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FORSCHUNG/576: Kombinations-Impfstoff bewirkt besseren Schutz vor Virusinfektionen (RUB)


Ruhr-Universität Bochum - Mittwoch, 17. Februar 2010

Kombinations-Impfstoff bewirkt besseren Schutz vor Virusinfektionen

- PNAS: Immunzellen patrouillieren an den Eintrittsorten der Erreger
- Bochumer Forscher hoffen auf Impfung gegen HIV


Mit einer Kombinations-Impfung aus einem Proteinimpfstoff und einem Gen-basierten Impfstoff ist es Forschern der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Klaus Überla (Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie der RUB) gemeinsam mit Kollegen der Rockefeller University (New York) gelungen, eine wesentlich verbesserte Immunisierung gegen Virusinfektionen zu bewirken. Im ersten Schritt führte die Proteinimpfung zur Bildung sog. T-Helfer-Zellen. Diese sind in der Lage, Viren zu erkennen und locken T-Zellen des Immunsystems in die Schleimhäute, über die die Viren eindringen. Die T-Zellen können infizierte Körperzellen erkennen und unschädlich machen. Was im Tiermodell mit einem rekombinanten Virus gelang, das Bestandteile eines Pocken- und des HI-Virus enthält, weckt Hoffnungen auf eine wirksame HIV-Impfung. Die Forscher berichten in der aktuellen Ausgabe von PNAS.

Impfen über Umwege

Ein wichtiges Ziel von Impfungen ist es, das Immunsystem dazu zu bringen, zytotoxische T-Zellen auszubilden. Diese können Virus-infizierte Zellen zerstören und so die weitere Ausbreitung der Viren verhindern. "Diese T-Zellen sollten jedoch nicht nur im Blut zirkulieren, sondern auch gerade an den Eintrittsorten für Viren patrouillieren", erklärt Prof. Überla. Der internationalen Forschergruppe aus Bochum und New York gelang dies nun über einen kleinen Umweg. Sie impften Mäuse zunächst mit einem Proteinimpfstoff. Das Protein, ein Bestandteil des schädlichen Virus, wird von Zellen des Immunsystems erkannt. Diese sog. dendritischen Zellen sind darauf spezialisiert, schädliche Fremdkörper anderen Immunzellen zu präsentieren. Das Immunsystem reagiert mit der Bildung von T-Helfer-Zellen, welche in der Lage sind, das schädliche Protein zu erkennen.

Das Immunsystem lernt

Im zweiten Schritt erhielten die Mäuse einen Gen-basierten Impfstoff. Er enthält unschädliche Viren, welche die Erbinformation für bestimmte Bestandteile des schädlichen Virus enthalten. Sie schleusen diese Information in Körperzellen des Wirts ein, die daraufhin mit der Herstellung der entsprechenden Viruspartikeln beginnen. Das Immunsystem lernt so, mit dem schädlichen Virus infizierte Zellen zu erkennen und zu vernichten.

Mehr Immunschutz in den Schleimhäuten

Spätere Tests ergaben, dass die Immunisierung mit dem Gen-basierten Impfstoff in Anwesenheit der zuvor aufgrund des Proteinimpfstoffs hergestellten T-Helferzellen zu einem stark verbesserten Schutz vor der Infektion mit dem kombinierten Pocken-HI-Virus führt. Die Forscher nutzten das kombinierte Virus, da Mäuse nicht mit HIV infizierbar sind. Das Kombinationsvirus wird über die Atemwege übertragen. "Nach der Impfung waren schnell viele zytotoxische T-Zellen in den Schleimhäuten der Atemwege, was den Schutz beträchtlich verstärkt haben dürfte", erläutert Prof. Überla. "Wir nehmen an, dass die vorher hergestellten T-Helferzellen, wenn sie auf ein Virus stoßen, die T-Zellen anlocken." Die Forscher gehen davon aus, dass dieser Prozess auch in anderen Schleimhäuten funktioniert und schließen indirekt darauf, dass sich so auch eine HIV-Infektion bei Menschen verhindern lassen müsste. "Was genau das für HIV bedeutet, müssen natürlich weitere Studien zeigen", unterstreicht Prof. Überla.


Titelaufnahme
Godwin Nchinda, David Amadu, Christine Trumpfheller, Olga Mizenina, Klaus Überla, and Ralph M. Steinman:
Dendritic cell targeted HIV gag protein vaccine provides help to a DNA vaccine including mobilization of protective CD8+ T cells.
In: PNAS Early Edition, 15.-19. Februar 2010, doi:10.1073/pnas.1000621107

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Klaus Überla
Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
E-Mail: klaus.ueberla@rub.de

Beitrag zum Thema im Wissenschaftsmagazin RUBIN:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/rubin-herbst-07/pdf/beitrag3.pdf


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Quelle:
Ruhr-Universität Bochum
Pressemitteilung Nr. 53 vom 17. Februar 2010
Pressestelle, Dr. Josef König
Tel: +49 234 32-22830, -23930, Fax: +49 234 32-14136
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2010