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BUNDESTAG/4710: Heute im Bundestag Nr. 575 - 12.11.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 575
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 12. November 2014, Redaktionsschluss: 13.00 Uhr

1. Sorge um Zukunft der Ebola-Staaten
2. Kinderpornografie: Nein zum Grünen-Antrag
3. Atommüll und Berichte zu Energieforschung



1. Sorge um Zukunft der Ebola-Staaten

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/PK) Die drei von der Ebola-Epidemie in Westafrika am stärksten betroffenen Länder Liberia, Sierra Leone und Guinea werden nach Einschätzung des Ebola-Sonderbeauftragten der Bundesregierung noch lange Zeit auf die Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft angewiesen sein. Botschafter Walter Lindner sagte am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages, die wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Verwerfungen in den betroffenen Gebieten seien immens. Die Krisenländer bräuchten in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, bei der Gesundheitsversorgung, den Bildungsinstitutionen und der Wirtschaft eine schnelle und nachhaltige Wiederaufbauhilfe.

Lindner schilderte den Ausschussmitgliedern nach einem Besuch in Westafrika detailliert, wie sich die soziale Lage in den drei Staaten durch die Krankheit grundlegend verändert hat. So sei das soziale Leben "auf den Kopf gestellt". Die einstige Lebens- und Kontaktfreude der Menschen sei einer allgegenwärtigen Angst vor Ansteckung gewichen. Die Menschen gingen nicht mehr aus und hätten Angst vor Berührungen. Krankenhäuser würden gemieden, Schulen und Universitäten seien geschlossen, Reisen beschränkt, Märkte zusammengebrochen. Hinzu komme die Stigmatisierung von Leuten, die verdächtigt würden, mit dem Ebola-Virus in Kontakt gekommen zu sein, also etwa Ärzte und Krankenschwestern.

Die allgemeine Vermeidung von Körperkontakt führe auch dazu, dass Alte und Kranke keinen Zuspruch mehr bekämen, keine Wärme, keine Nähe, kein Mitleid. Mütter müssten ihre Kinder bisweilen an "Leute in Marsanzügen" abgeben, was viele Frauen natürlich auch verweigerten. Die traditionellen Beerdigungsriten seien insgesamt infrage gestellt, zumal hier mit der Nähe zu den Toten das größte Infektionsrisiko überhaupt lauere.

Lindner sagte, die sozialen Auswirkungen der Gesundheitskrise seien destabilisierend für die drei betroffenen Länder. Die jeweiligen Präsidenten hätten davor gewarnt, dass Liberia, Sierra Leone und Guinea bald zu den sogenannten "failed states" gehören könnten, also zu jenen Ländern, wo die staatliche Kontrolle verloren gegangen ist.

Der Diplomat würdigte zugleich die immense Kraftanstrengung, die von inländischen wie ausländischen Helfern in der Krise erbracht werde. Die angelaufene internationale und deutsche Hilfe sei vor Ort auch schon sichtbar, entweder unmittelbar, oder in ihren positiven Auswirkungen. Das gelte für die Luftbrücke ebenso wie für die aufgebauten Labore. Lindner sagte, die internationale Hilfe sei spät angelaufen, zeige nun aber Wirkung. Umso wichtiger sei es, schon jetzt auch die langfristige Entwicklung der Staaten im Blick zu behalten.

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2. Kinderpornografie: Nein zum Grünen-Antrag

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist mit ihrem Antrag zum Schutz und zur Prävention vor Kinderpornografie (18/2619) am Mittwoch im Familienausschuss gescheitert. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnten den Antrag ab, lediglich die Linksfraktion unterstützte das Ansinnen der Grünen. Vertreter der Union und der Sozialdemokraten im Ausschuss unterstützten zwar inhaltlich viele Forderungen des Grünen-Antrags. Da Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) derzeit entsprechende Maßnahmen zur Prävention in ihrem Ministerium vorbereiten lasse, sei der Grünen-Antrag aber überflüssig geworden.

