Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3193: Heute im Bundestag Nr. 198 - 24.04.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 198
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 24. April 2012 Redaktionsschluss: 12:00 Uhr

1.‍ ‍Regierung will Pflege neu ausrichten
2.‍ ‍Regierung erwartet keine Abwanderung durch Finanztransaktionssteuer
3.‍ ‍Plagiatssoftware kommt "vorerst nicht zum Einsatz"
4.‍ ‍Im Bundestag notiert: Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus
5.‍ ‍Im Bundestag notiert: Zug der Erinnerung
6.‍ ‍Im Bundestag notiert: Unfälle an Bahnübergängen
7.‍ ‍Im Bundestag notiert: direkte öffentliche Finanzierung einzelner Klagen



1. Regierung will Pflege neu ausrichten

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MPI) Demenzkranke und ihre Angehörigen sollen nach dem Willen der Bundesregierung vom kommenden Jahr an mehr und bessere Leistungen erhalten. Die Regierung hat dazu einen Gesetzentwurf (17/9369) "zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung" (PNG) vorgelegt, der am Donnerstag, 26. April, in erster Lesung im Bundestag beraten werden soll. Zum 1. Januar 2013 ist zudem eine Erhöhung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte auf 2,05 Prozent - bei Kinderlosen auf 2,3 Prozent - geplant. Das soll in den Jahren 2013 bis 2015 Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt rund 3,54 Milliarden Euro einbringen. Ferner soll die freiwillige private Pflege-Vorsorge steuerlich gefördert werden. Dies bedarf jedoch noch einer eigenen gesetzlichen Regelung.

Im einzelnen ist im PNG vorgesehen, dass Versicherte ohne Pflegestufe mit "erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz" (sogenannte Pflegestufe 0) erstmals Anspruch auf ein Pflegegeld in Höhe von monatlich 120 Euro oder Pflegesachleistungen von bis zu 225 Euro erhalten. Demenzkranke mit Pflegestufe I ("erhebliche Pflegebedürftigkeit") sollen ein um 70 Euro auf 305 Euro erhöhtes Pflegegeld oder um 215 Euro auf bis zu 665 Euro erhöhte Pflegesachleistungen bekommen. Demenziell Erkrankte mit Pflegestufe II ("schwere Pflegebedürftigkeit") erhalten den Angaben zufolge ein um 85 Euro auf 525 Euro erhöhtes Pflegegeld oder um 150 Euro auf 1.250 Euro erhöhte Pflegesachleistungen. Die bisher auf Antrag und nach erfolgter Prüfung gewährten zusätzlichen Betreuungsleistungen in Höhe von 100 beziehungsweise 200 Euro - etwa für die Inanspruchnahme einer Tagespflege - bleiben den Angaben zufolge bestehen.

Die Regierung schlägt vor, dass ambulante Pflegedienste künftig neben der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Betreuung auch gezielte Betreuungsleistungen für Demenzkranke anbieten. Zu dieser häuslichen Betreuung zählen laut Gesetzentwurf beispielsweise Hilfen zur Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur und eines Tag-/Nacht-Rhythmus, die Begleitung auf Spaziergänge, die Ermöglichung von Verwandtenbesuchen und die Begleitung zum Friedhof. Der Entwurf schließt aus, dass durch die Neuregelung der Leistungsbetrag erhöht wird - das heißt, wer heute schon Grundpflege und hauswirtschaftliche Betreuung erhält, muss in diesen beiden Bereichen Abstriche machen, um auch häusliche Betreuung zu bekommen. Der Anspruch auf häusliche Betreuung soll nach dem Willen der Regierung im Übrigen nur dann bestehen, "wenn gewährleistet ist, dass die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung sichergestellt sind".

