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DIABETES/1264: diabetesDE fordert sinnvolle Therapieziele für ältere Diabetiker (idw)


Deutsche Diabetes Gesellschaft - 08.10.2009

diabetesDE fordert sinnvolle Therapieziele für ältere Diabetiker


Berlin - Zwei von drei Menschen mit Typ-2-Diabetes mellitus sind über 60 Jahre alt. Auch bei ihnen kann eine Diabeteserkrankung das Leben verkürzen. Die Blutzuckerkontrolle bleibt deshalb ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Sie muss aber Rücksicht auf das Alter der Patienten nehmen, fordern diabetesDE und die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG). Wie ältere Patienten gut versorgt werden können, erläutert Dr. med. Ann-Kathrin Meyer, Hamburg, in einem Übersichtsartikel der Fachzeitschrift "Diabetologie und Stoffwechsel".

Jüngeren Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 raten die Ärzte heute dazu, einen normalen Blutzucker anzustreben. Der Langzeitwert HbA1c sollte 6,5 Prozent nicht überschreiten. Ein Teil der Typ-2-Diabetiker erreicht dies mit einer gesunden Lebensweise, ein anderer benötigt blutzuckersenkende Tabletten. Nicht selten Ist das Spritzen von Insulin notwendig. Ist bei älteren Menschen ein idealer HbA1c-Wert nur noch unter Einsatz mehrerer Mittel zu erreichen, können die Nachteile möglicher Nebenwirkungen die Vorteile der Blutzuckersenkung überwiegen. diabetesDE und DDG raten in solchen Fällen dazu, das Therapieziel entsprechend anzupassen und einen höheren HbA1c-Wert zu tolerieren.

Diese Empfehlungen basieren auf einer im letzten Jahr publizierten US-Studie mit über 10.000 Typ-2-Diabetikern (ACCORD-Studie). Die im Durchschnitt 62 Jahre alten Teilnehmer hatten zu Beginn HBA1c-Werte von über acht Prozent, ein aus Sicht der DDG unakzeptabler Wert. Die Hälfte der Patienten strebte in der Studie einen HbA1c von 7,0 bis 7,9 Prozent an, ein für Senioren realistisches Ziel, das die meisten Teilnehmer der Studie unter Einsatz von einem oder zwei Antidiabetika erreichten. Einige spritzten zusätzlich Insulin.

In der zweiten Gruppe sollten die Diabetiker den HbA1c-Wert auf unter sechs Prozent senken. Erlaubt war der Einsatz aller verfügbaren Antidiabetika. Die Mehrzahl der Teilnehmer nahm im folgenden Jahr drei bis fünf Medikamente ein. Doch das Ziel wurde nicht vollständig erreicht. Am Ende lag der HbA1c im Durchschnitt bei 6,4 Prozent und damit signifikant besser als der der Kontrollgruppe. Die Studie wurde jedoch abgebrochen, weil es unter der aggressiven Blutzuckersenkung zu mehr Todesfällen gekommen war.

Die Gründe sehen Experten in der höheren Rate von lebensgefährlichen Unterzuckerungen und der deutlichen Gewichtszunahme vieler Patienten. Außerdem könnte die gleichzeitige Einnahme vieler Medikamente schaden: Gerade bei alten Menschen steigt dann die Gefahr, dass Nebenwirkungen oder auch Wechselwirkungen unter den einzelnen Wirkstoffen nicht mehr kontrolliert werden können. Schon bei einzelnen Medikamenten kann die Dosierung wegen der nachlassenden Nierenleistung schwierig werden. Vielen älteren Menschen fällt es schwer, komplexe Pillenpläne einzuhalten. Hinzu kommt die im Alter oft einseitige und eingeschränkte Ernährung, die die Aufnahme der Wirkstoffe im Darm beeinflusst.

Viele hochbetagte Patienten sind nicht mehr in der Lage sich körperlich zu betätigen, was sich günstig auf den Blutzucker auswirken würde. Und die bedarfsabhängige Insulinbehandlung bereitet Senioren mitunter Schwierigkeiten. Alle diese Faktoren müssen die Ärzte bei der Betreuung von betagten Typ-2-Diabetetikern beachten. Das bedeutet aber nicht, dass alte Menschen keine günstigen HBA1c-Werte erreichen können. In einer weiteren Studie (ADVANCE) gelang es den Teilnehmern, unter einer umsichtigen Therapie den HBA1c-Wert auf 6,5 Prozent zu senken, ohne dass es zu vermehrten Komplikationen kam. Dort hatten die Ärzte auf bewährte Medikamente gesetzt und es war gelungen das Körpergewicht stabil zu halten und andere Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Das Ergebnis war eine geringere Rate von Diabetesschäden an der Niere als in einer Vergleichsgruppe mit höheren HbA1c-Werten.


Quelle:
Meyer, A.-K.:
Diabetes im Alter
Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4: 238-246
DOI 10.1055/s-0029-1224525

Weitere Informationen finden Sie unter
- http://www.diabetesde.org
- http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1246


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Diabetes Gesellschaft, Beate Schweizer, 08.10.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2009