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PLANET/537: Extrasolare Monde - schöne neue Welten? (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 11/13 - November 2013
Zeitschrift für Astronomie

Extrasolare Monde - schöne neue Welten?

Von René Heller



Während mittlerweile rund 1000 Planeten außerhalb des Sonnensystems gefunden wurden, steht der Nachweis von extrasolaren Monden noch aus. Aktuelle Studien zeigen, dass dies mit der heutigen Technologie zum ersten Mal möglich ist.



IN KÜRZE
  • Exomonde sind Trabanten in einer Umlaufbahn um einen Exoplaneten.
  • Wegen der Bestrahlung durch zwei Lichtquellen, Stern und Planet, unterliegen Exomonde komplizierten Lichtwechseln.
  • Mars- und erdgroße Exomonde könnten möglicherweise vorkommen, sind aber vermutlich selten.


Der Nachweis von Trabanten um extrasolare Planeten, so genannte Exomonde, ist in greifbare Nähe gerückt, ins besondere durch das Weltraumteleskop Kepler. Angesichts des schwierigen Unterfangens stellen sich berechtigte Fragen da nach, was wir überhaupt über Exomonde lernen können. Welche Beobachtungsgrößen gibt es und auf welche Eigenschaften dieser Himmelskörper werden sie uns schließen lassen?

Noch bevor auch nur eines dieser Objekte gefunden ist, wissen wir bereits, dass sich diese Welten grundsätzlich unterscheiden werden von den zahlreichen bisher entdeckten Exoplaneten. Ihr Tag-und-Nacht-Muster unterscheidet sich von dem auf Planeten durch das Wechselspiel von planetarer und stellarer Bestrahlung mit Bedeckungen des Sterns durch den Planeten. Sowohl das planetare Licht als auch die Verfinsterungen haben Auswirkungen auf das Klima eines Trabanten. Darüber hinaus werden die Monde durch Gezeiteneffekte gebunden rotieren, sie wenden wie alle größeren Monde des Sonnensystems ihrem Mutterkörper stets die gleiche Seite zu.

Bei massearmen Sternen gilt dies auch für erdähnliche Planeten, denn dort befindet sich die lebensfreundliche oder habitable Zone sehr nahe am Zentralgestirn. Die vom Stern erzeugten Gezeiten im Planeten führen ebenfalls zu einer gebundenen Rotation. In der Folge ist eine Seite des Planeten ständig dem Sternenlicht ausgesetzt, während die andere in der ewigen Dunkelheit liegt. Die dem Stern zugewandte Seite ist demnach sehr heiß, während die Nachtseite eisig kalt ist. Allerdings kann eine dichte Atmosphäre für einen Temperaturausgleich sorgen. Die lebensfreundlichsten Bedingungen herrschen dabei in der Dämmerungszone am Übergang zwischen beiden Hemisphären, wenn es auch starke Ausgleichsstürme geben muss. Für Monde um solche Planeten erwartet man hingegen einen Tag-Nacht-Rhythmus der stellaren Bestrahlung, da sie nicht an den Stern, sondern an den Planeten gekoppelt sind.


Achsenneigung verursacht Jahreszeiten

Ähnlich wie beim Saturnmond Titan ruft eine deutliche Achsenneigung des Planeten außerdem Jahreszeiten auf den Monden hervor, sofern diese den Mutterkörper am Äquator umrunden. Diese Effekte könnten sich auf die Stabilität eventueller Atmosphären von Exomonden positiv auswirken und ihnen gegenüber erdähnlichen Exoplaneten sogar Vorteile bringen. In den engen Bahnen eines natürlichen Satelliten um seinen Planeten spielt darüber hinaus die Gezeitenheizung eine entscheidende Rolle für das Klima des Mondes, seine mögliche Plattentektonik und Vulkanismus. Außerdem lassen sich je nachdem, ob ein Satellit einen Gasplaneten oder einen erdähnlichen Planeten umrundet, bestimmte Entstehungsszenarien und somit materielle Zusammensetzungen annehmen oder verwerfen.

Angesichts der derzeit mehr als 3548 Planetenkandidaten in den Kepler-Daten, von denen sich mehr als 100 Objekte von Neptun- bis Jupitergröße in der lebensfreundlichen Zone befinden, erleben wir mit den Studien zur Physik von Exomonden gerade die Geburt eines neuen Forschungszweigs.


Die Entstehung von Monden

Zunächst sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass selbst die massereichsten Monde im Sonnensystem, der Jupitermond Ganymed und Saturns Begleiter Titan, im Vergleich zur Erde Leichtgewichte sind: Ihre Massen erreichen nur den vierzigsten Teil der Erdmasse. Monde, die sich in den Messdaten von Kepler in absehbarer Zeit nachweisen lassen könnten, müssten jedoch mindestens ein Viertel der Erdmasse aufweisen, also um mindestens den Faktor zehn massereicher sein als Ganymed. Die Forscher suchen somit nach etwas, das wir aus unserem Sonnensystem nicht kennen.

Basierend auf den Bahnparametern, teilen die Astronomen die Trabanten im Sonnensystem in zwei Klassen ein: reguläre und irreguläre Monde. Erstere weisen fast kreisrunde, meist enge Umlaufbahnen auf. Sie umrunden den Planeten in seiner Äquatorebene und zwar in der gleichen Richtung wie sich der Planet dreht. Die Forscher gehen davon aus, dass sie sich direkt beim Planeten in einer zirkumplanetaren Scheibe aus Eis und Gestein bildeten. Die meisten der irregulären Monde hingegen sind wahrscheinlich eingefangen worden. Das bekannteste Beispiel hierfür ist der größte Neptunmond Triton. Seine Bahn ist um 157 Grad gegen den Neptunäquator geneigt, er umläuft den Gasplaneten also retrograd (rückläufig).


Massereiche Trabanten sind selten

Gegen das Vorkommen von massereichen, regulären Exomonden sprechen die Ergebnisse von zwei internationalen Forschergruppen aus Boulder und Tokio aus den vergangenen Jahren. Die Gruppe in Boulder fand in ihren theoretischen Untersuchungen, dass die Masse der für die Bildung von Monden zur Verfügung stehenden Materie um Gasplaneten ungefähr ein Fünftausendstel der Planetenmasse ausmacht. Diesem Anteil entsprechen beispielsweise die Summe der Massen der vier Galileischen Monde im Vergleich zur Jupitermasse und Titans Masse relativ zu Saturn. Auf der Suche nach einem Mond mit der Masse des Mars müsste man also Planeten untersuchen, die mindestens die doppelte Jupitermasse besitzen. Monde mit Erdmasse hätten bereits Mutterkörper mit der Masse eines Braunen Zwergs.

