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RHEUMA/210: Kassen lehnen Off-Label-Therapien für Kinder mit Rheuma oft ab (DGRh)


Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) - 29. August 2011

Kassen lehnen Off-Label-Therapien für Kinder mit Rheuma oft ab

Vielen Kindern mit Rheuma helfen nur nicht zugelassene Medikamente


München - Rheumakranke Kinder können heutzutage in Deutschland wesentlich effektiver behandelt werden als noch vor zehn Jahren. Dies liegt sowohl an der besseren fachärztlichen Versorgung als auch an guten Leitlinien und wirksamen für die Behandlung zugelassenen Medikamenten. Aber gerade bei der Behandlung von Kindern mit seltenen rheumatischen Erkrankungen stehen Kinderrheumatologen vor einem Dilemma: Um die Beschwerden zu lindern, müssen manchen Kindern Medikamente verordnet werden, die nur für Erwachsene zugelassen sind. Zulassungsstudien für Kinder lassen sich aufgrund der Seltenheit dieser Erkrankungen nicht durchführen. Die Kostenträger lehnen Anträge für solche sogenannten Off-Label-Therapien oft ab. Wie sich diese Situation entschärfen lässt, diskutieren Experten im Rahmen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) vom 31. August bis zum 3. September 2011 in München.

Ziel der Rheumatherapie bei Kindern ist es vor allem, die Beschwerden der heranwachsenden Patienten durch eine möglichst risikoarme Therapie zu lindern und ihnen eine normale körperliche Entwicklung zu ermöglichen. "Wir möchten den Kindern natürlich eine gut verträgliche Behandlung anbieten, sodass eine hohe Lebensqualität gewährleistet wird", sagt Professor Dr. med. Gerd Horneff, Vorsitzender der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR), die gemeinsam mit der DGRh in München tagt.

Einen Durchbruch bei der Therapie rheumatischer Erkrankungen brachten vor einigen Jahren die sogenannten Biologika. Diese molekularbiologisch hergestellten Medikamente greifen gezielt in Entzündungsprozesse ein. Immerhin ist inzwischen ein Teil der neuen Präparate für Kinder zugelassen. Häufig jedoch gilt diese Zulassung nur für einige wenige Formen von Kinderrheuma. Dies ist umso problematischer, als gerade junge Menschen besonders oft an seltenen und gleichzeitig sehr schwerwiegenden Rheumaformen leiden: "Um diesen Patienten zu helfen, müssen Kinderrheumatologen manchmal auf Medikamente zurückgreifen, die nicht für eine bestimmte Form von Kinderrheuma oder nicht einmal für Kinder zugelassen sind", erklärt Horneff, der auch Chefarzt der Abteilung für Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin an der Asklepios Kinderklinik in St. Augustin ist. Dieses Problem der fehlenden Zulassung besteht übrigens häufig in der Kinderheilkunde: Nur eine Minderheit der in Deutschland zur Verfügung stehenden Medikamente ist für Kinder zugelassen.

Eine Off-Label-Therapie ist laut Gesetz nur dann zulässig, wenn es keine wirksame Alternative gibt und wenn zudem konkrete Forschungsergebnisse Therapieerfolge belegen. Krankenkassen lehnen die Finanzierung oft mit dem Hinweis auf fehlende Zulassungsstudien ab "Das passiert sogar bei besonders schwer erkrankten Kindern, die stationär in spezialisierten Zentren behandelt werden. Den Patienten drohen so bleibende Schäden", klagt Horneff. Dabei gibt es in vielen Fällen gut dokumentierte Therapieerfolge, die durch den internationalen Austausch der Experten auf Kongressen und in Fachzeitschriften mitgeteilt werden.

Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie appelliert daher an Mediziner, Kostenträger, Industrie und auch Politiker, ihre Verantwortung für diese schwer kranken Kinder wahrzunehmen. Wie sich die Situation entschärfen lässt, diskutieren Experten auf dem DGRh-Kongress sowie auf der Eröffnungs-Pressekonferenz am 1. September 2011 in München.


Unter dem Begriff Rheuma fassen Experten mehr als 100 verschiedene entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparates zusammen. Auch die verschleißbedingten Krankheiten wie Arthrose zählen zum sog. "rheumatischen Formenkreis". Menschen jeden Alters sind von diesen oft schweren, schmerzhaften und vielgestaltigen Erkrankungen betroffen: Etwa 1,5 Millionen Deutsche leiden allein an einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung. Durchschnittlich dauert es 13 Monate bis Betroffene mit einer rheumatoiden Arthritis zu einem Rheumatologen gelangen und dort Hilfe finden.



Terminhinweise:

Symposium "Off-Label-Therapie in der Rheumatologie - therapeutische Notwendigkeit oder "sonstiger Schaden"?
Termin: Donnerstag, 1. September 2011, 14.15 bis 15.45 Uhr
Ort: ICM, Saal 5, Messegelände, 81823 München

39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
mit der 25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
und der 21. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)
31. August bis 3. September 2011, ICM - Internationales Congress Center München


Das Kongressprogramm und weiterführende Informationen finden Interessierte im Internet unter:
www.dgrh-kongress.de


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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
Kongress-Pressestelle, Silke Stark/Corinna Spirgat
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-572 bzw. -293
E-Mail: stark@medizinkommunikation.org
spirgat@medizinkommunikation.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2011