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BUNDESTAG/4947: Heute im Bundestag Nr. 148 - 18.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 148
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 18. März 2015, Redaktionsschluss: 15.15 Uhr

1. US-Unterhändler würdigt Freihandel
2. Absage an Bundesgesetz für Kitas
3. Stromtarife für Elektroautos
4. Drohnen und OSZE-Mission in der Ukraine
5. Gemischte Bilanz zur Abrüstungspolitik


1. US-Unterhändler würdigt Freihandel

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Berlin: (hib/HLE) Beim geplanten europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP sollen besonders mittelständische Unternehmen durch Vereinheitlichung von Standards die Chance bekommen, ihre Produkte auch jenseits des Atlantiks verkaufen zu können. Wenn der Mittelstand Chancen auf höhere Exporte erhalte, werde dies zu mehr Produktvielfalt und sinkenden Preisen führen, und die kleinen und mittleren Unternehmen würden auch zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, erklärte der amerikanische Chefunterhändler für TTIP, Dan Mullaney, am Mittwoch in einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie. Zugleich befürwortete er die Aufnahme von Investitionsschutzklauseln in das Abkommen und die Möglichkeit der Anrufung internationaler Schiedsgerichte.

Mullaney erklärte, es sei das Ziel, die Verhandlungen möglichst offen zu führen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die regelmäßigen Unterrichtungen von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften sowie von Wirtschaftsorganisationen. Dabei würden Fragen beantwortet und Sorgen ausgeräumt. Mullaney sagte, offene Märkte und freier Handel würden zu mehr Stabilität führen, Die USA und Europa hätten die Chance, die höchsten Standards zu setzen. Ausdrücklich erwähnte er in diesem Zusammenhang die Sicherheit von Nahrungsmitteln, die Rechte von Arbeitnehmern und Sozialstandards sowie Umweltstandards. Befürchtungen, es werde zu Reduzierung von Standards kommen, wies er zurück: "Wir werden die Menschen nicht zwingen, etwas zu essen, was sie nicht wollen." Es gehe auch bei TTIP nicht um Eingriffe in die öffentliche Daseinsvorsorge.

Zu Beginn des Treffens hatte der Ausschussvorsitzende Peter Ramsauer (CDU/CSU-Fraktion) von dem großen Interesse an den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen in Deutschland berichtet und eine intensive parlamentarische Begleitung angekündigt. Erst am Montag hatte der Ausschuss für Wirtschaft und Energie eine öffentliche Anhörung zu TTIP durchgeführt.

Die CDU/CSU-Fraktion sprach vom größten demokratisch legitimierten Binnenmarkt der Erde, der durch TTIP entstehe. Besonders erfreut zeigte sich ein Sprecher der Fraktion, dass Mullaney auf die Bedeutung des Mittelstands eingegangen sei. Die SPD-Fraktion bezeichnete die TTIP-Verhandlungen, die sich in der achten von insgesamt 27 Runden befinden, als Chance für die Herausforderungen der Globalisierung und zur Durchsetzung von internationalem Recht. Die Fraktion Die Linke hinterfragte Mullaneys Äußerungen zur Transparenz und verwies darauf, dass selbst die Bundesregierung mangelnde Transparenz beklagt habe. Kritik äußerte die Fraktion auch an den Argumenten von TTIP-Befürwortern zur Harmonisierung von Produkten. Die Frage transatlantisch einheitlicher Autoblinker sei völlig untergeordnet angesichts der Tatsache, dass heute jedes Auto mit anderer Ausstattung vom Band laufe. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fragte nach den Verhandlungstexten. Zu den umstrittenen Schiedsgerichten erklärte die Fraktion, nicht in allen Handelsabkommen seien dazu Regelungen enthalten. Darauf hatte auch die SPD-Fraktion verwiesen und das von den USA mit Australien geschlossene Abkommen als Beispiel erwähnt.

Mullaney erklärte, zum Schutz ihrer Investitionen müssten internationale Investoren Schiedsgerichte anrufen können. Der Vertrag mit Australien enthalte eine "kleine Abweichung". Es dürfe aber nicht zu einer Zwei-Stufen-Politik kommen, dass es mit gewissen Staaten Verträge mit Investionsschutzklauseln gebe und mit anderen nicht. Forderungen nach Veröffentlichung detaillierter Texte nahm Mullaney reserviert auf. Das sei "nicht die beste Möglichkeit".

