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BUNDESTAG/5054: Heute im Bundestag Nr. 255 - 19.05.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 255
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 19. Mai 2015, Redaktionsschluss: 09.55 Uhr

1. Plädoyer für Entschädigungen
2. Naturschutz beim G7-Gipfel
3. Belastung durch Erbschaftsteuer
4. Kostensteigerungen beim Autobahnbau


1. Plädoyer für Entschädigungen

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/wid) Für ihre Forderung, 70 Jahre nach Kriegsende überlebenden sowjetischen Kriegsgefangenen eine symbolische Entschädigung zukommen zu lassen, haben die Fraktionen der Grünen und Linken am Montagabend in einer öffentlichen Anhörung im Haushaltsausschuss einhellige Unterstützung der sechs geladenen Sachverständigen gefunden. Unter den Opfern des Nationalsozialismus waren gefangene Angehörige der Roten Armee nach den Juden die zweitgrößte Gruppe. Etwa drei Millionen von insgesamt mehr als fünf Millionen starben an Hunger, Krankheiten und Entkräftung. Zehntausende wurden von Wehrmacht und SS erschossen. Historiker sehen dahinter ein rassenideologisch motiviertes Kalkül der Machthaber des Dritten Reiches. Das Schicksal der sowjetischen habe sich insofern von dem der Kriegsgefangenen aus westlichen Ländern unterschieden.

Bei der Entschädigung ehemaliger osteuropäischer Zwangsarbeiter durch die im Jahr 2000 gegründete Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" wurden Kriegsgefangene ausgeklammert. Antragsberechtigt waren nur jene ehemaligen Rotarmisten, die in Konzentrationslager verschleppt worden waren. Eine erste Bundestagsinitiative, nun auch die Überlebenden dieser Gruppe generell zu entschädigen, scheiterte vor knapp zwei Jahren an der damaligen Mehrheit von Union und Liberalen. Im vorigen Herbst setzten zunächst die Grünen (18/2694), dann die Fraktion der Linken (18/3316) das Anliegen erneut auf die Tagesordnung. Bundespräsident Joachim Gauck sprach sich zum 70. Jahrestag des Kriegsendes ebenfalls dafür aus, die Opfergruppe der sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem "Erinnerungsschatten" zu holen. Schätzungen zufolge könnten noch 2000 bis 3000 Betroffene in den Genuss einer Entschädigung kommen.

In der Anhörung wies der Völkerrechtler Prof. Dr. Jochen A. Frowein darauf hin, dass die Bundesregierung zwar zu Recht die Frage von Reparationen für erledigt halte. Es sei ihr aber unbenommen, durch "einseitige Maßnahmen" Wiedergutmachung zu leisten. Obwohl dies bisher schon "in beispielloser Weise" geschehen sei, gebe es Betroffene, die bis heute unberücksichtigt blieben: "Insofern halte ich diese Überlegungen für ernsthaft notwendig." Ein für Deutschland nachteiliger völkerrechtlicher Präzedenzfall könne daraus nicht erwachsen. Das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen sei so singulär, dass daraus keine weiteren Ansprüche abzuleiten seien.

Wichtiger als die Summe einer symbolischen Entschädigung sei, dass sie "so schnell wie irgend möglich" erfolge, sagte der Historiker Dr. Christian Streit, der 1978 die erste grundlegende Studie über die Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener im Dritten Reich vorgelegt hat: "Man muss damit rechnen, dass die Zahl der Betroffenen täglich abnimmt. Wenn das irgendeine Wirkung haben soll, muss schnell gehandelt werden." Den sowjetischen Kriegsgefangenen seien grundlegende Rechte vorenthalten worden. Ihr Schicksal entspreche dem von KZ-Insassen.

Sie seien insofern Opfer spezifisch nationalsozialistischen Unrechts, als die Täter sich primär von rassenideologischen Erwägungen hätten leiten lassen, betonte Dr. Rolf Keller von der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten". Die Heidelberger Osteuropa-Historikerin Prof. Dr. Tanja Penter erinnerte dass, dass Heimkehrer aus deutscher Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion als Verräter diffamiert und vielfach ins Straflager verschleppt worden seien. Umso wichtiger sei für die Überlebenden eine Anerkennung des Unrechts von deutscher Seite, weil es helfen könne, dieses Stigma nach Jahrzehnten von ihnen zu nehmen.

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2. Naturschutz beim G7-Gipfel

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Berücksichtigung des Naturschutzes beim G7-Gipfel im Schloss Elmau" heißt der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4883). Darin erkundigen sich die Abgeordneten danach, nach welchen Kriterien der Gipfelstandort ausgesucht wurde und welche naturschutzfachlichen Kriterien dazu herangezogen wurden. Auch möchten sie unter anderem wissen, mit welchen naturschutzrelevanten Auswirkungen die Bundesregierung während des Gipfels rechnet.

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3. Belastung durch Erbschaftsteuer

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die Erbschaftsteuerreform ist Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4849). Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, wie hoch die Belastung mit Erbschaftsteuer in bestimmten Fällen ist und wie sich die vom Verfassungsgericht geforderten Änderungen auswirken könnten. Außerdem wird nach der Bewertung alternativer Erbschaftsteuermodelle durch die Bundesregierung gefragt.

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4. Kostensteigerungen beim Autobahnbau

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um unvorhergesehene Kostensteigerungen bei Straßenbauprojekten des Bundes geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4848). Die Abgeordneten erkundigen sich, welche Autobahnen und Abschnitte von Autobahnen seit 2009 für den Verkehr freigegeben wurden. Die Bundesregierung soll dazu über Kostensteigerungen bei den verschiedenen Baumaßnahmen berichten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 255 - 19. Mai 2015 - 09.55 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2015

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