Verantwortlich für diese Massenbarriere während der Entstehung ist nach Ansicht der Forscher aus Boulder die Konkurrenz zweier Prozesse: Während aus der zirkumstellaren Scheibe Materie auf den Gasplaneten einfällt, wodurch auch der Trabant wächst, werden die massereichsten Monde von der Reibung mit dem Gas in der Scheibe in immer engere Bahnen um den Planeten getrieben. Schließlich zerreißen sie unter den enormen Gezeitenkräften, und ihre Trümmer regnen zumindest teilweise auf den Planeten herab.

In einer Erweiterung dieser Theorie wies die Tokioter Gruppe allerdings nach, dass auch marsgroße Monde um jupiterähnliche Planeten entstehen können. Sogar Satelliten mit der Masse der Erde könnten vorkommen, seien aber äußerst selten. Zahlreiche weitere Untersuchungen befassen sich mit der Frage, ob Objekte von Mars- bis Erdmasse durch Einfangen in stabile Bahnen um Gasplaneten gelangen könnten. Sie zeigen, dass solche Ereignisse durchaus möglich sind, vermögen aber nicht vorherzusagen, wie häufig sie sind. Die Frage nach den Wahrscheinlichkeiten wird wohl erst der Nachweis von Exomonden oder die erfolglose Suche nach ihnen beantworten.


Wie lassen sich Exomonde aufspüren?

Bisher gibt es keine bestätigte Beobachtung eines extrasolaren Mondes. Zum einen liegt das an der zu erwartenden Seltenheit dieser Objekte, zum anderen fehlten bis vor Kurzem die dafür erforderlichen Instrumente. Denn die zu beobachtenden Effekte sind nicht nur extrem selten, sondern auch so winzig, dass eine Suche nach Exomonden mit erdgebundenen Teleskopen um zufällig ausgewählte Planeten aussichtslos wäre. Durch den erfolgreichen Betrieb des Kepler-Teleskops von 2009 bis 2013 wurde diese Hürde just genommen. Nun begeben sich die Astronomen auf die Suche nach den möglicherweise in den bereits gesammelten Daten versteckten Hinweisen auf Exomonde.

Anfang 2012 begann ein Team um den Astrophysiker David Kipping vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics die erste gezielte Suche nach Exomonden. Ihr Programm trägt den Namen »Hunt for Exomoons with Kepler«, kurz HEK. In mehreren Forschungsarbeiten hatten Kipping und seine Koautoren zuvor die theoretischen Grundlagen für den Nachweis von Exomonden erarbeitet. Mit diesen und den Studien anderer Forscher kristallisierten sich mittlerweile mehrere Effekte heraus, die das Aufspüren erlauben. Einige von ihnen werden direkt durch einen Trabanten hervorgerufen, andere bestehen aus kleinen Abweichungen des Planeten von seiner Bahn. Beide Kategorien haben jedoch gemeinsam, dass sie nur für eine bestimmte Klasse von Planeten auftreten: die Transitplaneten. Diese ziehen von der Erde aus gesehen im Lauf ihrer Bahn um den Stern vor diesem vorbei und verdunkeln ihn dabei geringfügig. Da ein Planet während des Transits, also während wir seine unbeleuchtete Seite sehen, in guter Näherung schwarz ist im Vergleich zu seinem Stern, lässt sich die Stärke des Helligkeitsverlusts gut dadurch abschätzen, dass man die Fläche der Planetenscheibe mit der Fläche der Sternscheibe in Relation setzt.

Würden wir die Verdunklung der Sonne durch Jupiter betrachten, befänden wir uns also außerhalb der Jupiterbahn, so erlitte die Sonne eine Helligkeitseinbuße von ungefähr 0,988 Prozent. Die Verdunklung durch die Erde betrüge nur 0,0084 Prozent, also weniger als ein Zehntausendstel.

Mittlerweile sind rund 382 Transitplaneten in 292 Sternsystemen bekannt. Mehr als 3500 weitere Kepler-Kandidaten harren ihrer Bestätigung durch weiterführende Analysen der Messdaten oder durch unabhängige Beobachtungen. Die präzise Periodizität der Bedeckungen erlaubt den Einsatz von automatischen Nachweisprogrammen zur Suche nach Exoplaneten. Für den Fall, dass der Planet seinen Stern ohne Mond umkreist, und vorausgesetzt, dass die Bahnstörungen durch etwaige weitere Planeten gering sind, bleibt die Periode der Durchgänge konstant. Wird der Planet jedoch von einem Mond begleitet, so verursacht die gravitative Wechselwirkung ein Torkeln des Planeten, denn beide Körper umrunden dann ihren gemeinsamen Schwerpunkt. Die Auslenkung von diesem Massenzentrum erfolgt für die beiden Körper in entgegengesetzter Richtung und wird durch das Hebelgesetz


beschrieben. Dabei sind MP und MM jeweils die Masse des Planeten und des Mondes und dP und dM bezeichnen die Abstände der beiden Objekte vom Massenzentrum. Die Auslenkung des Planeten wird also typischerweise viel kleiner sein als diejenige seines Begleiters. Je nachdem, in welcher Konstellation von der Erde aus gesehen das Paar aus Planet und Mond vor dem Stern entlangzieht, wird der Planet mal in Richtung seiner Bewegung um den Stern ausgelenkt sein, mal in die entgegengesetzte Richtung. Im ersten Fall erfolgt der Durchgang etwas früher als im Durchschnitt, im zweiten Fall etwas später.

Diese Variationen betragen je nach den Massen- und Abstandsverhältnissen in dem Dreikörper-System aus Stern, Planet und Mond Sekundenbruchteile bis hin zu wenigen Minuten. Der englische Ausdruck für dieses Phänomen lautet »transit timing variation« (TTV, siehe Kasten unten). Bereits Ende der 1990er Jahre wurde vorhergesagt, dass die Größe der zeitlichen Variation der Transitperiode proportional zur Mondmasse und der großen Halbachse der Mondumlaufbahn ist. Diese Abhängigkeit allein lässt also nicht eindeutig auf den jeweiligen Abstand zwischen Planet und Mond schließen. Hierfür wird eine weitere Beobachtungsgröße benötigt.


