Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3808: Heute im Bundestag Nr. 208 - 17.04.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 208
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. April 2013 Redaktionsschluss: 14:15 Uhr

1. SPD-Fraktion warnt vor Verschleiß der Infrastruktur
2. Immobilienwirtschaft warnt vor einer Verschärfung energetischer Anforderungen für Gebäudebestand
3. Stör soll zum Leitfisch in der Donau werden



1. SPD-Fraktion warnt vor Verschleiß der Infrastruktur

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/HLE) Die SPD-Fraktion sorgt sich, dass Deutschland in wichtigen Bereichen auf Verschleiß fährt und es keine Konzepte für die Bereiche Infrastruktur, Energie und Innovation gibt. "Wenn wir in diesen drei Bereichen nicht zulegen, wird Deutschland zurückfallen", warnte ein Sprecher der SPD-Fraktion am Mittwoch im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie bei der Vorstellung des Antrages seiner Fraktion mit dem Titel "Deutschland 2020 - Zukunftsinvestitionen für eine starke Wirtschaft: Infrastruktur modernisieren, Energiewende gestalten, Innovationen fördern" (17/12682). Damit sollen soziale Gerechtigkeit und nachhaltiges Wachstum und Wohlstand gleichermaßen erreicht werden. In dem Antrag werden zuerst Investitionen in eine moderne Infrastruktur gefordert. Seit der Jahrtausendwende hätten die Investitionen nicht einmal mehr den Ersatzbedarf gedeckt. "Deutschland lebt von der Substanz", beklagt die SPD-Fraktion und verlangt Maßnahmen gegen die Unterfinanzierung der Infrastruktur.

Gefordert wird, im Entwurf für den Bundeshaushalt 2014 und in der mittelfristigen Finanzplanung drei Milliarden Euro jährlich mehr für die Modernisierung der Infrastruktur sowie für die Energiewende einzustellen. Zwei Milliarden davon sollen in die Verkehrsinfrastruktur gehen. Die Bundesregierung soll die Voraussetzungen schaffen, dass die Lkw-Maut in der kommenden Legislaturperiode auf alle Bundesstraßen sowie mittelfristig auf Landes- und Kommunalstraßen ausgeweitet werden kann. Die Mehreinnahmen sollen "ohne Abstriche" in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden. Eine Pkw-Maut wird abgelehnt, weil sie die Menschen belasten würde, die aus beruflichen oder familiären Gründen auf ihr Fahrzeug angewiesen seien. Bei den Verkehrswegen soll der Substanzverfall gestoppt werden. Bei der Verteilung der Finanzmittel müsse der Erhalt vor Aus- und Neubau gehen. Beim Schienenverkehr fordert die Fraktion einen Deutschland-Takt auf der Schiene und mehr Schutz vor Verkehrslärm.

Außerdem sollen Hindernisse für private Investoren in Energienetze abgebaut werden. Neben Maßnahmen für mehr Energieeffizienz verlangt die SPD-Fraktion, sämtliche Möglichkeiten zur Erhöhung der Kapazitäten bestehender Leitungen auszuschöpfen und den Ausbau intelligenter Netze voranzutreiben. Zur Energiewende heißt es, diese müsse möglichst kosteneffizient umgesetzt werden, "damit Strom auch künftig für den industriellen Mittelstand, industrieorientierte Dienstleistungen, den Handel und das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe des Handwerks bezahlbar bleibt".

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion erklärte zu dem Vorstoß, die SPD-Fraktion bleibe damit weit hinter den Anstößen zurück, die sie mit der Agenda 2010 gegeben habe. Viele Forderungen seien bereits erfüllt worden, zum Beispiel die Beschleunigung des Netzausbaus und der Breitbandverkabelung. Andererseits wies die CDU/CSU-Fraktion auf die von Rot-Grün geplante Substanzbesteuerung hin, die alles konterkarieren werde, was man bei der Infrastruktur an Verbesserungen durchsetzen wolle. Die FDP-Fraktion entdeckte einige Ungereimtheiten in dem Antrag. So habe Rot-Grün seinerzeit den Atomausstieg beschlossen, aber nichts für den Netzausbau getan. Auch bei der Ausweitung der Lkw-Maut solle sich die SPD-Fraktion klarmachen, welche negativen Folgen dies für die Wirtschaft haben werde.

Die Linksfraktion entdeckte zwar viele unterstützenswerte Punkte in dem Antrag, aber in der Summe sei der SPD-Vorschlag "sehr bescheiden". Vor allem das Einnahmeproblem müsse durch eine Steuer auf Vermögen gelöst werden, verlangte die Fraktion, die auch Anreize zur Schaffung einer dezentralen Energieversorgung in Bürgerhand vermisste.

