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PSYCHOLOGIE/139: Kurzprogramm bei Hausärzten hilft Patienten mit Panik- und Angststörungen (idw)


Universitätsklinikum Jena - 07.06.2016

Kurzprogramm bei Hausärzten hilft gegen Panik / Deutschlandweite Studie wird präsentiert

Über 70 Praxisteams der "Paradies-Studie" zeigen den Erfolg / Rund zehn Millionen Deutsche betroffen


Berlin (DGPPN/UKJ). Ein neues Kurzprogramm verbessert die Behandlung von Patienten mit Panik- und Angststörungen durch Hausärzte. Dies ist das Ergebnis der "Paradies-Studie" mit dem Motto: "Der Angst entgegen, freier leben". An dem Projekt des Institutes für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Jena (UKJ) nahmen 419 Patienten aus 73 Hausarztpraxen teil. Die deutschlandweite Studie wird am 10. Juni in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt.

Prof. Dr. Jochen Gensichen, Direktor des Jenaer Institutes für Allgemeinmedizin, erläutert den Hintergrund: "Fast zehn Millionen Deutsche leiden an Panik- und Angststörungen. Für die meisten bleibt der Hausarzt der einzige Behandler. Wir wollten die Hausärzte dabei unterstützen, eine gute Versorgung für ihre leidenden Patienten anbieten zu können." Die 2012 gestartete und jetzt abgeschlossene wissenschaftliche Studie wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

In Zusammenarbeit mit den Kollegen um Prof. Dr. Jürgen Margraf der Ruhr-Universität Bochum entwickelten die Jenaer Allgemeinmediziner ein verhaltenstherapeutisches Kurzprogramm. Dabei führt der Hausarzt den Patienten während vier Sitzungen schrittweise in die therapeutischen Expositionsübungen ein. Die Medizinische Fachangestellte der Hausarztpraxis unterstützt in regelmäßigen Telefonaten den Patienten bei seinen speziellen Übungen. Dazu wurden Hausärzte und ihre Angestellte vorher besonders geschult.

Ergebnis: Die mit diesem Programm behandelten Patienten waren zwölf Monate nach Abschluss weniger ängstlich (Effektstärke ES = 0,37), weniger depressiv und waren mit der ambulanten Behandlung zufriedener als diejenigen, die nicht im Programm waren. Gensichen hält fest: "Es liegt nun ein wissenschaftlich geprüftes, sicheres und wirkungsvolles Vorgehen für die Behandlung der Panik- und Angststörung in Hausarztpraxen vor."

Aus ökonomischer Sicht kann das Übungsprogramm auch überzeugen: In der von Gesundheitsökonomen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf begleitend durchgeführten Kosten-Nutzen-Bewertung zeigte sich für das Übungsprogramm ein "günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis".

Dr. Iris Hauth, Präsidentin der der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), zeigt sich erfreut über diese Ergebnisse: "Hausärzte könnten nun sehr früh starten und die Patienten im Bedarfsfall dann gezielter überweisen. Das stärkt auch die gute Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und den weiterbehandelnden Fachärzten zum Wohle der gemeinsamen Patienten."

Gemeinsam diskutieren die Experten der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) am 10. Juni die richtigen Schlussfolgerungen aus der Studie. Sie rufen dazu auf, die wichtige Rolle der Praxismitarbeiterinnen weiter zu stärken. Das gezeigte Vorgehen sollte in die ärztliche Weiter- und Fortbildung, z.B. in die "Psychosomatische Grundversorgung", integriert werden. Auch sollten die neuen Vertragsformen der GKV, wie die "Hausarztzentrierte Versorgung" und die "integrierte Versorgung" genutzt werden, um diese Studienergebnisse schnell in die Regelversorgung einfließen und so den Patienten zu Gute kommen zu lassen.

Unter dem Titel "Der Angst entgegen, freier leben", werden die Ergebnisse am 10. Juni 2016 in Berlin vorgestellt und diskutiert - bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und der Stiftung Allgemeinmedizin.


Gemeinsame Presseinformation von:
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), Stiftung Allgemeinmedizin und Universitätsklinikum Jena (UKJ)

Weitere Informationen zur Studie und Kontakt:
www.allgemeinmedizin.uni-jena.de
Prof. Dr. Jochen Gensichen
Universitätsklinikum Jena
Institut für Allgemeinmedizin
07743 Jena, Bachstraße 18
E-Mail: Jochen.Gensichen@med.uni-jena.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.allgemeinmedizin.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1461

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Jena, Stefan Dreising, 07.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2016

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