Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → KLIMA

FORSCHUNG/326: Die Macht der Flammen (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - 3.2012
Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft

Die Macht der Flammen

von Ute Kehse



Seit Landpflanzen die Kontinente besiedeln, gibt es auf der Erde Feuer. Doch bisher ist erstaunlich wenig darüber bekannt, welche Rolle Feuer im Klimasystem spielt - und das, obwohl Brände mit ihren Emissionen das Klima schon immer beeinflusst haben. Diese Lücke will Silvia Kloster vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg schließen. Sie erforscht die komplizierte Beziehung zwischen Feuer und Klima. In diesem Geflecht spielt auch der Mensch eine entscheidende Rolle.


Mit dem Feuer zu spielen ist nicht Silvia Klosters Ding. "Von Lagerfeuern habe ich mich eigentlich immer ferngehalten", bekennt die Forscherin schmunzelnd. Ihre eindrucksvollste Erfahrung mit dem heißen Element machte Kloster im Jahr 2011 bei einer Konferenz in Südafrika. Zusammen mit anderen Teilnehmern besuchte sie den Pilanesberg-Nationalpark nordwestlich von Johannesburg, als Hubschrauber Kugeln in der Größe von Tischtennisbällen in das mannshohe Grasland um sie herum warfen.

Die mit Kaliumpermanganat und Glykol gefüllten Bälle setzten die Savanne rasend schnell in Brand. "Es war beklemmend, plötzlich mitten im Feuer zu stehen", erinnert sich Silvia Kloster. Für die Meteorologin war es aber auch hochinteressant, ihr Forschungsthema einmal hautnah zu erleben. "Es war faszinierend, in der Praxis zu sehen, woran ich jeden Tag am Computer arbeite", sagt sie.


Forschung auf einem vernachlässigten Gebiet

Klosters Thema ist die wechselseitige Beziehung zwischen Feuer und Klima. Zwei Fragen beschäftigen die Meteorologin hauptsächlich: Verstärkt die globale Erwärmung natürliche Brände? Und wie wirken sich umgekehrt Feuer auf das Erdklima aus? Darüber ist erstaunlich wenig bekannt. Mit dem Thema "Feuer im Erdsystem" hat sich Silvia Kloster ein Gebiet ausgesucht, das bisher stiefmütterlich behandelt wurde. "Obwohl Feuer ein wichtiger Prozess auf der Erde ist, wird es in sogenannten Erdsystemmodellen nicht berücksichtigt", sagt die Forscherin, die am Hamburger Max-Planck-Institut eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe leitet.

Erdsystemmodelle sind Computerprogramme, die alle wichtigen natürlichen Vorgänge auf unserem Planeten in Formeln fassen, vor allem die Kreisläufe von Wasser und Spurengasen wie Kohlendioxid, sowie die Verwandlung von Sonnenenergie in Wärme, Wind und Biomasse. Der Hauptzweck der Erdsystemmodelle besteht darin, das Klima zu simulieren. Sie erfassen dafür nicht nur die Prozesse in der Atmosphäre, sondern auch auf dem Boden, in den Ozeanen und in den eisbedeckten Gebieten, der sogenannten Kryosphäre. Sie alle stehen mit der Lufthülle in Verbindung.

Erdsystemmodelle simulieren daher beispielsweise auch das Wachsen und Schmelzen von Gletschern, den Wandel der Vegetation, die Rückstrahlung der Landoberfläche oder biologische Prozesse im Meer. Doch das Element Feuer fehlt in praktisch allen diesen Modellen.


Eine Welt ohne Feuer sähe ganz anders aus

Dabei prägt die Macht der Flammen das Leben auf der Erde bereits seit gut 400 Millionen Jahren. Zu dieser Zeit eroberten die ersten Landpflanzen die Kontinente. Mit ihnen machte sich auch das Feuer breit - jene stürmische chemische Reaktion, die Kohlenstoff in Kohlendioxid umwandelt und dabei Energie in Form von Wärme und Licht freisetzt. Damit ein Feuer spontan entstehen kann, sind nur drei Zutaten nötig: Sauerstoff, Brennmaterial und eine Zündquelle.

Der Sauerstoffgehalt der Luft schwankte im Laufe der Erdgeschichte zwar stark, ist aber seit etwa 540 Millionen Jahren hoch genug, um organisches Material zu entzünden. Die Pflanzen lieferten später das nötige Brennmaterial. Auch Zündquellen gab es vermutlich schon immer - vor allem Blitze, aber auch Vulkanausbrüche oder Meteoriteneinschläge.

