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MELDUNG/130: Wasserkreislauf verstärkt plötzlichen Klimawandel (GFZ)


Information der Universität Potsdam und des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ

Pressemitteilung vom 19. Januar 2014

Wasserkreislauf verstärkt plötzlichen Klimawandel



Die Rolle des Wasserkreislaufs bei plötzlichen Temperaturänderungen ist eine entscheidende Größe im Ablauf schneller Klimaschwankungen. In der aktuellen Online-Ausgabe von Nature Geoscience (19. Januar 2014) zeigen Wissenschaftler der Universität Potsdam und des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, dass Änderungen des Wasserkreislaufs während der raschen Abkühlung zu Beginn der sogenannten Jüngeren Dryas-Kaltphase vor 12680 Jahren ein entscheidender Treiber des schnellen Klimawandels in Westeuropa waren. Die Potsdamer Geowissenschaftler konnten durch die Analyse von molekularen organischen Überresten in Ablagerungen im Meerfelder Maarsee/Eifel mit bisher nicht erreichter Genauigkeit Niederschlagsveränderungen rekonstruieren und somit erstmals Aussagen über Variationen des Wasserkreislaufs während dieser Klimaschwankung treffen. So konnten die Forscher zeigen, dass trockene Luftmassen aus der Polregion die lokalen Ökosysteme in Westeuropa aus dem Gleichgewicht brachten und zu den beobachteten tiefgreifenden Umweltveränderungen führten.

Sedimente in Binnenseen mit molekularen Überresten

Die genauen zeitlichen Abläufe plötzlicher Klimaschwankungen, die innerhalb weniger Jahre vor sich gehen können, sind bis heute eine große Unbekannte in der Klimaforschung. Die jetzt vorgestellten Ergebnisse wurden dadurch ermöglicht, dass ein neuartiges Untersuchungsverfahren für molekularen Fossilien an zeitlich präzise datierten jahresgeschichteten Seeablagerungen angewandt wurde. Bei diesem Verfahren werden molekulare Überreste von Pflanzen aus den Seeablagerungen extrahiert und chemisch analysiert. Aus dem Verhältnis von schweren Deuterium- und leichten Wasserstoffisotopen dieser Moleküle lassen sich Niederschlagsveränderungen genau nachvollziehen.

Die Jüngere Dryas war die letzte, etwa 1100 Jahre dauernde Kälteperiode am Ende der Eiszeit, an deren Beginn es in Mitteleuropa zu einer plötzlichen Veränderungen der Windsysteme und damit verbunden zu massiven Umweltveränderungen innerhalb weniger Jahre kam, wie Forscher des GFZ in einer früheren Studie gezeigt haben. "Mit der neuen Studie können wir jetzt erstmals nachweisen, dass diese Verlagerung der Windsysteme zu einer starken Trockenheit geführt hat, welche letztlich für das Absterben großer Waldgebiete verantwortlich war", erklärt Dr. Dirk Sachse, Leiter der Arbeitsgruppe am Institut für Erd- und Umweltwissenschaften der Universität Potsdam.

Veränderte Windsysteme bringen polare Trockenheit

Mit dieser neuen Studie konnten die Wissenschaftler auch die Hypothese bestätigen, dass sich die plötzliche Veränderung der Windsysteme in der Eifel erst 170 Jahre später ereignet hat als eine ebenfalls sehr plötzliche Abkühlung der Polarregion, wie sie in Grönländischen Eiskernen nachgewiesen wurde. Diese Verzögerung erklären die Forscher damit, dass sich aufgrund der Abkühlung das Packeis im Nordatlantik langsam nach Süden ausdehnte. Dies wiederum führte auch zu einer Südverschiebung der Trennfläche zwischen polarer Luft und der Luft gemäßigter Breiten, der Polarfront. Infolgedessen wurde die sehr trockene polare Luft nach Westeuropa gelenkt. "Damit ist uns ein weiterer Nachweis dafür gelungen, dass plötzliche Klima- und Umweltveränderungen nicht immer global zeitgleich verlaufen, sondern mit deutlich spürbaren regionalen Unterschieden und zeitlichen Verzögerungen", erklärt Prof. Achim Brauer vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ.

Die Ergebnisse dieser Studie, die von der DFG im Rahmen des Emmy-Noether Programmes und vom Helmholtz-Verbund Regionale Klimaänderungen REKLIM gefördert wurde, zeigen nicht nur eindeutig, dass sich Temperaturschwankungen regional ganz unterschiedlich auswirken können, sondern auch, dass Veränderungen im Wasserkreislauf ein verstärkender und für lokale Ökosysteme entscheidender Faktor während abrupter Temperaturschwankungen sind. Dies bedeutet weiterhin, dass bei regionalen Auswirkungen zukünftiger Klimaveränderungen Variationen des Wasserkreislaufs in Verbindung mit Veränderungen von Windsystemen nicht nur in den Monsunregionen der Erde, sondern auch in Mitteleuropa eine entscheidende Rolle spielen können. Die Ergebnisse dieser Studie tragen damit zur Entwicklung hoch aufgelöster regionaler Klimamodelle bei, mit denen die Auswirkungen des Klimawandels besser abgeschätzt werden können.

Internet: http://dx.doi.org/10.1038/ngeo2053

Rach, Oliver; Brauer, Achim; Wilkes, Heinz; Sachse, Dirk (2014): "Delayed Hydrological Response to Greenland Cooling at the onset of the Younger Dryas in Western Europe", Nature Geoscience, Advance Online Publication, doi:10.1038/ngeo2053

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Quelle:
Pressemitteilung vom 19. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2014