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MELDUNG/040: Meldungen vom DGPPN Kongreß 2011 in Berlin (1) - 25.11.11 (idw)


Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) - 24.11.2011

→  Preis zur Erforschung von Depressivität bei psychischen Erkrankungen vergeben
→  Was freier Wille für Zwangspatienten bedeutet
→  Neues Behandlungskonzept für psychiatrische Krankenhäuser ausgezeichnet
→  Tabubrecher-Kampagne mit dem DGPPN-Anti-Stigma-Preis 2011 ausgezeichnet


Emanuela Dalla Vecchia-Preise 2011 vergeben

Preis zur Erforschung von Depressivität bei psychischen Erkrankungen vergeben

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) hat gemeinsam mit der Stiftung für Seelische Gesundheit und der Stiftung Depressionsforschung zum dritten Mal den Preis zur Erforschung von Depressivität bei psychischen Erkrankungen - Emanuela Dalla Vecchia Preis - sowie den Förderpreis für Studierende verliehen. Die Preisverleihung fand am 24. November 2011 im Rahmen des diesjährigen DGPPN Kongresses in Berlin statt.

Der DGPPN-Preis zur Erforschung von Depressivität bei psychischen Erkrankungen - Emanuela-Dalla-Vecchia-Preis soll für einen mehrmonatigen Aufenthalt in einer Forschungseinrichtung im Inland oder Ausland genutzt werden. Diesjährige Preisträgerin ist Dr. rer. med. Melanie Luppa vom Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health an der Universität Leipzig. Ihre Hauptarbeitsbereiche sind die Epidemiologie und Versorgungsforschung, insbesondere für die Gruppe der älteren Menschen mit psychischen Störungen. Die 38-Jährige erhält den Preis für die Entwicklung eines Ampelsystems, mittels dessen sich das Risiko älterer Patienten für die Chronifizierung ihrer Depressionssymptomatik einschätzen lässt. Das Verfahren soll langfristig routinemäßig in Hausarztpraxen zum Einsatz kommen. Damit soll eine bestehende Erkenntnis- und Behandlungslücke im Bereich depressiver Störungen im Alter geschlossen werden. Denn häufig werden Altersdepressionen zu spät erkannt und etwa die Hälfte der depressiven Störungen im Alter nimmt einen chronischen Verlauf. Der Früherkennung und Behandlung dieser Patientengruppe kommt somit eine erhöhte Bedeutung zu. Mit dem Preisgeld von 15.000 Euro wird Dr. rer. med. Melanie Luppa ihren Forschungsaufenthalt in der Arbeitsgruppe Neuropsychiatrische Epidemiologie an der Universität Göteborg finanzieren.

Mit dem Emanuela Dalla Vecchia-Preis für Studierende soll der Nachwuchs in ihrem Promotionsvorhaben unterstützt und zu einer wissenschaftlichen Karriere motiviert werden. In diesem Jahr wurde die Medizinstudentin Laura Haase von der Charité Berlin ausgezeichnet. Das Preisgeld von 5.000 Euro kommt ihrem Forschungsvorhaben zugute, Kunsttherapie bei stationär behandelten Patienten mit schizophrenen Psychosen auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Die Pilotstudie ist ein Kooperationsprojekt der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus (Dr. med. Christiane Montag und Dr. med. Martin Bayerl) und dem Kolleg für Kunsttherapie an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee (Prof. Dr. phil. Karin Dannecker). Diese soll dazu beitragen, die klinische Effektivität und mögliche Wirkmechanismen der Kunsttherapie als einer seit sechzig Jahren etablierten und verbreiteten, aber bislang unzureichend evidenzbasierten Behandlungsform zu erforschen bzw. eine weiterführende Studie zu diesem Thema vorzubereiten. In die Studie kann die 29-Jährige gut ihre Erfahrungen als Künstlerin und Meisterschülerin von Prof. Frank Badur an der Universität der Künste einbringen.

Die Preise werden von der DGPPN in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit und der Stiftung Depressionsforschung verliehen. Die Stiftung für Seelische Gesundheit fördert die seelische Gesundheit der Bevölkerung und setzt sich für die Verbesserung der Versorgung psychisch kranker Menschen ein. Die Stiftung Depressionsforschung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Depressionen zu erforschen und zu ergründen, um neue Behandlungsmethoden und Medikamente im Kampf gegen diese Krankheit zu finden. Dies schließt u.a. die Erforschung der psychosozialen Dimension, der psychosozialen Auswirkungen sowie der Versorgungs- und Behandlungsstrukturen für Menschen mit depressiven Störungen ein.

