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MELDUNG/016: Die 10 Lebensretter der Medizintechnologie (BVMed)


BVMed - Bundesverband Medizintechnologie e.V. - 23. Juni 2010

Die 10 Lebensretter der Medizintechnologie


Medizintechnologien gehören zu den wichtigsten Lebensrettern und sind aus dem medizinischen Alltag nicht mehr wegzudenken. Ohne sie könnten viele Krankheiten nicht so erfolgreich behandelt werden, wie es heute der Fall ist. Wir stellen zehn wichtige Lebensretter der Medizintechnologie vor (die genannten Patientenzahlen beziehen sich auf Deutschland jährlich):

320.000 Kardiale Stents gegen Gefäßverschluss
140.000 Künstliche Ernährungstherapien bei Mangelernährung
100.000 Schrittmachersysteme bei Herzschwäche
80.000 Dialysetherapien bei Nierenversagen
63.000 Frühchen-Versorgungen
35.000 Vakuumbiopsien zur Früherkennung von Brustkrebs
30.000 Implantierbare Defibrillatoren gegen den Plötzlichen Herztod
20.000 Künstliche Herzklappen bei schwerer Herzschwäche
8.000 Carotis Stenting-Verfahren gegen Schlaganfall
500 Herzunterstützungssysteme/Kunstherzen bei schwerer Herzschwäche


320.000 Kardiale Stents gegen Gefäßverschluss

Als koronare Herzkrankheit wird eine durch Ablagerungen hervorgerufene Verengung der Herzkranzgefäße bezeichnet. Die Verengung oder Blockierung einer oder mehrerer Herzarterien führt dazu, dass bestimmte Bereiche des Herzens nicht genügend durchblutet und mit Sauerstoff versorgt werden. Mögliche Folgen: Angina pectoris, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz.

Heute können Verengungen der Herzarterie mit Hilfe von Ballon-Kathetern geweitet werden. Durch den Einsatz von Stents kann der Therapieerfolg noch wesentlich verbessert werden. In Deutschland werden jährlich rund 320.000 Stents eingesetzt. Stents sind dehnbare, röhrenförmige Geflechte aus chirurgischem Edelstahl, die an die betroffene Stelle gesetzt werden und dort das Gefäß von innen stützen. Dank der Stents können Komplikationen vermieden und das Risiko eines plötzlichen Gefäßverschlusses deutlich reduziert werden. Ballonkatheter und Stent werden minimal-invasiv durch die Oberschenkel-Arterie eingeführt und bis an ihren eigentlichen Wirkungsort in der Herzarterie geschoben. Medikamente-freisetzende Stents sind mit Wirkstoffen beschichtet, die gezielt das Zellwachstum hemmen, ohne dabei die Regeneration der Gefäßwand zu behindern. In den ersten Wochen nach dem Eingriff gibt der Stent die Wirkstoffe langsam an das umliegende Gewebe ab. So wird die unkontrollierte Zellvermehrung und somit die Wiederverengung des Gefäßes verhindert und der freie Fluss von Blut und Sauerstoff zum Herzen hin gesichert.

Nicht immer ist allerdings die Implantation eines (Medikamente-freisetzenden) Stents möglich - etwa bei Patienten, die vor einer Operationen stehen. Zudem sind manchmal die Gefäße auch zu dünn oder die Engstellen zu lang, um sie mit einer Gefäßstütze zu stabilisieren. Für diese Patienten steht ein neues Verfahren zur Verfügung: Der Medikamente-freisetzende Ballon (Drug Eluting Balloon, DEB). Dieses Verfahren verbindet die bewährte Ballondillatation (PTCA ) mit der wirkungsvollen pharmazeutischen Komponente des Medikamente-freisetzenden Stents (DES).


140.000 Künstliche Ernährungstherapien bei Mangelernährung

In Deutschland sind jährlich rund zwei Millionen Menschen mangelernährt oder von Mangelernährung bedroht. Rund 140.000 Menschen werden künstlich ernährt - beispielsweise mit bilanzierten Diäten für besondere medizinische Zwecke. Die Ursachen für Mangelernährung sind unter anderem Krebs, Schlaganfall oder Gewichtsverlust nach längerem Krankenhausaufenthalt. Sind die Verdauungsorgane gesund oder zumindest eingeschränkt funktionstüchtig, können die Betroffenen enteral - also unter Nutzung des Verdauungstraktes - ernährt werden. Sie nehmen die bilanzierten Diäten, die lebenswichtige Energie- und Nährstoffe enthalten, als eine normale Mahlzeit oder ergänzend hierzu ein - oder sie werden mit einer Sonde direkt in den Magen oder den Darm geleitet.

