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KREBS/961: Lebensqualität verbessern - Hilfe durch psychosoziale Krebsberatungsstellen (Deutsche Krebshilfe)


Magazin der Deutschen Krebshilfe, Ausgabe Nr. 1/2012

Lebensqualität verbessern

Schnelle Hilfe leisten



Bonn/Münster (jti) - Die Diagnose Krebs trifft Betroffene und ihre Angehörigen meist völlig unvorbereitet. Sie haben Angst und viele Fragen. Antworten und Hilfe finden Krebs-Patienten und ihre Familien in psychosozialen Krebsberatungsstellen. Die Deutsche Krebshilfe fördert derzeit 26 dieser Einrichtungen mit dem Ziel, Patienten in Deutschland auch psychosozial besser zu versorgen.


Helle freundliche Zimmer, Büros mit Blumen und Kerzen, auf den Fluren Regale mit Informationsmaterialien für Krebskranke - so sehen die Räume der Krebsberatungsstelle in Münster aus. Hier arbeitet Gudrun Bruns. Die Diplom-Sozialpädagogin ist Leiterin der Beratungsstelle und hat diese vor 19 Jahren mit aufgebaut. Bruns und ihre Mitarbeiter - neun Festangestellte - begleiten hier krebskranke Menschen und ihre Familien. Unterstützt wird das Team durch zahlreiche Ehrenamtliche.

"Krebs-Patienten haben zunächst einmal ganz viele verschiedene Fragen", erzählt Gudrun Bruns. Viele haben Existenzängste, fragen sich, ob sie ihre Arbeitsstelle verlieren, wenn sie länger krank sind, und wissen nicht, auf welche Sozialleistungen sie Anspruch haben. "Unsere Mitarbeiter informieren Krebskranke über Sozialansprüche und helfen ihnen beispielsweise dabei, Rehabilitationsmaßnahmen zu beantragen. Auf der anderen Seite unterstützen wir krebskranke Menschen auch dabei, mit den emotionalen Problemen, die durch die Krankheit auftreten können, umgehen zu lernen", berichtet Bruns.

Dabei verstehen sich die Mitarbeiter der Beratungsstelle als Lotsen: Sie vermitteln die Betroffenen - wenn nötig - an entsprechende Stellen, etwa Psychotherapeuten, weiter. Das Angebot der Münsteraner Einrichtung und auch der anderen Beratungsstellen in Deutschland ist kostenfrei. Krebskranke und ihre Angehörigen können die täglichen Sprechzeiten wahrnehmen oder einfach telefonisch einen Termin vereinbaren. Im Gespräch entscheiden Betroffene und Berater dann gemeinsam, ob im Anschluss an den Erstkontakt weitere Termine nötig sind. "Unser Angebot ist niederschwellig und für alle Patienten gut zu erreichen", sagt Gudrun Bruns. "Unser wichtigstes Ziel ist es, die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern."

Dazu gehören auch die zahlreichen Veranstaltungen, die die Münsteraner Kontaktstelle anbietet. Einmal die Woche treffen sich krebskranke Menschen in einer Sportgruppe, um ihr Wohlbefinden zu verbessern. Krebskranke Frauen lernen in Schminkseminaren, wie sie mit Wimpernverlust oder Hautirritationen während der Chemo- oder Strahlentherapie besser umgehen können. Fachärzte für Onkologie bieten ehrenamtlich monatliche Beratungen zu medizinischen Themen an, weitere Experten auch zu komplementären Heilmethoden.

Die Krebsberatungsstelle in Münster wird derzeit im Rahmen eines Förderschwerpunkt-Programmes von der Deutschen Krebshilfe finanziell unterstützt. Mit dieser Hilfe konnte die Einrichtung ihr Angebot ausweiten: Sie hat weitere Außenstellen aufgebaut, so dass jetzt auch im Münsteraner Umland Sprechstunden stattfinden. Darüber hinaus kümmert sich eine Psychologin speziell um die Belange von Kindern krebskranker Eltern. "Der Förderschwerpunkt bietet eine große Chance", sagt Gudrun Bruns. "So wird wissenschaftlich fundiert erarbeitet, wie die psychosoziale Krebsberatung gestaltet werden sollte, um die Lebensqualität Betroffener effektiv zu verbessern. Als geförderte Einrichtung möchten wir gerne auch anderen Beratungsstellen Impulse für ihre konzeptionelle und praktische Arbeit geben." Für die Zukunft hofft die Leiterin der Beratungsstelle darauf, dass ihr Angebot in die Regelversorgung durch die Krankenkassen oder die Rentenversicherung aufgenommen wird, ein Ziel des Förderschwerpunkt-Programms der Deutschen Krebshilfe.

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Schnelle Hilfe leisten

Martin Wickert, Sprecher des Netzwerks der von der Deutschen
Krebshilfe geförderten Psychosozialen Krebsberatungsstellen.

Die Beratungsstelle in Münster wird von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen eines Förderungsschwerpunkt-Programms finanziell unterstützt. Welche Ziele verfolgt dieses Programm?

Ziel ist die Verbesserung der psychoonkologischen Versorgung durch ambulante Krebsberatungsstellen, die bei seelischen Krisen und bei sozialrechtlichen Problemen schnelle Hilfe leisten können. Zurzeit gibt es in Deutschland in dieser Hinsicht eine deutliche Unterversorgung. Grund dafür ist eine unzureichende und ungeregelte Finanzierung solcher Beratungsleistungen.

Wie kann der Förderschwerpunkt diesem Versorgungsdefizit abhelfen?

Im ersten Schritt wurde ein bundesweites Netz von qualifizierten Krebsberatungsstellen geschaffen. Auswahlkriterien waren ein breites Leistungsspektrum, ein hohes Qualifikationsprofil und die Bereitschaft zur Qualitätssicherung. Dieses Netzwerk erarbeitet zurzeit einheitliche Qualitätsstandards. Eine externe Bewertung trägt dazu bei, dass die Beratungsstellen ihren Standard ständig verbessern. Bei den anstehenden Verhandlungen über eine Regelfinanzierung wird es notwendig und hilfreich sein, auf das hohe Niveau dieser qualitätsgesicherten Krebsberatungsstellen hinweisen zu können.

Wie sehen Sie die Chancen für die Einführung der Regelfinanzierung für Beratungsstellen?

Viele Organisationen, darunter die Deutsche Krebshilfe, setzen sich dafür ein. Auch eine Arbeitsgruppe des Nationalen Krebsplans hat auf das Defizit hingewiesen. Ich denke, dass die Entscheidungsträger sich den Argumenten für eine Regelfinanzierung früher oder später anschließen werden.


Weitere Informationen enthält die Broschüre "Wegweiser zu Sozialleistungen", die kostenlos bei der Deutschen Krebshilfe erhältlich ist.


Im Schattenblick nicht veröffentlichte Abbildungen der Originalpublikation:

Gudrun Bruns, Leiterin der krebsberatungsstelle Münster, unterstützt Krebs-Betroffene bei der Krankheitsbewältigung und hilft ihnen bei ganz praktischen Fragen.

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Quelle:
Magazin der Deutschen Krebshilfe, Ausgabe Nr. 1/2012, Seite 4-5
Herausgeber: Deutsche Krebshilfe e.V.
Buschstraße 32, 53113 Bonn
Telefon: 0228/729 90-0, Fax: 0228/729 90-11
E-Mail: deutsche@krebshilfe.de
Internet: www.krebshilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juli 2012