Wie schon die Linksfraktion erkannte auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen viele richtige Punkte in dem SPD-Antrag. Besonders auffällig sei das Missmanagement der Regierung im Energiebereich. An vielen Stellen könne mit einer Deutschen Netz AG beim Stromleitungsbau besser gefahren werden. Eine pauschale Mittelerhöhung für den Straßenbau lehnte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab. Wichtiger sei es, zuvor die Priorisierung im Bundesverkehrswegeplan zu ändern.

Der Antrag der SPD-Fraktion wurde mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

*

2. Immobilienwirtschaft warnt vor einer Verschärfung energetischer Anforderungen für Gebäudebestand

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/HAU) Die Immobilienwirtschaft lehnt eine Ausweitung der im Energieeinsparungsgesetz der Bundesregierung (17/12619) für Neubauten geplanten Verschärfungen der energetischen Vorgaben auch für bestehende Gebäude ab. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am Mittwochvormittag deutlich. Das Gesetz verpflichtet Bauherren, alle Neubauten nach dem 31.12. 2020 als Niedrigstenergiegebäude zu errichten. Für Neubauten, die von Behörden genutzt werden und im Eigentum von Behörden stehen, soll diese Verpflichtung bereits zwei Jahre früher wirksam werden.

Es sei richtig, im Bestand beim Prinzip der Freiwilligkeit zu bleiben, sagte Walter Rasch von der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID). Bei einheitlich hohen Vorgaben für die energetische Sanierung sei die Effizienz nicht gesichert, was auch zu einen Druck auf die Mieten führen könne, fügte er hinzu. Eine Ausweitung der Vorgaben auf den Bestand sei wirtschaftlich nicht sinnvoll und stoße auf verfassungsrechtliche Bedenken, sagte Kai H. Warnecke von der Eigentümer-Schutzgemeinschaft Haus und Grund. "Eine solche Enteignung auf kaltem Wege lehnen wir ab", machte er deutlich. Dagegen übte Carsten Wachholz vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) Kritik an der Regelung. Bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung energierelevanter Bauteile und Technik seien sehr unterschiedliche, teils realitätsferne Annahmen getroffen wurden, kritisierte Wachholz.

Mehrfamilienhäuser würden durch die geplante Verschärfung stärker belastet als Einfamilienhäuser, bemängelte Dietmar Wahlberg von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen. Das sei "nicht zielführend", da Mehrfamilienhäuser sowohl im Bau als auch in der Nutzung grundsätzlich energie- und ressourcenschonender ausgeführt und betrieben werden könnten. Wahlberg sprach sich zudem für Änderungen beim Energieausweis aus, der derzeit keine Akzeptanz habe. Mit Verweis darauf, dass jedes Gebäude ein Unikat und daher auch nicht klassifizierbar sei, warnte er gleichzeitig davor, stattdessen ein Klassensystem entwickeln zu wollen. NABU-Vertreter Wachholz sah das anders. Auch wenn es möglicherweise zu einigen Ungerechtigkeiten kommen könne, sei ein Klassensystem der richtige Weg. Für eine Einführung von Energieeffizienzklassen sprach sich auch Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag aus. Damit würde sich Vieles vereinfachen, sagte er. Als "problematisch" bewertete er, dass die öffentliche Hand als Bauherr eine Art Vorbildfunktion übernehmen solle. "Das können wir nicht alleine stemmen", sagte der Vertreter der Kommunen und sprach sich für eine Unterstützung durch den Bund im Sinne eines "Konjunkturpaketes 3" aus.

Werner Genter von der KfW-Bankengruppe befürwortete die Zielrichtung des Gesetzentwurfes, ab 2020 Neubauten als Niedrigstenergiehäuser zu errichten. Das sei nötig, wolle man bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand erreichen. Einer entsprechenden Energieeinsparpflicht bei der Sanierung von Bestandsgebäuden steht der KfW-Vertreter skeptisch gegenüber. Dies könne dazu führen, dass das Sanierungstempo nachlasse. Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK begrüßt die geplante Steigerung der Effizienzstandards, machte dessen Vertreter Harald Rupp deutlich. In der Umsetzung müsse allerdings sichergestellt werden, dass die bisherige Balance aus Energieeinsparung, Energieeffizienz und dem Einsatz von erneuerbaren Energien weiterhin bestehen bleibe, sagte Rapp.

