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POLITIK/1731: Gesundheit (1) - Editorial (APuZ)


APuZ - Aus Politik und Zeitgeschichte
45/2010 - 8. November 2010
Gesundheit

Gesundheit (1) - Editorial und Inhaltsangabe


Der Gesundheitsmarkt zählt in den meisten Industriestaaten mittlerweile zu den wichtigsten Wirtschaftssektoren. Es wird offenbar immer lukrativer, Kranke und Gesunde zu untersuchen und zu behandeln. Bei einer von betriebswirtschaftlichen Parametern dominierten Sichtweise droht indes auf der Strecke haftlichen Parametern dominierten Sichtweise droht indes auf der Strecke zu bleiben, was Jahrhunderte lang zum hohen gesellschaftlichen Ansehen der Heilkunst und des Arztberufs beigetragen hat: Zeit, Empathie und eine ausschließlich der Gesundheit des Einzelnen und der Allgemeinheit dienende Therapie.

Seit Jahrzehnten wird die Gesundheitspolitik von steigenden Kosten bei stetig schrumpfenden Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen geprägt. Als Hauptgründe für die prekäre Lage des aus dem 19. Jahrhundert stammenden, auf dem Solidaritätsprinzip beruhenden Modells sozialer Sicherung werden immer wieder genannt: steigende Arbeitskosten und immer weniger Erwerbstätige und damit Beitragszahler, der demografische Wandel, der teure medizinisch-technologische Fortschritt und eine höhere Lebenserwartung.

Die jüngste Gesetzesreform bewegt sich auf vorgezeichneten Pfaden. Beitragserhöhungen für Arbeitnehmer und - allerdings gedeckelt - für Arbeitgeber sowie eine Überprüfung des Leistungskatalogs der Kassen sollen den Kollaps eines teuren, verschwendungsanfälligen und wenig transparenten Systems vermeiden und Milliardenlöcher stopfen helfen. Doch mehr Geld bedeutet nicht unbedingt mehr Qualität. Ein Interessengeflecht von Berufsverbänden und Lobbygruppen der Versicherungen, Ärzte, Krankenhäuser, Apotheker und der florierenden Pharmaindustrie lässt eine nachhaltige Lösung innerhalb des Systems als unwahrscheinlich erscheinen. Mit Steuerung durch mehr Wettbewerbsstrukturen allein dürfte es nicht getan sein.

Hans-Georg Golz


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Inhaltsangabe

Paul U. Unschuld
Kranke als Ressource, Gesundheit als Ware

Erstmals ist Kranksein volkswirtschaftlich mindestens so wertvoll wie die Gesundheit der Bevölkerung. Der Druck auf die Politik, Gesundheit für alle zu gewährleisten, ist gesunken.

Nils C. Bandelow · Florian Eckert · Robin Rüsenberg
Reform(un)möglichkeiten in der Gesundheitspolitik

Veränderungsdruck und Beharrungskraft zeichnen Gesundheitspolitik aus. Diese ist dabei konfliktträchtig, aber auch dynamisch. Schrittweise Anpassung bleibt die reformpolitische Normalstrategie.

Stefan Felder
Ökonomie des Gesundheitswesens: Genese und Optimierung

Der Beitrag geht den Gründen für die überproportional steigenden Gesundheitsausgaben nach, fragt nach dem optimalen Mix von Staat und Markt und charakterisiert die optimale gesetzliche Krankenversicherung aus ökonomischer Sicht.

Kerstin Funk
Gesundheitspolitik in internationaler Perspektive

Die Gesundheitssysteme in der Schweiz, den Niederlanden und den USA können auch als Vorbilder für eine Reform in Deutschland angesehen werden, denn die Probleme sind in allen Staaten sehr ähnlich.

Uwe H. Bittlingmayer · Diana Sahrai
Gesundheitliche Ungleichheit. Eine ethnologische Perspektive

Versuche zur Reduktion gesundheitlicher Ungleichheit zielen vor allem auf die Veränderung individuellen Verhaltens. Dabei ist eine ergänzende ethnologische Perspektive auf kulturelle Dimensionen gesundheitlicher Ungleichheit notwendig.

Thomas Lampert · Thomas Ziese · Bärbel-Maria Kurth
Gesundheitliche Trends in Ost- und Westdeutschland

Kurz nach der Wiedervereinigung unterschied sich die gesundheitliche Situation in Ostdeutschland deutlich von der in Westdeutschland. Mittlerweile hat eine Annäherung, zum Teil sogar eine Angleichung stattgefunden.

Detlef Briesen
Was ist "gesunde Ernährung"?

Derzeit versucht sich die Gesundheitspolitik auf die Förderung "richtiger" Ernährung auszurichten. Was aber ist gesunde Kost? Der Aufsatz stellt die Entwicklung von Konzepten vor, die diese Frage höchst unterschiedlich beantworten.


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Quelle:
APuZ - Aus Politik und Zeitgeschichte 45/2010 - 8. November 2010,
S. 2 + 48
Schwerpunktthema: Gesundheit
Herausgeber: Bundeszentrale für politische Bildung
Adenauerallee 86, 53113 Bonn
Redaktion: Dr. Hans-Georg Golz (verantwortlich für diese Ausgabe)
Telefon: 0228 / 995 15-0
E-Mail: apuz@bpb.de
Internet: www.bpb.de/apuz


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Dezember 2010