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MELDUNG/101: Größte Frau der Welt starb durch Riesenwuchs (DGE)


Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) - 12. Dezember 2012

Riesenwuchs und Akromegalie durch überschüssiges Wachstumshormon:
Größte Frau der Welt gestorben



Bochum - Wie jetzt bekannt wurde, starb Yao Defen - laut Guinness-Buch der Rekorde mit 2,33 Meter die größte Frau der Welt - Mitte November 2012 im Alter von 40 Jahren in ihrem chinesischen Heimatdorf. Ihre außergewöhnliche Körpergröße war Folge einer Geschwulst der Hirnanhangdrüse. Dieser "Hypophysen-Tumor" produzierte übermäßig viel Wachstumshormon, sodass Yao Defen ständig weiter gewachsen war. "Tritt der Wachstumshormonüberschuss bei einem Menschen schon in der frühen Jugend auf, noch bevor die Wachstumsfugen an den großen Röhrenknochen von Armen und Beinen verknöchern, wächst dieser, wenn nicht erfolgreich behandelt wird, ständig weiter", erläutert Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) aus Bochum.

Mit 15 Jahren wies Yao Defen schon eine Körpergröße von über zwei Metern auf. Beim Gesunden steigt im Pubertätsalter der Spiegel der Geschlechtshormone an, wodurch sich die Wachstumszonen der Knochen durch Verkalkung schließen und das Längenwachstum zum Stillstand kommt. Bei einer Geschwulst der Hirnanhangdrüse können aber die Sexualhormone beeinträchtigt werden, sodass die Verknöcherung der Wachstumsfugen ausbleibt und der Patient immer weiter wachsen kann. "Tritt ein Überschuss an Wachstumshormon hingegen erst nach der Pubertät auf, so können die Knochen nicht mehr in der Länge, sondern nur mehr an den hervorragenden Erhebungen, Spitzen und Enden des Körpers wachsen, den sogenannten Akren", so Schatz. Nase, Kinn, Hände und Füße werden größer und klobig, die Stirn mit ihren Höckern wird wulstig. Bei der "Akromegalie" sind auch die Weichteile betroffen: Das Herz etwa wächst und wächst und kann schließlich versagen.

Die Diagnose eines Wachstumshormonüberschusses sei einfach, sagt Schatz. Der Hormonwert lasse sich direkt messen. Dieser allein als Einzelwert sei jedoch nicht sehr aussagekräftig. Bei Verdacht auf eine Überfunktion sind Suppressionstests nötig, vermutet der Arzt eine Unterfunktion, führt er Stimulationstests durch. "Heute gibt es auch die Möglichkeit, das Wachstumshormon indirekt über im Körper gebildete Mittlersubstanzen zu beurteilen, die "Somatomedine" oder "insulinähnlichen Wachstumsfaktoren". Insgesamt gehört die Diagnostik bei diesen Krankheitsbildern in die Hände von Spezialisten, also von Endokrinologen, betont Schatz.

"Die Gestalten der Riesen in Sage und Dichtung gehen wohl auf Menschen mit dieser Erkrankung zurück. In der Regel wird hier eine Körpergröße von etwa 2,30 bis 2,40 Meter erreicht", meint Professor Schatz. Riesenwuchs, auch "Gigantismus" genannt, komme heute bei uns kaum mehr vor, da Eltern bei von der Norm abweichender Körpergröße ihrer Kinder rasch den Arzt aufsuchen. Akromegalie dagegen werde leider oft erst nach vielen Jahren diagnostiziert, bedauert Professor Schatz. Manchmal dauert es bis zu 10 oder gar 15 Jahre, bis Mitmenschen das im Endstadium charakteristische Aussehen des Patienten auffällt. "Ein akromegaler Patient sieht wie der andere aus, man könnte diese für Geschwister halten", beschreibt der DGE-Pressesprecher das charakteristische Erscheinungsbild. Im Endstadium sind nicht nur die knöchernen Strukturen, sondern vor allem auch die Weichteile, insbesondere das Herz, bereits irreversibel geschädigt. Viele akromegale Patienten wurden bereits lange vor Diagnosestellung an einem Kropf operiert. Denn im Verlauf der Krankheit entwickelt sich oft eine große Geschwulst der Schilddrüse, ein Struma. Einige Patienten suchten auch zuerst wegen Veränderungen an den Gelenken einen Rheumatologen auf, oder gingen wegen Gebissveränderungen zum Zahnarzt. Für Akromegalie spricht auch, wenn sich die Schuhgröße deutlich ändert oder der Ring nicht mehr passt.

Die operative Entfernung eines Wachstumshormon produzierenden Tumors der Hirnanhangdrüse ist nach wie vor die Therapie der Wahl, empfiehlt die DGE. Die chinesische Riesin wurde mehrfach operativ behandelt, zuletzt im Jahr 2006 in Shanghai. Nur wenn das operative Vorgehen nicht genügend erfolgreich war, kommen weitere Therapieverfahren in Frage. Dazu zählen die Bestrahlung und die Gabe verschiedener Medikamente, welche die Hormonausschüttung und das Wachstum der Geschwulst bremsen können. Wichtig sei dabei vor allem, dass die Patienten durch einen Endokrinologen langfristig betreut würden, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Spezialisten wie Neurochirurgen und Strahlentherapeuten.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2012