Für die Evolution dürfte das Feuer eine wichtige Rolle gespielt haben. Lange Zeit nahmen Biologen an, dass vor allem Klima und Boden bestimmen, welche Ökosysteme an einem Ort gedeihen. Doch diese Vorstellung gilt mittlerweile als zu einfach. "Auch Feuer haben entscheidenden Einfluss darauf, wie die Vegetation auf der Erde verteilt ist", sagt Silvia Kloster. Eine Welt ohne Feuer sähe ganz anders aus: "Es gäbe mehr Wald und wahrscheinlich keine Savannen." Einer Theorie zufolge konnten sich leicht entflammbare Gräser vor etwa acht Millionen Jahren deswegen großflächig auf der Erde ausbreiten, weil Brände die nötigen Breschen in die Wälder schlugen.

Mit der Erkenntnis, dass Feuer ein natürlicher Bestandteil vieler Ökosysteme sind, ändert sich vielerorts langsam die Einstellung zu ihnen. "In den USA herrschte lange Zeit die Politik vor, Feuer so weit wie möglich zu unterdrücken", sagt Silvia Kloster, "doch inzwischen hat sich herausgestellt, dass das gar nicht klug ist." Denn in Savannen, mediterranen Buschländern und den Nadelwäldern der nördlichen Taiga sind regelmäßige Brände nötig, um das Unterholz auszudünnen und die Vegetation zu verjüngen.


Forscher wollten die Rolle der Brände kaum akzeptieren

Die Bäume sind durch eine dicke Rinde vor der Hitze geschützt und überstehen die kurzen und oberflächlichen Brände in der Regel unversehrt. Im Pilanesberg-Nationalpark in Südafrika etwa wird das Gras einmal im Jahr kontrolliert abgebrannt. "Das schadet den Bäumen nicht", meint Kloster. "Über die Flammen konnte man sogar hinüberhüpfen."

Wenn es jedoch längere Zeit nicht brennt, sammelt sich mehr Zündstoff an. "Und irgendwann kann man einen Brand dann nicht mehr verhindern", sagt die Forscherin. Da sich viel mehr brennbares Material im Unterholz befindet, schlagen die Flammen höher und entwickeln größere Temperaturen. Solche Kronenbrände haben wesentlich schlimmere Folgen: Sie erfassen auch feuerresistente Bäume und zerstören sie.

Für Modellierer wie Silvia Kloster ist Feuer eine Herausforderung, weil es viele andere Prozesse auf der Erde beeinflusst und von diesen wiederum selbst beeinflusst wird. "Solche Rückkopplungsmechanismen finde ich spannend", sagt Kloster. "Auch das Mathematische liegt mir. Ich modelliere gern und finde es faszinierend, mit Großrechnern zu arbeiten."

Schon während ihrer Promotion am Max-Planck-Institut für Meteorologie befasste sich die Wissenschaftlerin mit einer Rückkopplung. Damals ging es darum, ob Meeresalgen das Klima wie eine Art Thermostat regulieren können. Ihre Rechnungen zeigten allerdings, dass die Hypothese falsch ist. Für ihre Leistung wurde sie mit der renommierten Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet.

Auf das Thema Feuer kam sie während ihrer Postdoc-Zeit an der Cornell University in den USA. "Feuermodelle gibt es noch nicht besonders lange", berichtet sie. Die Klimaforscher vernachlässigten diesen Teil des Erdsystems unter anderem deshalb, weil es nur wenige Daten darüber gab, wie häufig natürliche Feuer auftreten. Aber auch kulturelle Gründe mögen eine Rolle gespielt haben. Da Brände unerwünscht sind und lange als unnatürlich galten, fiel es vielen Forschern schwer, ihre fundamentale Rolle zu akzeptieren.

Inzwischen hat sich die Datenlage deutlich gebessert. Unter anderem registrieren Satelliten der Raumfahrtagenturen ESA und NASA, wo auf der Welt es gerade brennt. Die gleichen Satelliten können auch die sichtbare Rückstreuung des Sonnenlichts vom Erdboden messen, die Albedo. Wenn eine grüne Waldlandschaft abbrennt und nur schwarzer Ruß übrig bleibt, verändert sich die Albedo. So lässt sich die Fläche eines Brandes abschätzen. Kombiniert mit Informationen über die vorherrschende Vegetation, ergibt sich, wie hoch die vom Feuer verursachten Emissionen waren.


