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FORSCHUNG/124: Schizophrenie läßt sich vorhersagen (Uni-Journal Jena)


Uni-Journal Jena - Nr. 01 - Wintersemester 2009/10

Schizophrenie lässt sich vorhersagen

Forscherteam entwickelt neues bildgebendes Verfahren


Wahnerleben, Halluzination und Denkstörungen sind typische Symptome schizophrener Psychosen. Rund ein Prozent der Bevölkerung erkrankt daran. In Deutschland sind ca. 800.000 Bürger betroffen. Trotz der verbesserten medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten verläuft die meist in der Jugend einsetzende Erkrankung in vielen Fällen ungünstig, was mit enormem persönlichen Leid und volkswirtschaftlichen Kosten verbunden ist.

Ein internationales Forscherteam aus Wissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität, der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität und der University of Pennsylvania (USA) hat nun erstmals gezeigt, dass eine zuverlässige, biologisch gestützte Früherkennung schizophrener Störungen möglich ist. Die Wissenschaftler haben aus zerebralen Kernspintomografie-Daten von Hochrisiko-Probanden mit Hilfe computergestützter Verfahren Muster neuroanatomischer Veränderungen extrahiert, die diese Personen von gesunden Kontrollprobanden signifikant unterscheiden. Seine Ergebnisse hat das Team, zu dem Prof. Dr. Christian Gaser von der Jenaer Klinik für Psychiatrie gehört, in der Fachzeitschrift Archives of General Psychiatry veröffentlicht.

Bislang werden schizophrene Psychosen erst nach drei bis fünf Jahren bei den Betroffenen diagnostiziert. Dadurch geht wertvolle Zeit verloren: Eine möglichst frühzeitige Behandlung bereits im Vorstadium der Erkrankung kann den Ausbruch verhindern oder zumindest abmildern.


Bisher fehlten sichere Biomarker

Die verzögerte Diagnose und Therapie schizophrener Störungen lag bislang vor allem an fehlenden biologischen Markern, welche die diagnostische Unsicherheit im Hochrisikozustand der Erkrankung zuverlässig reduzieren könnten. Die Forscher konnten nun zeigen, dass neuroanatomische Muster sowohl eine zuverlässige diagnostische Einordnung verschiedener Hochrisikozustände erlauben, als auch die Vorhersage eines späteren Ausbruchs schizophrener Störungen mit hoher Sicherheit ermöglichen.

In ihrer Studie verwendeten die Wissenschaftler ein multivariantes Mustererkennungsverfahren aus dem Bereich des maschinellen Lernens, mit dem Unterschiede aus den Kernspin-Daten eines Trainingskollektivs extrahiert wurden. Diese Muster wurden anschließend auf die Kernspin-Daten von Testpersonen angewandt, die nicht zum Trainingskollektiv gehörten, um diese einer bestimmten diagnostischen Kategorie zuzuordnen. Die Forscher zeigten, dass die verschiedenen Hochrisikozustände der Testpersonen sowie der spätere Erkrankungsausbruch mit Wahrscheinlichkeiten zwischen 80 und 90 Prozent korrekt erkannt werden konnten.


Originalpublikation:
Nikolaos Koutsouleris et al.
"Use of Neuroanatomical Pattern Classification to Identify Subjects in At-Risk Mental States of Psychosis and Predict Disease Transition."
Archives of General Psychiatry, Vol. 66, No. 7, 700-712.

Quelle: Pressemitteilung - Informationsdienst Wissenschaft 07.07.2009
Erstmals Vorhersage der Schizophrenie mit Hilfe bildgebender Verfahren möglich
Philipp Kressirer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Klinikum der Universität München


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Quelle:
Uni-Journal Jena Nr. 01, Wintersemester 2009/10, S. 30
Herausgeber: Rektor der Friedrich-Schiller-Universität Jena
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2009