Veränderung der Durchgangszeiten (TTV)

Die blaue, spiralige Kurve zeigt die Bahn eines Mondes, die schwarze Ellipse den Planetenorbit. Das Duett aus Planet und Mond (schwarze Punkte) umrundet gemeinsam den gelb markierten Stern. Die Länge des Vektors s- vom Mond zum Planeten ist dabei stark vergrößert dargestellt, damit das Torkeln des Satelliten sichtbar wird. Der Ausschnitt (rechts) zeigt einen Zeitpunkt, zu dem Planet und Mond von der Erde aus gesehen vor dem Stern vorbeiziehen. Offenbar befindet sich der Mond am Ende des gemeinsamen Orbits mit dem Planeten um den Stern nicht an der gleichen Stelle wie zum Start der Simulation.
Einen entgegengesetzten räumlichen Versatz erfährt dabei auch der Planet. Allerdings ist dieser noch um einiges kleiner als derjenige seines Begleiters und so ist er auf dieser Grafik nicht erkennbar. Wir können dennoch aus ihr erahnen oder komplizierter genau berechnen, dass die Periode des Durchgangszeitpunkts des Planeten von Orbit zu Orbit kleinen Schwankungen unterworfen sein wird. Diese Abweichung bezeichnet man als Transit Timing Variation (TTV).
Grafik der Originalpublikation im Schattenblick nicht veröffentlicht.


Im Rahmen seiner Doktorarbeit am University College London konnte David Kipping einen neuen Effekt ausfindig machen, die so genannte transit duration variation (TDV), also die Variation der Dauer des Planetentransits. Diese Schwankung kann zweierlei Ursprung haben: Zum einen variiert neben der Auslenkung auch die tangentiale Geschwindigkeitskomponente des Planeten. Je nachdem, in welche Richtung sich der Mond während des Durchgangs gerade um den Planeten bewegt, wird der Planet eine zusätzliche Geschwindigkeit in Richtung seiner Bahn um den Stern erfahren oder ein wenig langsamer vor der stellaren Scheibe entlang ziehen. Dadurch ist der Transit jeweils etwas kürzer oder länger als im Durchschnitt. Da die Variation der Geschwindigkeitsrichtung der Auslöser für diese Sorte von TDV ist, wird diese »TDV-V« abgekürzt, wobei das letzte »V« für »velocity«, also die Geschwindigkeit steht.

Andererseits kann die Bahnebene des Trabanten um seinen Mutterkörper relativ zur Bahnebene des Planeten um den Stern gekippt sein. Dadurch erfährt der Planet während seiner Durchgänge eine Auslenkung aus der mittleren Bahnebene und zieht mal näher zur Mitte der Sternscheibe, mal eher am Rand der Sternscheibe entlang. Näher zur Mitte ist der Weg über die Sternscheibe länger, direkt in der Mitte entspricht er einfach dem Winkeldurchmesser des Sterns. Somit entsteht die so genannte »TDV-TIP«, wobei der Suffix »TIP« für das englische »transit impact parameter« steht, also den Abstand des Planetentransits von der Sternmitte. Die Schwankungen der beiden TDV-Effekte liegen in der gleichen Größenordnung wie diejenige der TTV. Die kompletten mathematischen Ausdrücke enthalten die Masse des Planeten und des Sterns sowie die Umlaufperiode des Paars aus Planet und Mond um den Stern. Diese Parameter sind durch zeitlich hoch aufgelöste Spektrokopie allesamt zugänglich, so dass sich schließlich die Masse des Mondes sowie sein Abstand zum Planeten ableiten lassen.

Die bisher beschriebenen Effekte sind allesamt indirekter Natur: Nicht der Mond, sondern der Planet wird beobachtet und von ihm auf die Existenz des Mondes geschlossen. Natürlich ist es auch denkbar, dass sich ein Durchgang eines Mondes direkt beobachten lässt. Das Weltraumteleskop Kepler wurde zum Nachweis von erdgroßen Planeten gestartet und stieß bereits auf deutlich kleinere Objekte mit der Größe des Mars. Ein marsgroßer Mond, der um einen jupiterähnlichen Planeten kreist, wäre somit direkt zu entdecken (siehe Kasten unten). Bei einer solchen Beobachtung ließe sich der Mondradius ermitteln. Zusammen mit der Masse des Mondes ergäben sich seine mittlere Dichte und somit die Zusammensetzung.



Durchgänge von Exomonden

Neben der Veränderung der Durchgangszeiten (TTV) des Planeten kann theoretisch auch der Durchgang des Mondes selbst vor der Sternenscheibe beobachtet werden. Eine solche Beobachtung wäre von enormem Wert für die Charakterisierung des Mondes, ließe sie doch Rückschlüsse auf den Radius des Mondes und so eventuell auf seine Dichte und Zusammensetzung zu. Das Weltraumteleskop Kepler sollte in der Lage sein, planetare Begleiter mit einem Radius des Mars oder der Erde zu entdecken. Die hier gezeigte Simulation stammt von dem am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics angesiedelten Projekt Hunt for Exomoons with Kepler (HEK), mit dem Astronomen nach genau solchen Exomond-Signaturen in den Kepler-Daten suchen. Die Schnappschüsse des Bahnverlaufs in den Abbildungen (1) bis (10) sind je nach einem weiteren Viertel der Umlaufdauer um den Stern aufgenommen. Durchgänge des Planeten ereignen sich in (2), (6) und (10), während der Mond auch in (2) und (10), nicht aber in (6) die Sternscheibe trifft.
Grafiken der Originalpublikation im Schattenblick nicht veröffentlicht.
Das Video »The Hunt for Exomoons« von Alex Parker zeigt die Bedeckungslichtkurve eines Exoplaneten mit seinem Exomond:
http://goo.gl/6wrLvq


Mehrere Untersuchungen der Heidelberger Forscherin Lisa Kaltenegger und ihrer Koautoren zeigen zudem, dass sich die spektralen Signaturen von Leben auf Exomonden, die so genannten Biomarker und Bioindikatoren - letztere können auch ohne Lebensprozesse produziert werden - mit den Weltraumteleskopen der nächsten Generation nachweisen lassen sollten (siehe SuW 9/2013, S. 46). Hierzu zählen molekularer Sauerstoff (O2), Ozon (O3,) Methan (CH4) und Distickstoffmonoxid (N2O, auch bekannt als Lachgas), Kohlendioxid (CO2) und Wasserdampf (H2O).

