, diese Mittel zweckgebunden für den sozialen Wohnungsbau zu verwenden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 490 - 30. September 2015 - 15.49 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2015

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