Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 13.01.2016
Rauchen beeinträchtigt zellulären Protein-Schredder bei COPD Patienten
Neuherberg, 13.01.2016. Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München haben in einem internationalen Team in Zusammenarbeit mit Kollegen vom Klinikum der Universität München und dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) im "American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine" erstmals gezeigt, dass Zigarettenrauch die Aktivität des Immunoproteasoms* vermindert. Zudem weisen Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) verringerte Immunoproteasom-Level auf. Dies könnte dazu beitragen, dass COPD Patienten anfälliger gegenüber Atemwegs-Infekten sind.
Das Immunoproteasom ist eine Struktur in Säugetierzellen und dient dem Abbau von zellfremden Eiweißmolekülen, wie sie etwa bei einer Virusinfektion vorliegen. Seine Funktion ist mit einem zellulären Schredder vergleichbar. Die dabei entstehenden Proteinstücke werden gezielt dem Immunsystem präsentiert, welches spezifische Abwehrmaßnahmen vorbereitet. Das Forscherteam um PD Dr. Silke Meiners vom Institut für Lungenbiologie (iLBD) / Comprehensive Pneumology Center (CPC) am Helmholtz Zentrum München fand nun heraus, dass Rauchen diesen Schutzmechanismus des Immunsystems entscheidend behindert.
"Bei Experimenten mit Immunzellen konnten wir beobachten, dass Zigarettenrauch die Aktivität des Immunoproteasoms vermindert", so Erstautorin Ilona Kammerl. "Dadurch funktioniert das Präsentieren der zerkleinerten Proteinschnipsel gegenüber dem Immunsystem schlechter und die spezifische Immunantwort wird abgeschwächt." Zudem wiesen Lungen von COPD Patienten geringere Mengen an Immunoproteasomen auf.
"COPD-Patienten erleben bei einer viralen Infektion häufig eine akute Verschlechterung der Lungenfunktion, von der sie sich oft nicht vollständig erholen. Dies deutet darauf hin, dass die spezifische Immunantwort gegenüber viralen Erregern in diesen Patienten vermindert ist. Unsere Daten weisen erstmals darauf hin, dass dies mit einer durch Zigarettenrauch verminderten Immunoproteasom-Aktivität zusammenhängt", unterstreicht Studienleiterin Meiners. Zigarettenrauch ist als einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung einer COPD bekannt.
Die Wissenschaftler wollen nun prüfen, ob eine geringere Aktivität des Immunoproteasoms als Biomarker für die erhöhte Anfälligkeit gegenüber viralen Infektionen bei COPD dienen könnte. Weitere Studien sollen klären, ob die Veränderungen im Immunoproteasom auch in Blutzellen nachweisbar sind und dies mit einer erhöhten Infektanfälligkeit zusammenhängt.
Auch als therapeutische Zielstruktur könnte sich das Immunoproteasom eignen. "Eine gezielte Steigerung der Aktivität des Immunoproteasoms könnte vorteilhaft sein, um eine effizientere Immunantwort bei Virusinfekten hervorzurufen und damit einer Verschlechterung der Lungenfunktion bei COPD Patienten entgegenzuwirken", erklärt Prof. Dr. Oliver Eickelberg, Vize-Direktor im DZL, Chairman des CPC und Direktor des iLBD.
Weitere Informationen
Das Immunoproteasom* ist ein zylinderförmiger Proteinkomplex, der Eiweißstrukturen, insbesondere solche, die von Zell-fremden Partikeln, wie etwa Viren, stammen, in kleinere Bestandteile zerlegt. Diese werden anschließend dem Abwehrsystem auf der Zelloberfläche präsentiert, um es für diese Strukturen zu sensibilisieren.
Original-Publikation:
Kammerl, I.E. et al. (2016). Impairment of immunoproteasome function by
cigarette smoke and in COPD, American Journal of Respiratory and Critical
Care Medicine
Link zur Fachpublikation:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26756824
• Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose,
Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes
mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das
Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz
des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum
München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der
Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
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angehören.
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Das Institut für Lungenbiologie (iLBD) gehört dem Comprehensive
Pneumoloy Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums
München mit dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität
München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Das CPC verfolgt
einen translationalen Forschungsansatz um neue präventive, diagnostische und
therapeutische Strategien für chronische Lungenerkrankungen zu entwickeln.
Das iLBD führt mit der Untersuchung der Pathomechanismen von
Lungenerkrankungen mit zellulären, molekularen und immunologischen Methoden
den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Das CPC ist einer von
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Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL) ist ein nationaler
Verbund, der Experten auf dem Gebiet der Lungenforschung bündelt und
Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung verzahnt.
Standorte sind Borstel/Lübeck/Kiel/Großhansdorf, Gießen/Marburg/Bad Nauheim,
Hannover, Heidelberg und München. Ziel des DZL ist es, über einen neuartigen,
integrativen Forschungsansatz Antworten auf offene Fragen in der Erforschung
von Lungenkrankheiten zu finden und damit einen wesentlichen Beitrag zur
Verbesserung von Prävention, Diagnose und Therapie zu leisten.
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Fachliche Ansprechpartnerin:
PD Dr. Silke Meiners
Helmholtz Zentrum München -
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Comprehensive Pneumology Center
Max-Lebsche Platz 31, 81377 München
E-Mail: silke.meiners@helmholtz-muenchen.de
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Sonja Opitz, 13.01.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2016
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