Kontakt:
Prof. Dr. med. Peter Falkai
Präsident DGPPN
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Göttingen
von-Siebold-Str. 5
37075 Göttingen
E-Mail: pfalkai@gwdg.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgppn.de/aktuelles/detailansicht/article/100/emanuela-dal-2.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution805


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Was freier Wille für Zwangspatienten bedeutet

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) hat in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit sowie in Zusammenarbeit mit der "Gesellschaft für Philosophie und Wissenschaften der Psyche" erstmalig den mit insgesamt 2.000 Euro dotierten DGPPN-Förderpreis für Philosophie in der Psychiatrie 2011 vergeben. Ausgezeichnet wurde die Medizinstudentin Ursula Spitzer. Der Preis wurde am 24. November 2011 im Rahmen der DGPPN-Jahrestagung verliehen.

Was bedeutet freier Wille und Kontrolle über die eigenen Handlungen für Menschen mit Zwangsstörungen? Beeinflusst das Verfahren der Tiefenhirnstimulation zur Behandlung von Zwangsstörungen den freien Willen? Diesen Fragestellungen geht Ursula Spitzer in ihrer Masterarbeit "From free will to freedom of agency" nach, die nun mit dem DGPPN-Förderpreis für Philosophie in der Psychiatrie ausgezeichnet wurde. An einer Pilotstudie nahmen über zwanzig Patienten mit Zwangsstörungen teil, die entweder medikamentös oder mit der Tiefenhirnstimulation behandelt wurden. Bei der Tiefenhirnstimulation handelt es sich um ein relativ neues Verfahren, bei dem den Patienten Elektroden ins Gehirn gepflanzt werden und die regelmäßig elektrische Impulse abgeben. Dadurch sollen die Krankheitssymptome wie Zwangsgedanken und -handlungen wirksam unterdrückt werden. Ein Ergebnis von Spitzers Studie ist, dass das Verfahren der Tiefenhirnstimulation von den Betroffenen nicht als Eingriff in ihre Persönlichkeit, sondern im Gegenteil als befreiend und hilfreich bei der Ausübung ihres freien Willens empfunden wird. Durch ihre Masterarbeit hat die Absolventin des Studiengangs Philosophie an der Universität Amsterdam ihr Interesse für das Fach Medizin entdeckt. Die 26-Jährige studiert nun im fünften Semester Medizin an der Universität Witten-Herdecke.

Mit dem DGPPN-Preis für Philosophie in der Psychiatrie werden hervorragende wissenschaftliche Arbeiten im Grenzgebiet zwischen beiden Disziplinen ausgezeichnet. Die Themen des Wettbewerbs sind dabei jeweils so formuliert, dass aktuelle Grundsatzprobleme der Psychiatrie aufgenommen werden können. Die Beiträge sollen systematischen Anspruch und aktuelle Relevanz haben und zu einem Erkenntnisgewinn für beide Disziplinen beitragen. Die Wettbewerbsbeiträge sollen eine theoretische Verbindung von Philosophie und Psychiatrie vorlegen, die mit philosophischer Begrifflichkeit arbeitet und eine interdisziplinäre Fragestellung erkennen lässt. In diesem Jahr wurde der Hauptpreis nicht vergeben, jedoch erstmalig ein Förderpreis für Studierende mit einer Dotierung von 2.000 Euro. Mit der Durchführung des Wettbewerbs ist das DGPPN-Referat "Philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie" betraut. Gestiftet wird der Preis von Janssen-Cilag GmbH.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/article/991/was-freier-w.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution805


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Neues Behandlungskonzept für psychiatrische Krankenhäuser ausgezeichnet

Die DGPPN hat in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit zum zweiten Mal den mit insgesamt 5.000 Euro dotierten DGPPN-Preis für Pflege- und Gesundheitsfachberufe in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik verliehen. Ausgezeichnet wurden die Initiatoren des "Weddinger Modells" - eines patientenzentriertem, trialogisch ausgerichteten Behandlungskonzepts. Die Preisverleihung fand am 24. November 2011 im Rahmen des diesjährigen DGPPN-Kongresses statt.

Keine Patientengespräche über den Patienten, sondern nur mit ihm - lautet das Credo der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus, Abteilung Wedding, in Berlin. Seit Dezember 2010 werden mit dem sogenannten "Weddinger Modell" neue Wege in der Patientenversorgung beschritten. Es handelt sich dabei um ein patientenzentriertes, trialogisch ausgerichtetes Behandlungskonzept. Der Patient ist grundsätzlich - anders als üblich - bei Fallbesprechungen oder Therapieplanungen dabei. Er ist sogar angehalten, seine Therapieziele selbst zu formulieren. Damit soll das Bewusstsein beim Patienten gestärkt werden, dass er maßgeblich zum eigenen Behandlungserfolg beitragen kann.

Für ihr neues psychiatrisches Therapiekonzept sind die die Initiatoren des "Weddinger Modells" Ina Jarchov-Jádi und Dr. Lieselotte Mahler nun mit dem DGPPN-Preis für Pflege- und Gesundheitsfachberufe in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik 2011 ausgezeichnet worden.