Nach den Plänen der Regierung können Pflegebedürftige und ihre Angehörigen Leistungen der Pflegedienste künftig flexibler in Anspruch nehmen, indem statt verrichtungsbezogene Leistungskomplexe bestimmte Zeitvolumina für die Pflege gewählt werden. Mit den Pflegediensten zusammen können Pflegebedürftige und Angehörige dann entscheiden, welche Leistungen in diesem Zeitkontingent erbracht werden.

Der Gesetzentwurf sieht ferner vor, pflegenden Angehörigen eine Auszeit zu erleichtern. Das Pflegegeld soll künftig zur Hälfte weitergezahlt werden, wenn eine Kurzzeit- oder Verhinderungspflege in Anspruch genommen wird. Die Pflegekassen sollen den Angaben zufolge verpflichtet werden, spätestens fünf Wochen nach Eingang über einen Antrag auf Pflegebedürftigkeit zu entscheiden. Ansonsten müssen sie nach dem Willen der Bundesregierung je Tag der Verzögerung 10 Euro an den Antragsteller zahlen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen wird laut Gesetzentwurf verpflichtet, bis zum 31. März 2013 Richtlinien zur stärkeren Dienstleistungsorientierung der Medizinischen Dienste bei der Begutachtung zu erlassen. Für alle Gutachter, die unter der Verantwortung der Medizinischen Dienste Begutachtungen zur Eingruppierung in Pflegestufen vornehmen, soll ein "Verhaltenskodex" aufgestellt werden, "der sie zu einem respektvollen Verhalten gegenüber den Versicherten und Angehörigen verpflichtet".

Künftig werden dem Gesetzentwurf zufolge Wohngemeinschaften (WG) für Pflegebedürftige als Versorgungsalternative zur Pflege zu Hause oder im Heim gefördert. Pflegebedürftige, die in einer solchen ambulant betreuten WG leben, bekommen einen Zuschlag von pauschal 200 Euro monatlich. Damit soll laut Regierung dem höheren Organisationsaufwand Rechnung getragen werden. Voraussetzung für die Zahlung des Zuschlags ist den Angaben zufolge, dass in der WG mindestens eine Pflegekraft organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet. Darüber hinaus ist ein befristetes Programm zur Gründung von Wohngruppen vorgesehen mit einer Förderung von 2.500 Euro pro Person, maximal 10.000 Euro pro Gruppe. Davon sollen laut PNG notwendige Umbauten in der Wohnung bezahlt werden. Insgesamt stehe ein Budget von 30 Millionen Euro bereit, das bis spätestens Ende 2015 auszuschöpfen ist. Die Regierung erwartet, dass damit 3.000 neue WG gefördert werden können.

Die Regierung schreibt, bereits heute seien rund 2,4 Millionen Menschen pflegebedürftig. "In wenigen Jahrzehnten" werde die Zahl der pflegebedürftigen Personen auf mehr als vier Millionen steigen. Um den daraus erwachsenden Herausforderungen gerecht zu werden, müsse unter anderem neu definiert werden, "wer als pflegebedürftig anzusehen ist". Dieser neue Pflegebedürftigkeitsbegriff sei "in mehreren Schritten umzusetzen". Vor Einführung des neuen Begriffs würden "die noch zu klärenden umfassenden Umsetzungsfragen parallel zu diesem Gesetzgebungsverfahren" von einem Expertenbeirat bearbeitet und damit die erforderlichen weiteren Schritte vorbreitet, heißt es im Entwurf.

*

2. Regierung erwartet keine Abwanderung durch Finanztransaktionssteuer

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung erwartet bei Einführung einer Finanztransaktionssteuer, wie sie im Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission empfohlen wird, keine Abwanderungserscheinungen wie bei Einführung der Börsenumsatzsteuer in Schweden. In der Antwort (17/9319) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/9163) geht die Regierung davon aus, dass das Geschäftsmodell des schnellen, elektronischen Handels mit dem Ziel der Ausnutzung minimaler Preisunterschiede und Preisentwicklungen (Hochfrequenzhandel) von der neuen Steuer betroffen wäre. Die Gewinnmargen der Einzelgeschäfte in diesem Bereich seien sehr gering; es sei die Menge an Transaktionen, die zu größeren Gewinnen führe. "Vor diesem Hintergrund dürften diese Transaktionen bei Einführung einer entsprechenden Finanztransaktionssteuer zurückgehen", schreibt die Bundesregierung. Es werde jedoch nicht davon ausgegangen, dass dies zu Nachteilen für die Volkswirtschaften führe.