Die dafür notwendigen Messungen wären jedoch nur für Monde bei Planeten um Sterne der Spektralklasse M in unserer kosmischen Nachbarschaft möglich. Denn weil M-Sterne sehr leuchtschwach sind, müssen sie sich für eine ausreichende Lichtausbeute in geringer Entfernung zu uns befinden. Die lebensfreundliche Zone liegt sehr nahe am Stern, so dass ein Planet-Mond-Duett eine kurze Umlaufperiode aufweisen müsste. Somit könnten innerhalb weniger Erdjahre ausreichend viele Transite beobachtet werden, deren Signale sich aufsummieren ließen.

In den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten wird die direkte spektroskopische Beobachtung von Exomonden noch nicht möglich sein. Dennoch können wir aus den oben aufgezählten Bahnparametern des Systems aus einem Stern, einem Planeten und einem Mond bereits eine Menge über die Bedingungen auf dieser Mondoberfläche folgern. Dabei gilt es verschiedene Effekte zu berücksichtigen.


Welten im Licht von Stern und Planet

Ein wesentlicher Unterschied zwischen einem frei rotierenden erdgroßen Planeten und einem Mond gleicher Größe besteht darin, dass Letzterer von zwei bedeutenden Lichtquellen beschienen wird. Auf der Erde, also auf einem Planeten stehend, kennen wir das umgekehrte Phänomen, dass wir in einer klaren Nacht bei Vollmond sogar lesen können. Man stelle sich vor, wie hell eine Nacht auf dem Jupitermond Europa sein mag, wenn um Mitternacht der gigantische Gasriese im Zenit steht! Obwohl weiter von der Sonne entfernt, leuchtet er am Himmel von Europa mit einer um bis zu 5 mag größeren Gesamthelligkeit als der Mond auf die Erde.

Mein Kollege Rory Barnes vom Astrobiology Institute der University of Washington in Seattle und ich haben uns daran gemacht, die Einstrahlungseffekte eines Planeten auf seine Monde zu ermitteln. Dabei haben wir sowohl das vom Planeten auf den Mond reflektierte Sternenlicht als auch die thermische Strahlung des Planeten berücksichtigt. Die durch Beobachtungen der großen Monde in unserem Sonnensystem und durch die Theorie der Gezeiten gerechtfertigte Prämisse unseres Modells ist, dass der Mond gebunden rotiert. Er wendet seinem Planeten also stets die gleiche Hemisphäre zu.

Unternehmen wir nun im Geist eine Reise auf solch einen Exomond, der einen Gasplaneten umrundet! Wir stellen uns vor, dass auf ihm gerade Mitternacht herrscht und dass wir am subplanetaren Punkt auf dem Mond stehen (siehe Kasten unten). Der Planet steht also genau im Zenit, während sich der Stern gerade unter unseren Füßen befindet, also auf der vom Planeten abgewandten Seite des Mondes. Stern, Mond und Planet bilden eine Linie. Zwar ist nach den Begriffen, wie wir sie auf der Erde verwenden, gerade Mitternacht, doch schauen wir hoch in den Zenit, so sehen wir die voll beleuchtete Scheibe des Planeten.


Direkte und indirekte Beleuchtung

Beispiele für das knifflige Wechselspiel der Bestrahlung von Monden durch Stern und Planet finden wir auch in unserem Sonnensystem.
Das linke Bild zeigt den Saturnmond Enceladus. Er wird von links durch die Sonne beleuchtet und von rechts durch das Licht der an Saturn reflektierten Sonnenstrahlung. Man achte auf die unterschiedlichen Farben und Intensitäten. Die weiße Ellipse markiert den subplanetaren Punkt des Mondes - dort steht Saturn im Zenit. Das rechte Bild zeigt die Jupitermonde Europa (links) und Io. Auf der nördlichen Hemisphäre von Io speit ein Vulkan Materie aus. Während von links die Sonne leuchtet, erhellt Jupiter die dunklen Seiten - bei Io deutlich zu sehen. Die Monde sind rund 800.000 Kilometer voneinander entfernt und erscheinen nur in dieser Perspektive nahe beieinander.
Abbildungen der Originalpublikation im Schattenblick nicht veröffentlicht.


Je nachdem, wie weit unser Mond vom Planeten entfernt ist, welchen Radius der Planet besitzt und welchen Anteil des einfallenden Sternenlichts er reflektiert, wird die einfallende Strahlung eine Leistung zwischen ungefähr einem und hundert Watt pro Quadratmeter haben. Zum Vergleich: Die Sonne strahlt mit einer Leistung von rund 1400 Watt pro Quadratmeter auf die Erde, während der Vollmond ungefähr 0,01 Watt pro Quadratmeter auf die Erde reflektiert. Das reflektierte Licht eines Exoplaneten mit einer Leistung von einigen zehn Watt pro Quadratmeter kann also die Nacht buchstäblich zum Tag machen!

Zusätzlich zur Spiegelung des Sternenlichts gibt der Planet thermische Strahlung an den Mond ab. Unter der Annahme von realistischen Albedowerten stellten wir fest, dass ihr Beitrag um den Faktor zehn kleiner als das reflektierte Licht und damit meist vernachlässigbar ist. Die Bilder in obigem Kasten veranschaulichen die interessante Überlagerung von stellarer und planetarer Bestrahlung mit zwei Momentaufnahmen aus dem Sonnensystem. Auf dem subplanetaren Punkt des Saturnmonds Enceladus im linken Bild - markiert durch ein Oval - herrscht gerade Mitternacht.

Noch seltsamer wird es, wenn wir nun versuchen, uns den Tagesablauf auf jenem Mond vorzustellen. Die Intensität der Einstrahlung vom Planeten hängt nämlich von dessen Phase ab. Um Mitternacht leuchtet der Planet über dem subplanetaren Punkt auf dem Mond am hellsten (siehe Grafik unten). Danach nehmen seine Phase und Einstrahlungsintensität ab, bis bei Sonnenaufgang nur noch die dem Stern zugewandte Hälfte scheint. Dann ist »Halbplanet« in Analogie zu dem von der Erde aus betrachteten Halbmond.

