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MELDUNG/182: Karl-Schwarzschild-Medaille der Astronomischen Gesellschaft (AG) für Andrzej Udalski (idw)


Astronomische Gesellschaft - 21.08.2018

Karl-Schwarzschild-Medaille der Astronomischen Gesellschaft (AG) für Andrzej Udalski


Die Astronomische Gesellschaft (AG) verleiht die Karl-Schwarzschild-Medaille 2018 an Prof. Dr. Andrzej Udalski von der Universität Warschau (Polen). Die Schwarzschild-Medaille ist die höchste Auszeichnung im Bereich der Astronomie und Astrophysik in Deutschland.

Mit dem polnischen Astrophysiker Andrzej Udalski ehrt die Astronomische Gesellschaft einen herausragenden Wissenschaftler, der sich insbesondere auch als Pionier der sogenannten "Time Domain Astronomy" einen Namen gemacht hat. Darunter versteht man die Untersuchung von zeitlichen Veränderungen von astronomischen Objekten - insbesondere auf kurzen Zeitskalen. Besonders entscheidende Beiträge leistete der Preisträger durch sein Engagement für das "Optical Gravitational Lensing Experiment", genannt OGLE.

"Andrzej Udalski hat durch Planung, Bau und Betrieb von OGLE über mehr als 25 Jahre nahezu alle Bereiche der Astronomie enorm bereichert", so der Präsident der Astronomischen Gesellschaft, Prof. Dr. Joachim Wambsganß. "Seine Beiträge reichen von der Entdeckung extrasolarer Planeten mit dem Mikrogravitationslinseneffekt und der Transitmethode über die Charakterisierung ganz verschiedenartiger variabler Sterne bis zu wesentlichen neuen Erkenntnissen über die Struktur der Milchstraße sowie zu Galaxien der Lokalen Gruppe und Quasaren".

Ob man den Sternenhimmel mit bloßem Auge betrachtet, oder Einzelobjekte wie z.B. Galaxien mit modernen Großteleskopen - auf den ersten Blick scheint der Kosmos ziemlich statisch zu sein und Veränderungen im Vergleich zu einem Menschenleben äußerst langsam abzulaufen. Doch bei genauerem Hinsehen und durch moderne Messmethoden offenbart sich tatsächlich ein reichlich dynamisches Universum mit Veränderungen innerhalb von Wochen, Tagen, Stunden und sogar auch auf sehr kurzen Zeitskalen bis in den Minuten- oder Sekundenbereich hinein - beispielsweise bei Bewegungsabläufen in Planetensystemen außerhalb des Sonnensystems, bei extrem veränderlichen Sternen, oder bei der Entdeckung von kleinen Körpern im Sonnensystem. Die systematische Erfassung solcher Phänomene stellt von jeher jedoch eine große Herausforderung dar, weil dafür sehr viele Messungen in kurzen Zeitabständen notwendig sind.

Mit dem seit Anfang der 1990er Jahre am Las Campanas Observatorium in Chile durchgeführten OGLE-Projekt gelang unter der Leitung von Andrzej Udalski nicht nur eines der erfolgreichsten und am längsten laufenden Durchmusterungsprogramme (Survey) in der Astronomie, sondern auch eines der außergewöhnlichsten. Denn das primäre Ziel von OGLE war zunächst einmal, eigentlich unsichtbare Objekte durch den sogenannten Mikrogravitationslinseneffekt zu entdecken. Seit Einstein wissen wir, dass Licht durch die Masse eines Objektes abgelenkt werden kann (Genau genommen krümmt die Masse eines Objektes den umgebenden Raum und Licht folgt dann dieser Krümmung). Läuft nun ein dunkles Objekt aus unserer Perspektive vor einem weiter entfernten leuchtenden Objekt entlang, verändert sich das Lichtsignal des Hintergrundobjekts durch diesen Effekt auf charakteristische Weise. Mit OGLE konnte Professor Andrzej Udalski Millionen von Sternen überwachen, um nach einer plötzlichen Aufhellung durch Gravitationslinsen zu suchen, wie man sie etwa durch hypothetische dunkle Objekte im Halo der Milchstraße erwartete. Quasi automatisch erfasst ein solcher Survey dann natürlich auch unzählige andere veränderliche Phänomene, weshalb die daraus entstehenden Datenbanken (z.B. über variable Sterne) ihresgleichen suchen und durch die freie Verfügbarkeit praktisch für alle Gebiete der Astrophysik unschätzbaren Wert haben. Udalski's Arbeiten und OGLE haben daher viele Bereiche der modernen Astrophysik entscheidend mitgeprägt. Dabei hat der Preisträger nicht nur die wissenschaftlichen Aspekte und die Analyse und Interpretation der Daten geleitet und geprägt, sondern auch den Bau der Kameras und Detektoren und des gesamten Teleskops. So verwendet OGLE momentan mit einem CCD-Mosaik aus 32 Detektoren eines der größten wissenschaftlichen Instrumente dieser Art weltweit. Daneben umfasst die Arbeit von Professor Udalski auch die Echtzeitdatenanalyse in Kombination mit einem Frühwarnsystem, damit andere Observatorien bei plötzlichen Ereignissen schnell reagieren können.

Andrzej Udalski promovierte 1988 an der Fakultät für Physik der Universität Warschau und kehrte nach einem zweijährigen Aufenthalt an der Universität Toronto (Kanada) wieder nach Polen zurück, wo er 1995 an der Universität Warschau habilitierte und seit dem Jahr 2000 als Professor arbeitet. Hier leitete er als Direktor bis 2016 das astronomische Observatorium und die Abteilung für beobachtende Astrophysik. Der Schwarzschild-Preisträger 2018 ist zudem Mitglied der Polnischen Akademie der Wissenschaften und seit 2012 auswärtiges Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA.

Andrzej Udalski erhielt mehrfach hohe wissenschaftliche Auszeichnungen, darunter erst kürzlich den renommierten Tycho Brahe Preis 2018 der European Astronomical Society (EAS) und den Dan-David-Preis 2017 der Dan-David-Stiftung und der Universität Tel Aviv, im Jahre 2002 den Preis der Stiftung Polnischer Wissenschaft und 2009 ein ERC-IDEAS Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates.

Die Ehrung und die anschließende Schwarzschild-Vorlesung des Preisträgers finden erst im kommenden Jahr 2019 im Rahmen einer Festveranstaltung auf der Tagung der Astronomischen Gesellschaft in Stuttgart statt (17. September 2019), weil es in diesem Jahr aufgrund einer großen Konferenz der Internationalen Astronomischen Union in Wien keine Jahrestagung der AG gibt.


Die 1863 gegründete Astronomische Gesellschaft (AG) (http://www.astronomische-gesellschaft.de) ist eine moderne astronomische Organisation mit mehr als 800 Mitgliedern zur Förderung von Astronomie und Astrophysik und der wissenschaftlichen Vernetzung. Zu ihren wichtigsten Aktivitäten zählen die Durchführung von wissenschaftlichen Tagungen, die Herausgabe von Publikationen, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Auszeichnung hervorragender WissenschaftlerInnen, sowie Öffentlichkeitsarbeit und Bildung.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1644

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Astronomische Gesellschaft, 21.08.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2018

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