Bei einem Darmverschluss, Magen- oder Darmtumor, Kurzdarmsyndrom oder einer schweren Verletzung der Verdauungsorgane muss meist eine Zeit lang parenteral ernährt werden. Dabei wird der Verdauungstrakt der Betroffenen vollständig umgangen: Die Nährstoffe werden direkt in die Blutbahn geleitet. Ist die parenterale Ernährung absehbar für längere Zeit erforderlich, kann operativ ein venöser Zugang unterhalb des Schlüsselbeins gelegt werden, ein so genannter Port.


100.000 Schrittmachersysteme bei Herzschwäche

Etwa 100.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland an Herzinsuffizienz, allgemein auch als Herzschwäche bezeichnet. Herzinsuffizienz ist eine langsam fortschreitende Erkrankung. In ihrem Verlauf wird das Herz immer schwächer, das Zusammenspiel der Kammern geht verloren - es wird nicht mehr ausreichend Blut durch den Körper gepumpt.

Mit modernen Herzschrittmachersystemen - in Deutschland werden jährlich rund 100.000 Herzschrittmacher eingesetzt - gelang ein Durchbruch bei der Behandlung von Patienten mit Herzschwäche: die Entwicklung der Cardialen Resynchronisations Therapie (CRT). Bei dieser wirkungsvollen Therapieform wird ein kleines microcomputergesteuertes Gerät im Brustbereich unter der Haut implantiert. Über drei feine Elektroden, die in jeweils einer Herzkammer verankert sind, werden winzige elektrische Impulse gesendet, die das Herz stimulieren. Auf diese Weise wird das Zusammenspiel der Kammern wiederhergestellt, also "resynchronisiert".


80.000 Dialysetherapien bei Nierenversagen

Die gesunde Niere ist ein "Hochleistungsorgan": Sie filtert Giftstoffe aus dem Blut, produziert Urin und sorgt für einen ausgeglichenen Wasser- und Salzhaushalt. Weltweit sind über 2 Millionen Menschen von chronischem Nierenversagen betroffen. Ihr Körper macht einen Prozess der allmählichen Vergiftung durch, der zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen und nur durch eine Nierenersatztherapie aufgehalten werden kann. Dafür kommen zwei Möglichkeiten in Frage: Die Implantation einer neuen Niere oder der Ersatz der Nierenfunktion durch die Dialyse.

Da die Transplantation bei Weitem nicht bei allen Patienten in Frage kommt, erhalten die meisten Nierenkranken eine Dialysetherapie, die die tödliche Krankheit bekämpft und eine gute Lebensqualität sicherstellt. In Deutschland sind aktuell rund 80.000 Patienten für ihr Überleben auf die Dialyse angewiesen.

Die bei uns seit den 60er Jahren bekannte und verbreitete Form ist die Hämodialyse (HD): In der Regel wird dem Patienten aus einer Unterarmvene Blut entzogen, in einer Maschine gereinigt und wieder zurückgegeben. Die Behandlung dauert jeweils vier bis fünf Stunden und muss dreimal wöchentlich in einem Dialysezentrum durchgeführt werden. Die Peritonealdialyse (PD) ist eine ambulante Selbstbehandlung. Sie kann vom Patienten selbständig und an jedem Ort durchgeführt werden. Die PD nutzt das Bauchfell (Peritoneum), eine körpereigene Membran, als Filter.


63.000 Frühchen-Versorgungen

In Deutschland kommen jedes Jahr rund 63.000 Frühchen zur Welt. Dies entspricht etwa neun Prozent aller Kinder. Durch den medizinisch-technischen Fortschritt der letzten Jahre kann mittlerweile Frühgeborenen etwa ab der 24. Schwangerschaftswoche und sogar mit einem Gewicht von unter 500 Gramm das Leben gerettet werden. Kinder, die vor der 30. Schwangerschaftswoche geboren werden, sind Notfälle. Sie brauchen, wie schwer anpassungsgestörte Kinder, bereits im Kreißsaal eine Intensivbehandlung.

Einer der Beiträge der Medizintechnologie: Spezielle Beatmungsgeräte beherrschen die Besonderheiten der Versorgung von Säuglingen.