*

3. Stör soll zum Leitfisch in der Donau werden

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Der Stör soll zum Leitfisch der Donau werden und an dessen Beispiel die Durchgängigkeit des Flusses gezeigt werden. Dafür sprachen sich am Mittwochvormittag bei einem Fachgespräch des Umweltausschusses Experten von Bund, Land und Wissenschaft aus. Die Durchgängigkeit der Donau für den Stör könne eine wichtige Signalwirkung für andere europäische Wasserstraßen haben. Der Stör, begründete dies Jörn Geßner vom Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin, sei dabei als Leitfisch besonders geeignet: "Er deckt eine Vielzahl von Lebensanforderungen anderer Fische ab", sagte Geßner. Zudem sei er ein wichtiger Indikator für die Wasserqualität der Donau. Der internationale Donau-Tag, der am 29. Juni in allein Anrainerstaaten begangen wird, soll daher auch unter dem Motto "Get active for sturgeons" (werdet aktiv für die Störe) stehen.

Fritz Holzwarth vom Bundesumweltministerium machte deutlich, dass für die Maßnahmen zum Schutz der Donau aufgrund der 14 verschiedenen Anrainer-Staaten "ein erheblicher Aufwand bei der Koordinierung und große Überzeugungsarbeit" notwendig seien. Die internationale Kommission zum Schutz der Donau (IKSD), deren deutscher Delegationsleiter Holzwarth ist, koordiniert seit der Inkrafttreten der EU-Wasserrahmenrichtlinie im Jahr 2000 und der EU-Hochwasserrichtlinie im Jahr 2007 die Umsetzung der Maßnahmen im Donaueinzugsgebiet zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den anderen Donau-Anrainern. Als Haupthindernisse für die Fische, den Fluss vom Meer flussaufwärts und -abwärts zu durchschwimmen, nannte Holzwarth die Staudämme I und II am Eisernen Tor an der rumänisch-serbischen Grenze, den Gabcikovo-Damm in der Slowakei und eine Reihe von Wasserkraftwerken in Deutschland und Österreich. Dabei habe das Eiserne Tor eine "Schlüsselfunktion", erklärte er. Als nächster Schritt soll eine Machbarkeitsstudie zur erneuten Öffnung der Dämme am Eisernen Tor für die ungehinderte Fischmigration erstellt werden, kündigte er an. Die Finanzierung der Studie sei bislang aber nicht sichergestellt.

Florian Ballnus vom Bayerischen Umweltministerium betonte, dass der Erhalt der Ökosysteme in der Donau und die Sicherung der Donaustörarten ein wichtiger Punkt der Donaustrategie sei. Die "Störstrategie" (Sturgeon 2020) ist "eng mit der Donaustrategie verknüpft", sagte er. Erklärtes Ziel sei dabei, die dauerhafte Wiederansiedlung des Störs. Dazu würden sechs Handlungsfelder erarbeitet: neben der politischen Unterstützung der Ziele, gehe es um die Rechtssetzung und notwendige Konservierungsmaßnahmen für den Stör. Dabei würden auch Maßnahmen außerhalb der Flüsse (ex-situ) zur Aufzucht von Stören in Betracht gezogen. Für die betroffenen Fischer müssten aber gleichzeitig auch Ausgleichsmaßnahmen gefunden werden. Zudem sei es eine wichtige Aufgabe, die Öffentlichkeit für die Thematik zu sensibilisieren.

Momentan würden in der Donau noch fünf Störarten vorkommen, sagte der Biologe Jörn Geßner vom Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Er wies darauf hin, dass der Störe eine Größe von bis zu acht Metern und ein Alter bis zu 100 Jahren erreichen könnten. Es gebe genetische Unterschiede bei den Arten und damit auch ein unterschiedliches Wanderungsverhalten. Drei der Wanderwege für Störe, von denen einige in zwei Jahren bis zu 1.800 Kilometer zurücklegen könnten, seien jedoch durch bauliche Maßnahmen wie das Eiserne Tor abgeschnitten Er und seine Kollegen machten auch deutlich, dass technische Lösungen für die Durchwanderbarkeit der Donau schwierig und kostspielig seien. So gebe es etwa an einigen Bauwerken wenig Platz für die Fischwanderung, da Wanderhilfen für Fische auch eine entsprechende Größe haben müssten. Geßner betonte auch, dass es daneben entsprechende Lösungen für die Fischer geben müsste, die vom Störfang bislang gelebt hätten: "Das ist ein Problem, das wir gerade in ärmeren Regionen ernst nehmen müssen."

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 208 - 17. April 2013 - 14:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2013