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2. Absage an Bundesgesetz für Kitas

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Berlin: (hib/AW) Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind mit ihren Forderungen nach einem größeren finanziellen Engagements des Bundes beim Kita-Ausbau und nach gesetzlichen Regelungen des Bundes zur Qualität der Kindesbetreuung gescheitert. Die entsprechenden Anträge (18/2605, 18/1459) lehnte der Familienausschuss am Mittwoch mit der Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD ab.

Die Linke hatte in ihrem Antrag konkret eine Erhöhung des Sondervermögens des Bundes für den Ausbau der Kindertagesbetreuung um jährlich eine Milliarde Euro gefordert. Zudem müsse der Bund in einem Kita-Qualitätsgesetz bundesweit verbindliche Mindeststandards unter anderem für die Anzahl der Kinder pro Betreuer, die Aus- und Weiterbildung der Betreuer, die Größe und Ausstattung von Kitas sowie die Qualität der Essensversorgung festschreiben. Für die Festlegung einer verbindlichen Betreuer-Kind-Relation hatten sich auch die Grünen in ihrem Antrag ausgesprochen, ebenso für eine Erhöhung der Bundesmittel für den Kita-Ausbau. Eine konkrete Summe nannten die Grünen jedoch nicht.

Union und Sozialdemokraten wiesen die Forderungen der Opposition zurück. Übereinstimmend stellten sie fest, dass der Bund sich bereits in hohem Maß finanziell Kita-Ausbau in den vergangenen Jahren beteiligt habe obwohl der Kita-Ausbau eigentlich Sache der Länder und Kommunen sei. Zudem erhöhe der Bund seinen Anteil an den laufenden Betriebskosten der Kitas ab 2017 um weitere 100 Millionen auf 945 Millionen Euro jährlich. Unterschiedlich bewerteten Union und SPD die Forderung nach verbindlichen Qualitätsstandards. Die Union lehnte ein Kita-Qualitätsgesetz des Bundes als "zentralistisch" ab. Zu begrüßen sei es aber, dass Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) zusammen mit Ländern und Kommunen Qualitätskriterien entwickeln wolle. Die SPD signalisierte hingegen Sympathie für die Forderung auch nach gesetzlichen Auflagen des Bundes.

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3. Stromtarife für Elektroautos

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Möglicherweise überteuerte Stromtarife für Elektroautos sind Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4257). Die Bundesregierung soll unter anderem Auskunft zu verschiedenen Tarifen an Ladesäulen geben. Im Vorwort zur Kleinen Anfrage verweist die Fraktion darauf, dass Ende 2014 24.000 Elektroautos zugelassen waren. Die Bundesregierung sei damit weit von ihrem Ziel, dass bis 2020 eine Million Elektroautos fahren sollen, entfernt.

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4. Drohnen und OSZE-Mission in der Ukraine

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Die Linke befürchtet, dass ein vom Militär bereitgestelltes Drohnen-Angebot den zivilen Charakter der OSZE-Mission zur Überwachung der Waffenruhe in der Ukraine untergraben würde. "Weitere militärische Angebote, darunter auch der Satellitenaufklärung, könnten dieses Problem verschärfen, insbesondere wenn der Bundeswehr die Auswahl der an die OSZE übermittelten Bilder obliegt", schreiben die Abgeordneten in einer Kleinen Anfrage (18/4081). Die Bundesregierung soll unter anderem angeben, mit welchen Mitteln und welchem Personal die OSZE-Mission aufgestockt werden soll und wo die möglicherweise von Bundeswehr-Drohnen erhobenen Daten verarbeitet werden sollen.

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05. Gemischte Bilanz zur Abrüstungspolitik

Auswärtiges/Unterrichtung

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung zeichnet für die Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik 2014 ein gemischtes Bild: Auf der einen Seite gebe es "große Erfolge wie die Vernichtung der deklarierten syrischen Chemiewaffenbestände und das Inkrafttreten des Vertrags über den Waffenhandel (ATT)" heißt es in dem als Unterrichtung vorliegendem Jahresabrüstungsbericht 2014 (18/4270). Dank des Genfer Aktionsplans habe zudem der Ausbau des iranischen Atomprogramms vorläufig gestoppt und in Teilen rückgängig gemacht werden können; die Verhandlungen zu einer Lösung des Streits kämen voran. Auf der anderen Seite habe die Ukraine-Krise dringend benötigte Fortschritte deutlich erschwert, etwa bei der nuklearen Abrüstung. "Transparenz- und vertrauensbildende Maßnahmen der Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik sind aber gerade in Krisenzeiten dringend nötig: Sie können helfen, militärische Transparenz und Berechenbarkeit zu gewährleisten und wirken damit stabilisierend", schreibt die Bundesregierung. Die Ukraine-Krise unterstreiche die große Bedeutung der vertrauensbildenden Mechanismen unter dem Wiener Dokument und dem Vertrag über den Offenen Himmel - "dem einzigen rechtsverbindlichen sicherheits- und vertrauensbildenden Maßnahme im Nato-Russland-Verhältnis". Die Anpassung des Systems der konventionellen Rüstungskontrolle in Europa an aktuelle Bedrohungsperzeptionen, Streitkräfteentwicklungen sowie Herausforderungen moderner Konflikte ist aus Sicht der Bundesregierung "dringender denn je".