Voraussetzung für das Gelingen eines solchen Ansatzes ist die grundlegende Reform der traditionellen Behandlungsstrukturen. Das Außergewöhnliche am "Weddinger Modell" sei die konsequente multiprofessionelle Ausrichtung und die von Anfang angestrebte gleichberechtigte Zusammenarbeit aller Berufsgruppen. Damit komme es zu einer spürbaren Annäherung zwischen allen Berufsgruppen, von der vor allem die Pflege profitiere. Diese könnte nun ihre Expertise in vollem Umfang einbringen, heißt es in der Jury-Begründung.

Der DGPPN-Preis für Pflege- und Gesundheitsfachberufe in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik zeichnet Arbeiten zu psychischen Erkrankungen aus, die die diagnostische Tätigkeit der verschiedenen Gesundheitsfachberufe in den Mittelpunkt stellen. Antragsberechtigt sind Mitarbeiter der Gesundheitsfachberufe, wie z.B. Gesundheits- und Krankenpflege, Altenpflege, Ergotherapie, Soziotherapie oder Physiotherapie. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird von der DGPPN in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit verliehen. Die Stiftung fördert die seelische Gesundheit der Bevölkerung und setzt sich für die Verbesserung der Versorgung psychisch kranker Menschen ein. Die Stiftung ist Mitglied im Stifterverband der Deutschen Wissenschaft.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/article/991/neues-behand.html


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Tabubrecher-Kampagne mit dem DGPPN-Anti-Stigma-Preis 2011 ausgezeichnet

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) hat in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit und dem Verein "Open the doors e.V." zum achten Mal den mit insgesamt 5.000 Euro dotierten DGPPN-Anti-Stigma-Preis verliehen. Ausgezeichnet wurde das Aktionsjahr "Tabubrecher" des Beratungscafés unplugged in Mainz. Die Preisverleihung fand am 24. November 2011 im Rahmen des diesjährigen DGPPN-Kongresses statt.

Im Rahmen des Aktionsjahrs "Tabubrecher" wurde mit Vorurteilen über und der Ausgrenzung von Menschen mit psychischen Erkrankungen aufgeräumt. Dafür ist das Projekt nun mit dem DGPPN-Anti-Stigma-Preis ausgezeichnet worden. Mit zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, Videobeiträgen, einem eigenen Tabubrecher-Song sowie einer T-Shirt-Aktion wurde 2011 in der Region Mainz für einen offenen Umgang mit psychischen Erkrankungen geworben. Die Initiative steht unter der Schirmherrschaft von Roswita Beck, Gattin des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck, und wurde vom Beratungscafé unplugged in Mainz ins Leben gerufen. Das Beratungscafé unplugged wird von der Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen getragen und bietet seit Oktober 2005 jungen Menschen mit psychischen Erkrankungen zwischen 16 und 27 Jahren einen Rückzugsraum sowie zahlreiche Beratungs- und Freizeitangebote. Die Idee zum Aktionsjahr ist aus den Erfahrungen der Besucher des Beratungscafés unplugged entstanden, die häufig im Alltag mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Das Projekt wird von den Besuchern getragen und aktiv mitgestaltet. Mit dem Preisgeld planen die Initiatoren das Tabubrecher-Projekt mit neuen Aktionen im Jahr 2012 fortzuführen. "Durch die überzeugende Öffentlichkeitsarbeit, gut verständliche Informationen und Begegnungsmöglichkeiten von Bürgern mit Betroffenen werden Vorurteile abgebaut", heißt es in der Jurybegründung.

Unter den zahlreichen Bewerbungen hob die Jury außerdem gesondert das Theaterprojekt "Club in der Psychiatrie: Verrückte" des LWL-Universitätsklinikums Bochum und des Jungen Schauspielhauses Bochum sowie das Angebot "Betreutes Wohnen in Familien" der LVR-Klinik Bedburg-Hau lobend hervor.

Der DGPPN-Anti-Stigma-Preis würdigt das Engagement von Personen, Institutionen oder Selbsthilfegruppen, die sich um die nachhaltige gesellschaftliche Integration von Menschen mit psychischen Erkrankungen besonders verdient gemacht haben. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) vergibt den Preis in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit und dem Antistigma-Verein "Open the doors e.V." Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird gestiftet von der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Die DGPPN unterstützt den Preis mit 1.000 Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. med. Wolfgang Gaebel
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Heinrich-Heine-Universität
Bergische Landstrasse 2
40629 Düsseldorf
E-Mail: wolfgang.gaebel@uni-duesseldorf.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/article/307/tabubrecher.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution805

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), Dr. Thomas Nesseler, 24.11.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2011