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EUROPA/1289: Pauschale Asylmissbrauchsvorwürfe unterlassen


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 25. Oktober 2012

Pauschale Asylmissbrauchsvorwürfe unterlassen



Zu den Äußerungen von Bundesinnenminister Friedrich zum angeblichen Asylmissbrauch anlässlich des heute stattfindenden Treffens der EU Justiz- und Innenminister erklären Josef Winkler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und flüchtlingspolitischer Sprecher und Viola von Cramon, Mitglied im EU-Ausschuss:

Der Bundesinnenminister polemisiert einen Tag nach der Eröffnung des Mahnmals für die ermordeten Sinti und Roma weiter. Deutschland hat aus seiner Geschichte heraus eine besondere Verantwortung für den Schutz der Sinti und Roma. Die Kampagne des Bundesinnenministers gegen Roma-Flüchtlinge spricht dieser Verantwortung Hohn.

Pauschale Einordnungen bestimmter Herkunftsländer - wie Serbien oder Mazedonien - als "sicher" lehnen wir ab. Roma sind in beiden Ländern schwerwiegenden Diskriminierungen und Ausgrenzungen ausgesetzt. Der Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmarkt ist vielen Roma versperrt.

Auch die Visumsfreiheit für die Länder des Westbalkans ist unverzichtbar. Die erst 2009 eingeführte Reisefreiheit beendete die Isolation einer ganzen Region mitten in Europa. Reisefreiheit fördert die Identifikation mit Europa und transportiert Ideen von Pluralismus und Demokratie in die Transformationsgesellschaften.

Nicht nur falsch, sondern verfassungswidrig ist die von Verfassungsminister Friedrich vorgeschlagene Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes, in dem er für bestimmte Gruppen die Beträge kürzen will. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2012 zum Asylbewerberleistungsgesetz hat unmissverständlich klargestellt, was wir seit Jahren vertreten haben: Das Existenzminimum ist für alle Menschen gleich - egal ob Deutscher, Migrant oder Flüchtling. Das Bundesverfassungsgericht hat zudem in aller Deutlichkeit erklärt: Die im Grundgesetz garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.

Gegen zügige Asylverfahren hat niemand etwas einzuwenden - solange sie fair sind. Es dürfen nicht pauschal ganze Bevölkerungsgruppen vom Asylrecht ausgeschlossen werden. Auch Roma haben ein Recht auf eine Prüfung ihres Anspruchs auf Asyl, innerhalb derer die rassistische Diskriminierung in ihren Heimatländern in angemessener Weise zu berücksichtigen ist. Es ist sehr fraglich, ob das vom BAMF vorgesehene Schnellverfahren innerhalb einer Woche diesen Anforderungen Rechnung trägt. Fraglich ist auch, ob kurzfristig abgeordnete Angehörige der Bundeswehr und der Bundespolizei zur Durchführung von Asylverfahren ausreichend qualifiziert sind.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 25. Oktober 2012, Nr. 0927/12
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2012