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BUNDESTAG/4766: Heute im Bundestag Nr. 631 - 04.12.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 631
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 04. Dezember 2014, Redaktionsschluss: 15.30 Uhr

1. Zeuge: BND hat streng gefiltert
2. Anhörung zum CETA-Abkommen
3. Regierung will Elektroautos fördern
4. Linksfraktion: Stromsperren verbieten
5. Bekenntnis zur Wirtschaftsförderung
6. Linke: Mehr Mitsprache für Kommunen



1. Zeuge: BND hat streng gefiltert

1.Untersuchungsausschuss (NSA)

Berlin: (hib/KOS) "Wir haben uns streng an Recht und Gesetz gehalten": Mit diesen Worten betonte am Donnerstag zum Auftakt der Sitzung des zur Durchleuchtung des NSA-Spähskandals eingesetzten Untersuchungsausschusses der als S. L. firmierende Zeuge, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) beim Anzapfen eines Internetknotens in Frankfurt am Main keine Daten "automatisiert und massenhaft" an den US-Geheimdienst NSA weitergeleitet habe. Auf keinen Fall seien Informationen über Deutsche an die NSA übermittelt worden, sagte der Leiter von "Eikonal", so der Codename des von 2004 bis 2008 von BND und NSA betriebenen Projekts: "Wir haben alles getan, um dem Schutz der Bürger gerecht zu werden." S. L. nannte es "ehrenrührig", wenn der BND in den Medien in die "Nähe der Stasi und der Gestapo gerückt" werde.

Der Ausschuss soll die massenhafte Ausspähung der Telekommunikation von Millionen Deutschen durch die NSA erhellen. Dabei will das Gremium auch prüfen, ob hiesige Nachrichtendienste in diese Affäre verwickelt sind. Der BND darf Erkenntnisse über Bundesbürger, an die er im Zuge seiner auf das Ausland gerichteten Spionage als "Beifang" gelangt, Partnerdiensten nicht überlassen. Doch hält sich der BND daran?

Laut S. L. wurden die bei Eikonal gewonnenen Daten mit Hilfe eines "kaskadenartigen Filtersystems" und im Einzelfall auch einer persönlichen Kontrolle durch BND-Mitarbeiter so gründlich bearbeitet, dass an die NSA letztlich jährlich "nur wenige hundert Meldungen" geflossen seien. Unter diesen Datensätzen hätten sich keine Informationen über Deutsche befunden, unterstrich der Zeuge. Auch bei den für die NSA bestimmten Daten über Ausländer habe man "streng darauf geachtet", dass diese Erkenntnisse präzise mit den Suchprofilen übereinstimmen, mit denen Telefon- und Internetleitungen durchforstet worden seien. Hätten Zweifel existiert, ob durch die Weiterleitung von Informationen "Grundrechtsträger", also Deutsche, betroffen seien, so habe man auf eine Übermittlung an die NSA verzichtet. Zum Start von Eikonal, erläuterte S. L. , "war bei den Amerikanern die Stimmung von hohen Erwartungen geprägt, die wir jedoch nicht erfüllen konnten". Weil bei dem Frankfurter Projekt letztlich nur wenig herausgekommen sei, seien die USA schließlich ausgestiegen.

Der Zeuge wandte sich gegen die These von Linken-Obfrau Martina Renner, bei Eikonal seien in einem ersten Schritt durchaus Millionen von Daten "automatisiert und massenhaft" erfasst worden, um sie überhaupt auswerten zu können. Aus Sicht von S. L. kann hingegen von einer Erfassung im Sinne des Datenschutzrechts nicht die Rede sein, wenn in einem frühen Stadium ein Zugriff auf Daten nur kurzfristig erfolge. Erst am Ende der mehrstufigen Filterung zur Aussonderung von Informationen über Bundesbürger schaue man sich die verbliebenen Daten an. Auch auf Nachfrage Renners schloss der Zeuge aus, dass die Daten zuvor in Zwischenphasen in Augenschein genommen würden: Das sei zwar theoretisch möglich, "doch das gab es nicht."

