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BUNDESTAG/4923: Heute im Bundestag Nr. 124 - 05.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 124
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 05. März 2015, Redaktionsschluss: 16.45 Uhr

1. Gravierender Vorfall
2. Anhörung zu Ersatz-Personalausweis
3. Anhörung zum TTIP-Abkommen
4. Linke will Einführung des Hygiene-Smileys
5. Gewährleistung des Schienenfernverkehrs
6. Sprachnachweis bei Ehegattennachzug


1. Gravierender Vorfall

1. Untersuchungsausschuss (NSA)

Berlin: (hib/KOS) Kritik am Bundesnachrichtendienst (BND) hat am Donnerstag der zur Durchleuchtung des NSA-Spähskandals eingesetzte Untersuchungsausschuss geübt, weil die Behörde dem Gremium über 130 Dokumente zur Kooperation des BND mit US-Geheimdiensten vorenthalten hat. Nach einer unter Abänderung der Tagesordnung kurzfristig anberaumten Diskussion mit BND-Präsident Gerhard Schindler hinter verschlossenen Türen über dieses am Vortag publik gewordene Problem monierte SPD-Obmann Christian Flisek einen "äußerst gravierenden Vorfall". Konstantin von Notz (Grüne) sah in der Zurückhaltung der Dokumente ein "Zeichen für den mangelnden Aufklärungswillen" des BND, "das untergräbt das Vertrauen". Martina Renner (Linke) sprach von einem "sogenannten Aktenversehen", sollte es nicht bei diesem einen Fall bleiben, müsse der Ausschuss die Frage der Übermittlung von Akten mit dem Kanzleramt grundsätzlich erörtern. Unions-Obfrau Nina Warken zeigte sich zufrieden, dass Schindler gegenüber den Abgeordneten einen Fehler eingestanden habe. Bislang gebe es keinen Verdacht, dass es noch zu anderen Vorkommnissen dieser Art gekommen sei.

Entdeckt worden war die Nichtzustellung der Unterlagen, als bei der Sitzung in der vergangenen Woche ein als Zeuge geladener Mitarbeiter einer BND-Außenstelle aus Dokumenten zitierte, die den Parlamentariern nicht vorlagen. Diese BND-Filiale spielt eine Rolle im Rahmen des Projekts "Glotaic", bei dem der BND mit Hilfe der deutschen Tochter des US-Providers MCI zwischen 2003 und 2006 in Nordrhein-Westfalen Telefon- und Faxdaten aus der internationalen Telekommunikation abgriff und in Kooperation mit der CIA auswertete.

Flisek berichtete nach dem Gespräch mit Schindler, der BND-Chef habe gegenüber dem Ausschuss nicht nur einen "Weiterleitungsfehler" eingeräumt. Vielmehr seien diese Papiere, die laut dem SPD-Politiker den Abgeordneten noch immer nicht zugestellt wurden, geprüft und dabei fälschlicherweise als nicht bedeutsam für das Gremium eingestuft worden. Flisek sagte, BND und Regierung hätten dem Ausschuss gleichwohl eine "Vollständigkeitserklärung" übermittelt. Nun stünden hinter "allen bisherigen Vollständigkeitserklärungen große Fragezeichen". Schindler habe sich bereit erklärt, alle Vorgänge dieser Art noch einmal einer "Sonderprüfung" zu unterziehen. Flisek: "Das ist der Preis, den der BND zu zahlen hat."

Warken begrüßte das vereinbarte Verfahren. Damit sei dieses Problem für die Unionsfraktion "erst einmal vom Tisch". Notz indes zeigte sich von den Sonderprüfungen nur "mittelmäßig begeistert", da auf diese Weise die Arbeit des Untersuchungsausschusses weiter verzögert werde. Der jetzige Vorfall reihe sich ein in die generelle Strategie des BND, den Ausschuss auszubremsen, kritisierte der Grünen-Politiker. Aus Sicht Renners muss der Ausschuss die Zeugenbefragungen zu "Glotaic" und "Eikonal" möglicherweise wiederholen, falls die bislang nicht zugestellten Akten wesentliche Informationen zu diesen Operationen enthalten sollten. Bei "Eikonal" hatte der BND in Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA von 2004 bis 2008 einen Frankfurter Internetknoten angezapft.

Nach Angaben der Fraktionsobleute hat man sich bei der Auswertung von Dokumenten über die Kooperation des BND mit britischen Nachrichtendiensten auf das sogenannte "Treptow-Verfahren" geeinigt. Nach diversen Medienberichten hatten die Briten gedroht, die Zusammenarbeit mit dem BND einzuschränken, sofern im NSA-Untersuchungsausschuss Enthüllungen über die Arbeit des britischen Geheimdiensts publik würden. Nun wollen die vier Obleute die betreffenden Akten zunächst unter Aufsicht lesen und dann befinden, ob Papiere bei der Ausschussarbeit genutzt werden sollen. Benannt ist dieses Vorgehen nach einer geheimdienstlichen Außenstelle in Berlin-Treptow, wo dieses Verfahren vor Jahren vom BND-Untersuchungsausschuss, der von 2006 bis 2009 tagte, erstmalig praktiziert wurde.