Grundsätzlich könne dieser Vorschlag sogar dazu beitragen, "dass sich die Finanzmärkte wieder stärker an Fundamentaldaten orientieren und dem Marktmissbrauch entgegengewirkt wird".

*

3. Plagiatssoftware kommt "vorerst nicht zum Einsatz"

Recht/Antwort

Berlin: (hib/BOB) Um den Streit über das Kopieren an Schulen ging es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (17/9162). In der Antwort der Bundesregierung (17/9301) heißt es zur zwischen Ländern und Rechteinhabern Ende 2010 vereinbarten Einführung einer Kontrollsoftware an Schulen zu digitalen Kopien, dass diese "vorerst nicht zum Einsatz kommt." Dies sei auch eine Folge der Kritik von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gewesen. Die Regierung betonte, es obliege den Vertragsparteien, ob die Einrichtung einer solchen Kontrollsoftware verhältnismäßig sei.

*

4. Im Bundestag notiert: Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus

Haushalt/Gesetzentwürfe

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung hat drei Gesetzentwürfe zur Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (17/9370), zur finanziellen Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (17/9371) sowie ein Gesetz zur Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes (17/9372) vorgelegt. Die Gesetzentwürfe entsprechen den Gesetzentwürfen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP (17/9045, 17/9048, 17/9049), über die der Bundestag am 29. März bereits debattiert hat.

*

5. Im Bundestag notiert: Zug der Erinnerung

Verkehr und Bau/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Der Bundesregierung ist nicht bekannt, welche Kosten von den Eisenbahnverkehrsunternehmen dem Verein "Zug der Erinnerung" in Rechnung gestellt wurden. Dies geht aus der Antwort (17/9331) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/8985) hervor. Die Deutsche Bahn AG habe 2009 in Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium eine Spende von 175.000 Euro an die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" überreicht, heißt es weiter. Ob die Spende die Gebühren für den "Zug der Erinnerung" decke, ist der Bundesregierung ebenfalls nicht bekannt.

*

6. Im Bundestag notiert: Unfälle an Bahnübergängen

Verkehr und Bau/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Die Zahl der Unfälle an Bahnübergängen ist in den letzten Jahren konstant geblieben. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/9294) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/9099) hervor. Danach gab es 2006 an den Bahnübergängen der bundeseigenen Eisenbahnen 231 Unfälle und 2010 insgesamt 225. Bei nicht bundeseigenen Eisenbahnen waren dies 2006 30 Unfälle und 2010 28. Zurückgegangen ist in diesem Zeitraum allerdings die Anzahl der Bahnübergänge. So gab es 2006 bei der DB AG 21.416 Übergänge, 2010 waren dies nur 19.521.

*

7.‍ ‍ Im Bundestag notiert: direkte öffentliche Finanzierung einzelner Klagen

Recht/Antwort

Berlin: (hib/BOB) Die Bundesregierung lehnt eine direkte öffentliche Finanzierung einzelner Klagen von Privatpersonen oder -vereinigungen ab. Das erklärt sie in ihrer Antwort (17/9022) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8850). Für eine Vorfinanzierung des Verfahrens durch Darlehensgewährung der EU-Mitgliedstaaten oder einen generellen Verzicht auf Gerichtsgebühren bestehe keine Notwendigkeit. Im Gegenteil würde durch solche Maßnahmen die "Steuerungsfunktion des Kostenrechts" wegfallen.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 198 - 24. April 2012 - 12:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. April 2012