Nun nähern wir uns einem Spektakel: Kurz vor der Mittagszeit wird es auf einmal stockdunkel. Einmal am Tag schiebt sich der Planet vor den Stern, und da wir uns nun über der unbestrahlten Hemisphäre des Planeten befinden, ist es tatsächlich dunkel, denn die thermische Strahlung des Planeten lässt sich, wie erwähnt, vernachlässigen. Die Rückseite des Planeten schneidet derweil einen schwarzen Kreis aus dem Himmel aus - und das zur Mittagszeit! Während dieser Minuten bis wenige Stunden dauernden Bedeckung dürften die Temperaturen auf dem Mond spürbar sinken. Kurz danach kommt der gleißend helle Stern wieder hinter dem Planeten hervor und bei Sonnenuntergang erscheint nun die andere Hälfte des Planeten beleuchtet und nimmt weiter zu bis Mitternacht. Dabei entspricht die Tageslänge genau der Umlaufperiode des Mondes um seinen Planeten.

Während dieses hypothetischen Vorgangs haben wir angenommen, dass sich das Paar aus Planet und Mond nicht nennenswert um den Stern bewegt. Das Bestrahlungsverhalten wird jedoch komplexer, wenn das Massenzentrum von Planet und Mond eine exzentrische Bahn um den Stern beschreibt (siehe Kasten). Dann hängt die Einstrahlung zusätzlich von seinem im Lauf des Jahres variierenden Abstand zum Stern ab.

In unserer Arbeit haben Rory Barnes und ich über das hier geschilderte Szenario hinaus Fälle erwogen, in denen die Bahn des Trabanten gegen die Umlaufebene, die das Paar aus Planet und Mond um den Stern einnimmt, geneigt ist. Im Sonnensystem ist der Saturnmond Titan hierfür ein gutes Beispiel. Die Rotationsachse von Saturn ist um 26,7 Grad gegen die Umlaufebene um die Sonne geneigt. Der Ringplanet erfährt also gemäß seiner Umlaufzeit über einen Zeitraum von 29,5 Erdjahren ausgeprägte Jahreszeiten. Titan umrundet Saturn in dessen Äquatorebene und durchläuft somit auch Jahreszeiten. Durch diese starke Neigung kommt es von Titan aus gesehen nicht wie in unserem oben betrachteten Fall, einmal pro Umlauf des Mondes zu Verfinsterungen der Sonne hinter Saturn. Über die meiste Zeit des Jahres bewegt sich die Sonne nämlich zur Mittagszeit unter- oder oberhalb von Saturn vorbei. Lediglich um den Frühlings- und den Herbstpunkt des Ringplaneten, also wenn die Sonne bei den Tag-und-Nacht-Gleichen die Äquatorebene durchquert, wird sie pro Titan-Umlauf einmal von Saturn bedeckt.


Gezeiteneffekte heizen Monde auf

Stockdunkle Mittagszeit, hell erleuchtete Nacht, Tage mit Längen von mehreren Erdtagen - welch bizarre Welten wir uns da vorstellen! Und wir sind noch nicht am Ende: Betrachten wir noch einen Aspekt, nämlich den der Gezeitenheizung! Für Monde auf engen Bahnen, also mit Abständen von weniger als ungefähr zehn Planetenradien, ist diese Energiequelle bedeutsam. Das bekannteste Beispiel aus dem Sonnensystem ist hierfür der Jupitermond Io. Im Kasten oben ist einer seiner zahlreichen aktiven Vulkane zu sehen. Io ist der geologisch aktivste Körper des Sonnensystems. Während auf der Erde ein Wärmefluss von rund 0,08 Watt pro Quadratmeter aus dem Inneren austritt, emittiert Io satte zwei Watt pro Quadratmeter aus seiner Gezeitenheizung. Auf der Erde wird der Wärmefluss dagegen hauptsächlich durch radioaktive Zerfälle im Mantel und Kern gespeist und nur zu einem sehr kleinen Teil durch die Gezeitenheizung vom Mond. Die Folgen der Gezeitenheizung für Io sind globaler Vulkanismus, das Ausströmen von Gasen mit einem durchschnittlichen Massenverlust von einer Tonne pro Sekunde und wahrscheinlich ein unterirdischer, mehr als 1200 Grad Celsius heißer Magmaozean aus diversen Schwefel- und Eisenverbindungen.

Auf Europa, der seine Bahn um Jupiter weiter außen zieht, ist die Gezeitenheizung deutlich geringer. Beobachtungen der NASA-Sonde Galileo in den 1990er Jahren deuten jedoch darauf hin, dass ihre Leistung ausreicht, unter der gefrorenen Oberfläche des Mondes einen gewaltigen Ozean aus Wasser flüssig zu halten. In Gedanken an die so genannten Schwarzen Raucher (englisch: black smoker) am Grund der irdischen Tiefsee, in deren Umgebung man komplexe, von der Erdoberfläche und dem Sonnenlicht unabhängige Ökosysteme gefunden hat, lassen uns Galileos Befunde an die Möglichkeit von Leben auf Europa denken.

Extrasolare Monde mit solch einer moderaten Gezeitenheizung mögen bewohnbar sein oder nicht, wir würden das beim besten Willen nicht voraussagen können. Mit Sicherheit können wir jedoch sagen, dass Exomonde mit Gezeitenheizung vergleichbar derjenigen von Io nicht bewohnbar sind. Selbst wenn ein Exomond mit seinem Planeten in der lebensfreundlichen Zone um den Stern zieht, würde das durch Vulkanismus freigesetzte Kohlendioxid den Mond in ein überhitztes Treibhaus ähnlich der Venus verwandeln. Das von Rory Barnes und mir entwickelte Modell, das die Einflüsse von stellarer sowie planetarer Einstrahlung mit der Gezeitenheizung koppelt, soll helfen, die kostbare Beobachtungszeit an Großteleskopen sinnvoll einzuteilen und nur den aussichtsreichen Objekten Priorität zu geben. Schließlich werden Monde, die eventuell bewohnbare oder gar bewohnte Oberflächen haben und von einer erdähnlichen Atmosphäre umgeben sein könnten, die attraktivsten Ziele sein.


Wie wirken Einstrahlung und Gezeitenheizung zusammen?

Unser Modell, das die Bestrahlung und die Gezeitenheizung auf Monden berücksichtigt, haben wir in ein Computerprogramm übertragen und konnten damit den Energiefluss simulieren. Betrachten wir als Beispiel einen hypothetischen Trabanten um den Exoplaneten Kepler 22b, der seinen sonnenähnlichen Stern in der lebensfreundlichen Zone umrundet: Der Planet weist einen Radius von ungefähr 2,4 Erdradien auf und ähnelt vermutlich in Masse und Struktur Uranus oder Neptun. Für unsere Simulation haben wir angenommen, dass der Mond Kepler 22b in 20 Planetenradien Entfernung auf einer leicht exzentrischen Bahn umrundet, nämlich mit e = 0,05. Dies sollte zu einer starken Gezeitenheizung führen. Außerdem legten wir die Umlaufebene des Mondes in die gleiche Ebene wie die Planetenbahn um den Stern, so dass regelmäßige Verfinsterungen auftreten.

