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MELDUNG/034: Reinhard Genzel erhält Karl-Schwarzschild-Medaille 2011 (idw)


Astronomische Gesellschaft - 13.07.2011

Reinhard Genzel erhält Karl-Schwarzschild-Medaille 2011

Astronomische Gesellschaft würdigt den Nachweis des Schwarzen Lochs im Zentrum unseres Milchstraßensystems


Die höchste Auszeichnung für astronomische Forschung in Deutschland, die Karl-Schwarzschild-Medaille der Astronomischen Gesellschaft (AG), erhält in diesem Jahr der Garchinger Astrophysiker Reinhard Genzel. Mit dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Extraterrestrische Physik zeichnet die AG einen Forscher aus, dem eine Entdeckung von erheblicher Tragweite gelungen ist. Genzel und sein Team konnten nachweisen, dass sich im Zentrum unseres Milchstraßensystems ein massereiches Schwarzes Loch befindet.

Das Schwarze Loch im Galaktischen Zentrum stellt den besten empirischen Beweis dar, dass die von der Einstein'schen Allgemeinen Relativitätstheorie postulierten Objekte wirklich existieren.

Schwarze Löcher zählen zweifellos zu den exotischsten Objekten im Universum. Es sind Orte, an denen Materie so extrem komprimiert ist, dass selbst Lichtgeschwindigkeit nicht ausreicht, um der Schwerkraft zu entfliehen. Da sich weder Strahlung noch Materie schneller bewegen können, ergeben sich daraus zwei Konsequenzen: Licht kann ein Schwarzes Loch nicht verlassen, weshalb es unsichtbar ist (daher der Name). Und Materie, die in ein Schwarzes Loch hineinfällt, ist für immer verschwunden. Dennoch wissen wir seit einigen Jahrzehnten von der Existenz Schwarzer Löcher im All, weil die Schwerkraftwirkung, die sie auf ihre Umgebung ausüben, beobachtet werden kann.


Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien

Dieser Nachweis ist allerdings alles andere als einfach. So vermuten die Astronomen bereits seit langem in den Zentren sogenannter Aktiver Galaxien Schwarze Löcher mit bis zu mehreren Milliarden Sonnenmassen. Normale Galaxien wie unser eigenes Milchstraßensystem bestehen aus vielen hundert Milliarden Sternen, Planeten, Gas und Staub. Aktive Galaxien wie z.B. die Quasare zeigen zusätzlich extrem leuchtkräftige Kernregionen und andere eigenartige Phänomene, die aber sehr gut durch ein Schwarzes Loch im Zentrum erklärt werden können, sofern dort Materie hineinfällt. Die beobachteten Effekte sind jedoch "nur" indirekte Beweise, da detaillierte Messungen aufgrund der großen Entfernungen dieser Galaxien nur schwer möglich sind.


Umlaufbahnen der Sterne verraten das Schwarze Loch

Im Vergleich dazu ist das Zentrum unseres Milchstraßensystems in etwa 25000 Lichtjahren Entfernung sehr nahe - könnte auch dort ein solches "Schwerkraftmonster" versteckt sein? Um dieses Rätsel zu lösen, beobachteten Reinhard Genzel und seine Mitarbeiter die Bahnbewegungen von Sternen in der Umgebung der rätselhaften Radioquelle Sgr A* im Zentrum unserer Galaxis mit hoher Genauigkeit. Die Idee: aus der Bewegung von Himmelskörpern um ein zentrales Objekt kann dessen Masse bestimmt werden. Und in der Tat umkreisen die Sterne im Zentrum der Milchstraße sehr schnell ein unsichtbares "Etwas". Nach fast zwanzig Jahren Beobachtung gab es keinen Zweifel mehr: Unsere Galaxie beherbergt ein Schwarzes Loch mit 4.3 Millionen Sonnenmassen! (Siehe. Abb.2 und die zugehörige Bildbeschreibung für Einzelheiten.) Seit kurzem weiß man, dass solche zentralen Schwarzen Löcher offenbar in fast allen Galaxien existieren. Im Gegensatz zu den Aktiven Galaxien fallen sie zumeist jedoch nicht auf, da sie nicht mit Materie "gefüttert" werden.


Neue Beobachtungstechniken

Die AG ehrt Reinhard Genzel nicht allein für diese Entdeckung. Vielmehr würdigt sie seine gesamten Aktivitäten für die beobachtende Astronomie. Dazu zählen auch seine bedeutenden Beiträge bei der Entwicklung neuer Beobachtungstechniken und Messinstrumente im Bereich der Infrarot- und Submillimeterastronomie, die an großen Observatorien wie beispielsweise der Europäischen Südsternwarte zum Einsatz kommen. Gerade diese Techniken machten die hochpräzisen Messungen im Zentrum unserer Galaxis erst möglich. Mit Reinhard Genzel wird einer der führenden Astronomen unserer Zeit ausgezeichnet, der auch eine Vielzahl anderer Preise erhalten hat, darunter den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die Stern-Gerlach-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, den Balzanpreis, und den Shaw-Preis der Shaw Prize Foundation in Hongkong.


Die Astronomische Gesellschaft (AG) ist eine Organisation zur Förderung der Wissenschaft. Zu den wichtigsten Aktivitäten der AG zählen: die Durchführung von wissenschaftlichen Tagungen, die Herausgabe von Publikationen, die Förderung junger Astronomen, die Auszeichnung hervorragender Wissenschaftler, sowie die Öffentlichkeitsarbeit und Bildung.

Weitere Informationen unter:
http://www.astronomische-gesellschaft.org
http://www.mpe.mpg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1644


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Astronomische Gesellschaft, Dr. Klaus Jäger, 13.07.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juli 2011