Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/4992: Heute im Bundestag Nr. 193 - 17.04.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 193
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 17. April 2015, Redaktionsschluss: 10.00 Uhr

1. Debatte über Gendiagnostik
2. Traumatisierte Flüchtlinge
3. Antimuslimische Straftaten erfragt
4. Angriff auf Chipkarten-Hersteller
5. Gesundheitsleistungen für Asylbewerber


1. Debatte über Gendiagnostik

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Die Bundesregierung befürwortet eine gesellschaftliche Debatte über neue Methoden zur Früherkennung genetisch bedingter Krankheiten. Der medizinische Fortschritt stelle die Gesellschaft immer wieder vor ethische Grundsatzfragen. Dies gelte in besonderem Maße für die Möglichkeiten der Pränatal- und Gendiagnostik, schreibt die Regierung in ihrer Antwort (18/4574) auf eine Kleine Anfrage (18/4406) von Abgeordneten aller vier Bundestagsfraktionen über die neue vorgeburtliche Blutuntersuchung zur Feststellung des Down-Syndroms.

Seit 2012 können Schwangere in Deutschland mit einer einfachen Blutuntersuchung feststellen lassen, ob ihr Kind mit Down-Syndrom geboren wird. Bei dieser genetisch bedingten Erkrankung, auch Trisomie 21 genannt, kommt das Kind geistig behindert zur Welt. Bislang müssen werdende Eltern diese kostspielige Blutuntersuchung selbst bezahlen.

Im April 2014 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, im Fall des neuen Bluttests (Nichtinvasive Pränataldiagnostik zur Bestimmung des Risikos von fetaler Trisomie 21 mittels molekulargenetischer Tests) sowie für drei weitere Methoden das Beratungsverfahren für eine Erprobungsrichtlinie einzuleiten. Am Ende des Verfahrens könnten die Kosten für die Bluttests in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgenommen werden. Dies ist aus ethischen Gründen umstritten. Die Beratungen im G-BA über die Einleitung der Erprobungsrichtlinie dauern derzeit noch an.

Um den ethischen Fragestellungen gerecht zu werden, die mit dem Thema verbunden sind, wolle der G-BA Vertreter des Deutschen Ethikrates in die Beratungen einbeziehen. Dies und die derzeit geführte gesellschaftliche Debatte würden von der Bundesregierung begrüßt.

Die Abgeordneten bemängeln in ihrer Anfrage, das Erprobungsverfahren lasse bislang keinen Raum für die notwendige gesellschaftliche Diskussion. Die Kostenübernahme wäre jedoch ein relevanter Schritt auf dem Weg zu einer Routineuntersuchung auf Down-Syndrom während der Schwangerschaft. Damit könnte die Erwartung verbunden sein, das Testangebot auch zu nutzen. Auf diese Weise würde möglicherweise Druck erzeugt, ein "perfektes Kind" zu gebären. Es könnte zu vermehrten Schwangerschaftsabbrüchen kommen.

Die Regierung weist darauf hin, dass mit dem Gendiagnostikgesetz (GenDG) von 2009 umfassende und verbindliche Regelungen getroffen worden seien, "um die mit der Untersuchung menschlicher genetischer Eigenschaften verbundenen möglichen Gefahren von genetischer Diskriminierung zu verhindern und gleichzeitig die Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen für den einzelnen Menschen zu wahren". So würden den Frauen schon seit Jahren Untersuchungen angeboten, die neben der Kontrolle des Schwangerschaftsverlaufs auch die gezielte Suche nach Fehlbildungen oder chromosomalen Auffälligkeiten des ungeborenen Kindes beinhalteten (zum Beispiel Fruchtwasseruntersuchungen).

Es sei eine einheitliche Regelung getroffen worden, die unabhängig davon gelte, mit welcher Methode - invasiv und nichtinvasiv - die vorgeburtliche genetische Untersuchung vorgenommen werde. Demnach gelte, dass sowohl vor als auch nach einer vorgeburtlichen genetischen Untersuchung eine entsprechende Beratung stattfinden müsse, schreibt die Regierung in ihrer Antwort.

Das Angebot für eine Blutuntersuchung auf Down-Symptomatik beinhalte für sich genommen "keine negative Wertung, Stigmatisierung oder Stereotypisierung", schreibt die Regierung weiter. Die Aufgabe bestehe darin, "werdende Eltern zu stärken, sich für ein behindertes Kind zu entscheiden". Die Regierung ziele auf ein sich wandelndes gesellschaftliches Verständnis ab, das Behinderung nicht als krankhafte Störung definiere, "sondern auf Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention positiv als Teil der Vielfalt der Gesellschaft".

Bundesweite Daten über lebend geborene Kinder mit Trisomie 21 liegen den Angaben zufolge nicht vor. Nach der Pränataldiagnostik von Krankenhausgeburten (98 Prozent aller Geburten) lag der Anteil der Risikoschwangerschaften im Jahr 2013 bei 34,9 Prozent.

