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LEBER/253: Medikamente und Lebergesundheit - Auch "sanfte Medizin" kann die Leber belasten (DGVS)


Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS) - 16. November 2018

Deutscher Lebertag am 20. November:

Medikamente und Lebergesundheit: Auch "sanfte Medizin" kann die Leber belasten


Berlin - Als zentrales Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan erfüllt die Leber viele lebenswichtige Aufgaben: Sie speichert Zucker und Vitamine, produziert Verdauungsenzyme und entfernt Gift- und Schadstoffe aus dem Blut. Als Entgiftungsorgan ist sie jedoch auch selbst in Gefahr, denn ein Zuviel an Schadstoffen kann die Leberzellen dauerhaft schädigen und das Organ in seiner Funktion beeinträchtigen. Neben bekannten Lebergiften wie Alkohol oder manchen rezeptpflichtigen Medikamenten, können aber auch vermeintlich sanfte Naturheilmittel oder Nahrungsergänzungsmittel die Leber schädigen. Auch für diese Produkte gilt deshalb: Sie sollten stets nach Gebrauchsanweisung und langfristig nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) anlässlich des Deutschen Lebertages am 20. November hin.

Pflanzliche Präparate und Nahrungsergänzungsmittel erfreuen sich großer Beliebtheit. "Anders als verschreibungspflichtige Medikamente werden Naturheil- und Nahrungsergänzungsmittel, die oft freiverkäuflich erhältlich sind, eher als harmlos, risikoarm und gesundheitsfördernd wahrgenommen", sagt Professor Dr. med. Christian Trautwein, Mediensprecher der DGVS und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselkrankheiten und internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Aachen. Mitunter würden diese Präparate deshalb recht sorglos, ohne ärztliche Rücksprache und über einen langen Zeitraum hinweg eingenommen, so der Leberexperte.

Schwere Leberschädigungen durch Medikamente und Gesundheitspräparate sind insgesamt eher selten. Verschiedenen europäischen Untersuchungen zufolge treten sie mit einer jährlichen Inzidenz, also Häufigkeit an Neuerkrankungen, von etwa 14 bis 19 Fällen pro 100 000 Einwohnern auf. Wie viele Fälle von Leberfunktionsstörungen speziell durch Naturheilprodukte und Nahrungsergänzungsmittel hervorgerufen werden, lässt sich nicht genau quantifizieren. Wie empfindlich die Leber reagiert hängt von Art und Menge des konsumierten Wirkstoffs, aber auch von der individuellen Veranlagung ab. Fest steht: Die Folgen können von leichten, reversiblen Leberwerterhöhungen bis hin zu schwerwiegenden Erkrankungen wie Leberversagen reichen.

Mehrere Fälle von Leberschädigungen sind etwa für das Schöllkraut beschrieben, welches in Naturheilmitteln zur Behandlung von Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt wird. Gerade Menschen, die bereits eine Lebererkrankung haben, sollten bei diesen Präparaten zurückhaltend sein und vor der Einnahme mit ihrem Arzt Rücksprache halten. "Vorsicht ist auch angebracht bei Kräuterkombinationen, wie sie in der Traditionellen Chinesischen Medizin angewandt werden - vor allem, wenn nicht klar ist, welche Wirk- und Inhaltsstoffe sie genau enthalten", sagt Trautwein. Bei den Nahrungsergänzungsmitteln sind kürzlich Präparate mit Grünteeextrakt in den Fokus geraten: Im Frühling dieses Jahres wies die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA auf mögliche Leberschädigungen durch Grünteekatechine in Dosen von 800 mg/Tag und mehr hin. Grünteeaufgüsse seien jedoch unbedenklich. Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln zur Gewichtsreduktion - etwa solche mit dem natürlichen Wirkstoff Usninsäure - sind in der Vergangenheit Leberschädigungen wie Hepatitis aufgetreten.


Um die Leber gesund zu erhalten, sollten Verbraucher einige Vorsichtsmaßnahmen beachten:
  • Naturheil- und Nahrungsergänzungsmittel sind nicht per se riskant, jedoch auch nicht immer risikolos. Sie sollten stets gemäß Dosierungsempfehlung eingenommen und Gegenanzeigen in der Packungsbeilage beachtet werden.
  • Gesunde Menschen ohne nachgewiesene Mängel im Blutbild benötigen keine Nahrungsergänzungsmittel. Eine langfristige Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln oder Naturheilpräparaten sollte mit dem Hausarzt abgestimmt werden.
  • Besondere Vorsicht gilt beim Kauf von Präparaten im Internet. Hier sollten Verbraucher unbedingt auf sichere und seriöse Bezugsquellen achten.

Der Deutsche Lebertag am 20. November macht darauf aufmerksam, dass die Gesundheit der Leber lebenswichtig ist. Sie ist das zentrale Stoffwechselorgan in unserem Körper. Am 20. November finden in ganz Deutschland Veranstaltungen zum Thema Lebergesundheit statt. Einen Überblick finden Interessierte unter http://www.lebertag.org/category/veranstaltungen/. Auch die DGVS setzt sich für mehr Lebergesundheit ein und fordert, dass die Bestimmung der Leberwerte bei Risikogruppen in die Check-up 35 aufgenommen wird:
https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2018/07/DGVS_Positionspapier-Stand-19.07.2018.pdf


Literatur:

- Sgro C, Clinard F, Ouazir K, et al. Incidence of drug-induced hepatic injuries: a French population-based study. Hepatology 2002; 36:451-5.
doi:10.1053/jhep.2002.34857

- Björnsson ES, Bergmann OM, Björnsson HK, et al. Incidence, presentation, and outcomes in patients with drug-induced liver injury in the general population of Iceland. Gastroenterology 2013; 144:1419- 25, 25.e1-3; quiz e19-20
doi:10.1053/j.gastro.2013.02.006

- Stickel F. Leberschäden durch pflanzliche Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel. Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 908-911

- EFSA bewertet Sicherheit von Grünteekatechinen,
https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/180418, abgerufen am 13.11.2018


Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 6000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane - zum Wohle des Patienten.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)
Pressemitteilung vom 16. November 2018
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Internet: www.dgvs.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. November 2018

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