Auch im Bereich der Nuklearwaffen sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf: Bereits vor dem Ausbruch der Ukraine-Krise sei deutlich geworden, dass die nukleare Abrüstung stagniert. Das Angebot einer neuen Abrüstungsrunde auf Basis des INF-Vertrages (Intermediate Nuclear Forces Treaty) von 1987, das US-Präsident Obama Russland im Juni 2013 in Berlin unterbreitet habe, bleibe gültig, sei aber von russischer Seite bisher nicht positiv aufgegriffen worden. "Trotz der angespannten Beziehungen zwischen den USA und Russland, die gemeinsam über 90 Prozent aller Nuklearwaffen verfügen, hat Deutschland 2014 für neue Abrüstungsgespräche geworben, den Expertenaustausch gefördert und dazu beigetragen, Gesprächskanäle offenzuhalten", schreibt die Bundesregierung.

Ein wichtiger Schritt hin zu weiteren Fortschritten bei nuklearer Abrüstung wäre aus Sicht der Bundesregierung das Inkrafttreten des Atomwaffenteststoppvertrags (CTBT), der neben dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) das wichtigste Instrument gegen die Entwicklung beziehungsweise Weiterentwicklung von Nuklearwaffen sei. Als Mitglied der sogenannten Gruppe der Freunde des CTBT werbe die Bundesregierung gegenüber Nichtmitgliedstaaten des CTBT um Unterzeichnung und Ratifizierung des Vertrags, zuletzt während eines entsprechenden Treffens auf Ministerebene im September 2014 in New York. "Neben dem Inkrafttreten des CTBT wäre die Aufnahme von Verhandlungen über einen internationalen Vertrag über ein Produktionsverbot von Spaltmaterial für Waffenzwecke (FMCT), der für militärische Zwecke zur Verfügung stehendes Spaltmaterial und damit die Herstellung von Nuklearwaffen begrenzen würde, ein deutlicher Fortschritt." Deutschland sei Mitglied einer UN-Expertengruppe, die bis Sommer 2015 über Aspekte zur Aushandlung eines solchen Vertrages berät.

In der Frage des iranischen Atomprogramms gibt sich die Bundesregierung in ihrem Abrüstungsbericht verhalten optimistisch: Mit dem im Januar 2014 in Kraft getretenen Genfer Aktionsplan sei der Ausbau des iranischen Atomprogramms vorläufig gestoppt und in Teilen rückgängig gemacht worden. Im Gegenzug hätten die EU und die USA Teile ihrer Sanktionen suspendiert. Deutschland arbeite zusammen mit den Partnern der E3+3 (China, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland, USA) auf ein umfassendes und langfristiges Abkommen hin, das deutliche Beschränkungen für Irans Nuklearprogramm enthalten und über ein umfassendes Transparenzregime zur Vertrauensbildung innerhalb der internationalen Gemeinschaft beitragen soll. "Mit einem Abkommen sollen sämtliche Zweifel der internationalen Gemeinschaft an der ausschließlich friedlichen Ausrichtung des iranischen Nuklearprogramms ausgeräumt werden", heißt es in der Unterrichtung.

Als einige weitere wichtige Vorhaben für das laufende Jahr benennt die Bundesregierung neben der "Förderung von Vertrauen und Sicherheit in Europa" unter anderem die Kleinwaffenkontrolle, die Stärkung beziehungsweise Universalisierung des Bio- und des Chemiewaffenabkommens sowie des ATT-Vertrags und außerdem die rüstungspolitische Befassung mit Letalen Autonomen Waffensystemen im Rahmen der Vereinten Nationen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 148 - 18. März 2015 - 15.15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2015

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