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2. Anhörung zu Ersatz-Personalausweis

Innenausschuss

Berlin: (hib/STO) Der von der Regierungskoalition vorgelegte Gesetzentwurf zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises (18/3831) ist am Montag, dem 16. März, Gegenstand einer öffentlichen Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses. Zu der Veranstaltung, die um 16.00 Uhr im Paul-Löbe-Haus (Raum 600) beginnt, werden fünf Sachverständige erwartet, darunter die Präsidenten des Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei, Holger Münch und Dieter Romann. Interessierte Zuhörer werden gebeten, sich mit Namen und Geburtsdatum beim Ausschuss (innenausschuss@bundestag.de) anzumelden.

Mit der Einführung des Ersatz-Personalausweises sollen nach dem Willen der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion Ausreisen insbesondere von Dschihadisten effektiv verhindert werden können, wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht. Darin verweist die Koalition auf Fälle, in denen Personen "entgegen einer verfügten räumlichen Beschränkung und trotz Entzugs des Reisepasses" unmittelbar aus Deutschland oder aus anderen Schengenstaaten in Drittstaaten ausgereist sind, bei denen der Personalausweis als Reisedokument ausreicht. "Insbesondere Personen aus dem gewaltbereiten islamistisch-dschihadistischen Bereich unternehmen ihre Ausreiseversuche unter anderem über die grenzkontrollfreien Binnengrenzen, um dann den Schengenraum in Richtung eines Drittstaates (zum Beispiel Türkei) zu verlassen", heißt es in der Begründung. Von dort erfolge die Weiterreise gegebenenfalls über die sogenannte "Grüne Grenze" in Krisen- und Kriegsgebiete wie Syrien und Irak.

Wie die Fraktionen weiter ausführen, besteht sowohl im Inland als auch für deutsche Einrichtungen im Ausland "eine hohe abstrakte Gefährdung durch den islamisch-dschihadistischen Terrorismus", die sich "jederzeit in Form von Anschlägen unterschiedlicher Dimensionen und Intensität realisieren" könne. Ein zentrales Problem stellten Reisen radikalisierter Personen in Krisenregionen wie Syrien und Irak dar. Von Rückkehrern mit Kampferfahrung und Kontakten zu dschihadistischen Gruppen gehe dabei eine besondere Gefahr aus.

Der Vorlage zufolge ist zur "Unterbindung der Reise der Betroffenen" eine Entziehung des Passes möglich, während eine solche Regelung in Bezug auf den Personalausweis fehlt. Künftig soll auch "die Entziehung des Personalausweises sowie die Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises erfolgen können, um dadurch Reisen dieser Personen möglichst zu verhindern". Die Ausgestaltung des Ersatz-Personalausweises und der darin eingebrachte Vermerk, dass er nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt, ermöglichten es den für die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs zuständigen Behörden aller Schengenstaaten, die Ausreisebeschränkung festzustellen und entsprechende Maßnahmen zu treffen.

Hinweise auf das Ausreiseverbot sollen laut Koalition lediglich auf der Vorderseite des Ersatz-Personalausweises vorhanden sein, während die personenbezogenen Daten auf der Innenseite abgebildet werden. "Die Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen würden damit so gering wie möglich gehalten", heißt es in der Vorlage weiter.

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3. Anhörung zum TTIP-Abkommen

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Berlin: (hib/HLE) Das geplante europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP ("Transatlantic Trade and Investment Partnership") ist Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Montag, den 16. März 2015. Die auf zwei Stunden angesetzte Anhörung beginnt um 14.00 Uhr im Sitzungssaal 4.900 des Paul-Löbe-Hauses.

Grundlage der Anhörung sind drei Anträge der Oppositionsfraktionen. So verlangt die Fraktion Die Linke in einem Antrag (18/1093) einen Stopp der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA über das TTIP-Abkommen. Außerdem soll sich die Bundesregierung im Rat der Europäischen Union dafür einsetzen, das Verhandlungsmandat der EU-Kommission zum TTIP aufzuheben. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag für "fairen Handel ohne Demokratie-Outsourcing" (18/1457), dass weder die Freihandelsabkommen mit Kanada noch mit den USA Regelungen beinhalten, die die Handlungs- und Gestaltungsspielräume der demokratisch legitimierten Gesetzgeber einschränken. Gemeinwohlinteressen dürften nicht hinter den Partikularinteressen großer Konzerne zurücktreten oder nationale Rechtssysteme unterlaufen. Die Bundesregierung soll sich außerdem dafür einsetzen, dass weder in das mit den USA geplante TTIP noch in das mit Kanada geplante "Comprehensive Economic and Trade Agreement" (CETA) ein Mechanismus zu außergerichtlichen Schiedsverfahren zwischen Investoren und Staaten aufgenommen wird. Ein solcher Mechanismus sei weder notwendig noch zielführend, heißt es in einem weiteren in einem Antrag (18/1964) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Als Sachverständige sind geladen: Professor Gabriel Felbermayr (ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.), Lutz Güllner (EU-Kommission), Bertram Kawlath (Schubert & Salzer GmbH), Sebastian Dullien (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin), Stefan Körzell (Deutscher Gewerkschaftsbund), Thomas Fritz (PowerShift e.V.), Jürgen Maier (Forum Umwelt und Entwicklung), Klaus Müller (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.), Professor Markus Krajewski (Friedrich-Alexander Universität Erlangen Nürnberg) und Detlef Raphael (Deutscher Städtetag).