Die Grafik links unten zeigt den über einen Umlauf, also ein Kepler-22b-Jahr, gemittelten Energiefluss auf der Oberfläche des Mondes. Die linke Achse gibt die geografische Breite an, die untere die geografische Länge. Sie wird jeweils gemessen vom subplanetaren Punkt in der Mitte, dort steht Kepler 22b im Zenit. Die Grafik ähnelt somit einer Weltkarte, nur dass hier Kontinente, Meere und andere Oberflächeneigenschaften wegfallen und stattdessen der Energiefluss aufgetragen ist.

Dabei beobachten wir ein spannendes Phänomen: Der subplanetare Punkt, also dort, wo der Mutterkörper im Zenit steht, ist der »kühlste« Ort entlang des Äquators. Dies geht auf die Sternenfinsternisse zurück. Auf der dem Planeten abgewandten Seite des Mondes treten solche Bedeckungen dagegen niemals auf und verursachen somit auch keine Verringerung der stellaren Einstrahlung. Für Umlaufbahnen mit Neigungen von wenigen Grad fanden wir übrigens das Gegenteil. Dort wurde wegen der zusätzlichen Einstrahlung vom Planeten der subplanetare Punkt zum wärmsten Ort der gesamten Oberfläche, denn Sonnenfinsternisse traten nun im Lauf des Jahres sehr selten auf.

Auch wenn sich der Effekt der Gezeiten in dieser Abbildung nicht ohne Weiteres ablesen lässt, sei erwähnt, dass die Gezeitenheizung hier gleichmäßig verteilt 42 Watt pro Quadratmeter beiträgt. Solch ein Mond wäre also nach heutigem Verständnis unbewohnbar - und das, obwohl sich sein Mutterplanet in der lebensfreundlichen Zone um den Stern befindet. Ohne die Gezeitenheizung würden die Farben bei gleich bleibender Farbskala am Äquator also nur bis Orange gehen und nicht bis Rot, während sie an den Polen den Wert von null Watt pro Quadratmeter erreichten, was sie hier nicht tun.


Atmosphären und die lebensfreundliche Zone

Die Atmosphäre ist von grundlegender Bedeutung für die Oberflächeneigenschaften eines Exomondes, nicht zuletzt im Hinblick auf seine eventuelle Bewohnbarkeit. Durch ihre Wärmekapazität kühlt die Oberfläche eines Himmelskörpers bei Nacht verzögert ab und heizt sich am Tag erst mit einer Verzögerung wieder auf. Auch bestimmt eine Atmosphäre den Wärmetransport von der bestrahlten auf die unbestrahlte Seite des Himmelskörpers und bietet zudem Schutz gegen die schädigende Strahlung aus dem All. So schirmt auf der Erde die Ozonschicht die Oberfläche gegen die intensive ultraviolette Strahlung der Sonne ab.

Des Weiteren ist eine Planetenatmosphäre das Medium für den globalen Gas- und Wasseraustausch und wirkt wie ein Treibhaus. Auf der Erde beispielsweise beträgt die durchschnittliche Oberflächentemperatur +16 Grad Celsius, obwohl sich aus der Berechnung des thermischen Gleichgewichts lediglich -18 Grad Celsius ergeben (siehe dazu den Kasten »Der Treibhauseffekt« unten). Ausschlaggebend dafür ist der Treibhauseffekt, der auch bei der Bestimmung der lebensfreundlichen Zone berücksichtigt wird. Dieser Abstandsbereich um einen Stern definiert eine Sphäre, innerhalb derer ein erdähnlicher Planet mit einer Atmosphäre flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche führen würde. Da Wasser als notwendige Bedingung für Leben angesehen wird, nennt man diesen Bereich die bewohnbare oder habitable Zone.

Ihr innerer Rand beschreibt den Abstand zum Stern, in dem eine erdähnliche Atmosphäre heiß und mit Wasserdampf gesättigt wäre. Das Wasser könnte dann hoch in die Stratosphäre steigen, wo es durch die energiereiche Sonnenstrahlung in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt würde. Der Wasserstoff entwiche ins All, der Sauerstoff bliebe zurück. In der Folge würde der Planet seinen Wasservorrat verlieren, also austrocknen und unbewohnbar werden. Diesen Effekt nennen wir ein »runaway greenhouse«, also einen irreversibel zunehmenden Treibhauseffekt.

Im Sonnensystem gibt es nur einen Mond innerhalb der lebensfreundlichen Zone, nämlich den Erdmond. Dieser allerdings ist zu massearm, als dass seine Schwerkraft eine bedeutende Atmosphäre festhalten könnte. Überhaupt gibt es nur zwei Monde, die eine nennenswerte Gashülle tragen. Auf dem Saturnmond Titan, rund 9,5 Astronomische Einheiten von der Sonne entfernt, wäre ein Mensch dank der dichten Stickstoffatmosphäre, die auf der Oberfläche einen Druck von rund 1,5 Bar erzeugt, in der Lage, mit Flügeln ähnlich denen von Vögeln zu fliegen, auch dank Titans niedriger Oberflächengravitation. Auf Spaziergängen wäre ein Druckausgleich nicht nötig, man benötigte lediglich einen Temperaturschutzanzug und eine Atemmaske. Zur Bespaßung aller Beteiligten könnte man noch kurz die Atemmaske absetzen und ins Feuerzeug ausatmen. Der freigesetzte Sauerstoff ergäbe mit dem Methan der Atmosphäre ein explosives Gemisch.

Am Rand des Sonnensystems ist der Neptunmond Triton von einer hauchdünnen Atmosphäre aus Stickstoff, Kohlenmonoxid und Methan umgeben. Wie die Sonde Voyager 2 herausfand, bilden sich in ihr bei -230 Grad Celsius zarte Wolken aus Stickstoff.


Was lernen wir aus zukünftigen Beobachtungen?

