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BUNDESTAG/3871: Heute im Bundestag Nr. 271 - 15.05.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 271
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 15. Mai 2013 Redaktionsschluss: 19:15 Uhr

1. Grünes Licht für Filmförderungsnovelle
2. Öffentliche Anhörung zum spirituellen Tourismus
3. Disput um Haltung von Delfinen



1. Grünes Licht für Filmförderungsnovelle

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Die Novellierung des Filmförderungsgesetzes (FFG) steht vor dem Abschluss. Der Kulturausschuss hat am Mittwoch Abend den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/12370) in einer geänderten Fassung ohne Gegenstimmen verabschiedet. Lediglich die Linksfraktion enthielt sich der Stimme. Mit der Novelle wird die Filmförderung des Bundes und die Erhebung der Filmabgabe an die Filmförderungsanstalt (FFA) bis Ende 2016 verlängert. In der kommenden Legislaturperiode soll eine umfassende Novellierung des Filmförderung erfolgen.

Bis zur letzten Minute hatten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP mit den Oppositionsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss über einen Kompromiss in strittigen Fragen der Referenzfilmförderung verhandelt, um die Gesetzesnovellierung ohne Gegenstimmen im Bundestag verabschieden zu können. Die Fraktionen wollen damit "ein starkes Signal" für das System der Filmförderung und die Erhebung der Filmabgabe geben. Gegen die Filmabgabe hatte eine große Kinokette beim Bundesverfassungsgericht geklagt. Über die Verfassungsklage muss Karlsruhe noch entscheiden. Mit einem gemeinsamen Änderungsantrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen, dem auch die Linksfraktion zustimmte, werden Dokumentar- und Kinderfilme, Erstlingswerke und Filme mit Herstellungskosten von unter 100.000 Euro bei der Anrechnung von Referenzpunkten besser gestellt, als dies im Gesetzentwurf der Regierung vorgesehen war. Diese Referenzpunkte sind entscheidend für die Höhe der Förderung.

Nicht durchsetzen konnte sich die SPD-Fraktion mit ihrem Vorstoß zur Einhaltung von sozialen Mindeststandards bei der Produktion von geförderten Filmen. Den entsprechenden Änderungsantrag lehnten die Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen aller drei Oppositionsfraktionen ab.

Alle Fraktionen bekannten sich ausdrücklich zum System der Filmförderung in Deutschland. Diese sei unverzichtbar, um die Leistungsfähigkeit der deutschen Filmwirtschaft zu erhalten. Nach Angaben der Bundesregierung wurden im Jahr 2011 von 212 deutschen Kinoproduktionen 89 durch die Filmförderungsanstalt (FFA) gefördert. Die geförderten Filme hätten zugleich 94 Prozent der Besucher aller deutschen Produktionen auf sich gezogen.

Mit der Gesetzesnovelle wird erstmals auch die Produktion barrierefreier Filme in die Förderkriterien der FFA aufgenommen. So muss zukünftig von jedem geförderten Film eine Version mit Untertiteln für Hörgeschädigte und eine Fassung mit Audiodeskription für Sehbehinderte produziert werden. Zudem sollen Kinos gefördert werden, um ihre Vorführräume behindertengerecht modernisieren zu können.

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2. Öffentliche Anhörung zum spirituellen Tourismus

Ausschuss für Tourismus (Öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/JBB) Um den spirituellen Tourismus vor dem Hintergrund der Lutherdekade und des Jubiläums der Reformation im Jahr 2017 ging es am Mittwoch in einer öffentlichen Anhörung im Tourismusausschuss. Die Lutherdekade ist eine Veranstaltungsreihe zum Reformationsjubiläum, die 2008 begann und sich über ein Jahrzehnt erstrecken soll. Im Jahr 2017 jährt sich der Thesenanschlag Martin Luthers in Wittenberg zum 500. Mal. Zu diesem Ereignis werden viele Touristen aus der ganzen Welt erwartet. Zur Anhörung hatte der Ausschuss sieben Sachverständige eingeladen.