Klosters Gruppe erstellt eines der ersten Feuermodelle

Diese Größen braucht Silvia Kloster für ihr Modell. Ihre Gruppe - bestehend aus zwei Postdoktoranden, zwei Doktoranden und einem Programmierer - arbeitet derzeit als eines der ersten Teams weltweit daran, ein Feuermodell zu erstellen, das zum einen die Verteilung natürlicher Brände auf der Erde realistisch wiedergibt, zum anderen den Einfluss des Feuers auf das Klima berechnet. Das Modell ist Teil des Erdsystemmodells MPI-ESM des Max-Planck-Instituts für Meteorologie. Es wird vom Atmosphärenmodell mit Klimadaten gefüttert und produziert wiederum selbst Daten, etwa Kohlenstoffemissionen und Albedo-Änderungen; diese fließen in das Atmosphärenmodell zurück.

"Unser Feuermodell rechnet interaktiv im Erdsystemmodell mit", sagt Kloster. Weil Feuer durch seine Emissionen eng mit der Atmosphärenchemie verknüpft ist, arbeitet das Team um Kloster mit Forschern des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie zusammen. Auch mit dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, wo Spezialisten viele Beobachtungsdaten für Vegetationsmodelle und Feuermodelle sammeln, pflegt die Gruppe engen Kontakt.


Bei erhöhten CO2-Werten wächst mehr Brennmaterial

"Im Grunde ist unser Modell recht simpel", sagt Kloster. Feuer entstehen demnach, wenn an einem Punkt auf der Erdoberfläche genügend Brennmaterial in Form von Biomasse vorhanden ist, wenn diese Biomasse und der Boden trocken genug sind und wenn Gewitter oder der Mensch als Zündquelle zur Verfügung stehen. Unbeabsichtigt von Menschen ausgelöste Feuer zählen im Modell zu den natürlichen Bränden.

Alle drei Feuerfaktoren hängen vom Klima ab: Gewitter etwa treten umso häufiger auf, je wärmer es in einer Region ist. Gleichzeitig wachsen die meisten Pflanzen unter erhöhten atmosphärischen CO2-Konzentrationen besser. Bei den in Zukunft höheren CO2-Werten könnte sich in vielen Teilen der Welt mehr Brennmaterial sammeln. Durch Klimaänderungen hervorgerufene Trockenheit fördert Brände zwar einerseits, kann sie andererseits aber auch verhindern - wenn nämlich so wenig Wasser vorhanden ist, dass nichts mehr wächst. "In trockenen Regionen gibt es einfach weniger zum Abbrennen", sagt Kloster.

In seiner ersten Studie simulierte das Team die Häufigkeit von Feuern während des 20. Jahrhunderts. So wollten die Forscher testen, ob ihr Feuermodell die tatsächliche Verteilung von Waldbränden auf der Erde gut wiedergibt - ob also Waldbrände im Modell dort entstehen, wo sie auch in Wirklichkeit vorkommen. "Brandrodung haben wir auch erfasst, allerdings wird sie nicht mit mathematischen Gleichungen modelliert, sondern dem Modell durch externe Landnutzungsdaten vorgeschrieben, die unter anderem auf Informationen der Welternährungsorganisation FAO basieren", sagt Silvia Kloster.

Der Test bestätigte, dass das Modell die Wirklichkeit recht gut wiedergibt. Die Forscher stellten jedoch fest, dass der Mensch einen erheblichen Einfluss hat. Menschen sind laut Kloster einerseits selbst eine potenzielle Brandursache, andererseits bekämpfen sie Brände auch. Je höher die Bevölkerungsdichte an einem Ort ist, desto mehr wird für den Brandschutz getan - die Bevölkerung wird darüber aufgeklärt, im Wald keine Zigarettenkippen wegzuwerfen, Flugzeuge löschen aufflammende Brände schnell. Auch die landwirtschaftlich genutzten Flächen sind ein wichtiger Faktor. Da Äcker praktisch nie in Brand geraten und zudem die Ausbreitung von Waldbränden verhindern, treten weniger Feuer auf, je mehr Ackerflächen es gibt.


Im 21. Jahrhundert wird die Zahl der Brände zunehmen

Erst als Kloster und ihre Kollegen den Faktor Bevölkerungsdichte in ihr Programm einbauten, kam das richtige Ergebnis heraus. "An der US-Westküste würde es beispielsweise häufiger brennen, wenn man dort nicht aktiv gegen Waldbrände vorginge", sagt sie. Die Studie zeigte auch, dass die Zahl der Brände zwischen 1860 und 1960 weltweit abnahm. "Das ist sehr interessant, weil man bisher davon ausgegangen war, dass von Menschen gemachte Feuer in dieser Zeit zugenommen haben", sagt Silvia Kloster.

Doch die Modellrechnungen belegten, dass die steigenden Bevölkerungszahlen und die Waldbewirtschaftung letztlich zu weniger Bränden führten. Seit 1960 geht der Trend jedoch wieder nach oben. "Die Ursache dafür ist die globale Erwärmung", sagt Silvia Kloster. Dass das Modell die Wirklichkeit gut wiedergibt, zeigte sich etwa daran, dass es die extremen Brände des El-Niño-Jahres 1997/98 in Südostasien korrekt reproduziert.

In einer zweiten, 2012 veröffentlichten Studie berechnete das Team, wie sich die Lage im 21. Jahrhundert weiterhin entwickelt. Das Ergebnis: Die Zahl der Brände wird weiter zunehmen. Die Kohlenstoffemissionen durch Feuer werden im Vergleich zu den vergangenen 25 Jahren um ein bis drei Fünftel steigen. Dieses Ergebnis hängt allerdings von vielen Entwicklungen ab - etwa davon, wie stark die Bevölkerung wächst oder ob mehr Flächen landwirtschaftlich genutzt werden. Es sei durchaus möglich, dass sich die gegenläufigen Trends ausgleichen, schreiben Kloster und ihre Kollegen in der Zeitschrift BIOGEOSCIENCES.

In Südamerika nehmen Waldbrände dem Modell zufolge zu, weil es dort trockener wird. Tropische Regenwälder wie der Amazonas gelten eigentlich als weitgehend immun gegen Waldbrände. Auch wenn es dort länger nicht regnet, bleibt die Luftfeuchtigkeit unterhalb des Blätterdaches hoch, weil das von den Bäumen verdunstete Wasser nicht entweichen kann. Doch durch den Bau von Straßen und durch Rodung zerfällt der Regenwald in immer kleinere Parzellen. Diese Waldflecken sind anfälliger für Wind und Trockenheit als ein geschlossenes Waldgebiet.

Zwar werden für den Abbau von Tropenhölzern inzwischen häufig nur noch einzelne Bäume gefällt. Doch auch diese selektive Abholzung gefährdet den Regenwald. Die Trümmer, die Sägen und schwere Maschinen hinterlassen, sind guter Brennstoff. Und in den gelichteten Reihen kann sich ein Feuer besser ausbreiten. Zudem richten Brände in tropischen Wäldern mehr Schaden an als in an Feuer angepassten Ökosystemen, wie etwa die Savanne. Regenwaldbäume haben nur eine dünne Rinde und sind daher kaum geschützt.

Ein unerwartetes Ergebnis der Studie: Im Mittelmeerraum wird es weniger Feuer geben. Dort wird es so trocken, dass weniger Biomasse als Brennmaterial zur Verfügung steht", erläutert Silvia Kloster.


Natürliche Feuer sind die zweitgrösste CO2-Quelle

Welche Auswirkungen Brände auf das Klima haben, lässt sich derzeit noch nicht endgültig abschätzen. Die Formel "Wärmeres Klima = mehr Feuer = noch stärkere Erwärmung" ist jedenfalls zu einfach, sagt Silvia Kloster. "Feuer hat viele unterschiedliche Effekte. Einige davon wirken auch abkühlend." Als wichtigster Klimafaktor gelten die Kohlenstoffemissionen. Bei einem Feuer verbrennt der in Pflanzen gespeicherte Kohlenstoff zu Kohlendioxid. Das Treibhausgas entweicht sodann in die Atmosphäre. Allein ein Feuer, das im Sommer 2007 wochenlang in Alaska in der Nähe des Flusses Anaktuvuk schwelte und tausend Quadratkilometer Tundra in eine schwärzliche Mondlandschaft verwandelte, setzte 2,1 Millionen Tonnen Kohlenstoff frei - das entspricht den jährlichen Emissionen von 1,4 Millionen Autos.

Weltweit sind natürliche Feuer nach dem Menschen die zweitgrößte Quelle für das Treibhausgas Kohlendioxid. Sie setzen halb so viel CO2 frei wie der Mensch durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe. Insgesamt ist weltweit jährlich im Durchschnitt eine Fläche von 400 Millionen Hektar von Bränden betroffen, das ist mehr als die Fläche Indiens. Die Schwankungen sind allerdings groß. "Zudem muss man berücksichtigen, dass die Vegetation nach einem Brand wieder nachwächst. Dabei nimmt sie einen Teil des emittierten Kohlenstoffs wieder auf", sagt Silvia Kloster.

Bei einem Feuer entstehen aber noch weitere Treibhausgase. Das wichtigste davon ist der Kohlenwasserstoff Methan, dessen Treibhauswirkung die von CO2 um das 20-Fache übertrifft. Auch Stickoxide und reaktionsfreudige Spurengase wie Ozon entstehen, die wiederum die Chemie der Atmosphäre verändern können. Weiterhin bilden sich bei Bränden unterschiedliche Aerosole, also flüssige oder feste Schwebstoffe. Dunkle Aerosole wie schwarzer Kohlenstoff wirken erwärmend. Andere wie Sulfat-Aerosole wirken dagegen abkühlend. Sie reflektieren Sonnenlicht zurück in den Weltraum. Zudem beeinflussen Aerosole die Wolkenbildung.


Schwarze Flächen tragen zur Erderwärmung bei

Einen weiteren Klimaeffekt haben Waldbrände dadurch, dass sie die Farbe der Landoberfläche vorübergehend von Grün zu Schwarz ändern. Da schwarze Flächen mehr Sonnenlicht absorbieren als ein grüner Wald oder ein gelbes Grasland, heizen sie sich stärker auf und tragen so zur Erwärmung bei (Albedo-Effekt). "In hohen Breiten kann ein Feuer die Erdoberfläche aber auch heller machen", erklärt Silvia Kloster. "Wenn ein Wald abbrennt, ist die Fläche im Winter weißer, weil der Schnee nicht durch die Bäume verdeckt wird." Welche Rolle dieser Mechanismus spielt, wird in ihrer Gruppe gerade in einer Doktorarbeit untersucht.

Daneben wollen die Forscher noch weitere Rückkopplungsprozesse in ihr Modell einbauen. So arbeiten sie daran, den Transport von Asche in die Atmosphäre richtig zu modellieren. "Es macht einen Unterschied, ob die Aerosole in Bodennähe bleiben oder ob sie weiter nach oben bis in die Stratosphäre gelangen", erläutert Kloster. Auch Torfbrände können die Hamburger Forscher bislang noch nicht berücksichtigen, weil der Aufbau einer Torfschicht Millionen Jahre dauern kann und in Vegetationsmodellen noch nicht zufriedenstellend simuliert wird. "Bei uns brennt nur die Vegetation", sagt Kloster. "Torf ist eine große Quelle, die wir aber vernachlässigen müssen."


Brände waren in der Tundra bisher selten

Auch Brände in Permafrostgebieten wie 2007 am Anaktuvuk-Fluss will die Wissenschaftlerin in das Modell einbauen. Bei Bränden in der Tundra verkohlt zwar meistens nur eine dünne Moosschicht. Dennoch kann diese Zerstörung langfristige Folgen haben. Denn die dünne Pflanzendecke an der Oberfläche isoliert den dauerhaft gefrorenen Permafrostboden in der Tiefe vor der sommerlichen Wärme. Wird die Schutzschicht durch einen Brand zerstört, dann könnte der Permafrost stärker zu schmelzen beginnen, sodass sich Sümpfe bilden. Somit besteht die Gefahr, dass große Mengen von klimaschädlichem Methan freigesetzt werden, die dort seit Jahrtausenden lagern.

Womöglich könnte die globale Erwärmung im hohen Norden so einen unbeachteten Teufelskreis in Gang setzen. Denn Brände waren in der Tundra bisher selten. Ein Feuer wie 2007 am Anaktuvuk-Fluss hatte es im Norden Alaskas seit mindestens 5000 Jahren nicht gegeben. Doch der Sommer 2007 war so heiß und trocken wie noch nie. Mit der Wärme kommen erstmals auch Gewitter in die Arktis. Auslöser für das verheerende Feuer, das von Juli bis Oktober 2007 in der Tundra wütete, war ein Blitz.