Der Nachweis von Wolken auf Exomonden ist allerdings noch eine Strophe in der Zukunftsmusik. Vorerst müssen wir uns damit begnügen, die grundlegenden Parameter von Exomonden zu bestimmen. Diese werden sich jedoch nur im Verhältnis zu anderen Parametern, nämlich denen des Sterns und des Planeten, ermitteln lassen. So besteht die Aufgabe letztlich darin, mindestens drei Körper zu charakterisieren - und eventuell weitere Planeten oder Monde in dem System.

Die stellare Leuchtkraft ließe sich entweder aus der Oberflächentemperatur des Sterns und seinem Radius bestimmen oder aus der Parallaxe und Helligkeit des Sterns. Für die erste Methode benötigen wir hoch aufgelöste Spektren und stellarseismische Daten, beispielsweise aus der präzisen Kepler-Fotometrie, die Rückschlüsse auf den Radius erlauben. Die zweite Methode ließe sich nur auf Sterne in der näheren Sonnenumgebung anwenden und benötigt astrometrische Messungen. Aus Modellen für Sternentwicklung erschlösse sich dann daraus die Sternmasse. Unter der Annahme, dass die Masse des Planeten viel größer ist als diejenige des Mondes, ließe sich die Masse des Planeten aus den Messungen der Radialgeschwindigkeit des Sterns berechnen. Daraus würden sich sowohl die Umlaufperiode als auch die große Halbachse und Exzentrizität des Systems aus Planet und Mond um den Stern ergeben.

Wie oben beschrieben, ließen sich für Transitplaneten dann die TTV- und TDV-Effekte nutzen, um die Mondmasse, die große Halbachse der Mondbahn um seinen Planeten, und eventuell die Bahnneigung zwischen den beiden Umlaufebenen abzuleiten. Die für die Gezeitenheizung essenziell wichtige Exzentrizität der Mondbahn um den Planeten ließe sich lediglich simulieren, insbesondere wäre hier die Anwesenheit weiterer Monde zu prüfen. Die Albedowerte von Planet und seines Mondes müssten voraussichtlich geschätzt werden. Ähnliches gilt für die Materialeigenschaften des Mondes, die seine Gezeitenkopplung beschreiben.

Zwar wird die direkte Charakterisierung der Atmosphären von Exomonden mittelfristig nicht möglich sein, doch können uns auch die durch die derzeitige Technologie und Theorie zugänglichen Parameter bereits viel über die zu erwartenden Oberflächenbedingungen verraten. Aus Masse und Radius lässt sich die mittlere Dichte bestimmen, die wiederum Schlüsse auf die Zusammensetzung erlaubt. Und mit der abgeschätzten Einstrahlung, die sich aus unserem Modell ergibt, zusammen mit der aus Masse und Radius ebenfalls berechenbaren Oberflächengravitation, mögen sich gewisse atmosphärische Zusammensetzungen als wahrscheinlich herausstellen.

Der jüngst erschienene Beitrag von Rory Barnes und mir bestand in der Synthese von stellarer und planetarer Einstrahlung mit der Gezeitenheizung auf potenziellen Exomonden zur Beschreibung des Klimas auf solchen Welten. Als Pointe konnten wir die Bewohnbarkeit von Exomonden dadurch definieren, dass die Summe aller beteiligten Energieflüsse gering genug sein muss, so dass ein Mond mit erdähnlicher Masse und Atmosphäre nicht einen irreversiblen Treibhauseffekt erfährt. Zudem wiesen wir nach, dass mögliche erdgroße Monde um den Planeten Kepler 22 b, der seinen sonnenähnlichen Stern in der lebensfreundlichen Zone umrundet, bewohnbar sein könnten, wenn ihre Gezeitenheizung nur schwach wäre.

Noch gibt es auch auf der theoretischen Seite einiges zu tun, beispielsweise bei der Simulation und Auswertung der Transiteffekte für den Fall von Systemen mit mehreren Monden. Eine vollständige Theorie für die TTV- und TDV-Effekte in Systemen mit mehr als einem Mond existiert noch nicht. Numerische Simulationen können derweil eine Stütze hierfür bieten. Eine grundlegende Arbeit dazu ließe sich aus N-Körper-Simulationen erstellen, wobei N die Anzahl aller beteiligten Körper und in diesem Fall größer als drei ist. N-Körper-Simulationen sind auch nötig, um die langfristige Entwicklung der Geometrie des Mondsystems kennen zu lernen, die das Bestrahlungsmuster bestimmt. Untersuchungen der Stabilität solcher Systeme sind darüber hinaus notwendig, um etwaige Funde von Exomonden auf Konsistenz zu prüfen.

Die Anfang Mai 2012 von der ESA beschlossene Mission »Jupiter Icy Moons Explorer« (JUICE), mit Start im Jahr 2022, soll ab 2030 die großen Jupitermonde untersuchen. Eines der Hauptziele des Projekts ist es, das Potenzial der Monde Europa, Ganymed und Kallisto als Lebenshorte zu erkunden. Dazu wird JUICE deren Topografie zentimetergenau vermessen und somit Rückschlüsse auf Verformungen durch Gezeiten zulassen. Die präzise Vermessung erlaubt es, die dynamischen Eigenschaften von Satellitensystemen zu modellieren. Des Weiteren untersucht JUICE die Oberflächenchemie der Jupitertrabanten, analysiert ihre strukturelle Zusammensetzung und sucht nach Wasservorkommen. Außerdem wird die Sonde das Magnetfeld von Ganymed im Detail studieren und die vulkanische Aktivität auf Io überwachen. Aus diesen Daten erhoffen wir uns fundamental neue Einsichten in die Planetologie dieser Monde. Indirekt wird JUICE auch Schlüsse auf die Physik von Exomonden zulassen, deren Nachweis mit Kepler uns bald bevorstehen mag.



