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SICHERHEIT/999: NATO-Verteidigungsministertreffen - Unbequeme Wahrheiten aussprechen


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 16. Juni 2020

NATO-Verteidigungsministertreffen: Unbequeme Wahrheiten aussprechen


Anlässlich der Videokonferenz der NATO-Verteidigungsminister am 17. und 18.6.2020 erklären Dr. Tobias Lindner, Sprecher für Sicherheitspolitik, und Jürgen Trittin, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:

Die NATO-Verteidigungsministerinnen und -minister müssen sich bei ihrer Videokonferenz ehrlich machen. Es ist Zeit, unbequeme Wahrheiten offen auszusprechen: Die Mitglieder selbst befeuern die Dauerkrise der NATO. Die NATO darf im Interesse Europas keine Anti-China-Allianz werden. Wenn die NATO einen größeren Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten will, darf sie nicht zur Demontage der Rüstungskontrolle durch die USA schweigen.

Stoltenberg beschwert sich, dass von außen "Zwietracht in unseren Ländern" gesät werde - doch dazu brauchen die NATO-Mitglieder gar keine Impulse von außen. Die NATO steckt mitten in einer existenziellen Krise. Die Fliehkräfte im Innern des Bündnisses werden von ihren Mitgliedern regelmäßig befeuert. Das NATO-Mitglied Türkei behindert gleichzeitig die EU-Mission Irini und blockiert das NATO-Verteidigungskonzept für Osteuropa.

Wieder einmal müssen die NATO-Partner lernen, dass Trump macht, was er ankündigt. Aber mit seiner Rhetorik der Bestrafung wird er keinen Erfolg haben. Wer so mit NATO-Partnern umgeht, kann nicht mit dem Anspruch, Verbündete an ihre vermeintlichen Zusagen erinnern zu wollen, in Brüssel auftreten. Die absurde Debatte um das Zwei-Prozent-Ziel hat nun ihren vorläufigen Schlusspunkt damit gefunden, dass das stärkste Argument für diesen unsinnigen Indikator zur Lastenteilung die Befriedigung der Wahlkampfinteressen eines im Wahlkampf befindlichen US-Präsidenten ist.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg reagiert auf Chinas Streben nach ökonomischer Dominanz mit den Reflexen des Kalten Krieges. Aber die alte Logik der Abschreckung wird dem komplexen Verhältnis Europas zu China nicht gerecht. China ist für die Europäische Union Wettbewerber, Partner und systemischer Rivale zugleich. Die NATO zu einer Anti-China-Koalition zu machen, würde deshalb essentielle Interessen Europas verletzten.

Die europäischen NATO-Mitglieder dürfen sich nicht mit der Demontage der Rüstungskontrollregime durch die USA abfinden. INF, New Start, Open Skies haben nicht einwandfrei funktioniert, aber ohne die Abkommen wird Europa unsicherer als mit ihnen. Darauf braucht die NATO eine Antwort.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 16. Juni 2020
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2020

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