*

2. Traumatisierte Flüchtlinge

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Um die "psychosoziale Betreuung und Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen" geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4579). Darin erkundigen sich die Abgeordneten danach, welche Möglichkeiten die Bundesregierung sieht und was sie unternommen hat oder plant, "um auf die Bundesländer einzuwirken und sie gegebenenfalls dabei zu unterstützen, eine finanzielle Absicherung und einen Ausbau der bestehenden Strukturen einer qualifizierten Versorgung traumatisierter Flüchtlinge zu erreichen". Auch möchten sie wissen, welche politischen oder rechtlichen Hindernisse oder Lösungswege die Bundesregierung diesbezüglich sieht. Ferner fragt die Fraktion unter anderem, inwieweit sich die Bundesregierung zu einer Sicherstellung einer angemessenen medizinischen und psychologischen Behandlung traumatisierter Flüchtlinge verpflichtet sieht vor dem Hintergrund, dass dies von einer EU-Richtlinie gefordert werde.

*

3. Antimuslimische Straftaten erfragt

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke will wissen, wie viele Anschläge es nach Kenntnis der Bundesregierung im ersten Quartal 2015 auf Moscheen und sonstige islamische Einrichtungen in Deutschland gegeben hat. In einer Kleinen Anfrage (18/4603) erkundigt sich die Fraktion zudem danach, wie viele "mutmaßlich antimuslimisch oder islamfeindlich motivierte Straftaten außer Übergriffen auf Moscheen, Moscheevereine und sonstige islamische Einrichtungen" in den ersten drei Monaten dieses Jahres bundesweit verübt wurden. Auch fragt sie unter anderem danach, wie viele Menschen in diesem Zeitraum bei Überfällen mit mutmaßlich antimuslimischer oder islamfeindlicher Motivation verletzt oder getötet wurden.

*

4. Angriff auf Chipkarten-Hersteller

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Konsequenzen nach Angriff auf weltweit größten Chipkarten-Hersteller durch die Geheimdienste NSA und GCHQ" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4530). Darin schreiben die Abgeordneten, dass die Enthüllungsplattform "The Intercept" am 19. Februar 2015 "Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden veröffentlicht" habe, "laut denen eine gemeinsame Hacker-Spezialeinheit des britischen Geheimdienstes Government Communications Headquarters (GCQH) und des US-amerikanischen Geheimdienstes National Security Agency (NSA) die Verschlüsselungscodes für SIM-Karten des niederländischen Chip- und Magnetstreifenkarten-Herstellers Gemalto erbeutet haben soll". Wissen will die Fraktion, welche Erkenntnisse die Bundesregierung seit welchem Zeitpunkt "über den geheimdienstlichen Angriff" auf Gemalto hat. Ferner erkundigt sie sich unter anderem danach, ob die Bundesregierung "nach Bekanntwerden des Gemalto-Hacks ihre Position" revidiert, "dass kein US-amerikanischer Geheimdienst deutsche Unternehmen und Konzerne ausspäht".

*

5. Gesundheitsleistungen für Asylbewerber

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Mit der Gesundheitsversorgung von Asylbewerbern befasst sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (18/4566). Asylbewerber erhielten seit dem 1. März 2015 erst dann mehr als eine medizinische Notfallversorgung, wenn sie sich länger als 15 Monate im Geltungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) aufhielten. Zuvor hätten sie erst nach drei Jahren Aufenthaltsdauer derart erweiterte Gesundheitsleistungen erhalten.

Deutschland sei völkerrechtlich an den WSK-Pakt (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966) gebunden, schreiben die Abgeordneten weiter. In einer Präzisierung dieses UN-Sozialpaktes aus dem Jahr 2000 sei festgelegt worden, dass die Staaten jegliche unerlaubte Diskriminierung bei der Gesundheitsfürsorge zu verhindern hätten. 2009 sei dies noch einmal ergänzt worden um den Hinweis, dass die in dem Pakt niedergelegten Rechte für alle Menschen gelten, auch für Flüchtlinge, Asylsuchende und Staatenlose ungeachtet ihrer Rechtsstellung und der Frage, welche Ausweispapiere sie haben.

Der WSK-Ausschuss überprüfe regelmäßig, ob der Pakt eingehalten werde, heißt es in der Anfrage weiter. In Deutschland sei dies zuletzt 2011 geschehen. Im Ergebnis habe sich der Ausschuss besorgt gezeigt und kritisiert, dass Asylbewerbern in Deutschland lediglich eine medizinische Notfallversorgung gewährt werde. Die Abgeordneten wollen nun von der Bundesregierung wissen, warum die Regelungen so restriktiv ausgelegt werden.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 193 - 17. April 2015 - 10.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang