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FORSCHUNG/286: Symbiose mit Bodenpilzen - Petunie weist den Weg zu besseren Ernten (idw)


Universität Zürich - 08.03.2012

Petunie weist den Weg zu besseren Ernten


Die meisten Pflanzen leben in einer Symbiose mit Bodenpilzen und werden so mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Anhand der Petunie haben Pflanzenbiologen der Universität Zürich jetzt herausgefunden, dass es ein spezielles Transportprotein braucht, um diese Lebensgemeinschaft zu bilden. Eine gezielte Steuerung dieses Proteins könnte zu höheren Ernten führen.

Etwa 80 Prozent aller Landpflanzen gehen eine Symbiose mit im Boden lebenden Pilzen ein. Die Pilze liefern an die Pflanze Wasser, wichtige Nährstoffe wie Phosphat und Nitrat, und einige Spurenelemente wie Zink. Die Pflanze wiederum versorgt den Pilz mit Kohlenhydraten. Man nimmt an, dass die Pflanzen vor 400 Millionen Jahren nur dank dieser Symbiose vom Wasser ans Land migrieren konnten.

Die Bildung dieser Symbiose ist ein streng regulierter Prozess, den die Pflanze bei tiefem Nährstoffgehalt auslöst. Die Wurzeln geben das Hormon Strigolakton ab, das von den Pilzen bemerkt wird. Die Pilzhyphen wachsen auf die Wurzeln zu, durchqueren die Epidermis und vereinzelte Durchlasszellen und dringen in den Wurzelkortex ein. Dort bilden die Pilzhyphen fein verästelte Netzwerke, die wie kleine Bäume (arbusculum) aussehen und der Symbiose ihren Namen gegeben: vesikulär-arbuskuläre Mykorrhiza.

Das Hormon Strigolakton war bis vor etwa fünf Jahren bekannt dafür, dass es parasitische Pflanzensamen im Boden zum Keimen bringt und anlockt. Niemand hat zu diesem Zeitpunkt verstanden, weshalb Pflanzen diese Substanz produzieren, das schädlich für sie ist. Erst als die neue Funktion von Strigolakton in der Mykorrhiza-Bildung entdeckt wurde, wurde klar, dass das Anlocken der Parasiten ein schädlicher Nebeneffekt der Symbiose ist.


Wie kommen Strigolaktone in den Boden?

Wie genau Strigolaktone von den Wurzeln in den Boden abgegeben werden und wie die Pilze die spezialisierten Eintrittspunkte in die Wurzel finden, war bis anhin unbekannt. Die Forschungsgruppe von Prof. Enrico Martinoia der Universität Zürich hat nun in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Harro Bouwmeester aus Wageningen, Niederlande, diese Fragen gelöst. «Mit der Modellpflanze Petunie konnten wir nachweisen, dass das Protein PhPDR1 Strigolaktone transportiert», erklärt Prof. Martinoia. Dieses Protein gehört zu der Familie der ABC-Transporter, die in einfachen Organismen wie Bakterien aber auch in Menschen vorkommt.

Die Forscher haben beobachtet, dass PhPDR1 bei tiefem Nährstoffgehalt höher exprimiert wird, um mehr symbiotische Pilze anzulocken, welche dann für eine höhere Nährstoffversorgung sorgen. Es gibt aber auch Pflanzen wie die Modellpflanze Arabidopsis (Acker-Schmalwand), die keine Mykorrhiza bilden. Fügten die Forscher jedoch PhPDR1 hinzu, transportierten die Arabidopsiswurzeln neu Strigolaktone.


Ertragsverbesserungen und Unkrautbekämpfung

«Unsere Resultate werden helfen, die Mykorrhizierung von Pflanzen in nährstoffarmen Böden zu verbessern», ist Prof. Martinoia überzeugt. «Die Mykorrhizierung kann so dort ausgelöst werden, wo sie wegen Trockenheit oder Überflutung der Böden gehemmt ist.» Dadurch würden die Pflanzen besser genährt und erzielten eine höhere Ernte. Zusätzlich kann dank der Entdeckung des Strigolakton-Transporters die Sekretion von Strigolakton in den Boden gestoppt werden. Dies verhindert, dass parasitische Pflanzen angelockt werden, welche die Ressourcen der Wirtspflanzen aufbrauchen. «Das ist vor allem für Regionen in Afrika bedeutend, wo das parasitäre Unkraut Striga und andere parasitische Pflanzen regelmässig über 60 Prozent der Ernten vernichten», so Martinoia.

Literatur:
Tobias Kretzschmar, Wouter Kohlen, Joelle Sasse, Lorenzo Borghi, Markus Schlegel, Julien B. Bachelier, Didier Reinhardt, Ralph Bours, Harro J. Bouwmeester and Enrico Martinoia.
A petunia ABC protein controls strigolactone-dependent symbiotic signalling and branching.
Nature, doi:10.1038/nature10873.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Zürich, Beat Müller, 08.03.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2012