Der Treibhauseffekt

Das thermische Gleichgewicht auf einem Planeten oder Mond ergibt sich aus der Annahme, dass er dieselbe Menge an Strahlung abgibt, wie er absorbiert. Mit der Oberflächentemperatur T⨀ der Sonne (genauer: der effektiven Temperatur), ihrem Radius R⨀ und der Bond-Albedo AE, also der Oberflächenreflektivität der Erde, ergibt sich ihre Oberflächentemperatur im thermischen Gleichgewicht zu


wobei eine Astronomische Einheit (AE) dem Abstand zwischen Sonne und Erde entspricht. Die durchschnittlich gemessene Temperatur auf der Erde beträgt jedoch +16 Grad Celsius. Der Unterschied von 34 Grad Celsius wird auf den Treibhauseffekt zurückgeführt. Dieses Phänomen tritt auf, weil das Kohlendioxid, der Wasserdampf und das Methan in der Erdatmosphäre teilweise intransparent sind für die thermische Abstrahlung der Erde. Ein Teil der absorbierten Sonneneinstrahlung kann also nicht reemittiert werden und erwärmt stattdessen unseren Planeten.
Für die Venus in 0,723 AE Abstand zur Sonne mit ihrer Albedo von 0,75 ergibt die Gleichung eine Gleichgewichtstemperatur von -41 Grad Celsius. Jedoch bewirkt der Treibhauseffekt in der von Kohlendioxid dominierten Atmosphäre eine mittlere Oberflächentemperatur von beeindruckenden +464 Grad Celsius. Zwar besteht auch die Atmosphäre des Mars vor allem aus Kohlendioxid, doch ist sie so dünn, dass ihr Treibhauseffekt verschwindend gering bleibt.


René Heller befasst sich an der kanadischen McMaster University in Hamilton mit der Bewohnbarkeit von extrasolaren Planeten und Monden.



Literaturhinweise

Canup, R.M., Ward, W.R.: A Common Mass Scaling for Satellite Systems of Gaseous planets. In: Nature 441, S. 834-839, 2006
Sasaki, T. et al.: Origin of the Different Architectures of the Jovian and Saturnian Satellite Systems. In: The Astrophysical Journal 714, S. 1052-1064, 2010,
http://arxiv.org/abs/1003.5737
Kipping, D.M. et al.: The Hunt for Exomoons with Kepler (HEK): I. Description of a New Observational Project. In: The Astrophysical Journal 750, S. 115, 2012,
http://arxiv.org/abs/1201.0752
Heller, R., Barnes, R.: Exomoon Habitability Constrained by Illumination and Tidal Heating. In: Astrobiology 13, S. 18-46, 2013,
http://arxiv.org/abs/1209.5323

Weblinks unter: www.sterne-undweltraum.de/artikel/1207034

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w i s - wissenschaft in die schulen

Didaktische Materialien zu diesem Beitrag

Was ist WIS?
Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« wendet sich an Lehrerinnen und Lehrer, die ihren naturwissenschaftlichen Unterricht mit aktuellen und praktischen Bezügen anschaulich und abwechslungsreich gestalten wollen - und an Schülerinnen und Schüler, die sich für Vorgänge in der Natur begeistern und ein tieferes Verständnis des Universums gewinnen möchten.

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WiS in Sterne und Weltraum

Zum Artikel »Extrasolare Monde - schöne neue Welten?« möchten wir zwei WIS-Materialien empfehlen:

»Die Suche nach der zweiten Erde«: In den letzten Jahren entdeckten die beiden Weltraumteleskope CoRoT und Kepler zahlreiche neue Planeten bei anderen Sternen. Welche Schwierigkeiten bei der Suche nach Planeten zu bewältigen sind, können Schüler der Mittelstufe mit dem WIS-Material erarbeiten. Mit kleinen Versuchen werden astronomische Begriffe wie Helligkeit und Helligkeitsschwankung und andere für das Verständnis der Transitmethode wichtige Grundlagen verdeutlicht.
(ID-Nummer: 1156155)

»Einblicke ins Familienalbum der Exoplaneten«: Schon mit den wenigen Daten, die bisher über Exoplaneten bekannt sind, lassen sich physikalische Betrachtungen anstellen, die sich mit Mitteln der Schulphysik durchführen lassen. Im WIS-Material werden Aufgaben gestellt, mit deren Ergebnissen sich die Schüler die fernen Planetenwelten besser vorstellen können. In Anlehnung an die physikalisch belegten Hinweise kann danach die Fantasie dabei helfen, eine Planetenwelt mit Mitteln der Malerei zu erschaffen. Daneben ergibt sich die Möglichkeit, die mathematische Thematik »Ellipsen« etwas mit Leben zu füllen.
(ID-Nummer: 1051518)


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 30:
Drei Monde umkreisen in dieser künstlerischen Darstellung einen orangefarbenen Exoplaneten. Solche Trabanten könnten lebensfreundliche Bedingungen aufweisen. Ihre Klimaeigenschaften hängen unter anderem von der Bestrahlung durch den Stern und durch den Planeten sowie von der Gezeitenheizung ab.

Abb. S. 32:
Der Neptunmond Triton fällt als einziger große Mond im Sonnensystem in die Kategorie irregulärer Satellit - er umrundet seinen Mutterplaneten in einer Bahnebene, die gegen die Umlaufbahn stark geneigt ist. Die Bilder dieser Montage stammen von Voyager 2.

Abb. S. 36:
Verschiedene Lichtquellen und die Umlaufbewegung eines Mondes um seinen Planeten beeinflussen die Temperatur- und Lichtverhältnisse auf ihm. In dieser vereinfachten Darstellung blicken wir von Norden auf die Rotationsachsen von Planet und Mond, die Abstände zueinander sind nicht maßstabsgerecht.

Abb. S. 38 oben:
Der Saturnmond Titan ist der einzige Trabant des Sonnensystems mit einer dichten Atmosphäre. Im linken Bild steht Titan (hier mit dem kleineren Mond Dione zu sehen) vor der Wolkendecke des Saturn. Die Streifenmuster unten sind die Schatten der Saturnringe. Im rechten Teilbild treten die dichten Dunstschichten der Titanatmosphäre deutlich hervor.

Abb. S. 38 unten:
Hier ist der durchschnittliche Energiefluss über der Atmosphäre eines hypothetischen Mondes um Kepler 22 b wiedergegeben. Die Konturen geben konstante Wärmeflüsse in Einheiten von Watt pro Quadratmeter an (siehe Farbleiste). Die Einbuchtung um den subplanetaren Punkt, also bei Länge und Breite gleich null Grad, geht auf Sonnenfinsternisse zurück.

Abb. S. 39:
Künstlerische Darstellung eines Mondes mit Atmosphäre im Umlauf um einen jupiterähnlichen Gasriesen

Abb. S. 41:
Ein Gasriese mit Mond umkreist einen rötlichen K-Stern (künstlerische Darstellung).


© 2013 René Heller, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg

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Quelle:
Sterne und Weltraum 11/13 - November 2013, Seite 30 - 41
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie)
Redaktion Sterne und Weltraum:
Haus der Astronomie, MPIA-Campus
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Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/528 150, Fax: 06221/528 377
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2014