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BUNDESTAG/5032: Heute im Bundestag Nr. 233 - 04.05.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 233
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 04. Mai 2015, Redaktionsschluss: 17.05 Uhr

1. Kontroverse zur Tarifeinheit
2. Kontaminierung durch Landminen
3. Burundi: Lage vor den Wahlen
4. Lage sexueller Minderheiten
5. Grenzwerte für Schiffsemissionen
6. Planungsstand der Autobahn 39


1. Kontroverse zur Tarifeinheit

Ausschuss für Arbeit und Soziales (Anhörung)

Berlin: (hib/CHE) Der derzeit vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Tarifeinheit (18/4062) sollte noch nicht das letzte Wort zu diesem Thema sein. So lassen sich, vereinfacht gesagt, die Äußerungen der Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagmittag zusammenfassen. Zur Diskussion stand außerdem ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/4184) und ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/2875). Darin sprechen sich die Fraktionen gegen die geplante Gesetzesinitiative aus.

Klar für das Gesetz sprachen sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) aus. DGB-Chef Reiner Hoffmann bezeichnete den Entwurf als "Chance, die Kooperation der Gewerkschaften zu stärken". Ohne eine gesetzlich fixierte Tarifeinheit sei zu befürchten, dass sich die Tariflandschaft durch den wirtschaftlichen Strukturwandel, insbesondere das Outsourcing bestimmter Arbeitsbereiche, weiter zersplittere, begründete Hoffmann die Haltung des DGB. Reinhard Göhner von der BDA argumentierte ähnlich: Das Gesetz sei notwendig, denn Tarifkollisionen stellten viele Betriebe vor große praktische Probleme und müssten deshalb "aufgelöst" werden. Göhner äußerte die Erwartung, dass ein solches Gesetz "Auswirkungen auf die Verhältnismäßigkeit von Arbeitskämpfen" haben und eine "vorbeugende Wirkung" entfalten werde. Für das Tarifeinheitsgesetz sprach sich auch Hans-Jürgen Papier, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, aus: Der Gesetzgeber habe die Pflicht, die durch das Grundgesetz garantierte Koalitionsfreiheit gesetzgeberisch auszugestalten, da die Tarifautonomie ein normgeprägtes und zweckgebundenes Grundrecht sei. Der Gesetzentwurf zur Auflösung von Tarifkollisionen sei kein Eingriff in die Koalitionsfreiheit im "engeren verfassungsrechtlichen Sinn", sondern eine Ausgestaltung des Tarifvertragssystems, sagte Papier.

Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn, sprach sich zwar grundsätzlich für das Ziel aus, die Zersplitterung der Tariflandschaft gesetzlich verhindern zu wollen. Er äußerte jedoch in einigen Punkten deutliche Zweifel an den im Entwurf vorgeschlagenen Mitteln. So bezeichnete er einige "Sicherungsmittel", die die Verfassungskonformität des Entwurfs gewährleisten sollen, als "absurd". Ein einklagbares Recht der Minderheitsgewerkschaft, ihre Forderungen mündlich vortragen zu dürfen sei genauso funktionslos wie das Recht einer Gewerkschaft, den von ihr nicht mit beeinflussten Tarifvertrag einer Konkurrenzgewerkschaft nachzuzeichnen. Auch glaube er nicht, dass das Gesetz Kooperationsanreize setze oder geeignet sei, Streiks zu verhindern, so Thüsing. Am deutlichsten äußerten der Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler und Gerhart Baum, ehemaliger Bundesinnenminister, ihre Kritik. So verwies Däubler darauf, dass die Arbeitgeberseite künftig durch legale Maßnahmen die Struktur der Arbeitnehmerseite so beeinflussen könne, dass die von ihr geschätzte Gewerkschaft die Mehrheit im Betrieb habe. Das greife aber in die Unabhängigkeit der Gewerkschaften ein und lasse sich nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren, sagte Däubler. Außerdem sei es fraglich, wie festgestellt werden solle, welche Gewerkschaft die Mehrheitsgewerkschaft sei. Noch unklar sei, welche Arbeitnehmer als betriebszugehörig gezählt würden, was mit den "Karteileichen" geschehe oder mit jenen, die sich weigerten, ihre Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft offenzulegen. "Wir brauchen den Gesetzentwurf überhaupt nicht", sagte Däubler. Zur Seite sprang ihm in dieser Auffassung Gerhart Baum, der den Entwurf als Eingriff in das Streikrecht und deshalb als nicht verfassungskonform bezeichnete und ankündigte, nach seinem Inkrafttreten vor dem Bundesverfassungsgericht Klage einzureichen. Er kritisierte, dass das mehrheitlich bestehende gute Kooperationsklima zwischen den Tarifpartnern durch das geplante Gesetz g estört werde und die Gefahr bestehe, dass die Öffentlichkeit allgemein gegen das Streikrecht mobilisiert werden soll. "Das betrifft dann auch den DGB", sagte Baum. Kritisch zu im Entwurf festgelegten Verfahrensregeln äußerte sich auch Joachim Vetter vom Bund der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit. So sei der Entwurf unter anderem deshalb enttäuschend, weil er keine Regelungen zum Arbeitskampfrecht enthalte. Klarstellungen seien hier dringend nötig, so Vetter. Als schwierig bezeichnete er es auch, festzustellen, welche Gewerkschaft die meisten Mitglieder in einem Betrieb habe. Dies könne mittels einer einstweiligen Verfügung gar nicht festgestellt werden, weshalb sich Gerichte gar nicht ins Streikrecht einmischen könnten, so Vetter.

