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INFEKTION/1492: Neuer Ansteckungsweg eines Virus bei Schweinen entdeckt (idw)


Universität Bern - 23.02.2016

Neuer Ansteckungsweg eines Virus bei Schweinen entdeckt


Das Japanische Enzephalitis (JE) Virus verursacht schwere Gehirnentzündungen bei Menschen und Fruchtbarkeitsstörungen bei Schweinen. Bisher war nur eine Ansteckung über Moskitos bekannt. Das Virus überträgt sich aber auch im direkten Kontakt zwischen Schweinen, womit es auch in der Moskito-freien Winterzeit in Schweinepopulationen zirkulieren könnte.

Das Japanische Enzephalitis (JE) Virus verursacht schwere Gehirnentzündungen bei Menschen und Fruchtbarkeitsstörungen bei Schweinen. Bisher war nur eine Ansteckung über Moskitos bekannt. Das Virus überträgt sich aber auch im direkten Kontakt zwischen Schweinen, womit es auch in der Moskito-freien Winterzeit in Schweinepopulationen zirkulieren könnte.

Das Japanische Enzephalitis (JE) Virus ist die Hauptursache für schwere Gehirnentzündungen bei Menschen in Asien. Das Virus kommt in weiten Teilen Südostasiens vor und ist inzwischen auch in Indien verbreitet. Es zirkuliert zum einen zwischen Vögeln und Moskitos, zum anderen zwischen Schweinen und Moskitos.

Über die Stiche der Moskitos wird das Virus auf den Menschen übertragen. Insbesondere bei Kindern kann eine Infektion zu schwerer Gehirnentzündung mit lebenslanger Schädigung oder gar zum Tod führen. Beim Schwein verursacht das Virus, neben Fieber und Enzephalitis, vor allem Fruchtbarkeitsstörungen. Das JE-Virus ist mit dem West-Nil-, ZIKA- und Dengue-Virus nah verwandt. Sie alle werden durch Moskitos übertragen und gehören zu den sogenannten Flaviviren, welche schwere Erkrankungen bei Mensch und Tier verursachen können.

Bisher war für JE-Viren nur der Übertragungsweg durch Moskitos bekannt. Eine Forschergruppe vom Institut für Virologie und Immunologie sowie der Vetsuisse Fakultät der Universität Bern unter Leitung von Dr. Meret Ricklin und Prof. Artur Summerfield konnten nun zeigen, dass JE-Viren auch direkt zwischen Schweinen übertragen werden können. Die Ergebnisse ihres von der EU finanzierten Projekts wurden nun im Journal "Nature Communications" publiziert.

Virus überlebt im Schwein

Bis anhin war nicht erklärbar, wie das JE-Virus in Regionen, wie zum Beispiel in der nördlichen japanischen Insel Hokkaido, überwintern und im nächsten Jahr zu neuen Ausbrüchen führen konnte. Diese Ausbrüche erfolgten zum Teil im gleichen Bauernhof wie im Vorjahr, obwohl keine infizierten Moskitos in der Umwelt zu finden waren. Auch in Taiwan kam es im Winter zu Infektionen von Schweinen mit JE-Viren, ohne dass infizierte Moskitos gefunden werden konnten.

Wie die Forschenden nun zeigen konnten, scheiden infizierte Schweine das Virus während mehreren Tagen über den Speichel aus, wobei die Tiere auch empfindlich waren für eine Infektion über Mund und Nase mit sehr niedrigen Virusdosen. In den Schweinen vermehrte sich das Virus - wie beim Menschen - im Gehirn und verursachte dort eine Entzündung. Am stärksten war die Virusvermehrung allerdings in den Mandeln. In diesem Organ blieb das Virus mehrere Wochen, ja sogar Monate nachweisbar. Die Autoren vermuten, dass JE-Viren möglicherweise im Schwein zirkulieren und sogar monatelang überleben können. Bei erneuter Ausscheidung des Virus, zum Beispiel in Folge einer anderen Infektionskrankheit, die das Immunsystem schwächt, könnte ein neuer Infektionszyklus beginnen. Laut den Forschenden seien jedoch zukünftige Studien nötig, um diese Zusammenhänge zu belegen.

Bisher in Europa nicht aufgetreten

Die veröffentlichte Studie zeigt, dass auch bei Viren, die durch Insektenstiche übertragen werden, eine direkte Übertragung durch Kontakt nicht ausgeschlossen werden kann. "Es bedeutet, dass das JE-Virus auch ohne Moskitos in der Schweinepopulation zirkulieren und sich somit auch in Regionen mit gemässigtem Klima ausbreiten könnte", sagt Artur Summerfield. Damit könnte es theoretisch auch den Menschen vermehrt bedrohen. Für Mensch und Tier existiert jedoch eine Impfung. In Europa trat das Virus bisher nur bei Asien-Rückkehrern auf, wobei es zu keinen weiteren Infektionen kam.

Für die Bekämpfung von Tierseuchen

Das Institut für Virologie und Immunologie (IVI) mit Standorten in Mittelhäusern und Bern ist das Schweizer Referenzlabor für Diagnose, Überwachung und Kontrolle hochansteckender Tierseuchen. Das IVI ist dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) angegliedert.

Im Rahmen einer Kooperation mit der Vetsuisse Fakultät der Universität Bern ist das IVI für Lehre und Forschung auf den Gebieten Virologie und Immunologie verantwortlich. Die Forschungsaktivitäten beinhalten Grundlagenforschung sowie angewandte Forschung und sind eine wichtige Grundlage für die Bekämpfung von Tierseuchen und Zoonosen (zwischen Tier und Mensch übertragbare Infektionskrankheiten).


Angaben zur Publikation:
Meret E. Ricklin, Obdulio Garcia-Nicolas, Daniel Brechbühl, Sylvie Python, Beatrice Zumkehr, Antoine Nougairede, Remi N. Charrel, Horst Posthaus, Anna Overmann & Artur Summerfield: Vector-free transmission and persistence of Japanese encephalitis virus in pigs, Nature Communications, 23.2.2016, DOI: 10.1038/ncomms10832

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.unibe.ch/aktuell/medien/media_relations/medienmitteilungen/2016/medienmitteilungen_2016/neuer_ansteckungsweg_eines_virus_bei_schweinen_entdeckt/index_ger.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution57

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Bern, Nathalie Matter, 23.02.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2016

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