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KREBS/977: Zahl von Krebspatienten mit psychischen Begleiterkrankungen geringer als bisher angenommen (idw)


Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf - 30.11.2012

Zahl von Krebspatienten mit psychischen Begleiterkrankungen geringer als bisher angenommen



Jedes Jahr sterben über 200.000 Menschen an Krebs, die Zahl der Neuerkrankungen liegt in Deutschland bei rund 450.000 jährlich. Jeder zweite Krebspatient berichtet über eine hohe psychische Belastung durch die Krankheit, doch die Zahl der Patienten mit psychischen Begleiterkrankungen ist geringer als bisher angenommen. Das ist das Ergebnis der weltweit größten Studie zu psychosozialen Belastungen und Störungen unter Federführung des UKE. Ihre Ergebnisse werden im Rahmen der 11. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie (PSO) in Hamburg erstmalig vorgestellt, die vom 29. November bis 1. Dezember am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) stattfindet.

Deutschlandweit wurden über 4000 Krebspatienten zu ihren psychischen Belastungen befragt, über 2000 Patienten stellten sich für ein klinisches Interview zur Verfügung - damit ist die UKE-Studie die weltweit größte zu psychosozialen Belastungen und Störungen: "Nicht nur die mit der Erkrankung einhergehenden starken körperlichen Einschränkungen, auch die Auswirkungen der Krankheit auf die eigene Rolle in der Familie, im Beruf und im Alltag führen zu psychischen Belastungen," so Prof. Martin Härter, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Medizinische Psychologie am UKE. "Unsere Studie hat gezeigt, dass zwar bei der Hälfte aller Patienten psychische Belastungen auftreten, weit weniger aber weisen psychische Erkrankungen auf." Unterschätzt werde häufig die Belastung durch die oft langwierigen und kostenaufwändigen Krebstherapien, die ambulant fortgeführt werden. Diese hätten oft einen sozialen Einbruch in den Familien zur Folge. Eine adäquate psychoonkologische Versorgung erreiche jedoch häufig nur die Mittelschicht. Die Sorge ums Geld und die Angst vor dem sozialen Abstieg belasten Krebspatienten und ihre Angehörigen oft genauso wie die Erkrankung selbst. "Wir müssen ein stärkeres Bewusstsein für diese Problematik schaffen", erklärt Frank Schulz-Kindermann, Leiter der Spezialambulanz für Psychoonkologie am Institut für Medizinische Psychologie des UKE und hauptverantwortlich für die Tagungsorganisation: "Vielen ist bewusst, dass bei der Versorgungsgerechtigkeit nachgearbeitet werden muss." Aus diesem Grund stehe die Jahrestagung der PSO unter dem Titel "Bedarf und Versorgungsgerechtigkeit in der Psychoonkologie". Wie aktuell das Thema sei, zeige auch die große Resonanz auf den Kongress mit über dreihundert Teilnehmern.

Ein gesonderter Vortragsstrang widmet sich dem von der Deutschen Krebshilfe geförderten Forschungsverbund "Kinder krebskranker Eltern": Schätzungsweise 200.000 Kinder und Jugendliche erleben in Deutschland jährlich, dass Vater oder Mutter an Krebs erkranken. Und während es für die Eltern krebskranker Kinder ein umfassendes Unterstützungsangebot gibt, herrsche umgekehrt oftmals Sprachlosigkeit, so Georg Romer, Leiter des Forschungsverbundes: "Die Eltern sind verunsichert, was sie ihren Kindern zumuten können, die Kinder ihrerseits spüren, dass etwas nicht in Ordnung ist und können von den vielfachen Belastungen durch die Krankheit nicht abgeschirmt werden." Seit April 2009 fördert die Deutsche Krebshilfe ein auf drei Jahre angelegtes multizentrisches Verbundprojekt, an dem unter der Federführung des UKE acht Partnerzentren beteiligt sind.

"Wir freuen uns, dass wir den Kongress in diesem Jahr nach Hamburg holen konnten", so Härter. Das Institut und die Poliklinik für Medizinische Psychologie am UKE ist eines der größten Zentren dieser Art in Deutschland und kann auf eine 40-jährige Tradition auf dem Gebiet der Psychoonkologie zurückblicken. Das Universitäre Cancer Center Hamburg (UCCH) am UKE ist eins der zehn von der Deutschen Krebshilfe geförderten Exzellenzzentren. Dort werden unter anderem psychoonkologische Versorgungsprobleme beforscht und Angebote für Patienten entwickelt. Beispiele hierfür sind das Schnittstellenproblem bei der psychoonkologischen Versorgung vom Wechsel stationärer zu ambulanter Versorgung oder eine neue Screeningprozedur, mit deren Hilfe psychosoziale Belastungen schon bei der Aufnahme der Patienten ermittelt werden.


Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Martin Härter, Dipl. Psych.
Direktor Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie
Zentrum für Psychosoziale Medizin am UKE
Mail: m.haerter@uke.uni-hamburg.de
Tagungswebsite: http://www.pso-jahrestagung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution347

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Christine Jähn, 30.11.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2012