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PLANET/402: Jupiter - Das warme Herz des Großen Roten Flecks (SuW)


Sterne und Weltraum 6/10 - Juni 2010
Zeitschrift für Astronomie

Blick in die Forschung: Nachrichten

Das warme Herz des Großen Roten Flecks


Das markanteste Merkmal des größten Planeten unseres Sonnensystems ist neben den Wolkenbändern der Große Rote Fleck (GRF) des Jupiter. Seit mehr als 300 Jahren bekannt, zeigt er sich derzeit als hellroter Wirbel mit dem doppelten Durchmesser unserer Erde. Nun enthüllen Aufnahmen mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile und Daten anderer erdgebundener Großteleskope im Infraroten erstmals Details im Inneren des riesigen Sturmwirbels (siehe die Bilder).

Lange Zeit rätselten die Astronomen über die Natur des Flecks, der in Größe und Intensität seiner roten Farbe sehr variabel ist, aber nie ganz von Jupiters Antlitz verschwindet. Manche frühen Forscher sahen ihn als Lücke in der Wolkendecke des Gasplaneten, durch die der Blick in tiefere Schichten möglich sei. Andere stellten ihn sich als eine treibende Insel vor, die auf dichteren Gasschichten schwimmt.

Erst die Aufnahmen der US-Raumsonden Pioneer 10 und 11 aus den Jahren 1973 und 1974 belegten eindeutig, dass der GRF ein gigantischer Wirbelsturm ist, der unablässig auf niedrigen südlichen Breiten des Planeten tobt. Es gibt noch zahlreiche weitere Sturmwirbel auf Jupiter, aber keiner kann es an Größe mit dem GRF aufnehmen. Frühere Aufnahmen im Infraroten ergaben, dass der Fleck kälter als seine Umgebung ist, die Temperatur im Inneren beträgt rund -160 Grad Celsius.

Die neuen Infrarotbilder mit ihrer hohen Auflösung zeigen nun, dass die Temperatur im Zentrum des GRF etwa drei bis vier Grad höher liegt als in anderen Bereichen des Wirbels. Die wärmere Zone fällt zudem mit dem rötesten Bereich des Wirbelsturms zusammen. Der Temperaturunterschied mag niedrig erscheinen, aber er reicht aus, um die Zirkulation im Wirbelsturm, die im Allgemeinen im Gegenuhrzeigersinn erfolgt, im Zentrum in eine schwache Strömung im Uhrzeigersinn umzukehren. Auch in anderen Regionen des Riesenplaneten reichen derart geringe Temperaturdifferenzen aus, die Windgeschwindigkeiten und die Wolkenstrukturen in den Bändern und Zonen zu beeinflussen.

Das Forscherteam um Glenn Orton am Jet Propulsion Laboratory der NASA stellte fest, dass sich mit den neuen Daten erstmals eine Verbindung von den Umweltbedingungen wie Temperatur, Druck und chemischer Zusammensetzung mit der tatsächlichen Farbe des GRFs herstellen lässt.

Die Forscher betonen, dass sie zwar spekulieren können, aber immer noch nicht wissen, welche Stoffe und chemische Reaktionen für die rote Farbe des Flecks verantwortlich sind. Eine endgültige Abhilfe könnte hier wohl nur eine Eintauchsonde schaffen, die direkt im Großen Roten Fleck in Jupiter eindringt und vor Ort die chemische Zusammensetzung der Gase, Flüssigkeitströpfchen und Schwebstoffe analysiert. Allerdings ist eine derartig aufwändige Raumsondenmission auch in fernerer Zukunft bislang nicht geplant.


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W I S - wissenschaft in die schulen!

Zu den beiden Beiträgen auf dieser Seite stellen wir ausführliche didaktische Materialien auf der Internetseite www.wissenschaft-schulen.de zur Verfügung, die den Planeten Jupiter und die Infrarotastronomie behandeln. Es werden Bezüge zur Physik der Wärme und der Gase hergestellt, zudem geht es um Leseverständnis und Bildinterpretation.


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Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO entstand ein Infrarotbild des Großen Roten Flecks (GRF) auf Jupiter (oben). Es wurde bei der Wellenlänge 10,3 Mikrometer aufgenommen. Der GRF erscheint bei dieser Wellenlänge dunkel, da er kühler als seine Umgebung ist und somit weniger hell strahlt. Das Bild unten ist eine Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble im sichtbaren Licht.



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Quelle:
Sterne und Weltraum 6/10 - Juni 2010, Seite 14 - 15
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2010