35.000 Vakuumbiopsien zur Früherkennung von Brustkrebs

In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 55.000 Frauen an Brustkrebs, 17.000 von ihnen überleben die Krankheit nicht. Das so genannte Mammakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor bei Frauen. Wird der Krebs in einem frühen Stadium entdeckt, sind die Heilungschancen oft gut. Mit Hilfe von Röntgen und Ultraschall können speziell geschulte Gynäkologen verdächtige Knötchen oder Wucherungen in der Brust aufspüren. Ob es sich im Falle eines Befundes um Krebs oder aber um eine gutartige Geschwulst handelt, kann nur durch eine Gewebeentnahme, eine so genannte Biopsie, festgestellt werden. Glücklicherweise bestätigt sich der Verdacht auf ein Mammakarzinom bei circa 90 Prozent der Frauen nicht.

Eine innovative Technologie zur Früherkennung von Brustkrebs ist die Vakuumbiopsie, eine minimal-invasive Diagnosemethode, die vielen Patientinnen mit Brustkrebsverdacht eine große Operation erspart. Sie wird in Deutschland rund 35.000 Mal im Jahr durchgeführt. Mittels einer dünnen Hohlnadel wird millimetergenau das krebsverdächtige Gewebe mit leichtem Unterdruck (Vakuum) über eine seitliche Kanülenöffnung angesaugt. Das Gewebe wird durch die Hohlnadel nach draußen transportiert, wo es entnommen werden kann. Der halbstündige Eingriff erfolgt ambulant und unter lokaler Betäubung. Es bleibt keine auffällige Narbe zurück. Der kleine Eingriff ist kaum spürbar und die winzige Einstichstelle verheilt oft nach wenigen Tagen.


30.000 Implantierbare Defibrillatoren gegen den Plötzlichen Herztod

Etwa 100.000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland am Plötzlichen Herztod, einem unerwartet eintretenden Kreislaufstillstand. Verursacht wird dieser durch eine Entgleisung der geordneten elektrischen Erregung des Herzmuskels, die man als Herzkammerflimmern oder Kammertachykardie bezeichnet.

Die einzige zuverlässige Waffe im Kampf gegen den Plötzlichen Herztod ist ein Implantierbarer Cardioverter/Defibrillator, kurz ICD oder Defi genannt. Er wird in Deutschland rund 30.000 Mal im Jahr eingesetzt. Der ICD ist ein kleines, im Brustmuskelbereich implantiertes Gerät, das mit einer Elektrode verbunden wird. Die Elektrode wird durch eine Vene in die rechte Herzkammer vorgeschoben und verbleibt dort. Der ICD erkennt lebensbedrohliche Herzfrequenzen und reagiert dar auf mit einem elektrischen Schock, der den normalen Herzrhythmus wieder herstellt.


20.000 Künstliche Herzklappen bei schwerer Herzschwäche

Innerhalb der Herzhöhlen gewährleisten die Herzklappen als Ventile, dass das Blut in die richtige Richtung fließt. Nicht nur Gefäße, auch Herzklappen können sich verengen. Besonders häufig ist davon die Aortenklappe zwischen linker Herzkammer und Hauptschlagader betroffen. Bei einer größeren Verengung (Stenose) muss sich das Herz übermäßig anstrengen, um seiner Pumpaufgabe gerecht zu werden und ausreichend lebenswichtiges Blut in den Körper zu transportieren. Durch die ständige Überlastung kann es zur Ausbildung einer Herzschwäche kommen.

In Deutschland werden im Jahr rund 20.000 künstliche Herzklappen eingesetzt. Für diese Patienten gibt es ein neues schonendes Verfahren, welches die Implantation einer künstlichen Herzklappe mit einer Ballonerweiterung verbindet: die Transkatheter-Aortenklappenimplantation. Dabei wird eine neue Klappe über die Oberschenkelarterie oder über einen schmalen Einschnitt zwischen den Rippen eingesetzt. Die zusammengefaltete künstliche Herzklappe befindet sich auf einem Ballonkatheter und wird bis zur verengten Aortenklappe vorgeschoben. Der Arzt verankert sie in dem Klappenring der erkrankten Aortenklappe. Durch Injektion von Flüssigkeit in den Ballon wird die neue Klappe aufgefaltet und die erkrankte Aortenklappe dadurch nach außen verdrängt. Die Prothese ist sofort einsatzbereit, nimmt ihre Klappentätigkeit auf und der Ballonkatheter wird entfernt.


