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PFLEGE/477: "Primäre Verantwortung" - Pflegekräfte als gleichwertige Partner im Behandlungsteam (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 12/2010

Pflege

Pflegekräfte als gleichwertige Partner im Behandlungsteam


Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein setzt auf "primäre Verantwortung" für Patienten in einem multiprofessionellen Behandlungsteam.


Im Spannungsfeld zwischen Medizin und Ökonomie geht die Pflege am UK S-H nach eigenen Angaben neue Wege und stellt die persönliche Beziehung zwischen Patient und Pflegekraft in den Vordergrund. Das Konzept der "Primären Verantwortung in der Pflege" sieht vor, dass eine examinierte Pflegende die gesamte Betreuung für ihre Patienten auf ihrer Station übernimmt - von der Aufnahme bis zur Entlassung.

"Vorteil für unsere Patienten ist, dass sie eine feste Ansprechpartnerin oder einen festen Ansprechpartner auf der Station haben, die nicht nur über das Krankheitsbild, sondern auch die Persönlichkeit informiert sind", sagt Christa Meyer, Vorstand für Krankenpflege und Patientenservice am UK S-H. "Unsere Pflegekräfte müssen mit der Übernahme von Verantwortung auch Entscheidungen treffen und gewinnen so Gestaltungsmöglichkeiten." Erste Erfahrungen am UK S-H zeigen nach ihren Angaben, dass sich damit auch die Berufszufriedenheit deutlich erhöht.

Mit der "Primären Verantwortung in der Pflege" (nach Marie Manthey) antwortet dass UK S-H auf die Herausforderungen des demografischen Wandels. "Dem Anstieg der Anzahl älterer und damit multimorbider Patienten muss eine sinnvolle und menschliche Lösung folgen, damit die stationäre Versorgung die Zunahme an Komplexität in der individuellen Betreuung auffangen kann. Kern ist der Aufbau einer professionellen persönlichen Beziehung der Pflegekraft zu ihren Patienten", heißt es in einer Mitteilung des Universitätsklinikums zum Thema.

Durch die Übernahme der Verantwortung für den gesamten Pflegeprozess des Patienten von der Aufnahme bis zur Entlassung werden die Tätigkeiten am Patienten nicht mehr fragmentiert, sondern der Patient und seine Angehörigen in den Pflegeprozess einbezogen. Die Umsetzung am UK S-H begann auf "Starterstationen" in jeder der 50 Kliniken in Kiel und Lübeck. Initiiert wurde die Umsetzung durch den Vorstand für Krankenpflege und Patientenservice, Christa Meyer, und begleitet durch Regina Sälzer als verantwortliche Projektleiterin.

"Wer plant, führt auch aus" - nach diesem Motto ist die primär verantwortliche Pflegekraft für den pflegerischen Gesamtprozess von der Planung über den Prozess bis zur Dokumentation zuständig. Die persönliche Verantwortung für das Treffen von Entscheidungen wird auf eine Pflegekraft (Primäre Pflegekraft) übertragen. Die Zuweisung der Patienten orientiert sich dabei täglich an der Fallmethode (patientenorientiert, nicht tätigkeitsorientiert). Faktoren sind also die Anzahl der Patienten, die Komplexität der Versorgungsbedarfe und die Kompetenz der Pflegekräfte.

Die primäre Pflegekraft steuert die direkte Kommunikation mit Patienten, Angehörigen und allen am Pflege- und Behandlungsprozess beteiligten Berufsgruppen. Die primäre Pflegekraft übernimmt dabei auch die Verantwortung für die Qualität der am Patienten erbrachten Pflege für die gesamte Aufenthaltsdauer auf der Station. Unterstützt wird die primäre Pflegekraft durch Pflegekräfte, die im Planungsrahmen stellvertretend betreuen.

Die Argumente dafür lauten: Perspektive, Spielräume, Transparenz und Qualifikation. Schon heute steht fest, dass das System der primären Verantwortung die pflegerische Kompetenz stärkt. Es erfolgt eine Ausrichtung an der prozessorientierten, interaktiven Patienten- und Angehörigenbeziehung.

Die Patienten profitieren durch die Verlässlichkeit und verstärkte persönliche Präsenz der Pflegekraft, haben eine feste Ansprech- und Bezugsperson. Diese Pflegeorganisation ermöglicht ein schnelleres Erkennen von Ressourcen, Risiken und Komplikationen und zielorientiertes Handeln sowie eine optimale Kommunikation im therapeutischen Team durch bessere Kenntnis des Patienten. "Die Zufriedenheit sowohl von Patienten als auch von Mitarbeitern steigt", bilanzierte das UK S-H in seiner Mitteilung. (PM/Red)


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 12/2010 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2010/201012/h10124a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Dezember 2010
63. Jahrgang, Seite 29
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2011