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ORNITHOLOGIE/187: Ameisenvögel - Gesangsüberraschungen (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 1/2010

Ornithologie aktuell

Ameisenvögel: Gesangsüberraschungen


Vögel sind in ihrer Biologie immer wieder für Überraschungen gut, so auch die beiden peruanischen Ameisenvogelarten Hypocnemis peruviana und Hypocnemis subflava, was ihre Gesangskünste angeht. Bislang ging man davon aus, dass nahe verwandte Arten, die im gleichen Verbreitungsgebiet vorkommen und deren Lebensräume (Habitate) sich vielleicht sogar überschneiden, in den Gesängen deutlich unterscheiden. Solche sympatrischen Zwillingsarten wie etwa Fitis und Zilpzalp, Sumpf- und Weidenmeise, Garten- und Waldbaumläufer und regional auch Orpheus- und Gelbspötter unterscheiden sich deutlich in ihren Gesängen und sind für den Vogelbeobachter erst dadurch eindeutig zu unterscheiden. Durch die unterschiedlichen Gesänge wird gewährleistet, dass die beiden Zwillingsarten sich nicht miteinander verpaaren, was genetisch in der Regel in der Sackgasse enden würde, da die Nachkommen nicht fruchtbar sind. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Bei den beiden im peruanischen Regenwald nebeneinander lebenden Ameisenvogelarten unterscheiden sich die Gesänge kaum, sondern nähern sich sogar einander an, um den sozialen Wettbewerb durch bessere Kommunikation zu steigern. Als die Ornithologen der Universität Oxford Populationen der beiden Arten in Gebieten untersuchten, in denen sie nebeneinander vorkommen, und solchen, in denen sie voneinander getrennt leben, mussten sie feststellen, dass die beiden Arten durchaus in der Lage sind, sich nach einer drei Millionen Jahre langen getrennten Entwicklung gesanglich einander anzugleichen, die territorialen Gesänge dieser Vögel in Design und Funktion mehr oder weniger austauschbar sind. Die Ergebnisse zeigen erstmalig, dass Arten, die um Raum und Nahrungsressourcen im Wettbewerb stehen und miteinander konkurrieren, sich durch soziale Interaktion einander annähern. Umso wichtiger ist es, dass sie sich in der Gefiederzeichnung und anderen äußeren Merkmalen bzw. nicht territorialen Signalen unterscheiden, damit es auch zwischen ihnen nicht zu Verwechslungen kommt. (wir)

J. Tobias u. a., Evolution, 2009, DOI: 10.1111/j.1558-5646. 2009.00795.x


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 1/2010
57. Jahrgang, Januar 2010, S. 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2010