Gegen Abend soll der ehemalige Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke den Abgeordneten Auskunft geben, welche Rolle dieses Unternehmen als technischer Dienstleister bei Eikonal gespielt hat. Laut S. L. ging es zunächst darum, Telefonate zu durchforsten. Diese Daten flössen durch spezielle Leitungen, weswegen Informationen über Deutsche unkompliziert auszusortieren und deren Grundrechte einfach zu schützen seien. Insofern sei für eine Ausspähung der Telefondaten keine Erlaubnis der G-10-Kommission des Bundestags nötig gewesen. Liegt eine solche Genehmigung vor, so ist ein Netzbetreiber verpflichtet, mit dem BND zusammenzuarbeiten. Zur Ausforschung der Telefondaten an dem Frankfurter Kabelknoten musste der BND mangels einer G-10-Genehmigung mit der Telekom anfangs eine Vereinbarung auf freiwilliger Basis treffen. Zunächst hatte der Anbieter laut S. L. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens, die eine Unbedenklichkeitserklärung des Kanzleramts aber ausgeräumt habe.

Anders als bei Telefonaten ist bei der Internet-Kommunikation eine Trennung von "ausländischen" und "deutschen" Daten schwierig, so dass Bundesbürger von einer Ausspähung in höherem Maße betroffen sind. Deshalb holte sich der BND für Eikonal bei der G-10-Kommission eine entsprechende Genehmigung ein, die dann die Telekom zur Kooperation mit dem BND zwang.

Die Opposition hegt nun den Verdacht, der BND habe getrickst. Man habe den Eindruck erweckt, an der Gewinnung von Daten über Deutsche, in der Fachsprache G-10-Daten genannt, interessiert zu sein - deren Nutzung die G-10-Kommission im Fall einer Genehmigung zwar gestattet, aber auch beschränkt. In Wahrheit habe der BND über diesen Umweg freilich an die Kommunikation von Ausländern herankommen wollen, um sie gemeinsam mit der NSA auszuwerten. S. L. sagte, man habe gegenüber dem Netzbetreiber erklärt, G-10-Daten heraussuchen zu wollen. Den damit verbundenen Zugriff auf Informationen über Ausländer nannte er einen "Gewinn" für Eikonal.

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2. Anhörung zum CETA-Abkommen

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie wird eine öffentliche Anhörung zum europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) durchführen. Die zweistündige Anhörung findet am Montag, den 15. Dezember 2014, ab 14.00 Uhr im Sitzungssaal 4.900 des Paul-Löbe-Hauses statt.

Grundlage der öffentlichen Anhörung sind zwei Oppositionsanträge. So fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (18/2604), dass die Bundesregierung soll das CETA-Abkommen, dessen Text bereits ausformuliert ist, vor der Paraphierung sowohl in den EU-Gremien als auch öffentlich als nicht annehmbar zurückweisen. Genauso wie die Linksfraktion wendet sich auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag (18/2620) gegen Klageprivilegien für Konzerne durch die Einrichtung internationaler Schiedsgerichte und verlangt eine Ablehnung des Vertragsentwurfs. Die Anhörung wird aufgeteilt: In der ersten Stunde geht es um allgemeine Fragen, in der zweiten Stunde um das Investor-Staat-Schiedsverfahren.

Als Sachverständige wurden geladen: Felix Neugart (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, DIHK), Tomas Nieber (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, IG BCE), Rupert Schlegelmilch (EU-Kommission), Professor Gabriel Felbermayr (ifo Institut-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München), Professor Franz Mayer (Universität Bielefeld, Fakultät Rechtswissenschaft), Thomas Fritz (PowerShift), Professor Rainhard Quick (Verband der Chemischen Industrie in Brüssel, VCI), Professor Steffen Hindelang (Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft), Professor Ursula Kriebaum (Universität Wien, Abteilung für Völkerrecht und Internationale Beziehungen), Pia Eberhardt (Corporate Europe Observatory, CEO) und Stephan Schill (Max Planck Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht).

Zuhörer werden gebeten, sich im Sekretariat des Ausschusses mit vollständigem Namen und Geburtsdatum per E-Mail (wirtschaftsausschuss@bundestag.de) sowie der Nummer ihres Personaldokuments anzumelden. Zur Sitzung muss das Personaldokument mitgebracht werden.

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3. Regierung will Elektroautos fördern

Verkehr und digitale Infrastruktur/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (18/3418) vorgelegt. Auf Grundlage dieses Gesetzes soll eine Verordnung zur Änderung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften erlassen werden, die zum einen eine Regelung zur Kennzeichnung privilegierter elektrisch betriebener Fahrzeuge als formale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Bevorrechtigungen schafft und zum anderen den zuständigen Behörden der Länder die Möglichkeit eröffnet, Bevorrechtigungen für elektrisch betriebene Fahrzeuge auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung einzuführen.