Die Grünen fordern in ihrem Antrag die Bundesregierung unter anderem auf, Maßnahmen zu ergreifen, um Kinder und Jugendliche besser über ihre Rechte am eigenen Bild zu informieren. Zudem müssten gesetzliche Regelungen erarbeitet werden, um die Medienkompetenz von Kindern, Jugendlichen, Eltern und des pädagogischen Fachpersonals zu erhöhen. Im Rahmen der Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes soll nach dem Willen der Grünen zudem geprüft werden, wie die Schutzkonzepte in Kinder- und Jugendeinrichtungen weiterentwickelt werden können. Nachbesserungsbedarf bestehe bei den Therapieangeboten für traumatisierte Kinder und Jugendliche, aber auch für Menschen mit pädophilen Neigungen.

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3. Atommüll und Berichte zu Energieforschung

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) Die Abstimmung zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen "Kein Atommüll-Export aus dem Reaktor AVR Jülich in die USA" (18/2624) wurde heute Vormittag im Ausschuss für Bildung und Forschung vertagt. Die Vertreterin der Grünen empfahl diese Vorgehensweise, da sich die Berichterstatter aus dem Umweltausschuss entschlossen hätten, erstmal fraktionsübergreifend nach einer Lösung für die Entsorgung des Atommülls zu suchen.

Der Vertreter der CDU/CSU begrüßte, das als "Zeichen des Pragmatismus", verhehlte aber ebenso wenig wie der Vertreter der SPD, dass es nach wie vor unterschiedlich Ansichten dazu gäbe, ob der Reaktor AVR Jülich als Forschungsreaktor oder Leistungsreaktor definiert werden müsste. Die Koalitionsfraktionen ordnen AVR Jülich anders als die Opposition weiterhin als Forschungsreaktor ein. So sei laut SPD-Vertreter der Reaktor auch im Handelsregister vermerkt. Die Definition, um was für einen Reaktortyp es sich handelt, ist wichtig, da daraus unterschiedliche rechtliche Konsequenzen für den Umgang mit dem Atommüll entstehen. Die Linke will ebenso wie die Grünen den Transport des Atommülls in die USA verhindern. Man könnte nicht sicher sein, dass der Atommüll auch für militärische Zwecke genutzt werden würde, argumentierte die Linke. Die Bundesregierung wies darauf hin, dass die Brennstäbe unverzüglich geräumt werden müssten. Grundsätzlich gebe es drei Optionen: Den Neubau eines Zwischenlagers in Jülich, den Transport ins Zwischenlager Ahaus oder den Export in die USA. Der Vertreter der Bundesregierung vertrat die Auffassung, dass der Transport in die USA rechtlich zulässig sei.

Zugehörig zum ersten Tagesordnungspunkt debattierte der Ausschuss über die Bundesberichte Energieforschung 2013 (18/14510) und 2014 (18/2262). Der Vertreter der Bundesregierung lobte, dass die Ausgaben für Energieforschung von 399 Millionen Euro in 2006 auf nunmehr 809 Millionen Euro gestiegen seien. Deutschland sei zwar gut aufgestellt, doch es müssten weitere Anstrengung unternommen werden, um die Energiewende auch wirklich zu schaffen. Er betonte, es sei immens wichtig, bessere Energiespeicher zu entwickeln und das Netz auszubauen.

Der Vertreter der CDU/CSU unterstütze die Haltung der Bundesregierung, wies aber auch darauf hin, dass sich Deutschland nicht allein auf die erneuerbaren Energie beschränken dürfte. Auch für die Linken ist die Speicherforschung eines der wichtigsten Schwerpunkte. Gleichwohl verwahrte sich der Vertreter gegen die erheblichen Mittel von 381 Millionen Euro in 2013, die nach wie für in die Fusionsforschung (Kernfusion) fließen würden. Es sagte, das sei so, als ob man einen Stall für ein Pferd ausbauen würde, das gerade gestorben sei.

Der Vertreter der SPD bemängelte, dass man in Deutschland bei den europäischen Energierichtlinien, mit denen man möglichst schnell zu einem kohlenstoffarmen aber dennoch wettbewerbsfähigen und erschwinglichen Energiesystem in Europa kommen will, unter den selbst gesteckten Zielen geblieben sei. Die Vertreterin der Grünen lobte, dass es bei den erneuerbaren Energien tatsächlich gut Aufwüchse gäbe und erwähnte auch die Erfolge in der Materialforschung. Sie bemängelte jedoch, ähnlich wie der Vertreter der Linken, dass die eingestellten Mittel für Fusionsforschung viel zu hoch seien.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 575 - 12. November 2014 - 13.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2014