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SCHMERZ/701: Botox® - Neue Behandlungsoption für junge Migränepatienten? (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Montag, 3. März 2014

Botox®: Neue Behandlungsoption für junge Migränepatienten?



fzm, Stuttgart, März 2014 - Chronische Kopfschmerzen und Migräne gelten gemeinhin als typische Krankheit des Erwachsenenalters. "Dabei wird leicht übersehen, dass die meisten Kopfschmerzkarrieren bereits im Kindes- oder Jugendalter beginnen", stellt Dr. Matthias Bernhard von der Kinderklinik der Universität Leipzig fest. Die therapeutischen Möglichkeiten seien in diesem Alter jedoch begrenzt - denn viele Migränemittel sind bislang nur für Erwachsene zugelassen. In der Fachzeitschrift "Fortschritte der Neurologie Psychiatrie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2014) stellt Bernhard nun eine Fallstudie vor, nach der der kontrollierte Einsatz des Nervengifts Botulinumtoxin A eine frühzeitige Therapieoption auch bei Jugendlichen sein könnte.

Bei Erwachsenen mit chronischer Migräne zählt die Therapie mit Botulinumtoxin A, besser bekannt als Botox®, mittlerweile zu den etablierten Behandlungsmethoden.

Wie wirksam und sicher diese Therapie bei Jugendlichen ist, haben Bernhard und seine Kollegen nun im Rahmen einer kleinen Fallstudie an zehn jugendlichen Patienten im Alter zwischen 13 und 17 Jahren untersucht.

Die Patienten litten alle bereits seit mindestens einem Jahr an chronischen Kopfschmerzen, das heißt - definiert als mehr als 15 Kopfschmerztage pro Monat - und waren bereits erfolglos mit anderen Medikamenten behandelt worden. Im Rahmen eines individuellen Therapieversuchs erhielten die Teilnehmer nun insgesamt 150 Einheiten Botox®, die an 31 verschiedenen Punkten in die Stirn-, Schläfen- und Nackenmuskulatur injiziert wurden.

Bei sieben der zehn Probanden nahm die Zahl der Kopfschmerztage daraufhin um mehr als die Hälfte ab. "Ab diesem Grenzwert gilt die Therapie als erfolgreich", erläutert Matthias Bernhard. Nach drei Monaten erreichten noch sechs Probanden diesen Wert, nach einem halben Jahr immerhin noch fünf. Im Mittel nahm die Zahl der Kopfschmerztage ab dem vierten Monat nach der Behandlung wieder zu; im Rahmen der Studie wurden die Injektionen gleichwohl nicht wiederholt. Wie Bernhard berichtet, vertrugen die Probanden die Botox®-Behandlung gut, schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. Zu den erwartbaren, leichten Nebenwirkungen zählten Rötungen und kurzzeitige Schmerzen an den Injektionsstellen und ein Gefühl der Instabilität im Nackenbereich.

"Rund zwei Prozent der weiblichen und fast ein Prozent der männlichen Jugendlichen leiden bereits unter chronischen Kopfschmerzen", schildert Matthias Bernhard das Ausmaß des Problems. Bis zu 80 Prozent von ihnen hätten auch als Erwachsene noch Migränebeschwerden. Dieser Chronifizierung könne nur mit einer frühzeitigen Behandlung entgegengewirkt werden, sagt der erfahrene Kinderarzt. Bisherige Daten sprechen dafür, dass Botox® mit seinem günstigen Nebenwirkungsprofil das Spektrum der Behandlungsoptionen auch bei Jugendlichen erweitern kann. Allerdings, betont Bernhard, müsse der Wirkstoff in dieser Altersgruppe zunächst noch in größeren, plazebokontrollierten Studien untersucht werden.


M.K. Bernhard et al.:
Botulinumtoxin-Injektionen bei chronischer Migräne im Jugendalter - eine frühzeitige Therapieoption in der Transition von der Neuropädiatrie zur Neurologie
Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie 2014; 82 (1); S.39-42

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Quelle:
FZMedNews - Montag, 3. März 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2014