8.000 Carotis Stenting-Verfahren gegen Schlaganfall

Der Schlaganfall zählt zu den häufigsten Todesursachen. Von jährlich 165.000 Schlaganfällen deutschlandweit sind rund 30.000 auf eine Verengung der Halsschlagader(Carotis) zurückzuführen. Hauptursache ist die Arterienverkalkung. Die allmähliche Ablagerung von Fett an den Gefäßwänden kann zu einer Verengung der Halsschlagader führen. Das Blut fließt nicht mehr frei zum Gehirn - die Folge sind Symptome wie Durchblutungs-, Seh- und Sprachstörungen, Lähmungen und Schwindel. Mit der Zeit entstehen Plaques (Ablagerungen) an den Gefäßwänden. Gefährlich wird es, wenn diese sich lösen und mit dem Blutstrom in das Gehirn getragen werden: Die Plaquepartikel können kleinere Arterien verschließen und so zu neurologischen Schäden bis hin zu Schlaganfall und Tod führen.

Liegt eine hochgradige Carotis-Stenose vor oder ist es deswegen sogar schon zum Schlaganfall gekommen, wurde bislang meist eine Operation durchgeführt. Dabei öffnet der Chirurg die Halsschlagader, trennt sie vom Blutstrom ab, entfernt die Verkalkung und säubert das Gefäß. Die Operation kann den meisten Patienten inzwischen erspart werden: Ihre Halsschlagadern werden per Carotis-Stenting erweitert. Diese minimal invasive Behandlung erfordert keinen Hautschnitt am Hals. Per Katheter werden von der Leiste aus die notwendigen Instrumente bis in die Halsschlagader geschoben. Ein Ballon weitet die Verengung. Anschließend wird ein Stent eingesetzt, um die Gefäßwand zu stützen. Danach werden Ballon und Katheter mitsamt den gefährlichen losen Plaques und Gewebeteilen herausgezogen. Nur der Stent bleibt im Körper, damit sich die Halsschlagader nicht wieder verengt. Mit der Zeit wächst das Gewebe der Arterienwand um die Gefäßstütze und sorgt so für eine zusätzliche Verstärkung der Arterie.


500 Herzunterstützungssysteme/Kunstherzen bei schwerer Herzschwäche

Ein schwaches Herz kann nicht mehr genügend Blut aus dem Herzen heraus in den Blutkreislauf befördern. Dadurch werden der Körper und seine Organe nicht mehr optimal mit Sauerstoff und Energie versorgt. Eine Folge der verminderten Pumpleistung ist, dass sich Blut vor den Herzkammern staut. Bei schwerer Herzinsuffizienz hilft oft nur noch eine Herztransplantation. Auf Grund des zunehmenden Mangels an Spenderherzen versterben fast ein Drittel der Patienten auf der Warteliste (Eurotransplant International Foundation). Die VAD-Technologie (Ventricular Assist Devices) steht für Herzunterstützungssysteme bzw. für die künstliche Unterstützung und den Ersatz des Herzens. Ein Kunstherz wird in den Körper von Patienten mit unheilbaren Herzerkrankungen eingesetzt. Zurzeit wird dies vor allem deshalb erwogen, um die Zeit bis zur Transplantation zu überbrücken - bis ein passendes Spenderherz zur Verfügung steht. Bei manchen Patienten kann das Kunstherz sogar eine Alternative zu einer Transplantation sein.


Medizintechnologien sind faszinierend. Und sie sind unentbehrlich für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung. Kardiologische Implantate bringen schwache Herzen wieder in Rhythmus. Die Endoprothetik bringt kranke Gelenke zum schmerzfreien Bewegen. Künstliche Linsen und die refraktive Chirurgie bringen kranke Augen wieder zum guten Sehen. Moderne Implantate und Geräte bringen taube Ohren zum Hören. Medizintechnologien helfen, heilen, retten Leben.

Erfahren Sie mehr über innovative Medizintechnologien unter:
www.massstab-mensch.de


BVMed - Gesundheit gestalten.

Der BVMed vertritt als Wirtschaftsverband über 220 Industrie- und Handelsunternehmen der Medizintechnologiebranche. Im BVMed sind u. a. die 20 weltweit größten Medizinproduktehersteller im Verbrauchsgüterbereich organisiert. Die Medizinprodukteindustrie beschäftigt in Deutschland über 170.000 Menschen und investiert rund 9 Prozent ihres Umsatzes in die Forschung und Entwicklung neuer Produkte und Verfahren.

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Quelle:
BVMed-Pressemeldung Nr. 50/10 vom 23. Juni 2010
Hintergrundinformationen "10 Lebensretter der Medizintechnologie"
Stand: 22. Juni 2010
V.i.S.d.P.: Manfred Beeres M.A.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2010