AUF DEN PUNKT GEBRACHT
  • Seit jeher beeinflusst Feuer das Klima auf der Erde. Umgekehrt hat die globale Erwärmung auch einen Einfluss auf die Häufigkeit von Bränden.
  • Aufgrund der globalen Erwärmung steigt seit 1960 die Zahl der Brände. Modellrechnungen zufolge wird sie weiter zunehmen. Der Mensch ist dabei eine potenzielle Brandursache, er bekämpft Brände aber auch.
  • Obwohl Feuer ein wichtiger Klimafaktor ist, wird es in Erdsystemmodellen bisher nicht berücksichtigt. Forscher am Max-Planck-Institut für Meteorologie untersuchen daher die komplizierten Wechselwirkungen zwischen Feuer und Klima.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Feuer in der Klimarückkopplung: Mit dem zunehmenden Treibhauseffekt kommt es in manchen Gegenden häufiger zu Waldbränden, in anderen seltener. Damit verändern sich die Kohlendioxidbilanz und die Albedo, was sich wiederum auf das Klima auswirkt.

Feuer-Forscher: Silvia Kloster (ganz links) und ihre Arbeitsgruppe (Stiig Wilkenskjeld, Iryna Khlystova, Jessica Engels, Gitta Lasslop und Andreas Veira) stehen auf dem Dach des Geomatikums am Max-Panck-Institut für Meteorologie neben einer stillgelegten meteorologischen Messstation.

Kontrollierter Brand im Wald: Im Pilanesberg-Nationalpark in Südafrika wird das Gras einmal im Jahr abgefackelt, um zu verhindern, dass sich zu viel brennbares Material ansammelt und irgendwann ein auch für die Bäume gefährliches Feuer ausbricht.

Viele Faktoren machen eine Feuerprognose unsicher: Je nach dem zugrunde liegenden Klimaszenario steigen Kohlenstoffemissionen aus Bränden (links) im Vergleich zu den durchschnittlichen Emissionen der Jahre 1990 bis 2009 um etwa 20 Prozent oder bis zu 60 Prozent an. Beide Rechnungen berücksichtigen, dass Wälder bei wachsender Weltbevölkerung immer mehr Äckern weichen müssen und häufiger angezündet werden, die Brände aber auch vermehrt bekämpft werden. Die einzelnen Faktoren wirken sich dabei sehr unterschiedlich aus (rechte Grafik): Der Klimawandel führt je nach seiner Stärke (blau - ECHAM; hellblau - CCSM) zu einem mehr oder weniger starken Anstieg. Mit der veränderten Landnutzung (LN) nehmen tendenziell auch die Brände ab (rote Kurven), wobei der massivste Rückgang der Wälder auch den stärksten Rückgang bewirkt. Die Zahl der von Menschen verursachten Brände (MB) steigt, dies wird aber durch Feuerbekämpfung (FB) künftig mehr als kompensiert werden.

Wie lassen sich einzelne Brandursachen mathematisch fassen? Silvia Kloster entwickelt an der Tafel einen Ansatz, um die Blitzraten, die sich mit dem Klimawandel verändern werden, in ihr Feuermodell einspeisen zu können.

Die Klimaszenarien ECHAM/MPI-OM (links) und CCSM (rechts) ergeben ein unterschiedliches Bild davon, wo Brände am Ende des 21. Jahrhunderts mehr oder weniger Kohlenstoff (Gramm pro Quadratmeter und Jahr) freisetzen werden. Doch beiden Simulationen zufolge gehen Brände im Mittelmeerraum zurück, weil dort weniger Pflanzen wachsen werden.

Änderungen der Feuer-Wahrscheinlichkeit aufgrund verfügbarer Biomasse in Prozent
Änderungen der Feuer-Wahrscheinlichkeit aufgrund der Bodenfeuchte in Prozent
Zwei Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit von Feuern für die Jahre 2075 bis 2099 beeinflussen, ändern sich in den Klimaszenarien ECHAM/MPI-OM und CCSM: die Menge der verfügbaren Biomasse (oben) und die Feuchte des Bodens (unten). Generell brennt es in trockenen Gebieten häufiger, oft wächst dort aber auch weniger, was abbrennen könnte.

Anmerkung der Schattenblick-Redaktion:
Dieser Artikel kann als PDF-Datei mit Abbildungen heruntergeladen werden unter:
http://www.mpg.de/6387042/W005_Umwelt-Klima_070-077.pdf

*

Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin
der Max-Planck-Gesellschaft, 3.2012, S. 71-77
Hrsg.: Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
Redaktionsanschrift: Hofgartenstraße 8, 80539 München,
Tel.: 089/2108-1276, Fax: 089/2108-1405
E-Mail: mpf@gv.mpg.de
Internet: www.mpg.de/mpforschung


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2012