Die Bundesregierung verfolgt mit diesem Gesetzentwurf das Ziel, elektrisch betriebene Fahrzeuge zu fördern, heißt es zur Begründung. Bisher gebe es im deutschen Recht keine Ermächtigungsgrundlagen, die unter anderem eine Parkbevorrechtigung und Parkgebührenbefreiung für elektrisch betriebene Fahrzeuge sowie die dafür erforderliche Kennzeichnung der Fahrzeuge zur Förderung der Elektromobilität ermöglichen würden. Die Erfahrungen, die die Bundesregierung unter anderem durch die Modellregionen, gesammelt hat, würden zeigen, dass gerade Länder und Kommunen großes Interesse an der Einräumung solcher Privilegien aus nicht ordnungsrechtlichen Gründen haben.

Der Bundesrat hält in seiner Stellungnahme unter anderem die vorgesehene Befristung bis 30. Juni 2010 für "Unangemessen" lang. Die Bundesregierung hält die Befristung in ihrer Gegenäußerung für angemessen und weist darauf hin, dass eine Evaluierung vorgesehen ist.

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4. Linksfraktion: Stromsperren verbieten

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Stromsperren durch die Versorgungsunternehmen aufgrund von Zahlungsunfähigkeit der Kunden sollen gesetzlich verboten werden. Dies fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (18/3408), der an diesem Freitag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht. Für schutzbedürftige Kunden müsse eine Grundversorgung mit Strom jederzeit möglich sein.

Wie die Fraktion in ihrem Antrag schreibt, sind die hohen Strompreise für Millionen Menschen in Deutschland mit geringem Einkommen eine hohe Belastung. Fast sieben Millionen Kunden seien im letzten Jahr Stromsperren angedroht worden. Die dann tatsächlich durchgeführten 344.798 Stromsperren würden einen Rekordwert bedeuten. "Die Stromversorgung als grundlegendes Element der Daseinsvorsorge ist durch die derzeitige Rechtslage für hunderttausende Menschen in Deutschland nicht gesichert", beklagt die Fraktion.

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5. Bekenntnis zur Wirtschaftsförderung

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die regionale Wirtschaftspolitik soll auch in Zukunft Wachstumspotenziale in strukturschwachen Regionen heben und damit einen Betrag zu mehr Wachstum und Beschäftigung leisten. Dazu soll bereits jetzt eine Debatte zwischen Bund und Ländern um die Ausgestaltung eines gesamtdeutschen Systems der regionalen Wirtschaftsförderung ab 2020 beginnen, fordern die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD in einem gemeinsamen Antrag (18/3404). Dabei soll die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) Ausgangspunkt für ein gesamtdeutsches Regionalfördersystem werden. Es soll darauf geachtet werden, dass das künftige gesamtdeutsche System der regionalen Wirtschaftsförderung und die bestehenden wirtschaftspolitischen Instrumente sinnvoll aufeinander abgestimmt werden, um zum Beispiel eine optimale Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen zu gewährleisten.

Wie die Fraktionen schreiben, ist die regionale Wirtschaftspolitik ein strukturpolitischer Pfeiler der Sozialen Marktwirtschaft. "Dadurch hebt der Bund gemeinsam mit den Ländern die Wachstumspotenziale in strukturschwachen Regionen und leistet so einen Beitrag für mehr Wachstum und Beschäftigung", heißt es in dem Antrag.

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6. Linke: Mehr Mitsprache für Kommunen

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/JBB) Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung dazu auf, den Kommunen ein verbindliches Mitwirkungsrecht bei der Gesetzgebung einzuräumen. Dazu hat die Fraktion einen entsprechenden Antrag (18/3413) vorgelegt. In diesem schreibt sie, die Bundesregierung solle ein Kommunalmitwirkungsgesetz in den Bundestag einbringen, welches den kommunalen Spitzenverbänden bei der Erarbeitung von Gesetzesentwürfen und Verordnungen ein verbindliches Mitwirkungsrecht einräumt, wenn Regelungen getroffen werden, welche die Kommunen unmittelbar berühren. Die bisherigen Instrumente diesbezüglich seien nicht ausreichend.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 631 - 4. Dezember 2014 - 15.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2014