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MELDUNG/074: Ozeanversauerung in der Vorzeit (idw)


Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin - 02.03.2012

Ozeanversauerung in der Vorzeit


Eine internationale Forschergruppe mit Beteiligung von Wolfgang Kiessling vom Berliner Museum für Naturkunde untersuchte die Belege für Ozeanversauerung in der geologischen Vergangenheit und nimmt den Klimawandel-Skeptikern gehörig Wind aus den Segeln. Wahrscheinlich war der Eintrag des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre und das Meerwasser noch nie so groß wie heute. Das Wasser wird dadurch zwar nicht so sauer wie in einer Sprudelflasche, aber es reicht aus, den Organismen, die ein Skelett aus Kalk ausscheiden, das Leben schwer zu machen. Dazu gehören zum Beispiel Korallen und Muscheln, aber auch winziges Plankton, das am Anfang der Nahrungskette steht.

"Oft hört man von Klimaskeptikern 'Das ist doch alles schon dagewesen. Klimawandel ist natürlich und das Klima hat sich immer verändert, ohne dass es dem Leben geschadet hat. Treibhausgase waren früher auch viel mehr in Atmosphäre und das Meeresleben konnte gedeihen", so Wolfgang Kiessling vom Berliner Museum für Naturkunde und Mitautor der neuen Studie in Science. Wahrscheinlich bewirkt der heute durch den Menschen verursachte Treibhausgasaustoß Veränderungen im Erdsystem, wie sie noch nie dagewesen sind.

Die Gruppe um Bärbel Hönisch von der amerikanischen Columbia-Universität hat sich nun genauer angesehen, ob in der geologischen Vergangenheit vergleichbare Veränderungen wie heute nachweisbar sind. Geologische Zeitalter als Kandidaten gibt es viele. In den meisten Zeiten war es tatsächlich deutlich wärmer als heute, vor allem, weil die CO2-Konzentration bis zu 10-mal höher war. Aber, so ergeben die in der Arbeit vorgestellten Modellrechnungen, es ist nicht die Höhe der atmosphärischen CO2-Konzentration, die für die Sättigung des Meerwassers mit Kalzium-Karbonat - dem Rohstoff für die Skelettbildung - verantwortlich ist. Vielmehr ist die Geschwindigkeit ausschlaggebend, mit der sich die CO2-Konzentration verändert. Langsame Veränderungen schaden nicht, weil sich auf langen Zeitskalen neue Gleichgewichte einstellen. Um wirklich einen Effekt zu haben, müssen die Veränderungen 'rasch' vonstatten gehen. Selbst massive Erhöhungen von CO2 haben fast keinen Effekt, wenn Sie in Zeiträumen von mehr als 100 000 Jahren stattfinden. In den letzten 300 Millionen Jahren Erdgeschichte gab es nach der neuen Analyse wahrscheinlich nur drei Ereignisse, die mit heute auch nur annähernd vergleichbar sind. Selbst diese waren vermutlich - mit absoluter Gewissheit lässt sich das für lange zurück liegende Ereignisse nicht sagen - in der Rate der Veränderungen noch eine Größenordnung unter den heutigen.

Originalveröffentlichung:
Hönisch, B., Ridgwell, A., Schmidt, D. N., Thomas, E., Gibbs, S. J., Sluijs, A., Zeebe, R., Kump, L., Martindale, R. C., Greene, S. E., Kiessling, W., Ries, J., Zachos, J. C., Royer, D. L., Barker, S., Jr., T. M. M., Moyer, R., Pelejero, C., Ziveri, P., Foster, G. L. & Williams, B. in press. The Geological Record of Ocean Acidification. - Science (2. März 2012).

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1323


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und
Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin,
Dr. Gesine Steiner, 02.03.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2012