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2. Kontaminierung durch Landminen

Menschenrechte/Antwort

Berlin: (hib/AS) An der Grenze zwischen der Westsahara und Mauretanien sind vermutlich 295 Quadratkilometer mit Landminen kontaminiert. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (18/4750) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4508) über Völker- und Menschenrechtsverletzungen in der Westsahara. Die Regierung beruft sich dabei auf aktuelle Schätzungen des Landmine Monitors, der vom NGO-Verbund International Campaign to Ban Landmines (ICBL) herausgegeben wird. Die Organisation schätzt, dass durch Landminen und Kampfmittelrückstände seit 1975 mehr als 2.500 Menschen getötet wurden, obwohl die Zahlen hier je nach Quelle stark auseinandergehen, heißt es in der Antwort. Die Bundesregierung stellt in diesem Jahr für die Minenopferfürsorge, insbesondere für die Rehabilitation der Opfer, rund 800.000 Euro zur Verfügung. Weitere Hilfen zur Minen- und Kampfmittelräumung sollen in der zweiten Jahreshälfte 2015 starten.

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3. Burundi: Lage vor den Wahlen

Menschenrechte/Antwort

Berlin: (hib/AS) Die Bundesregierung sieht die Lage der Menschenrechte in Burundi als kritisch an. Zu dieser Einschätzung kommt sie in einer Antwort (18/4751) auf eine Kleine Anfrage (18/4531) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Vorfeld der im Mai stattfindenden Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen. "Die staatliche Repression gegen Opposition und Kritiker des Systems ist hoch", schreibt die Regierung. Einschüchterungen und Gewalttaten gegen zivilgesellschaftliche Vereinigungen kämen dabei ebenso vor wie Verhaftungen von Journalisten.

Die Arbeit der Opposition in Burundi werde durch das geltende Wahlgesetz stark reglementiert. Es sehe vor, dass der Wahlkampf auf die beiden letzten Wochen vor den jeweiligen Wahlen begrenzt sei, heißt es in der Antwort weiter. Diese Regeln lege die Regierung sehr restriktiv aus. Die EU-Außenminister hätten angesichts der strafrechtlichen Verfolgung von Führern der Oppositionsparteien und Vertretern der Zivilgesellschaft ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht. Die Botschaft in Bujumbura habe Menschenrechtsaktivisten und Journalisten in der Haft besucht, im Februar 2015 auch mit einer Delegation des Bundestages, die das Land besucht hatte.

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4. Lage sexueller Minderheiten

Menschenrechte/Große Anfrage

Berlin: (hib/AS) Die weltweite Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LGBTTI) steht im Mittelpunkte einer Großen Anfrage (18/4723) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Homosexualität sei in über 75 Ländern strafbar, in einigen Staaten drohe diesen Menschen sogar die Todesstrafe, schreiben die Grünen. Die Androhung von Strafverfolgung bedeute für diese Menschen "einen Zwang zur Selbstverleugnung und damit eine eklatante Einschränkung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit", heißt es darin weiter.

Die Abgeordneten erkundigen sich daher bei der Bundesregierung, in welchen Ländern LGBTTIs staatliche und gesellschaftliche Verfolgung und Strafen bis hin zur Todesstrafe drohen. Außerdem möchten die Grünen wissen, in welchen Ländern Homosexualität und Transsexualität trotz einer anderen Haltung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Krankheit eingestuft wird und was die Bundesregierung unternimmt, damit etwas Transsexualität auf internationaler Ebene nicht mehr als Krankheit angesehen wird. Neben der Rolle der Religionsgemeinschaften in dieser Frage beschäftigt sich die Große Anfrage mit dem Aspekt, welche Initiativen die Bundesregierung für die Verbesserung der Lage von LGBTTI unternimmt und wie die Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren und deren Kindern auf der internationalen Ebene gehandhabt wird.

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5. Grenzwerte für Schiffsemissionen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um Grenzwerte für Schiffsemissionen geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4747). Die Bundesregierung soll angeben, durch welche Maßnahmen gewährleistet wird, dass die seit Anfang 2015 verschärften Grenzwerte für den Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen eingehalten werden. Wissen wollen die Abgeordneten auch, wie hoch die seit Anfang 2015 verhängten Bußgelder sind.

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6. Planungsstand der Autobahn 39

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Den Planungsstand der Bundesautobahn 39 Lüneburg-Wolfsburg macht die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema einer Kleinen Anfrage (18/4737). Die Bundesregierung soll unter anderem angeben, in welchem Planungsstadium sich die sieben Planungsabschnitte zwischen Lüneburg und Wolfsburg befinden und wann die letzte Aktualisierung der Gesamtkostenberechnung vorgenommen wurde.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 233 - 4. Mai 2015 - 17.05 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2015

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