Christian Antz von der Fachhochschule Westküste in Heide sagte, spiritueller Tourismus sei stark im Kommen, "weil die Gäste das wünschen". Das beinhalte sowohl die Generation 50 Plus, als auch jüngere Menschen. Allerdings müsse darauf geachtet werden, dass die Investitionen im Rahmen der Lutherdekade auch nachhaltig touristische Wirkung erzielten. Er kritisierte, dass es vor Ort sehr viele verschiedene Initiativen der Vermarktung gebe. Diese müssten stärker gebündelt werden, damit der Gast nicht den Überblick verliere.

Als Verbindung von kulturellem und spirituellem Tourismus beschrieb Jürgen Dittrich, Präsident der Lutherweg-Gesellschaft e.V., den Lutherweg. Der Wanderweg entlang des Lebenswegs Martin Luthers solle den Menschen im Sinne des Pilgerns Erfahrung über den Alltag hinaus liefern, dabei explizit Wanderer ansprechen und drittens den Menschen die authentischen Stätten der Reformation näher bringen.

Der Name Luther stärke im Ausland das positive Image Deutschlands und dessen Stellung als Kulturreiseland Nummer Eins in Europa, erklärte Birgit Dittmar von der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT). Deshalb bewerbe die DZT die Lutherdekade umfangreich. So habe man beispielsweise im September 2012 eine große Marketing-Veranstaltung im südkoreanischen Seoul veranstaltet und für 2013 sei eine ähnliche Veranstaltung in Finnland geplant. Thies Gundlach, Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), wies ebenfalls auf den "gewaltigen Klang" hin, den die Stadt Wittenberg und die Person Martin Luther im Ausland hätten. Über 400 Millionen reformistisch geprägte Christen hätten ein Interesse daran, nach Deutschland zu kommen. Vor Ort brauche es jedoch auch eine Infrastruktur, die die Interessen der Menschen aufnimmt, speziell mehrsprachige Informationsangebote in Klöstern und Kirchen. Stefan Zowislo, Geschäftsführer der Staatlichen Geschäftsstelle "Luther 2017" sagte, die gerade erst gegründete Geschäftsstelle, eine Kooperation von sieben Bundesländern und dem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, plane vier nationale Sonderausstellungen im Rahmen der Lutherdekade: 2015 in Torgau und 2017 in Wittenberg, auf der Wartburg und in Berlin.

Antje Rennack von der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH und Projektkoordinatorin "Sachsen Barrierefrei" sagte, ihre Gesellschaft arbeite daran, entlang der gesamten touristischen Servicekette einen barrierefreien Zugang zu den Attraktionen ermöglichen. Manche Gebäude seien jedoch aufgrund des Denkmalschutzes nur eingeschränkt erreichbar. Christoph Seele, Beauftragter der Evangelischen Kirchen beim Freistaat Sachsen, wies daraufhin, dass viele der touristischen Attraktionen im ländlichen Raum sind und die Infrastruktur zum Teil entsprechend wenig ausgebaut. Zudem gebe es Nachholbedarf bei Unterbringung von Jugendlichen. In Torgau in Sachsen fehle zum Beispiel eine Jugendherberge.

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3. Disput um Haltung von Delfinen

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Anhörung)

Berlin (hib/AH) Kontrovers diskutierten die acht Sachverständigen während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unter Vorsitz von Hans-Michael Goldmann (FDP) über die Zukunft von Delfinen in Zoos und Delfinarien. Hintergrund der zweistündigen Expertenbefragung war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/12657) mit dem Titel "Haltung von Delfinen beenden".

Dr. Thomas Kauffels, Direktor des Opel-Zoos in Kronberg, sprach sich eindeutig für die Haltung der Großen Tümmler in deutschen Zoos aus. "Es gibt keinen Grund, die Tiere nicht zu halten." Er sah in der Verbotsinitiative einen Versuch mit Gründen, die nicht nachvollziehbar seien, den Zoos zu schaden. Er wies auf die Botschafterfunktion der Tiere hin. "Wir reden über 16 Delfine in Deutschland, die einen großen Beitrag dazu leisten, dass man über diese Tiere spricht."