Zuhörer werden gebeten, sich im Sekretariat des Ausschusses mit vollständigem Namen und Geburtsdatum per E-Mail (wirtschaftsausschuss@bundestag.de) sowie der Nummer ihres Personaldokuments anzumelden. Außerdem sind das Datum und das Thema der Anhörung anzugeben. Zur Sitzung muss das Personaldokument mitgebracht werden.

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4. Linke will Einführung des Hygiene-Smileys

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Für eine "demokratische Informationskultur" setzt sich die Fraktion Die Linke ein. In einem Antrag (18/4214) fordern die Abgeordneten die Bundesregierung dazu auf, eine sichere Rechtsgrundlage für die bundesweit einheitliche Einführung des "Hygiene-Smileys" oder eines vergleichbaren Symbols zur Kennzeichnung von Kontrollergebnissen der amtlichen Lebensmittelüberwachung in den Betrieben zu schaffen. Die Fraktion verspricht sich davon, dass die Verbraucher durch die grafische Darstellung eines mehr oder weniger freundlichen Gesichtsausdrucks auf einen Blick und nachvollziehbar über die Hygienebedingungen in einem Lebensmittelbetrieb informiert werden.

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5. Gewährleistung des Schienenfernverkehrs

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Für die Gewährleistung des Schienenpersonenfernverkehrs setzt sich die Fraktion Die Linke in einem Antrag (18/4186) ein. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorlegen, der dem Wohl der Allgemeinheit bei Verkehrsangeboten des Schienenpersonenfernverkehrs Rechnung tragen soll. Weiter soll der Bund darin den Mindestumfang für den Gewährleistungsauftrag in Zugkilometern pro Kalenderjahr festlegen. Schließlich fordert die Fraktion unter anderem, dass die Finanzierung der Verkehrsdurchführungsverträge im Bundeshaushalt sichergestellt wird.

Der Schienenpersonenfernverkehr in Deutschland wurde bei der Bahnreform vor rund 21 Jahren "qualitativ und quantitativ deutlich" verschlechtert, schreibt die Fraktion zur Begründung. Seitdem seien gut 20 Prozent an Fernverkehrsleistungen weggefallen. Das bedeute unter anderem, dass etwa 100 Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern komplett vom Fernverkehr abgekoppelt worden seien, da die Deutsche Bahn AG ihr Fernverkehrsangebot zunehmend auf die großen Hauptstrecken konzentriere. Die Bahn sei dadurch für viele Menschen unattraktiver geworden. Zudem sei die Qualität des Fernverkehrs rückläufig.

Über den Antrag wird der Bundestag am Freitag erstmals beraten.

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6. Sprachnachweis bei Ehegattennachzug

Inneres/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Der Sprachnachweis beim Ehegattennachzug ist ein Thema der als Unterrichtung (18/4199) vorgelegten Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zu ihrem Gesetzentwurf "zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung" (18/4097). In seiner Stellungnahme hatte der Bundesrat die Regierungsvorlage begrüßt. Zugleich forderte er unter anderem, im weiteren Gesetzgebungsverfahren "das Erfordernis des vorherigen Sprachnachweises beim Ehegattennachzug im Aufenthaltsgesetz zu streichen".

Dazu verweist die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung darauf, dass die Regelungen zum Sprachnachweis beim Ehegattennachzug Gegenstand von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs gewesen seien. Soweit sich aus den Entscheidungen Anpassungsbedarf mit Blick auf eine stärkere Berücksichtigung von Besonderheiten des Einzelfalls ergeben habe, seien die Entscheidungen durch entsprechende administrative Maßnahmen vorläufig in die Praxis umgesetzt worden.

Wie die Regierung weiter schreibt, prüft sie "die Auswirkungen und Reichweite der gerichtlichen Entscheidungen und untersucht dabei auch, ob die Vorgaben der Gerichte weitergehende Maßnahmen gesetzlicher oder administrativer Art erforderlich machen". Dabei würden auch die anstehenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in noch anhängigen Verfahren zu berücksichtigen sein.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 124 - 5. März 2015 - 16.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2015

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