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ENTWICKLUNG/682: Neue Ersatzstoffe und Implantate für Knochen, die nicht heilen wollen (idw)


Universitätsklinikum Heidelberg - 16.06.2010

Neue Ersatzstoffe und Implantate für Knochen, die nicht heilen wollen

Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt 7,4 Millionen Euro für neuen Sonderforschungsbereich/Transregio


Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat einen neuen Sonderforschungsbereich/Transregio (SFB/TRR) mit dem Thema "Werkstoffe für die Hartgeweberegeneration im systemisch erkrankten Knochen" an den Universitäten Heidelberg, Gießen und Dresden bewilligt. Die erste Förderperiode beginnt im Juli 2010 und läuft über 4 Jahre. Das Fördervolumen von 7,4 Millionen Euro (ohne Programmpauschale) verteilt sich auf die einzelnen Universitäten in etwa gleichmäßig.

Ziel des SFB/TRR 79 ist es, neue Knochenersatzstoffe und Implantatwerkstoffe zu entwickeln, die speziell an die Verhältnisse im kranken Knochen angepasst sind. Denn bei zugrundeliegenden Krankheiten, wie z.B. dem Multiplen Myelom (einer bösartigen Erkrankung des blutbildenden Systems), Knochenmetastasen oder der Osteoporose, heilt der Knochen im Falle eines Bruchs nur sehr langsam oder gar nicht. Das stellt bei älteren Menschen und Tumorpatienten ein großes klinisches Problem dar. Die Bildung von mechanisch langfristig stabilem Knochengewebe führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität und des Überlebens. Gleichzeitig ist eine etwaige Funktionalisierung der in den Knochen eingebrachten Biomaterialien (zum Beispiel zur lokalen Kontrolle der Tumorzellpopulation beim Multiplen Myelom) ein vielversprechender therapeutischer Ansatz.

Sprecher des SFB/TRR 79 am Standort Heidelberg ist Professor Dr. Hartmut Goldschmidt, Leiter der Sektion Multiples Myelom an der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg und dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT). Neben der Biophysikalischen Chemie der Universität Heidelberg ist in Heidelberg außerdem das Deutsche Krebsforschungszentrum an dem neuen Sonderforschungsbereich beteiligt. "In unseren Teilprojekten wird es darum gehen herauszufinden, welche molekularen Mechanismen bei der Zerstörung und mangelhaften Heilung des Knochens ablaufen, wie wir diese Vorgänge mit bildgebenden Verfahren sichtbar machen können und wie die neu entwickelten Knochenersatzstoffe und beschichteten Implantate auf das umliegende Gewebe und die Knochenheilung einwirken. Alles das soll dazu beitragen, Diagnostik und Therapie der betroffenen Patienten zu verbessern. Insbesondere werden Myelompatienten in Zukunft hiervon profitieren", erläutert Dr. Dirk Hose, stellvertretender Sprecher am Standort Heidelberg und Leiter des Labors für Myelomforschung an der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg.

Die Koordination für den gesamten Sonderforschungsbereich liegt bei der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sprecher ist Professor Dr. Dr. Reinhard Schnettler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie. Weitere Teilnehmer am SFB/TRR 79 sind die Technische Universität Dresden sowie das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung, das Leibniz-Institut für Polymerforschung und das Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe, alle ebenfalls in Dresden. Während in Dresden die neuen Werkstoffe und Biomaterialien entwickelt werden sollen, werden in Gießen schwerpunktmäßig geeignete Tiermodelle ausgearbeitet, um die Materialien testen zu können.

Multiples Myelom als Modellerkrankung

Im Mittelpunkt der Forschung stehen das Multiple Myelom und die systemische Knochenerkrankung Osteoporose, eine vor allem im Alter auftretende Verminderung der Knochensubstanz, die beide mit einem deutlich erhöhten Knochenbruchrisiko und einer verzögerten Heilung einhergehen. Das Multiple Myelom ist eine in der Regel unheilbare Krebserkrankung, die auf einer Vermehrung von Myelomzellen (einer bestimmten Art bösartig veränderter weißer Blutkörperchen) im Knochenmark beruht. Myelomzellen wie auch deren normales Gegenstück stehen in enger Interaktion mit anderen Zellpopulationen der Knochenmarkumgebung.

Eine Anhäufung von Myelomzellen verursacht Symptome und klinische Zeichen, die unter anderem zu einer Beeinträchtigung der Blutbildung und zu Knochensubstanzdefekten führen. Folgen sind Knochenschmerzen und -brüche, Blutarmut und Infektanfälligkeit. "Die neuen Knochenersatzstoffe sollen den Knochen stabilisieren, den Knochenstoffwechsel zur Heilung anregen und die Tumorzellen direkt im Knochen unter Kontrolle halten", erklärt Professor Goldschmidt. "Schließlich sollen die Forschungsergebnisse zum Multiplen Myelom auf andere gut- und bösartige Knochenerkrankungen übertragen werden."

Weitere Teilprojekte in Heidelberg beschäftigen sich mit folgenden Fragestellungen: Wie wirken beschichtete Implantatoberflächen auf das umliegende Gewebe im Bereich des Knochenbruchs? Wie beeinflussen Knochenersatzstoffe die Gefäßneubildung an der Bruchstelle und damit den Beginn einer Heilung? Wie sehen strukturelle Veränderungen des Knochens und Heilungsprozesse in modernen bildgebenden Verfahren aus? Welche Möglichkeiten gibt es, den Krankheitsverlauf besser zu kontrollieren und die Therapie zu individualisieren?


Weitere Informationen im Internet:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Multiples-Myelom.109010.0.html

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Hartmut Goldschmidt
Medizinische Klinik V
Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg
E-Mail: hartmut.goldschmidt@med.uni-heidelberg.de

Dr. med. Dirk Hose
Medizinische Klinik V
Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg
E-Mail: dirk.hose@med.uni-heidelberg.de


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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution665


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 16.06.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2010