Der Leitende Direktor des Nürnberger Tierparks, Dr. Dag Encke, vermutete in seiner schriftlichen Stellungnahme politische statt fachliche Gründe für den Verbotsantrag. Er schrieb zur Intention des Antrags, dieser nütze keinem Delfin der Welt. Er schade den in deutschen Delfinarien lebenden Tieren, weil ihre stabilen Sozialverbände aufgelöst werden müssten, er schade der Wildtierforschung sowie den Zoos bei der Erfüllung ihres Bildungsauftrages und ziele seiner Ansicht nach auf die generelle Abschaffung von Zoos hin.

Auch der Einzelsachverständige Dr. Thomas Althaus ging in seiner ersten Stellungnahme in die Offensive. Er vermutete keine objektiven Gründe für den Verbotsantrag, sondern "reine Willkür". "Es geht um Ansichten und eine Weltanschauung", sagte er. Althaus mahnte das "Prinzip der Rechtssicherheit" an. Wenn etwas verboten würde, obwohl alle Bestimmungen und Regeln eingehalten wurden, so gäbe es seiner Ansicht nach keine Rechtssicherheit mehr für Tierhalter. Der Naturwissenschaftler berichtete anschaulich von der Botschafterfunktion der klugen Meeressäuger. In einer japanischen Walfängerstadt hätte er Kinder in einem Delfinarium beobachtet, die fasziniert von den Tieren waren. Diese Kinder werden sicher kein Walfleisch mehr essen, prophezeite Althaus und sprach sich für die Einrichtung von Delfinarien im Kampf gegen den Walfang aus.

Dr. Cornelis Erik van Elk vom niederländischen Dolfinarium Harderwijk konstatierte: "Unsere Umwelt braucht unser Engagement. Unsere Kinder brauchen Zoos, um Tiere kennen zu lernen und dann schützen zu wollen. In seiner Stellungnahme betonte er. "Es gibt keine Rechtfertigung, die Delfinarien der Zoos von Duisburg und Nürnberg zu schließen und ein generelles Haltungsverbot von Delfinen in Deutschland auszusprechen". Für den Rostocker Wissenschaftler Prof. Dr. Guido Dehnhardt wäre die Beendigung der Delfinhaltung "ein fataler Irrweg". Er betonte in seiner schriftlichen Stellungnahme außerdem, dass die beiden Delfinarien in Deutschland "aus tierschutzrechtlicher Sicht in keiner Weise zu beanstanden sind".

Die Befürworter des Verbotsantrages argumentierten in der Anhörung hauptsächlich mit den in ihrer Meinung nach schwierigen oder ganz unmöglichen Haltungsbedingungen. Dr. Karsten Brensing von der Whale and Dolphin Conservation wies auf zwei Probleme in den Delfinarien hin: Aggression und eine nicht nachhaltige Nachzucht. Er kritisierte, dass sich unter den Tieren keine Netzwerke entwickeln könnten. Diese Situation würde zu Aggressionen führen, die dann mit Psychopharmaka behandelt werden.

Der Biologe Philip Loos sagte: "Die Haltungsbedingungen für Delfine sind nicht darstellbar." Er verwies auf ihre langen Wanderungen und tiefen Tauchgänge in freier Wildbahn und empfahl, "das vermeidbare Leiden der Tiere zu beenden". Loos vertrat die These, dass Umweltbildung auch ohne Delfinarien auskäme.

Dr. Sandra Altherr von Pro Wildlife e.V. mahnte mehr Transparenz an. Es fehlten beispielsweise Informationen über die Mortalität sowie das Aggressionsverhalten der Tiere. Sie kritisierte, dass das Zuchtbuch für den Großen Tümmler unter Verschluss gehalten werde.

Liste der Sachverständigen

  • Dr. Thomas Kauffels, Direktor des Opel-Zoos in Kronberg
  • Dr. Dag Encke, Tiergarten der Stadt Nürnberg
  • Dr. phil. nat. Thomas Althaus
  • Dr. Sandra Altherr, Pro Wildlife e.V.
  • Dr. Karsten Brensing, Whale and Dolphin Conservation
  • Prof. Dr. Guido Dehnhardt, Institut für Biowissenschaften der Universität Rostock
  • Dr. med.vet. Cornelis Erik van Elk, Dolfinarium Harderwijk
  • Philip Loos, Biologe

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 271 - 15. Mai 2013 - 19:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2013